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Schulstreik: Den Kriegstrommlern in Deutschland geht es nicht um Freiheit und Demokratie

Am 5. Dezember 2025 fand ein bundesweiter Schulstreik gegen die Wehrpflicht statt, woran sich viele tausend Jugendliche beteiligten, unter anderem in Hamburg, Berlin, Potsdam, Köln, Düsseldorf, München, Dresden und Leipzig. Hintergrund war die an diesem Tag stattfindende Abstimmung im Bundestag bezüglich der Wiedereinführung der Wehrpflicht. Das Gesetz, wonach für junge Männer ab Jahrgang 2008 die Musterung künftig wieder verpflichtend sein soll, passierte zwar den Bundestag, aber der Streik machte deutlich, dass sich die betroffene Generation nicht widerstandslos im Krieg verheizen lassen wird.

Wir veröffentlichen hiermit die Rede von Reiner Hoffmann (Friedensforum Düsseldorf), die er am 05.12.2025 vor fast 500 Teilnehmern auf der Demonstration von Schülern in Düsseldorf hielt.

Webredaktion


Liebe Freunde,

als alter Friedenskämpfer, der natürlich selbst den Kriegsdienst verweigert hat möchte ich Euch meinen Respekt zum Ausdruck bringen. Was Ihr hier macht zeigt Haltung und das ist ein gutes Rüstzeug für Euer weiteres Leben. Eine gute Haltung ist nicht nur gut um späteren Rückenbeschwerden vorzubeugen, sondern vor allem eine wichtige Nahrung für Euer Gewissen.

Die Bundeswehr ist dazu da, Haltung zu brechen. Befehl und Gehorsam soll eigenes Denken ersetzen. Die Bundeswehr produziert Menschen, die auch im zivilen Alltag als Befehlsempfänger gut zu gebrauchen sind, keine Widerworte haben und nicht aufmucken. Jetzt will man Euch mit schönen Plakaten ködern, da dürft ihr dann beim Bund fröhlich musizieren und Euch die Zeit mit Computerspielen vertreiben und das sogar noch bei guter Bezahlung.

Leute, das ist Werbung, denn Euer Vorgesetzter wird Euch den Weg in den Schützengraben schon zeigen und das Musikinstrument wird durch eine Maschinenpistole ersetzt werden.

Haltung zu bewahren ist aber nicht einfach. Schnell wird man als „Drückeberger“ abgestempelt.

Den Kriegstrommlern in Deutschland geht es nicht wirklich um Landesverteidigung, Freiheit und Demokratie, es geht um Riesenprofite für die Aktionäre der Rüstungsindustrie. Nirgendwo sind die Profite so groß wie bei der Rüstung. Der Kurswert der Rheinmetallaktie hat sich in kurzer Zeit um mehr als das Zwanzigfache erhöht. Der Krieg in der Ukraine und in Palästina hat nicht nur Hunderttausende junge Menschen getötet und den Gazastreifen unbewohnbar gemacht, nein er hat auch die Aktionäre reicher gemacht und deshalb scheuen sie den Frieden wie der Teufel das Weihwasser.

Der größte Aktionär bei Rheinmetall ist übrigens die größte Investmentgesellschaft der Welt: Blackrock mit Hauptsitz in den USA. Und was für ein Zufall: Bevor Friedrich Merz Bundeskanzler wurde, war er fünf Jahre lang der Aufsichtsratsvorsitzende von Blackrock in Deutschland. Merz fühlt sich nicht seinem Volk verpflichtet, sondern dient weiterhin stramm den Kapitalinteressen.

Hunderte Milliarden Schulden für eine ungeheuerliche Aufrüstung wurden im Bundestag ohne große Diskussion einfach durchgewunken. Aber die Kredite sind zurückzuzahlen und Merz wird sie nicht mehr zurückzahlen, das dürft ihr später für ihn erledigen. Jetzt muss er erst mal den Rüstungsinvestoren helfen, die Profite einzusacken.

Im Parlament streitet man sich über jeden Euro, der für Soziales oder Bildung ausgegeben werden müsste. Überall fehlt Geld, sogar der Preis für das Deutschlandticket wurde erhöht. Ökologie und Klimaschutz dürfen sich wieder hintenanstellen. Und jetzt noch die Rentendiskussion. Jung gegen Alt. Wir sollen uns jetzt untereinander in die Haare bekommen. Das lenkt gut ab, denn bei den Ausgaben für die Rüstung gibt es diese Diskussionen nicht

Wie ist das eigentlich möglich? Weil der Russe uns angreifen will und Europa erobern möchte. Und das erzählen Sie uns nicht nur in der Bildzeitung wie früher, nein inzwischen könnt Ihr das von morgens bis abends bei ARD, ZDF und RTL hören. Ob in Nachrichten oder Talkshows überall die gleiche Leier. Dabei hätte der Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine verhindert werden können, wenn es der Westen gewollt hätte. Das hat sogar Frau Merkel zugegeben. Und selbst drei Wochen danach gab es bei Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland in Istanbul ein unterschriftsreifes Friedensabkommen. Doch die USA und Großbritannien erhoben Einspruch und Selensky durfte nicht unterschreiben. Dann nahm der Krieg seinen Lauf.

Aber warum will der Russe denn nun auch noch uns angreifen? Weil das unsere Geheimdienste sagen und die können das einfach so sagen, ohne es beweisen zu müssen. Zur Not werden beliebig passende Lügen inszeniert. Eine plötzlich auftauchende Drohne muss von den Russen stammen. Ein defektes Kabel in der Ostsee kann nur von der russischen Schattenflotte zerstört worden sein. Und Hackerangriffe kommen ja eigentlich auch nur aus Russland. Russische Flugzeuge haben den Luftraum verletzt. Es muss gar nicht überprüft werden, was denn wirklich los war. Es reicht, dass es ein paar Tage lang täglich heruntergebetet wird und immer der Russe der Schuldige ist. Dann sitzt es. Selbst Kriege mit Millionen von Toten wie der in Vietnam oder im Irak, wurden mit erfundenen Behauptungen begonnen. Auch wenn Jahre danach die Wahrheit ans Licht kam, der Krieg ist gelaufen, die Menschen sind tot und werden nicht mehr lebendig.

Kriege werden fast immer aus wirtschaftlichen und geopolitischen Gründen geführt. Es geht um Öl, Gas, seltene Erden und andere wichtige Rohstoffe, derer man habhaft werden möchte und es geht um die Eroberung neuer Absatzmärkte. Es geht nie wirklich um Menschenrechte, religiöse Befindlichkeiten oder den Kampf gegen Terror oder neuerdings gegen Drogenbanden. Mit diesen Behauptungen möchte man von den wirklichen Absichten ablenken. Das klingt dann besser und weniger habgierig. Der USA ging es bei den vielen Kriegen im Iran, Irak, Kuwait, Syrien, Libanon, Jemen oder Palästina vorrangig immer nur um die Absicherung des Zugangs zum erdölreichen Nahen Osten. Die USA lässt übrigens derzeit großes Militär vor der Küste Venezuelas auffahren. Ein Land mit dem größten Erdölvorkommen der Welt.

Warum also sollte Russland ein Interesse daran haben Europa zu erobern, wo es hier doch nichts zu holen gibt? Und wie wollen sie das bewerkstelligen, wo die NATO Russland in allen Waffengattungen (mit Ausnahme der Atomwaffen) mehrfach überlegen ist. Das bestätigen auch aktuelle Greenpeace-Unterlagen und Zahlen des Sipri-Insituts. Es wäre also glatter Selbstmord. Umgekehrt wird jedoch ein Schuh draus. Denn Russland ist reich an Bodenschätzen. Schon Napoleon und später zweimal Deutschland im 1. und 2. Weltkrieg haben versucht, an diesen Reichtum zu gelangen. Das Ergebnis ist bekannt. Allein 27 Millionen Menschen der Sowjetunion verloren, der deutschen Wehrmacht sei Dank, ihr Leben.

Mitten im kalten Krieg kam es wegen der Stationierung amerikanischer Raketen in Deutschland endlich zu einem Aufschwung der Friedensbewegung in unserem Land. „Make love – not war!“ lautete unsere Parole und wir waren durchaus sehr viele und erfolgreich.

Auf internationaler Ebene begannen Verhandlungen zu Rüstungsbegrenzung und Rüstungskontrolle. Es wurden sogar alle Mittelstreckenraketen in Ost und West vernichtet. Die Politik der friedlichen Koexistenz in Europa setzte sich durch. Das Motto war, Sicherheit gibt es nur, wenn sich beide Seiten sicher fühlen.

Doch die Zeiten haben sich inzwischen geändert. Es stehen bereits amerikanische Raketen mit Atomsprengköpfen in Deutschland und im nächsten Jahr sollen neue schnellere amerikanische Mittelstreckenraketen hinzukommen. Raketen, die auch mit Atomsprengköpfen ausgestattet werden können. Darüber gab es im Bundestag keine Diskussion oder Abstimmung. Der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz hat es lediglich zur Kenntnis genommen. Diese Stationierung muss verhindert werden, denn Sie macht uns zur Zielscheibe. Die Amerikaner drücken auf den Knopf ohne uns zu fragen und Russland muss sofort reagieren ohne zu wissen, ob es sich um eine Atomrakete handelt, denn die Rakete ist in kürzester Zeit in Moskau. Eine Fehlerkorrektur ist nicht mehr möglich. Das ist Harakiri!

Wir, das Friedensforum Düsseldorf, wollen dieser ganzen Entwicklung Einhalt gebieten. Wir stehen ganz klar für Konfliktlösungen auf diplomatischem Wege. Mit Krieg löst man keine Probleme, man schafft nur neue und Frieden schafft man auch nicht durch Hochrüstung. Für unsere Regierung ist nur ein Frieden denkbar, wenn wir Russland besiegt haben. Doch Russland lässt sich nicht besiegen. Eine diplomatische Lösung ist nur möglich, wenn sich die Beteiligten an einen Tisch setzen und um eine friedliche Lösung ringen. Das verlangt auch, sich mit den Argumenten und vor allem Sicherheitsinteressen des anderen auseinanderzusetzen. Doch in Deutschland wird man sofort als „Putinversteher“ und „Sprachrohr Russlands“ verunglimpft, wenn man das von unseren Politikern verlangt. Was soll’s. Deutschland, Europa und die NATO sollten endlich aufhören die Friedensverhandlungen täglich zu torpedieren. Wir sollten froh sein, dass überhaupt wieder miteinander gesprochen wird. So schwer es auch für beide Seiten ist. Der Frieden ist es wert.

Also fragt bitte die Mitschüler, die heute noch nicht hier sind, ob sie sich vor diesem Hintergrund in Kriegen verheizen lassen wollen.

Reiner Hoffmann ist Mitglied im Friedensforum Düsseldorf


Bild oben: Schulstreik gegen die Wehrpflicht am 05.12.2025 in Wuppertal
Foto: © redpicture
Quelle: r-mediabase.eu