Aufgaben der Aufklärung: „Die Richtigstellung der Begriffe“

Der Verbandstag am 02. und 03.06.2012 in Nürnberg beschloss den Entwurf eines Hauptdokumentes mit dem Titel »Die Richtigstellung der Begriffe«, das die Frage aufwirft, »wie lange die Herrschenden noch in der Lage sind, die Menschen dazu zu bringen, ihrer eigenen Disziplinierung, Ausbeutung und Unterdrückung freiwillig zuzustimmen«. Begriffe wie Internationalismus, Menschenrechte, Völkerrecht, Demokratie, Zivilgesellschaft und sozialistisches Erbe beinhalten hohe zivilisatorische Standards und reflektieren Errungenschaften und Ziele der Menschheitsentwicklung. Im Kampf gegen die Verfälschung solcher politischen Grundbegriffe und für die Wiederherstellung ihrer Bedeutung werde der Kampf um die geistige Vorherrschaft in der Gesellschaft ausgetragen, »hier findet der eigentliche Kampf der Kulturen statt, der Kampf zwischen der Kultur der Herrschenden und der Kultur der Beherrschten«.

Aufgaben der Aufklärung: „Die Richtigstellung der Begriffe“

Beschlossen vom Verbandsvorstand am 27./28. Oktober 2012 in Magdeburg im Auftrag des Verbandtages vom 02./03. Juni 2012 in Nürnberg

Kaufen, was einem die Kartelle vorwerfen; lesen, was einem die Zensoren erlauben; glauben, was einem die Kirche und Partei gebieten.
Beinkleider werden zur Zeit mittelweit getragen.
Freiheit gar nicht.
(Kurt Tucholsky)

Die große Lüge der Medien ist, diese Welt kann nicht verändert werden.
(Peter Hacks)

Der Deutsche Freidenker-Verband sieht das Ziel der historischen Aufklärungsbewegung, die Durchsetzung der Vernunft im geistigen und wissenschaftlichen Leben, für nicht erreicht an, und daher in der Fortsetzung der Aufklärung eine zentrale Aufgabe.
In unserer programmatischen „Berliner Erklärung“ charakterisieren wir Freies Denken u.a. als ein Denken, „dem die Überzeugung zugrunde liegt, dass der Mensch die Fähigkeit besitzt, sich ein Bild von der Welt, wie sie wirklich ist, und seinem Platz in ihr zu machen, seinen Selbstwert aus diesem Zusammenhang zu begreifen und seinem Leben so begründet einen Sinn zu geben“.

Dieser Erkenntnisoptimismus wird oft auf eine harte Probe gestellt. In Gesellschaft, Staat und Politik sind auch heute ‚moderne’ Dunkelmänner am Werk, ihr interessengeleiteter Dogmatismus wird nicht mehr nur von Kirchenkanzeln gepredigt, sondern mithilfe einer milliardenschweren Bewusstseinsindustrie in die Köpfe gehämmert. Die herrschende imperialistische Ordnung soll als gottgewollt und alternativlos erscheinen und geduldetwerden.

Um die Akzeptanz irrationaler Verhältnisse zu erreichen, setzt die herrschende Ideologieproduktion mit ihren Leitmedien neben „Zerstreuung“ auf die massenhafte Verbreitung von Irrationalismus. Ungläubige werden zwar nicht mehr als Ketzer verbrannt, aber als ‚Unbelehrbare’ oder ‚Verschwörungstheoretiker’ gebrandmarkt.

Die Kritik an Medien und Medienlügen, an besonders drastischen Beispielen von Meinungsmanipulation und Gehirnwäsche, gilt nicht durchweg als Teufelszeug, sondern hat im Kulturbetrieb einen eigenständigen, teils geachteten Platz. Erkenntnisse wie jene des Publizisten Paul Sethe „Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten“, sind nicht verboten. Der im letzten Irakkrieg geprägte Begriff des „eingebetteten Journalismus“ wird sogar belächelt und vielfach als Synonym für Selbstzensur und – mehr oder weniger freiwillige – Gleichschaltung verstanden.

Trotzdem haben punktuelle Proteste gegen besonders hohlen Flachsinn oder dreiste Lügen sowie partielle Einsichten in die Funktionsweise der Bewusstseinsindustrie leider selten eine nachhaltig befreiende Wirkung, die auch beim nächsten Manipulationsversuch noch standhielte und immunisierte. Paradoxerweise scheinen sie (fast) systemstabilisierend zu wirken, denn die „große Lüge“ bleibt verborgen und unangetastet.

So unverzichtbar die Aufdeckung von Desinformationskampagnen, der Unwahrheiten, Fälschungen und Verdrehungen bleibt – sie entspricht der „Entlarvung des Priesterbetrugs, einer frühen Stufe der Aufklärung also“ (Arnold Schölzel). Eine höhere und nachhaltige Stufe der Aufklärung erfordert, den Voraussetzungen und Mechanismen der „großen Lüge“ auf die Spur kommen. Gegen den verlockenden Reiz, zum ideologischen „Mainstream“ zu gehören“, muss durch widerständische Bildung die Lust zu Widerspruch und Ungehorsam geweckt werden.


Der vollständige Beschluss von 2012 mit den Begriffen

  • Kampf um Kultur
  • Internationalismus
  • Menschenrechte
  • Völkerrecht und Frieden
  • Rechtsstaat und Demokratie
  • Freiheit, Gleichheit, Solidarität,
  • Zivilgesellschaft
  • Geschichte, Erbe und Wahrheit

kann hier als  PDF-Dokument angesehen und heruntergeladen werden:

Beschluss Aufgaben der Aufklärung: „Die Richtigstellung der Begriffe“ im PDF-Format (ca. 230 KB)

Er wurde außerdem im Verbandsorgan FREIDENKER 4-12 veröffentlicht:


Richtgstellung der Begriffe – Gegen den „Neusprech“ der Herrschenden

Auf dem Verbandstag am 04. und 05.06.2016 in Potsdam wurde die Fortführung des Aufklärungsprogramms zur „Richtigstellung der Begriffe“ beschlossen, das um weitere Themenbereiche ergänzt werden soll. Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Klaus Hartmann (Vorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes), Sebastian Bahlo (stellv. Vorsitzender) und Klaus von Raussendorff (Mitarbeiter des Verbandsvorstandes) hat sich dieser Aufgabe angenommen. Die ersten Ergebnisse dieser Arbeit wurden im Verbandsorgan FREIDENKER 4-18 präsentiert.

Das Heft enthält Erläuterungen zu den Begriffen:

  • Nie wieder Krieg!
  • „Links“? „Rechts“?
  • „Querfront“?
  • „Lügenpresse“ – ein „Nazi-Wort“?
  • Der Neusprech der Manipulation
  • „Verschwörungstheoretiker“
  • Asyl, Flucht, Migration

Bisher sind zwei der Artikel auch online zugänglich:

Weitere werden folgen.

 


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