Bericht: IV. Nationales Denkfest der Aktiven – FRIEDENSTAUB(E)?
Vom 28. bis 30.11.2025 fand in Retgendorf bei Schwerin das mittlerweile IV. Denkfest der Aktiven „Friedenstaub(e)-Musik statt Krieg“ statt. Der Deutsche Freidenker-Verband war offizieller Unterstützer dieser Veranstaltung (siehe Einladung). Wir veröffentlichen hiermit ein Resümee der Veranstalter Henry & Andrea Marek und Tino Eisbrenner sowie eine Fotogalerie.
Webredaktion
Was war das wieder für ein Fest: des Denkens, Diskutierens, der Friedensaktionen, der Solidarität und der Kultur!
Bericht von Henry & Andrea Marek sowie Tino Eisbrenner
Als Veranstalter des 4. Denkfestes der Aktiven ‚Friedenstaub(e)‘ sehen Tino und ich unser Ziel erreicht: gemeinsam mit Aktivisten über Wege zum Frieden nachdenken, diskutieren, Aktionen austauschen und koordinieren, sich vernetzen, Kultur genießen und die Retgendorfer Gastfreundschaft erleben.
Was hatten wir wieder für großartige, kompetente Gäste:
– erschütternd und bewegend die beiden Filme vom Ostdeutschen Filmemacher Wilhelm Domke Schulz: ‚Leben und sterben im Donbass‚
https://www.youtube.com/watch?v=jx2O4SZnNIU
und ‚Geschichte wiederholt sich‘
https://www.youtube.com/watch?v=zezYLATKwp4
Beide Filme können heruntergeladen und gezeigt werden. Wilhelm bittet lediglich darum, dem Spendenhinweis zu folgen.
– Patrik Baab las aus seinem neuesten, demnächst veröffentlichten Buch. Arbeitstitel: Die Irren und die Toten. Eine ukrainische Farce. Von sich und seinen Erlebnissen in der 3. Person berichtet, fühlt man sich neben P. im Schützengraben, riecht den Pulverdampf des AK 47 und sehnt sich nach Wochen des Frontlebens nach einer heißen Dusche. Begleitet von Tino Eisbrenner mit Text und Musik hätte der Einstieg in das Friedensthema und das Denkfest-Wochenende nicht treffender und bewegender sein können. Teilweise stockte uns der Atem.
Am Sonnabend dann unsere traditionelle Podiumsdiskussion. Absolut hochkarätig besetzt:
– unverkennbar und unverwechselbar ist Alexander von Bismarck. Blau, Rot und Weiß gekleidet beschwor der Nachfahre des letzten Reichskanzlers regelrecht die aktiven Politiker, endlich ihre Arbeit zu tun. Er ist ein Brückenbauer per excellence, hat u.a. nach der deutschen Blockade des Petersburger Dialoges kurzerhand den Bismarckdialog in’s Leben gerufen. Nahezu wöchentlich lädt er zu Kamingesprächen, sein Podcast dazu ist aktuell, hochpolitisch und ein Genuß! Niemand mehr als er vertraut der Jugend. Der Jugend Vertrauen und Verantwortung, so lautet sein Plädoyer– sie können und sie werden ein besseres Deutschland bauen. Als friedlicher und verlässlicher Nachbar, mit Besonnenheit und Diplomatie kann, ja muß es gelingen! Frieden mit Russland sei nicht nur eine Erinnerung an seinen Großonkel, sondern ein Vermächtnis und Auftrag! Danke Alex, großartig!
– Patrik Baab ging in der Diskussionsrunde am Sonnabend den Ursachen der fatalen Entwicklung in Politik und Gesellschaft auf den Grund und rief vehement und mit konkreten Empfehlungen zum Handeln auf! Sehr mutig, lieber Patrik und mit Klassikerzitaten sehr fundiert begründet. Ich kann mir vorstellen, dass das für unser nächstes Denkfest ein Schwerpunktthema wird: WARUM ist die Welt so unfriedlich!?
– Gabriele Gysi Michaelis waren zwei Dinge besonders wichtig:
- die Friedenskräfte müssen endlich zusammenfinden.
- die heutige, offensichtliche Spaltung der Gesellschaft ist auch ein Ergebnis der verfehlten Politik nach dem Anschluß der DDR und der Entwurzelung großer Teile der Gesellschaft.
Bewegt und bewegend sprach sie von Differenzen in Sichtweisen, unterschiedlicher Betroffenheit und Verwerfungen, die auch bis in die eigenen Freundeskreise und Familien hineinreichen.
– in der Diskussionsrunde zeigte sich Wilhelm Domke Schulz als der authentischste Verfechter ostdeutscher Dokumentarfilmkultur und gehört aus der Sicht der Gäste in eine Reihe mit den berühmten DDR- Dokumentarfilmern Heynowski und Scheumann. Aus vielen Erlebnissen und Erfahrungen speist sich seine Erkenntnis: es gibt nach wie vor zwei verschiedene deutsche Sozialisationen, Kulturen und Sichtweisen. Da hier nicht aktiv aufeinander zugegangen wird, weder Gerechtigkeit noch Gleichheit hergestellt werden, wird die deutsche Teilung noch über Generationen Bestand haben.
Tino Eisbrenner war diesmal auch als Moderator Weltklasse! Sehr geschickt, sehr diplomatisch und doch an richtiger Stelle so provozierend, dass bislang unge- und unerhörtes zutage trat. Aufregend, emotional, spektakulär- Tino, das war SPITZE! Wir sind unglaublich gespannt auf die Videomitschnitte von Alexej Stoljarow der, wie unten bildhaft dokumentiert, mit Hochdruck an der Produktion arbeitet.
– Gabriele Gysi Michaelis las anschließend aus ihrem soeben erschienenen Buch: ‚Die Nacht, als Soldaten Verkehrspolizisten wurden‘ und nannte das, was so viele seit dem Herbst 1989 bewegt, beim Namen: Was wurde aus der Hoffnung auf Frieden, die beide deutsche Staaten nach dem Krieg verband? Was bedeutet es, wenn Vergangenheit nur noch als Feindbild dient? Ein leidenschaftliches, klarsichtiges Buch über Erinnerung, Verantwortung – und die ungelöste deutsche Frage. Wann finden Ost und West wirklich zusammen?
– genau daran erinnerte auch Hilmar Stolpe in seinem Diskussionsbeitrag zum Theater Ost: hier droht nach der Enteignung des Volksvermögens in den 90’ern eine Schließung! Unterstützung auf allen Ebenen ist gefragt: die Theaterchefin Kathrin Schülein und Holger Friedrich mit seiner Berliner Zeitung sind ganz dicht dran, machen Politik und Verwaltung Beine!
Lateinamerika
Die Lage in Mittelamerika ist ernst, der US- Amerikanische Würgegriff wird immer tödlicher und die Lage der Menschen vor Ort immer dramatischer. Eindrucksvoll schilderten Carsten Hanke (GefiS) und Steffen Niese (Cuba si) aus eigenem Erleben die politische Situation und berichteten von konkreten Hilfsprojekten. Niemals war Solidarität wichtiger, niemals war sie wirksamer als heute. Beide Länder kämpfen um das Überleben gegen einen vielfach, auch von der UNO verurteilten Aggressor. „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“. Das Zitat stammt von der nicaraguanischen Schriftstellerin Gioconda Belli. Unser Aufruf an alle: lasst und der brutalen, imperialen Vernichtungsdoktrin unsere Zärtlichkeit entgegenstellen, Verbündete suchen und Hilfe leisten.
Der musikalische Abschluss mit dem Duo Liaisong (Dunja & Jörg Naßler Averdung) passte zum Tag und begleitete in die Nacht: emotional, feurig, romantisch, kämpferisch und liebevoll. Mit den Liedern aus dem Hut wurde das Publikum einbezogen und regelrecht verzaubert. Einfach großartig! DANKE Euch beiden.
Am frühen Sonntag Morgen überraschte Tino Eisbrenner mit seinem Vortrag: Der Frieden in uns selbst. Kurzfassung: wer selbst im Einklang mit sich und der Umwelt lebt, kann aus seiner Spiritualität Kraft schöpfen und Harmonie verbreiten. Urvölker lebten und leben so, Tino hat es erfahren und praktiziert es- mit Erfolg!
Egon Krenz, letzter gewählter Staatsratsvorsitzende der DDR, wurde mit Standing Ovations empfangen. Er las aus dem 3. Band seiner Autobiographie „Verlust und Erwartung“. Insbesondere zur Situation im Politbüro des ZK der SED in den 80er Jahren fehlte es nicht an Selbstkritik. Die gesellschaftliche Situation heute sei ernst und nicht ohne Parallelen zur Vorwendezeit. Die Sicherheit Europas steht auf dem Spiel, es wird ein Krieg riskiert von Leuten, die selbst in Brüssel, London, Paris und Berlin Sicherheit sind. ‚Von deutschem Boden darf niemals wieder ein Krieg ausgehen!‘ Das war in der DDR Realpolitik. Danke, auch dafür, lieber Egon.
Anton Wempner, Sohn des leider erkrankten Rolf Becker, machte aus dem 2- Mann- Stück ‚So wird Geld verdient‘ einen beeindruckenden Soloauftritt. Ein literarischer Streifzug zur Entwicklung und Bedeutung des Geldes, von der Antike bis zur Gegenwart belustigte, erstaunte, empörte und machte betroffen. Absolut großartig und aktuell, professionell und emotional, lieber Anton. Hier schloß sich der Kreis von Alexander von Bismarck aufgezeigt: Anton Wempner ist Jugend und Zukunft. Mit ihm und seinesgleichen kommt Hoffnung auf. Danke Anton, für diesen tollen Auftritt und Lichtschweif am Horizont.
Getrübt wurde der allerdings, als das Schicksal der von EU- Sanktionen betroffenen, deutschen Journalisten, unter ihnen der inzwischen 3-fach Vater Hüseyin Doğru, aufmerksam gemacht wurde. Die Bundesregierung hat es geschafft, deutsche Staatsbürger ohne ‚eigene‘ Verantwortung zu Aussätzigen zu erklären und nicht nur nahezu sämtlicher Rechte zu berauben, sondern auch Hilfeleistungen an sie unter Strafe zu stellen. Was ist das für ein Land? Was ist das für eine Justiz? Was ist das für ein Skandal?
Es geht der Aufruf aller Anwesenden an die Bundesregierung, dieses Treiben sofort zu beenden. Wir fordern die Herstellung von Rechtsstaatlichkeit und Öffentlichkeit. Schluß mit Willkür, schluß mit Einschüchterung!
Traditionell wurde für einen guten Zweck gesammelt. Die Sammlung ergab den sagenhaften Erlös von mehreren tausend Euro. Wie versprochen, wird sie den bzw. die bedürftigen Empfänger erreichen.
Ein Gemälde mit Friedensmotiven wird auf Vorschlag von Tino und mir auf die Reise nach Venezuela gehen- als Zeichen der Verbundenheit mit diesem um Frieden, Unabhängigkeit und Freiheit kämpfenden Volk. Carsten Hanke wird es, versehen mit einer kleinen Plakette, auf einer seiner nächsten Reisen dorthin mitnehmen und überreichen. Ähnlich wie Heinz Gluth das von ihm ersteigerte, ähnliche Gemälde der Universität in Qingdao als Zeichen der Verbundenheit mit dieser ehemaligen deutschen Kolonie in China zum Geschenk machte.
An alle, die hier dabei waren, eine Bitte: wir haben hier unzählige Initiativen, Vereine, Parteien, Aktionsbündnisse etc. kennengelernt. Bevor noch mehr gegründet wird bzw. entsteht, das könnte eine Lehre der Vergangenheit sein, schaut euch danach um, was es schon gibt. SCHLIEßT EUCH AN! Oder, wie Ernst Thälmann sagte: Einen Finger kann man brechen, eine Faust nicht.
Die Zeit braucht Aktivisten! Aktivposten, die voran gehen und mitreißen, organisieren und marschieren, Verbündete finden und um sich scharen, Flagge zeigen und ihre Stimme erheben. Wir danken allen, die durch ihre Teilnahme oder Spende zum Erfolg beigetragen haben und wünschen uns allen vor allem eines: Frieden auf der Welt!
Clivia von Dewitz und ihrem Vater sowie Rolf Becker wünschen wir alles erdenklich Gute. Es wird ein 5. Denkfest geben; vom 27. – 29.11.2026! Wir zählen auf euch und eure Teilnahme!!!
Vorher lädt Tino vom 28. – 29.3.’26 nach Retgendorf ein zu ‚Eisbrenners Kulturcamp‘.
Eine friedliche und besinnliche Adventszeit wünschen, verbunden mit den herzlichsten Friedensgrüßen
Henry & Andrea Marek sowie Tino Eisbrenner.
Fotogalerie
Fotos in der Galerie: diverse Fotografen, bereitgestellt von Henry Marek
Bild oben: Die Veranstalter Henry Marek (links) und Tino Eisbrenner (rechts); in der Mitte Jörg Naßler Averdung vom Duo LIAISONG
Foto bereitgestellt von Henry Marek
