Demokratie – Medien – Aufklärung

Leistet der Deutschlandfunk propagandistische Beihilfe zum Genozid in Gaza?

Die Schamlosigkeit, mit der der „DLF“ am Sonntag die Forderung rechtsextremistischer Zionisten unterstützt hat, nämlich das UN-Hilfswerk für Palästina abzuschaffen, ist unfassbar. Unter den aktuellen Bedingungen vor Ort würde dies nichts anderes als eine Unterstützung des zionistischen Genozids in Gaza durch Ausrottung und Vertreibung der dort lebenden Palästinenser infolge von Hunger und Krankheiten bedeuten.

Von Rainer Rupp

Erstveröffentlichung am 04.02.2024 auf RT DE

Mit einer Mischung aus Falschinformationen, Halbwahrheiten beziehungsweise Auslassungen und nicht belegten Andeutungen hat der von uns allen mit Zwangsgebühren finanzierte Regierungssender Deutschlandfunk (DLF) am vergangenen Samstag in einem Kommentar aus der Feder eines gewissen Ronen Steinke von der Süddeutschen Zeitung die Abschaffung des UN-Hilfswerks (UNRWA) für Palästina gefordert. Entweder hat der Autor von der aktuellen Lage in Gaza keine Ahnung oder seine prozionistischen Scheuklappen erlauben ihm nicht, die ungeheure humanitäre Katastrophe zu erkennen, der er mit seiner Forderung zur Abschaffung der UNRWA das Wort redet.

Bereits vor einigen Wochen war die Versorgungslage in Gaza so schlimm, dass die UNO in einem Bericht vor einem bevorstehenden massenhaften Hungertod warnte, dem jeder Vierte in Gaza, vor allem die Schwachen, die Kinder und die Alten, in den nächsten Monaten zum Opfer fallen würden. Andere internationale Hilfsorganisationen und internationale Journalisten, die vor Ort in Gaza arbeiten, bestätigen den Lagebericht der UNO. Aber der von der UNO geschätzte Anteil der Hungertoten an der gesamten Gaza-Bevölkerung von 25 Prozent ist viel zu tief angesetzt, wenn in der aktuellen Situation die Hilfsgelder für das UN-Hilfswerk für Palästina eingefroren werden.

Und genau das haben vor etwas über einer Woche die Leuchttürme der westlichen Wertegemeinschaft und Demokratie getan. Als Rechtfertigung für diese Blockade weiterer Hilfen an das UNHCR haben die Vorbilder des „westlichen Humanismus“ eine Beschuldigung aus der israelischen Propagandamaschine angeführt, wonach zwölf palästinensische Mitarbeiter der UNHCR aktiv am bewaffneten Massenausbruch der Hamas am 7. Oktober 2023 aus dem Gaza-Freilichtgefängnis beteiligt gewesen sein sollen.

Unabhängig bestätigt ist diese Behauptung aus israelischen Geheimdienstkreisen nicht. Des Arguments willen wollen wir mal annehmen, dass das so stimmt. Aber wie sieht dann dieser viel gepriesene westliche Humanismus aus, wenn seine Protagonisten in den USA und der EU, zu denen auch die besonders eifrigen deutschen „Gutmenschen“ zählen, bereit sind, deshalb über weitere Hundert Tausende palästinensischer Menschen in Gaza eine unausweichliche kollektive Todesstrafe durch Hunger und Krankheiten zu verhängen. Denn das wird das Endergebnis des Stopps der UNRWA-Hilfen sein, die die Vereinigten Staaten und sieben ihrer westlichen Verbündeten (Australien, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Italien, die Niederlande und Finnland) am vorletzten Wochenende verkündet haben.

Die zionistischen Propagandisten haben aber offensichtlich selbst gemerkt, dass die angeblichen zwölf faulen Äpfel unter den 13.000 UNHCR-Mitarbeitern in Gaza als Begründung für den angekündigten Massenmord an unschuldigen Menschen doch etwas zu dünn waren. Deshalb haben sie weitere Meldungen über angeblich enge Zusammenarbeit zwischen UNRWA-Mitarbeitern und der Hamas in Gaza nachgelegt, was unreflektiert im DLF hinausposaunt wurde.

Hier eine Kostprobe aus dem DLF-Gastkommentar von Ronen Steinke:

„Auch wenn es nun wirklich ’nur‘ zwölf Personen gewesen sein sollten, die sich an den Attacken vom 7. Oktober beteiligten, (…) dann stellt sich die Frage, wie viele mehr wohl ihre Augen verschlossen haben. Ganz bewusst. Von diesen 13.000 Mitarbeitenden der UN in Gaza sollen etwa ein Zehntel gleichzeitig militanten islamistischen Gruppen angehören. So berichtete kürzlich das Wall Street Journal unter Berufung auf Geheimdienste. Das klingt eigentlich wie ein böser Witz. Aber es ist keiner.“

Tatsächlich ist es ein böser Witz. Angesichts der vielen, oft grotesken Lügen, die aus dem gut geschmierten zionistischen Propagandaapparat in die Welt geschickt werden – wie zum Beispiel die 40, angeblich von Hamas-Kämpfern am 7. Oktober enthaupteten, israelischen Babys –, sind auch dies vom DLF übernommene Wallstreet-Meldung, dessen Quelle mit hoher Wahrscheinlichkeit ein zionistischer Geheimdienst ist, wenig glaubwürdig. Weiter gehts mit dem DLF-Kommentar:

„Es wäre naiv, von den Vereinten Nationen und ihren Mitarbeitenden zu erwarten, dass sie sich ganz heraushalten aus der Politik in Gaza, dass sie sich gar nicht infizieren, gar nicht kompromittieren lassen von der Hamas, ohne die dort nichts geht, kein Schulbetrieb, kein Krankenhaus. Aber so weit, wie es das UN-Hilfswerk für die Palästinenser in den vergangenen Jahren getrieben hat?“

Natürlich geht in Gaza gar nichts ohne die Hamas, weil sie dort nämlich 2006 die demokratischen Wahlen gegen die bis in die Puppen korrupte PLO gewonnen hat und seither wegen ihres sozialen Einsatzes und der funktionierenden Verwaltung von der Bevölkerung in Gaza unterstützt wurde. Folglich müssen die Mitarbeiter einer ausländischen Organisation in Gaza mit den Repräsentanten der lokalen Verwaltung, einschließlich mit den dortigen Sicherheitskräften, zusammenarbeiten, sonst funktioniert gar nichts.

Im nächsten Atemzug nimmt der DLF-Kommentar seine Zuhörer belehrend bei der Hand, um sie in die falsche Richtung zu führen, denn er tut so, als ob es sich bei den Zahlungen der westlichen Länder an das UNRWA um milde Gaben handelt, die man einfach mal so abstellen kann, um die Palästinenser gefügig zu machen. Wie wir weiter unten sehen werden, beruhen diese Zahlungen jedoch auf einer Verpflichtung westlicher, vor allem westeuropäischer Länder vor den Vereinten Nationen, um damit ihr Totalversagen bei der ersten großen Vertreibung der Palästinenser, der Nakba im Jahr 1948, mit diesem Geld wenigstens teilweise zu kompensieren und das Leid der bis heute Vertriebenen zu mildern. Im DLF-Kommentar wird das nicht einmal angedeutet. Weiter mit der Mitschrift des DLF-Kommentars:

„Nun, es wäre auch fahrlässig, dies [die Zusammenarbeit zwischen UNRWA und Hamas-Vertretern in Gaza] in Zukunft weiter zu akzeptieren oder gar weiterhin aus Europa zu finanzieren. Also, soll man es lassen? Konkreter gefragt sollte die deutsche Regierung in diesem Fall, angeführt von der Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen, die Zahlungen an das Palästinenserhilfswerk nicht bloß einfrieren, wie es nun jüngst geschehen ist, sondern sie ganz stornieren? Immerhin 83 Millionen Euro hat Deutschland im vergangenen Jahr überwiesen, oder einfacher gesagt, einen Euro pro Bundesbürger (…) Die Antwort? Ja, natürlich sollte Deutschland nicht länger die Rechnung bezahlen für eine Organisation [UNRWA], die derart grotesk aus dem Ruder gelaufen ist und die auch die Interessen der Palästinenser ähnlich verrät, wie dies auch die Hamas tut.“

„Das Palästinenserhilfswerk UNRWA hat sich dem Grundsatz verschrieben, dass Flüchtlinge eine Rückkehr anstreben sollten, mitsamt ihrer Kinder, Enkel, Urenkel – auch noch nach 75 Jahren. Das bedeutet, das ganze Leben als Provisorium zu betrachten, nicht anzukommen, nicht nach vorne zu sehen. Das ist Ideologie und so ist es nur folgerichtig, dass schon kleinen Kindern in der Schule in Gaza vermittelt wird, dass mit Israel keinen Frieden zu machen sei, sondern dass der Weg nur über den Kampf führe (…) Aber das ist nicht im Interesse der Palästinenser selbst. Das ist das Gegenteil von hilfreich. Jetzt wäre die Gelegenheit, diese Besonderheit abzuschaffen. Und das normale UN-Hilfswerk, das UNHCR diesen Job in Gaza übernehmen zu lassen.“

Auffällig bei diesem und ähnlichen Kommentaren in Propagandamedien der „regelbasierten weltlichen Ordnung“ ist, dass die westlichen Vorzeige-Humanisten mit ihrer gespielten Empörung über die angeblich zwölf faulen Äpfel unter den 13.000 UNHCR-Mitarbeitern das erklärte Ziel der zionistischen Gewaltextremisten befördern. Und das heißt erklärtermaßen, Gaza von Palästinensern beziehungsweise von den „menschlichen Tieren“ – so der israelische (Verteidigungs-) Genozid-Minister (Joaw Galant) – zu säubern. Und auch dieses Verbrechen fällt in die Definition des Genozids.

Kommentare wie dieser im DLF und der Süddeutschen Zeitung liegen ganz auf der Linie der Rechtsextremisten und Rassisten in der israelischen Regierung. Sie stimmen zum Beispiel weitgehend überein mit der Einlassung von Israels UN-Botschafter Gilad Erdan vor dem UN-Sicherheitsrat am 29. Juli 2023, als er sagte, es gebe kein „Rückkehrrecht“ für palästinensische Flüchtlinge, die seiner Meinung nach von der Palästinensischen Autonomiebehörde und der UNRWA „künstlich in einem Flüchtlingsstatus gehalten“ würden, „die in ihnen die Lüge nährt, die Welt unterstütze ihr Recht auf Rückkehr“. Genau das tut die Welt aber, wie die jüngste Abstimmung in der UN-Generalversammlung mit überwältigender Mehrheit gezeigt hat.

Der DLF-Kommentar liegt dabei mit dem israelischen UN-Botschafter ganz auf einer Linie, was implizit bedeutet, dass es für die israelische Regierung keine „Zweistaatenlösung“ gibt und auch die palästinensischen Flüchtlinge nicht einmal aus den umliegenden Ländern in das von Israel brutal besetzte Westjordanland zurückkehren dürfen. Ein Ende des UNRWA-Hilfswerks würde Israel diesem Ziel näherbringen. Das Erschreckende dabei ist, dass deutsche, regierungsfinanzierte Medien sich dieser extremistisch-zionistischen Kampagne anschließen.

Nun zum Abschluss einen kurzen Überblick über die Geschichte des United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA):
Die UNRWA wurde am 8. Dezember 1949 durch die Resolution 302 der Generalversammlung der Vereinten Nationen gegründet. Ihre Gründung folgte auf die Vertreibung von Hunderttausenden von Palästinensern infolge der israelischen Eroberungen von 1948.

Gründung: Die UNRWA wurde gegründet, um palästinensischen Flüchtlingen zu helfen, die infolge des arabisch-israelischen Krieges von 1948, auch bekannt als palästinensische Nakba („Katastrophe“), vertrieben wurden. Die Agentur wurde beauftragt, Hilfe in Bereichen wie Bildung, Gesundheitsversorgung, soziale Dienste und Nothilfe zu leisten.

Erste Operationen: Die UNRWA begann ihre Arbeit im Mai 1950 und leistete humanitäre Hilfe für palästinensische Flüchtlinge in Jordanien, Libanon, Syrien, dem Westjordanland und dem Gazastreifen. Ihr ursprüngliches Mandat war als vorübergehend gedacht, weil die Flüchtlinge wieder in ihre Heimat Palästina zurückkehren sollten. Aber dagegen haben sich die Israelis bis heute gesperrt und das ist der Kern des bis dato anhaltenden israelisch-palästinensisch/arabischen Konflikts. Daher werden die Operationen der UNRWA seit Jahrzehnten fortgesetzt.

Mandatsverlängerungen: Die UN-Generalversammlung hat das Mandat der UNRWA in regelmäßigen Abständen, in der Regel alle paar Jahre, verlängert. Im Laufe der Zeit hat sich das Mandat der Agentur weiterentwickelt, um den sich ändernden Bedürfnissen der palästinensischen Flüchtlinge gerecht zu werden, einschließlich der Ausweitung der Dienstleistungen und der Reaktion auf Notfälle und Konflikte in der Region.

Dienstleistungen: Die UNRWA bietet eine Reihe grundlegender Dienstleistungen für palästinensische Flüchtlinge an, darunter Bildung für Kinder, Gesundheitsversorgung, Berufsausbildung, soziale Dienste und Nothilfe in Krisenzeiten. Sie betreibt Schulen, Kliniken und andere Einrichtungen in den Gebieten, in denen palästinensische Flüchtlinge leben. All diese Einrichtungen in Gaza wurden jetzt von der israelischen Soldateska dem Erdboden gleichgemacht.

Herausforderungen: Die UNRWA steht bei der Erfüllung ihres Mandats vor verschiedenen Herausforderungen, darunter Finanzierungsengpässe, politische Spannungen in der Region, Zugangsbeschränkungen und der anhaltende israelisch-palästinensische Konflikt. Die Agentur wurde von einigen Parteien wegen angeblicher Voreingenommenheit und Ineffizienz kritisiert, während andere sie als lebenswichtige Ader für palästinensische Flüchtlinge betrachten.

Rainer Rupp ist Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes


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