Zeit der Verleumder - Freidenker für Klartext

Sie haben Zeitungen und Druckereien…

Von Sebastian Bahlo

Daß in formaldemokratischen Systemen Skandale ein willkürliches Instrument der Kontrolle der Politik durch die ungewählten echten Machtzentren sind, ist für Freidenker keine aufregende Erkenntnis. Die dem Spendenskandal, infolgedessen nach der Abwahl Helmut Kohls die CDU-Führung ausgetauscht wurde, zugrundeliegenden Tatsachen müssen den Hinweisgebern schon lange vorher bekannt gewesen sein. 2011 wurde ein Bundespräsident zum Rücktritt gedrängt, nachdem ihm zuerst vorgeworfen worden war, ein Haus als Geschenk angenommen zu haben, (entgegen seiner Behauptung, daß es sich um ein Kreditgeschäft gehandelt habe), und er sich daraufhin telefonisch bei der „Bild“-Zeitung über die aus seiner Sicht unfaire Berichterstattung beschwert hatte, was ihm als „Angriff auf die Pressefreiheit“ ausgelegt wurde. Solcherart geschieht nur dem, der irgendwo auf seinem Weg den Plänen der Mächtigen in die Quere gekommen ist. Politiker, die artig ausführen, was ihnen von der Atlantikbrücke, George Soros oder Bill Gates auf die Tagesordnung diktiert wird, dürfen selbst mit Verstrickungen in Finanzverbrechen von der Dimension der Cum-Ex- und Wirecard-Affairen auf ihrem Posten bleiben wie unser derzeitiger Bundeskanzler.

Eine etwas neue Qualität tritt hinzu, wenn Personen des öffentlichen Lebens aufgrund reiner Verdachtsberichterstattung von Medienorganen vor sich her getrieben werden. Man denke aktuell an den Sänger Till Lindemann, aber besonders an den ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnologie Arne Schönbohm, der allein aufgrund substanzloser Unterstellungen einer rundfunkgebührenfinanzierten Krawallschachtel von Bundesinnenministerin Faeser entlassen wurde – er verklagt das ZDF jetzt auf 100.000 Euro.

Alles in den Schatten stellt jedoch die von der Süddeutschen Zeitung (SZ) losgetretene und inzwischen konzertiert wirkende Hetzkampagne gegen den Wahlkämpfer Hubert Aiwanger, der bayerischer Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident sowie Bundesvorsitzender der Freien Wähler ist. Ohne namentlich genannte Zeugen kolportiert die Zeitung, daß vor 35 Jahren in Aiwangers Schulranzen Flugblätter gefunden worden seien. Das Corpus delicti druckt sie ab.

Screenshot, Quelle: RT DE

Es handelt sich um einen durchaus tadelnswerten Schülerstreich, der Schabernack mit den Massenverbrechen des Hitlerregimes treibt und von sittlicher Unreife zeugt. Ohne irgendeine handfeste Tatsache, die des zum fraglichen Zeitpunkt siebzehnjährigen Aiwanger Beziehung zu dem Flugblatt erhellt, maßt sich die SZ an, mit ihrer dürren „Enthüllung“ faktisch in den bayerischen Landtagswahlkampf einzugreifen – es ist übrigens dieselbe SZ, die 2013 Joseph Ratzinger ohne weiteres bescheinigte: „Der heutige Papst Benedikt XVI. wurde gegen seinen Willen Hitlerjunge.“ (https://www.sueddeutsche.de/panorama/papst-benedikts-wahre-geschichte-joseph-und-die-hitlerjugend-1.921005) Schnell verständigte sich die Meute auf das zu gebrauchende Codewort: Ein „antisemitisches Flugblatt“ sei es, das nun an Aiwanger klebt, auch wenn kein Wort darin steht, das diese Qualifizierung rechtfertigt.

Mit den täglichen Erweiterungen und neuesten Wendungen der aus der Luft gezauberten „Causa Aiwanger“ wollen wir uns hier nicht mehr beschäftigen, sondern eher damit, was Aiwanger wirklich „verbrochen“ hat, daß man ihm mit solchem Schmierenjournalismus der untersten Kategorie auf den Leib rückt. Bundesweites Aufsehen erregte er ja bereits, als er auf dem Höhepunkt der Pogromstimmung gegen „Ungeimpfte“ (sprich: nicht mit experimentellen Covid-19-Impfstoffen Behandelte) standhaft den „Pieks“ verweigerte. Doch an diese Zeit wollen die Verantwortlichen und ihre Hintermänner sowie ihre schreibenden Helfershelfer tunlichst nicht erinnern. Große Wellen schlug ein Auftritt Aiwangers bei einer Großkundgebung in Erding bei München am 10. Juni dieses Jahres unter dem Motto „Stoppt die Heizungsideologie“, bei der auch als Hauptredner der bayerische Ministerpräsident Söder sprach. Der Bayerische Rundfunk zitiert aus Aiwangers Kundgebungsrede: „Jetzt ist der Punkt erreicht, wo die große schweigende Mehrheit sich die Demokratie zurückholen muss und denen in Berlin sagen: ‚Ihr habt ja wohl den Arsch offen da oben.‘ Wir wollen unsere Demokratie zurückholen.“ (https://www.br.de/nachrichten/bayern/aiwangers-scharfe-worte-gegen-geplantes-heizungsgesetz,TgmiiUG) Insbesondere das Wort vom Zurückholen der Demokratie durch die Mehrheit wurde – widersinnigerweise – von Kritikern als demokratiefeindlich eingeschätzt. Talkshow-Moderator Markus Lanz stellte Aiwanger deshalb in der Manier eines Inquisitors zur Rede. Dabei ist dieser Gedanke die unabweisbare Konsequenz aus dem Namen der Demokratie, der Volksherrschaft und der Identifikation des Volkes mit dem Souverän.

Mit seiner Erdinger Rede hat Aiwanger den Finger in eine klaffende Wunde gelegt. Daß die Regierung und der sie formal kontrollierende, ihr faktisch untergeordnete Gesetzgeber eine mehr und mehr gegen die Interessen der Volksmassen gerichtete, weder ihrem Willen noch gar ihrem Auftrag entsprechende Politik betreiben, wird immer sichtbarer. Der wirtschaftliche Niedergang im Namen des „Klimaschutzes“ und der „Ruinierung Rußlands“ nimmt Fahrt auf. Die Meinungsfreiheit wird stark beschnitten: Wer sich über Regierungsmitglieder lustig macht, muß mit Strafbefehlen rechnen, wer die Einschätzung der Bundesregierung zum Krieg in der Ukraine nicht teilt, mit Anklagen wegen „Volksverhetzung“ und „Billigung von Straftaten“. Und die regierungstreuen Medien tun ihr Übriges. Es ist wirklich Zeit, daß sich die Mehrheit die Demokratie zurückholt.

Falls es noch eines Beweises bedürfte, wie willkürlich die Nazi-Keule gegen Hubert Aiwanger von den staatstragenden Medienorganen geschwungen wird, so könnte es dieser sein: Wie die Tagesschau unter Bezugnahme auf einen namentlich genannten und relevanten Zeugen berichtet (https://www.tagesschau.de/inland/regional/badenwuerttemberg/swr-kz-vergleich-bei-ellwanger-heimattagen-eklat-um-cdu-politiker-kiesewetter-100.html), soll der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter Ende Juli zu Mitarbeitern einer Sicherheitsfirma, die ihn nachts um 1.30 Uhr zum Verlassen eines Weinkellers aufforderten, gesagt haben: „Ihr seid ja schlimmer als KZ-Wächter“. Man vergleiche die Resonanz, auf die diese belegte Meldung über eine frappierende Verharmlosung des Hitler-Faschismus durch einen aktiven Politiker stößt, mit der allgegenwärtigen Empörung über Aiwangers rein mutmaßliche Jugendsünden. Doch bei Kiesewetter handelt es sich nun einmal um einen „verdienten“ Parteigänger der NATO-Kriegsmaschine, Verbreiter antirussischer Propaganda und Förderer antirussischer Politik im Interesse der USA, der jeglicher Bestrebungen, dem Volk die Demokratie zurückgeben zu wollen, unverdächtig ist. Kein Zweifel: Hätte Hubert Aiwanger sich Kiesewetters Ausspruch geleistet – er wäre bereits alle seine Posten los.

Das Verhältnis der staatstragenden Medienorgane zu jeder ernsthaften Opposition wird treffend durch Brechts Verse aus dem Stück „Die Mutter“, wo sie sich eigentlich auf das zaristische Rußland beziehen, charakterisiert: „Sie haben Zeitungen und Druckereien  / Um uns zu bekämpfen und mundtot zu machen (…) Ja, wozu denn? / Müssen sie denn die Wahrheit so fürchten?“

Sebastian Bahlo ist Vorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes

Siehe zum Thema auch:

Bernd Duschner: Die große Heuchelei wegen eines Flugblattes von 1987 (09.09.2023)
Klaus Hartmann: Nochmal zum „Fall Aiwanger“ (Leserbrief und Antwort zu diesem Beitrag) (23.09.2023)


Bild oben: Collage von Ralf Lux, unter Verwendung von:

Steckbrief: publicdomainpictures.net
Hintergrund (Bretter): pixabay.com
Till Lindemann: Foto: Sven Mandel, CC BY-SA 4.0, Quelle: wikimedia.org
Arne Schönbohm: Foto: Michael Lucan, CC BY-SA 3.0, Quelle: wikimedia.org
Hubert Aiwanger: Foto: Raimond Spekking, CC BY-SA 4.0, Quelle: wikimedia.org