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VVN diffamiert Friedensdemonstranten

Zusammengestellt von Klaus Hartmann

Die Berliner VVN/BdA ist auf die glänzende Idee gekommen, sich im Nachhinein von der Kundgebung der Friedenskoordination Berlin zu distanzieren, zu der diese am 27. Januar 2023 („Holocaust-Gedenktag“) aufgerufen hat.

Inhalt
Aus dem Aufruf der Friko Berlin
Antwort der VVN: Querfront für den Frieden? Ohne uns! Die Tür nach rechts bleibt zu!
Antwort der Friko Berlin: Wer hat ein Interesse daran, die Friedensbewegung zu diffamieren?
Position des Deutschen Freidenker-Verbandes
Brigitte Renkl, Peter Wegner: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
Rudolf Reddig: VVN unterwandert
Sebastian Bahlo: Elitäre Glaubensbekenntnisse sind nicht antifaschistisch


Aus dem Aufruf der Friko Berlin 

Unsere Regierung führt uns in den Krieg!
Wir sagen N E I N !!!

Nun liefert unsere Regierung doch den Leopard 2 und eskaliert den Krieg in der Ukraine dadurch weiter. Wir rufen euch auf, kommt am Freitag, den 27.1. um 90 Sekunden vor 12 zum Brandenburger Tor. Die Zeit ist deshalb gewählt, weil die Dooms-Day/Weltuntergangsuhr gestern auf eineinhalb Minuten vor 12 vorgestellt wurde.

Wir müssen es endlich schaffen, uns Gehör zu verschaffen!!!

Wir verlangen:

  • KEINE WEITEREN WAFFEN IN DIE UKRAINE!
  • HÖRT ENDLICH AUF MIT DER ESKALATION!
  • KEINE RHETORIK DES KRIEGES UND DER HETZE MEHR!
  • NUTZT ENDLICH EUER HIRN ZUM DENKEN!
  • NUR VERHANDLUNGEN KÖNNEN DEN KRIEG IN DER UKRAINE BEENDEN!

WIR WOLLEN NICHT IN EINEM ATOMKRIEG STERBEN!

(http://www.frikoberlin.de/)

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Die VVN antwortete:

Querfront für den Frieden? Ohne uns! Die Tür nach rechts bleibt zu!

Hier heißt es u.a.: „Der Geschäftsführende Vorstand der Berliner VVN-BdA e.V. distanziert sich auf schärfste von den Geschehnissen und Aussagen auf der Friedensmahnwache der Friko / Friedenskoordination am Brandenburger Tor.

Es macht uns wütend, dass einige unserer Mitglieder und andere „Linke“ glauben heute am 27. Januar zusammen mit Querdenkern*innen und ehemaligen NPDler*innen, Vertretern des Compact- Magazins, jenen die sich auch als Coronaleugner*innen, Antisemit*innen, Verschwörungsgläubige und Anhänger*innen des autoritären Putinregimes betätigt haben, demonstrieren zu können.“

(Das weise Gremium beinhaltet Andreas Barth, Frieder Böhne, Johann Basko, Arnold Vinkeles, Anne Hunger, Mathias Wörsching, Elke Tischer, Trille Schünke und Leonie Ulrichs.)

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Die Friedenskoordination Berlin antwortete:

Wer hat ein Interesse daran, die Friedensbewegung zu diffamieren?

Am 27. Januar 2023 kamen ca. 500 Menschen zur Kundgebung und Mahnwache der Friedenskoordi-nation Berlin auf den Platz des 18.März, zu der das Netzwerk gegen Krieg kurzfristig aufgerufen hatte, um gegen den jüngsten Beschluss der Bundesregierung zu protestieren, Kampfpanzer Leopard 2 an die Ukraine zu liefern. Die Teilnehmenden einte die Forderung nach unverzüglichen Verhandlungen, die Sorge vor einer weiteren Eskalation des Krieges und deutscher Kriegsbeteiligung, die Angst vor einem Dritten Weltkrieg, die Wut über die unverantwortliche Kriegsrhetorik deutscher Politikerinnen und Politiker, die ihren aktuellen Höchststand in der Erklärung der Außenministerin „wir sind im Krieg mit Russland“ gefunden hat.

Mit Befremden, nein mit Entsetzen haben wir – die Organisatorinnen und Organisatoren der Kundgebung – feststellen müssen, dass sich noch am gleichen Tag der Geschäftsführende Vorstand der VVN-BdA Berlin mit folgenden Worten empört von unserer Aktion distanzierte:

„Der Geschäftsführende Vorstand der Berliner VVN-BdA e.V. distanziert sich auf schärfste von den Geschehnissen und Aussagen auf der Friedensmahnwache der Friko / Friedenskoordination am Brandenburger Tor. Es macht uns wütend, dass einige unserer Mitglieder und andere „Linke“ glauben heute am 27. Januar zusammen mit Querdenkern*innen und ehemaligen NPDler*innen, Vertretern des Compact-Magazins, jenen die sich auch als Coronaleugner*innen, Antisemit*innen, Verschwörungsgläubige und Anhänger*innen des autoritären Putinregimes betätigt haben, demonstrieren zu können.“

Wir weisen diese durch nichts belegten diffamierenden Behauptungen zurück, die auch gar nicht belegt werden können! Das ist Rufmord!

Wir fragen uns: In wessen Interesse handelt in diesem Fall der Geschäftsführende Vorstand der Berliner VVN-BdA? Teilt er nicht die Forderung nach sofortigen Verhandlungen, einem Ende der Waffenlieferungen? Teilt er nicht die Sorge vor einem drohenden großen Krieg in ganz Europa oder weltweit, die Sorge vor einem Atomkrieg?

Die Bedeutung des 27. Januar, des Gedenkens an die Opfer des ‚Nationalsozialismus‘, verpflichtet uns geradezu, für einen Stopp des Krieges und ein Ende der kriegsverschärfenden Waffenlieferungen auf die Straße zu gehen. Erinnern heißt neben Gedenken auch: Aufruf zum Handeln für heute!

Gegen Krieg und Faschismus, hier und überall, auch in der Ukraine, das ist die Forderung, die wir als Friedensbewegte auf die Straße tragen und überall vertreten – zusammen mit den VVN-Mitgliedern in unseren Reihen.

Wir bleiben dabei:
Lasst uns die Warnungen erneuern,
und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind!
Denn der Menschheit drohen Kriege,
gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind,
und sie werden kommen ohne jeden Zweifel,
wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten,
nicht die Hände zerschlagen werden. (B. Brecht)

Für die Gruppen der Friedenskoordination Berlin: Laura von Wimmersperg, Barbara Majd Amin, Jutta Kausch-Henken

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Deutscher Freidenker-Verband solidarisch an der Seite der Friedenskoordination Berlin

Der Deutsche Freidenker-Verband steht gegen die Angriffe solidarisch an der Seite der Friedenskoordination Berlin. Wir weisen die Unverschämtheit der VVN zurück, mit Hilfe ihrer erfundenen (ehemaligen) NPD-Mitglieder andere Protestierende (z. B. gegen irrsinnige „Corona-Maßnahmen“ oder gegen die rassistische Antirusslandhetze) in die Nazi-Ecke zu rücken.

Das Versammlungsrecht gilt, und niemand kann darüber befinden, wer dieses ausüben darf und wer nicht. Ein Veranstalter kann lediglich jemand von einer Kundgebung entfernen, der gegen den Zweck der Veranstaltung demonstriert.

Wir verteidigen die Versammlungsfreiheit als solche, der Angriff der VVN auf das Versammlungsrecht liegt auf der antidemokratischen Linie, die zur Tendenz der Faschisierung gehört. Die VVN betreibt selbst die Verharmlosung des Faschismus, aber es geht nicht nur um eine ideologische, propagandistische Kontroverse – es ist ein Handeln, das unmittelbar zu noch schärferen Repressionen führen kann.

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Die Einlassungen der VVN haben einige Entgegnungen ausgelöst, die wir hier dokumentieren:


Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

und die seltsamen Wirrungen des Geschäftsführenden Landesvorstands der VVN-BdA Berlin

Am 27. Januar 2023 fand vor dem Brandenburger Tor eine beeindruckende Manifestation gegen Krieg und Faschismus statt, an der trotz der kurzen Vorbereitungszeit etwa 400 KriegsgegnerInnen teilnahmen. Anlass war die kurz zuvor von der Bundesregierung verkündete Bereitschaft, Leopard 2 Kampfpanzern an das autoritäre Selenski-Regime liefern zu lassen.

Deutlich sichtbar auf dieser Kundgebung waren Transparente u.a. der Friedenskoordination (Friko) Berlin, der Naturfreunde und nicht zuletzt  zwei Transparente der VVN: „Deutsche Soldaten raus aus Osteuropa, Balkan, Afrika, Südpazifik …“ und „Deutsche Großmachtträume platzen lassen!“.

Der Geschäftsführende Landesvorstand der VVN-BdA hatte es nicht für notwendig befunden, zu dieser Kundgebung aufzurufen. Es ist auch nicht  bekannt, dass er sich gerade an diesem 27. Januar gegen die Relativierung der Nazi-Kriegsverbrechen durch die deutsche Unterstützung eines Regimes gewandt hätte, das sowjetische Ehrenmäler schleift und Nazi-Kollaborateure und Antisemiten wie Bandera; Melnik u.a. zu Helden der Nation erhebt. (…)

Stattdessen wird folgende Mitteilung verbreitet: „Der Geschäftsführende Vorstand der Berliner VVN-BdA e.V. distanziert sich auf schärfste von den Geschehnissen und Aussagen auf der
Friedensmahnwache der Friko / Friedenskoordination am Brandenburger Tor. (…)

Beweise für diese Behauptungen, die wir schärfstens zurückweisen, werden nicht erbracht. Kein Bild, keine Namen …

Wir halten fest: Es geht hier nicht um eine Abgrenzung gegen rechts, sondern darum alle Kräfte – auch in den Reihen der VVN-BdA – zu diffamieren, die den aggressiven Kurs der Bundesregierung nicht mittragen. Kräfte, die die Hochrüstung der BRD und die Waffenlieferungen ablehnen, die auf die jahrelangen Verletzungen des Minsker Abkommens, auf den jahrelangen brutalen Krieg gegen die Bevölkerung des Donbass hinweisen, die die NATO nicht als Friedenskraft sehen und ihre wortbrüchige Expansion gen Osten nach Auflösung des Warschauer Vertrags verurteilen.

Es befremdet zutiefst, dass die Geschäftsführenden der VVN-BdA Berlin offenbar lieber an der Seite der Bundesregierung und der KriegstreiberInnen hierzulande stehen als an der Seite der Friedenskräfte und Antimilitaristen. Dem Geist unserer Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer ist das diametral entgegengesetzt, dem Geist von Hans und Hilde Coppi, Anton Saefkow, John Scheer, Harro Schulze-Boysen, Ernst Thälmann, Robert Uhrig.

Brigitte Renkl, Peter Wegner

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VVN unterwandert

(…) Danke für die Weiterleitung dieser Mail. Sie zeigt das Ausmaß von Unterwanderung durch westliche Dienste, die inzwischen auch die VVN erreicht hat. Da wird landein und -aufwärts aus allen Rohren in Goebbels‘scher Manier übelste Kriegshetze gegen Russland und ein gefährliches Spiel mit einem großen Krieg betrieben und diese angeblich antifaschistische Organisation beteiligt sich an der Diffamierungskampagne gegen Kriegsgegner verschiedenerlei Coleur. Allein der Gendersprachirrsinn verrät die geistige Vergiftung dieser Leute. Wenn diese Leute über Nazis schwadronieren, gebrauchen sie dann auch den Genderirrsinn: Nationalsozialist:*Innen oder bleibt es da bei der Normalform?

Sicher gab es auch im Nazi-Reich Flintenweiber, die sich teilweise schlimmer gebärdeten als Kerle. Aber was heute kriegshetzerische Flintenweiber in Politik und Medien aufführen, stellt nahezu alles Frühere in den Schatten. Letztes abschreckendes Beispiel ist das Interview mit Saskia Esken (SPD), die eine fortgesetzte Eskalation des Ukraine-Krieges befürwortet. Wie tief sinkt dieses System, wenn so viele Frauen, die oftmals auch Mütter sind, kriegshetzerisch eine Eskalation der Gewalt unterstützen. Vor dem Einmarsch der Russen galt die Ukraine als alles andere, denn als demokratisch. Es rangierte hinter Myanmar. Es gab und gibt nicht einmal eine Pseudo-Pressefreiheit, geschweige denn eine Opposition. Jetzt aber jubelt der Mainstream, einschließlich VVN die Ukraine als Modell für eine Demokratie hoch, die koste es, was es wolle, verteidigt werden muss. Was für ein heuchlerisches Schauspiel. Das widert mich an.

Rudolf Reddig

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Elitäre Glaubensbekenntnisse sind nicht antifaschistisch

Sie glaubten, „die Tür nach rechts“ verbarrikadiert zu haben, doch es war die Tür nach links. Die Tür nach rechts stand sperrangelweit offen. Sie verfielen in diesen fatalen Irrtum, weil sie sich in ihrer ideologischen Elfenbeinkapsel so lange um sich selbst gedreht hatten, dass sie nicht mehr wussten, wo rechts und links ist. Als sie noch den Sieg über die vermeintlichen Rechten feierten, standen die Rechten schon im Zimmer und feierten mit. Ein paar wenige erkannten noch, wenn auch zu spät, die Lage, wollten die Rechten vertreiben und endeten als Märtyrer. Die meisten aber schlossen sich den Rechten bereitwillig an und erklärten umstandslos das Rechts für das Links, ob aus Feigheit oder aus Dummheit, ist nicht bekannt.

Der Antifaschismus kann keinen schlimmeren strategischen Fehler machen, als die Wurzel des Faschismus im Volk zu sehen. Dieser Auffassung folgen aber, manche unbewusst, manche bewußt, diejenigen vorgeblichen Antifaschisten, die einen ideologischen Unbedenklichkeitsnachweis von allen verlangen, mit denen sie eine Aktionseinheit bilden. Wer ihnen diesen Nachweis nicht liefert, oder wessen Nachweis sie nicht anerkennen, den ordnen sie dem zu bekämpfenden Feind zu. Die Positionen, denen man zustimmen muss, um das Gütesiegel zu erhalten, müssen aber die Volksmassen befremden. Sei es der Genderwahn, sei es die bedingungslose Zustimmung zu unkontrollierter Massenmigration, sei es die Weltuntergangsprophezeiung der Klimabewegung, die uns Selbstmord als Rettung vor dem Tod vorschlägt. Diese Programme bilden das Glaubensbekenntnis einer Elite, die von den Folgen ihrer Umsetzung am wenigsten betroffen ist. Eine ernsthafte Verbindung mit irgendwelchen Massen kann der nicht erwarten, der ihnen dieses Glaubensbekenntnis bei Strafe einer unerbittlichen Feindschaft abverlangt.

Es ist ebenso klar, dass jeder Faschismusbegriff völlig entkernt wird, wenn er auf die populäre Ablehnung solchen Elitendenkens ausgedehnt wird. In welcher heillosen ideologischen Konfusion sich die Berliner VVN-BdA verfangen hat, wird daraus ersichtlich, dass sie in ihrer Erklärung einerseits „Anhänger*innen des autoritären Putinregimes“ bei der Friko-Kundgebung sehen wollen, andererseits diejenigen, welche in den letzten drei Jahren am mutigsten gegen die Errichtung eines autoritären Regimes in Deutschland demonstriert haben, als „Querdenker*innen“ und „Coronaleugner*innen“ diffamieren.

Eine breite antifaschistische Bewegung wurde in Deutschland seit dem Untergang des Naziregimes nie mehr so dringend gebraucht wie jetzt, da die selbstmörderische Aggressionspolitik gegen Russland zunehmend mit faschistoiden Maßnahmen im eigenen Land durchgesetzt werden muss. Eine solche Bewegung muß sich auf das Volk stützen anstatt sich von ihm abzugrenzen.

Sebastian Bahlo, Vorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes

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Klaus Hartmann ist Präsident der Weltunion der Freidenker und stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Freidenkerverbandes


Bild: Mahnwache „90s vor 12.00“ am 27.01.2023 in Berlin
Foto: © Friko Berlin
Quelle: https://www.flickr.com/photos/frikoberlin/52652636483/