Demokratie – Medien – AufklärungPositionen

Gedanken- und Meinungsfreiheit verteidigen!

Entschließung des Verbandstages 31. Mai – 01. Juni 2025

Aus: „FREIDENKER“ Nr. 2-25, Juli 2025, S. 45-48, 84. Jahrgang

Die Gedanken sind frei

Die Gedanken sind frei,
wer kann sie erraten,
sie fliehen vorbei,
wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
kein Jäger erschießen.
Es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei. (…)

Dieses Lied, ab 1780 entstanden und seit 1842 in der heute bekannten Textfassung von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben gesungen, gilt von jeher als eine identitäts­stiftende „Hymne“ der Freidenker.

Antidemokratische Tendenzen haben eine Reihe Neudichtungen provoziert, wie „Deine Meinung ist frei…lich in unsrer Kartei“, oder von Konstantin Wecker:

Die Gedanken sind frei,
so frei wie die Presse.
Und denkst du, dass es anders sei,
dann gibt´s auf die Fresse.
Sie wollen dich lenken,
dein Wissen und Denken,
und vielleicht schon im nächsten Mai
kommt die Gedankenpolizei. (…)

In den letzten Jahren wurden die Maßnah­men zur Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit erheblich verstärkt und ausgeweitet, Anlässe waren und sind ins­besondere die „Corona-Maßnahmen“ und der Ukraine-Krieg.

Im „besten Deutschland aller Zeiten“ ist die Wahrnehmung des Rechts auf freie Mei­nungsäußerung zunehmend davon abhängig, dass es sich um die „richtige Meinung“ handeln muss, sie also den Vorgaben der Regierung, ihrer Geheimdienste und bezahlt­en Vorfeldorganisationen sowie ihrer Medien folgt.

Der 1881 gegründete Deutsche Freiden­kerbund verstand sich u.a. auch als „Selbst­hilfeorganisation von Dissidenten“, bei der Neukonstituierung des DFV nach Verbot und Verfolgung im deutschen Faschismus wurde die „Dissidentische Fürsorge“ weitergeführt.

Heute ist es wieder normal geworden, Professuren und Lehraufträge zu entziehen, wenn die Betreffenden nicht die Meinung der Herrschenden verbreiten. Mediales Kessel­treiben und staatlich gefördertes Denun­ziantentum führt in nicht wenigen Fällen zur Bedrohung und Vernichtung der sozialen Existenz.

Gegen die Meinungsfreiheit mit juristischen Mitteln

Der Staat greift auch vermehrt zu repressiven Maßnahmen durch die Verschärfung des Strafrechts, die Politisierung der deutschen Strafjustiz und einen forcierten Verfolgungs­eifer bei den Strafverfolgungsbehörden.

Die „Propaganda-Paragrafen“ 86 und 86a des StGB sollten ursprünglich zur Unter­bindung von Nazi-Propaganda oder das Ver­breiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen dienen, inzwischen werden sie gegen diejenigen eingesetzt, die vor einer Rückkehr zu autoritären oder faschistischen Zuständen warnen.

Ein kritischer, warnender Vergleich wird mit einer Relativierung oder gar Verherr­lichung des NS-Regimes gleichgesetzt, die Kritik ins Gegenteil verkehrt und die Meinungsfreiheit ausgehebelt. So geschehen im Prozess gegen den antikapitalistischen und antifaschistischen US-Autor C. J. Hopkins und die Umschlaggestaltung seines Buches „Der Aufstieg des Neuen-Normal-Reichs“, auf dem symbolisch ein Hakenkreuz durch­schimmerte, um vor der Rückkehr zu vor­maligen Zuständen zu warnen.

Alexandra Veber wurde verurteilt, weil sie bei einer Mahnwache der „Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg“ ein Transparent zeigte, auf dem ein ukrainischer Mann mit Nazisymbolen tätowiert war. Unbeanstandet konnte hingegen das ZDF ukrainische Soldaten mit Hakenkreuz-Helmen zeigen, und dem Magazin Spiegel ist es erlaubt, in seiner Berichterstattung zur Warnung vor rechter Gesinnung das Hakenkreuz zu ver­wenden. Aber Antifaschisten werden in Deutschland gerichtlich verfolgt, wenn sie auf die Zurschaustellungen faschistischer Symbo­le aufmerksam machen.

„Volksverhetzung“

Der Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 Strafgesetzbuch, ursprünglich gegen „Holocaust-Leugung“ und das Verbrei­ten von Nazi-Propaganda gerichtet, wurde ausgeweitet, indem nun „das öffentliche Billi­gen, Leugnen und gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“ unter Strafe gestellt wird.

Die Definitionsmacht darüber haben die Staatsanwaltschaften, die wiederum wei­sungsgebunden im Regierungsauftrag agie­ren. Es werden vermehrt Fälle zur Anklage gebracht, bei denen gegen den NATO-Krieg in der Ukraine oder für die Solidarität mit Palästina demonstriert wird.

Ordnungsbehörden und Verwaltungsge­richte verbieten bei Gedenkveranstaltungen zur Befreiung vom Faschismus das Zeigen der Fahnen der Befreier und die Aufführung ihrer Lieder, sogar historische Bilder wie vom Hissen der Sowjetflagge auf dem Reichstag werden verboten. Damit wird ein würdiges Gedenken staatlich untersagt, darüber hinaus ist eine öffentlich geführte ergebnisoffene Diskussion aktueller politischer Ereignisse ebenso wie Wissenschaft und Forschung über historische Ereignisse nicht mehr möglich, ohne dass man mit Strafverfolgung rechnen muss.

Als weitere Verschärfung planen die Ber­liner Koalitionäre „im Rahmen der Resi­lienzstärkung unserer Demokratie“ den Ent­zug des passiven Wahlrechts bei mehrfacher Verurteilung nach § 130 StGB.

Majestätsbeleidigung

Zu dem Strafparagraf 188, der Majes­tätsbeleidigung ahndet („Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung“) kam der § 192a StGB der „verhetzenden Beleidigung“ hinzu.

Die Unbestimmtheit des Rechtsbegriffs „Beleidigung“ im Gesetz steht im Wider­spruch zu dem im Grundgesetz vorgegebenen Bestimmtheitsgebot von Rechtsbegriffen.

Beleidigt fühlen sich vermehrt Politiker, besonders Baerbock, Habeck und mit rd. 2000 Strafanzeigen die Spitzenreiterin Strack-Zimmermann. Dies bringt zunächst belusti­gende oder widersprüchliche Ergebnisse zu Tage:

Höcke darf Faschist genannt werden, Strack-Zimmermann aber genauso, „Schwachkopf Habeck“ ist verboten, „Vollidiot Habeck“ hingegen erlaubt, und der Trend zu Haussuchungen im Morgengrauen verschafft den Bademantelherstellern Hoch­konjunktur.

Entscheidend bleibt die politische Wirkung: kritische Stimmen sollen mit strafrechtlichen Mitteln zum Schweigen gebracht werden. Strafverschärfungen im Bereich der freien Rede und die verstärkte Ahndung selbst ge­ringfügiger Ehrangriffe geben der Mei­nungsfreiheit im politischen Kontext immer weniger Raum, die Ausweitung von Mei­nungsäußerungsdelikten führt zur Ver­kürzung der Meinungsfreiheit, die Sorge darüber, sich der Strafverfolgung auszusetzen, aktiviert Mechanismen der Selbstzensur und Anpassungsdruck im Hinblick auf die eigentlich rechtlich zulässige Ausübung des Grundrechts der Meinungsfreiheit.

Digital Services Act und neue Blockwarte

Mit den gestiegenen Bedürfnissen beleidigter Politiker hat sich für die Abmahnindustrie ein neues Geschäftsfeld eröffnet: Private Melde­portale werben für ihre Dienstleistungen als digitale Blockwarte und bilden ein eng­maschiges Netz an Melde- oder Denun­ziationsstellen. Sie erhalten auch staatliche Prüfsiegel als sogenannte „Trusted Flagger“.

Diese neue „Errungenschaft“ ist ein Er­gebnis des „Digital Services Act“ der EU und Teil der Auslagerung geheimdienstlicher Tä­tigkeit auf die vermeintliche „Zivilgesell­schaft“. „Trusted Flagger“ werden von den nationalen Koordinierungsstellen der EU-Mitgliedsstaaten, in Deutschland der Bundes­netzagentur, zugelassen mit der Aufgabe, potenziell rechtswidrige Inhalte auf großen Online-Plattformen zu identifizieren und zu melden. Verdächtige Inhalte werden von diesen Meldestellen an das Bundes­kriminalamt (BKA) weitergegeben, das eine „spezialisierte Staatsanwaltschaft“ mit der Prüfung auf strafbare Inhalte beauftragt.

Im Visier sind „illegale Inhalte, Hass und Fake News“ – aber nicht nur „rechtswidrige Einträge“, auch „kritische“ und „nachteilige“ Einträge sollen laut Digital Services Act gelöscht werden: Präventive Informations­kontrolle und Betreutes Denken – ein Wunschprogramm für das Wahrheits­ministerium. Auch die neue Regierungs­koalition will eine „staatsferne Medien­aufsicht gegen Fake News, Hass und Hetze“ realisieren, unklar ist noch, ob damit auch Folgen für das Straf- und Ordnungs­widrigkeitenrecht einhergehen werden.

Spitzel im Staatsdienst weiter aktiv

Trotz dieser Privatisierung klassischer Ge­heimdienstarbeit wird der irreführenderweise „Verfassungsschutz“ genannte Geheimdienst nicht arbeitslos. Er stellt mit der Über­wachung und Bespitzelung der Bürger einen Fremdkörper im demokratischen System dar und müsste dringend abgeschafft werden.

Stattdessen werden die Befugnisse der Schlapphüte ausgeweitet und als neues Beschäftigungsfeld haben sie sich die „Delegitimierung des Staates“ ausgedacht – wobei sie mit dem Staat nicht das Volk meinen.

Stolz tun sie die Drohung kund, „auch strafrechtlich nicht relevante Äußerungen seien für den Geheimdienst relevant“, und ungeniert mischen sie sich mit regie­rungsamtlicher Förderung in den öffentlichen politischen Diskurs ein.

Ihnen muss täglich widersprochen werden, es ist niemals als „Normalität“ hinzunehmen, dass die Schnüffler vom Geheimdienst politische Orientierung vorgeben wollen.

Im Zweifelsfall: Abschalten, Ausbürgern, …

Der Vorsitzende des Deutschen Freidenker-Verbandes, Max Sievers, stand mit 32 anderen auf der ersten Ausbürgerungsliste der deutschen Faschisten, veröffentlicht am 25. August 1933.

Die Ausbürgerungspraxis lebt heute wieder auf – im Rahmen ihres „17. Sanktionspakets“ gegen Russland hat die EU-Kommission erneut zahlreiche Personen sanktioniert, darunter die deutschen Staatsbürger Alina Lipp und Thomas Röper. Begründung: Durch die Verbreitung von „Falschinformationen über den Ukraine-Krieg“ wollten sie „den demokratischen Prozess in Deutschland untergraben“ und betrieben „destabilisierende Aktivitäten gegen die EU“. Sie werden mit Reiseverboten und dem Einfrieren von Vermögenswerten sanktioniert, was ihnen verbietet, ihr Heimatland zu besuchen, niemand darf ihnen direkt oder indirekt Gelder, Vermögenswerte oder Dienst­leistungen zur Verfügung stellen, also können sie keine Anwälte gegen die Maßnahmen engagieren, ihnen ist der Rechtsweg abgeschnitten – ein nach rechtsstaatlichen Maßstäben unvorstellbarer Vorgang.

Die Maßnahmen folgen dem von der EU-Kommission 2022 unbefugt erlassenen Verbot gegenüber RT und Sputnik, ihre Inhalte in der EU zu verbreiten. Das Recht auf Informa­tionszugangsfreiheit ist damit abgeschafft.

In diesen Zusammenhang gehört der Umstand, dass die Sparkasse Hannover dem Konto des vormaligen Bundeskanzlers Schröder keine Überweisungen aus Russland mehr gutschreibt. Seit vielen Jahren sind Personen und Organisationen mit der Praxis konfrontiert, dass Banken nach medialer Denunziation oder geheimdienstlicher An­weisung die Konten kündigen.

Seit einem Jahrzehnt findet die kalte Enteignung von privatem Aktienbesitz statt, sofern es sich um Aktien von Gazprom, Rosneft und anderen russischen Unter­nehmen handelt, die in US- oder EU-„Verwahrstellen“ eingefroren sind.

„Kriegstüchtig“

Alle genannten Willkürmaßnahmen finden in dem fadenscheinigen Tarngewand einer „liberalen Demokratie“ und unter der falschen Flagge eines Kampfes „gegen rechts“ statt, zu dem die Regierung Demonstrationen gegen Oppositionelle organisiert, finanziert und von ihren Medien und dem Geheim­dienst hochleben lässt.

Da die Propagandafront für die Kriegs­treiber die entscheidende ist, sollen alle, die die Deutungshoheit von NATO und EU gefährden können, ausgeschaltet werden. Eine Gedankenpolizei soll die Demagogie von einer „russischen Bedrohung“ absichern, ein Klima der Angst soll alles ersticken, was sich der geforderten neuen „Kriegs­tüchtigkeit“ widersetzt.

Genau jene, die eifrig „gegen rechts“ trom­meln, paktieren selbst mit echten Faschisten, ukrainische und israelische Faschisten sind ihre engsten „Partner“.

Am 21.05.2025 begrüßte der deutsche Verkehrsminister Patrick Schnieder in Berlin seine israelische Amtskollegin Miriam Regev, die bekennt, „froh, eine Faschistin zu sein“ und massive Gewalt gegen Palästinenser sowohl in Gaza als auch im Westjordanland fordert.

Deutsche Neonazis der Partei „III. Weg“ kämpfen seit Jahren als „Deutsches Frei­willigenkorps“ (DFK) mit ihren Gesinnungs­genossen in der Ukraine und wurden kürzlich offiziell in die ukrainische Armee, das 49. Sturmbataillon „Karpaten-Sitsch“ integriert. Sie werden von der ukrainischen Armee ausgebildet und mit Waffen aus US- und EU-Produktion versorgt, Fragen der Nachdenkseiten dazu auf der Bundespressekonferenz werden von der Bundesregierung abgewimmelt.

Im großen Sitzungssaal im Paul-Löbe-Haus des Bundestags fand im Mai 2025 auf Initiative von Grünen Abgeordneten der Empfang einer Delegation der faschistischen 12. „Asow“-Brigade der ukrainischen Natio­nalgarde statt, bekennende Bandera- und Hitler-Verehrer, an dem Empfang nahmen u.a. Agnieszka Brugger, Anton Hofreiter (Grüne) und Roderich Kiesewetter (CDU) sowie der ukrainische Botschafter Makejew teil.

Das offenbart die Bedeutung der Erklä­rungen aus Berlin und Brüssel, in der Ukraine würden „unsere Demokratie“ und „unsere Werte“ verteidigt.

Dem regierungsamtlich proklamierten „Antifaschismus“ und Kampf „gegen rechts“ halten wir entgegen: Nichts kann weiter „rechts“ sein als deutsche Waffen, die wieder auf Russen schießen sowie die Stationierung der schweren Panzerbrigade „Litauen“ vor den Toren der leidgeprüften Oblast Leningrad.

Wir laden ein zum Dialog, zu einer breiten Diskussion und Verständigung mit anderen demokratischen Kräften zur Analyse und Einschätzung des reaktionären Staats­umbaus: Sind das Wegmarken zu einem autoritären Staat, Maßnahmen einer fort­schreitenden Faschisierung, Vorboten eines neuen Faschismus?

Wir laden ein zum Widerstand und fordern auf zur entschlossenen Verteidigung demo­kratischer Rechte. Schließen wir uns zusammen und verteidigen wir gemeinsam die Gedanken- und Meinungsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung, der Kritik und der öffentlichen, unzensierten Dis­kussion sowie das Versammlungsrecht. Wir laden ein zur gemeinsamen Aktion von Friedensbewegung und Demokratiebewe­gung.

 


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Gedanken- und Meinungsfreiheit verteidigen! Entschließung des Verbandstages 31. Mai – 01. Juni 2025 (Auszug aus FREIDENKER 2-25, ca. 252 KB)

 


Bild oben: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874)
Stich, Public Domain,
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1795381