
Taubenfuß-Faschismus
Über Maskeraden, Federbetten und Splittergruppen [1]
von Christel Buchinger
Aus: „FREIDENKER“ Nr. 2-25, Juli 2025, S. 33-44, 84. Jahrgang
„Alle kapitalistischen Parteien sind ein Federbett und ein Hintergrund und ein Nährboden, aber sie sind nicht geeignet, die Organisation hervorzubringen. Sondern dafür braucht man zunächst eine Splittergruppe, die sich entschließt, dieses Geschäft zu übernehmen. Ich nehme an, in Deutschland werden es die GRÜNEN und dieses sogenannte Bündnis 90 sein. Also, es werden nicht die Nazis von Herrn Frey und es werden nicht die Nazis von Herrn Schönhuber sein, sondern es werden die sein. […] Wer einmal geschlagen ist, kann nicht unter demselben Namen wiederkommen. Der braucht eine neue Maske. Deswegen glaube ich auch, dass eben in Deutschland nicht die beiden Nazi-Parteien die Keimzelle werden, sondern jemand, auf den man nicht kommt. […] Es ist ein bisschen Prophezeiung drin. Wir werden es sehen.“
Peter Hacks
Mehr als drei Millionen Menschen waren es angeblich Anfang 2024, die dem Aufruf „unserer“ Regierungen in Bund und Ländern, Landkreisen und Kommunen folgten und gegen die AfD und für Antifaschismus unter Regenbogenfahnen auf die Straße gegangen sind. Anders als ‘33 verhindern wir diesmal das Tausendjährige Reich! heißt es.
Große Begründungen dafür, dass die AfD Faschismus bedeutet, braucht es nicht, denn es handelt sich hier offenbar um Allgemeinwissen, das seine Bestätigung auch noch durch die Räuberpistole aus Potsdam fand, die von Correctiv inszeniert worden war. Wer allerdings mehr als drei stichhaltige Gründe für die Behauptung hören oder lesen will, findet auch in dem 1000-seitigen „Gutachten“ des Inlandsgeheimdienstes nicht allzu viel.
Und Diether Dehm weist zu Recht darauf hin, dass die AfD die erste faschistische Kraft wäre, die Frieden mit Russland fordert.
Die AfD kann ohne weiteres des Faschismus bezichtigt werden, obwohl man ihr höchstens Reden und Schriften vorwerfen kann, während diejenigen, die sich mit ihren Taten klar auf die Seite nicht nur von Faschisten, sondern des Faschismus stellen und dazu harte Fakten eines reaktionären Staatsumbaus schaffen, sich als die erprobten Antifaschisten geben und im Nebel der brennenden Kerzen in den bunten Demonstrationen vorne mitmarschieren.
Es sind Letztere, deren Politik Wegbereiter von Krieg und Kriegsvorbereitung (Verfassungs- und Völkerrechtsbruch), Waffenlieferungen in Kriegsgebiete (Gesetzesbruch), Unterstützung von Faschisten in der Ukraine und des Völkermords in Israel (Verfassungs- und Völkerrechtsbruch), Demontage der Meinungs- und Pressefreiheit (Verfassungsbruch), eigenmächtige Sanktionen ohne Votum des Sicherheitsrats (Völkerrechtsbruch) etc. ist.
Gäbe es in Deutschland auch nur einen mutigen Staatsanwalt, er hätte viel zu tun! Mit den neuesten EU-Sanktionen gegen Russland wird der Rechtsstaat völlig in die Tonne getreten, indem mittels des Weges über die EU gegen deutsche Staatsbürger vorgegangen wird – mit Bestrafung ohne eine Straftat und ohne Gesetzesgrundlange, ohne Prozess, ohne Anklage, ohne die Möglichkeit, sich zu verteidigen[2].
Überdies, betrachtet man die wokeness nicht unbedeutender Teile des Finanzkapitals mit ihrer Nachhaltigkeits- und Klimarhetorik, ihrer Diversity und ihrem Antifaschismus, mit Regenbogenfahnen und „korrekter“ Sprache, so scheint es nicht, als ob sie für die Durchsetzung ihrer Ziele auf nostalgische Trachtengruppen mit Glatzen und Springerstriefeln zurückgreifen würden, zumindest nicht im Innern ihres Herrschaftsbereichs.
In ihren „Kolonien“ sind sie hingegen jederzeit bereit, auf die guten alten Nazibanden zu vertrauen, wie dies gegenwärtig in der Ukraine geschieht. Und die zur Schau gestellte Wokeness hält sie ganz offensichtlich nicht davon ab, auf braunen Terror und Völkermord (wie in Gaza) zu setzen.
Dimitroff – der Klassencharakter des Faschismus
Damit die Aufführung glaubhaft ist, muss „Faschismus“ von seiner ökonomischen Basis und vor allem vom Krieg gelöst und zu einem Gesinnungs-, Zeichen- und Rededelikt verharmlost werden. Dimitroff hat hingegen im Bericht an den VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale den Klassencharakter des Faschismus offengelegt und dabei unterschieden zwischen „Faschismus an der Macht“ und „faschistischen Tendenzen und Keimen einer faschistischen Bewegung“. Er hat auf die Rolle der bürgerlichen Demokratie zur Vorbereitung und Aufrichtung einer faschistischen Diktatur hingewiesen. In Bezug auf Letzteres ist es kein Wunder, dass einem die gegenwärtige rasante Demokratiezerstörung in den Sinn kommt, die man durchaus schon als Vorbereitung einer faschistischen Diktatur begreifen könnte – und ein gemeinsamer Feind ist auch schon wieder auszumachen: Russland, China und BRICS. Und jene, die mit den ukrainischen Faschisten, die ja Faschisten an der Macht sind und nicht nur braune Banden, die engste Freundschaft halten, die Merz, Steinmeier, Merkel, Baerbock, Habeck, Kiesewetter, Pistorius… sind diejenigen, die in unserem Lande bestimmen wollen, wer hier faschistisch ist? Und ihre Zielscheibe ist ausgerechnet jene Partei, die sich (bis jetzt) deutlicher als diese vermeintlichen Antifaschisten von dem Krieg und den dortigen Faschisten und Kriegsherren distanziert!
Faschismus kommt nicht von den Faschisten
Es war die große Leistung Dimitroffs und der Kommunistischen Internationale, hinter den Erscheinungsformen des Faschismus sein Wesen kenntlich gemacht zu haben: Die „am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ greifen zum Mittel der terroristischen Diktatur, weil sie ihre Ziele nicht (mehr) nach demokratischen Spielregeln verwirklichen können und gleichzeitig einen starken Gegner in Form der Arbeiter- oder Volksbewegung haben. War das deutsche Kapital vor dem Ersten Weltkrieg nicht auf eine vollständig terroristische Diktatur angewiesen, weil – ähnlich wie heute – die Arbeiterbewegung durch die gelungene Einbindung der SPD und der Gewerkschaften in die Kriegspolitik kampfunfähig geworden war, so war es 1933 mit einer starken und kampfentschlossenen Arbeiterbewegung konfrontiert. Abs, Stinnes, Fink, Flick u.a. beschlossen also die Übertragung der Macht an Hitler, auch weil die herrschende Bourgeoisie den nahen Ausbruch der Revolution befürchtete. Nicht der Straßenterror von durchgeknallten, braun oder schwarz gewandeten Typen in hohen Stiefeln haben den Faschismus an die Macht gebracht. Hitler konnte 1933 nicht „die Macht ergreifen“, wohl aber hat der Faschismus die Macht ergriffen, indem er Hitler an die Macht verhalf. Trotz seiner großen Anhängerschaft wären Hitler und seine Anhänger eine seltsam gekleidete Schläger- und Mörderbande geblieben – wie in anderen Ländern auch. Die gegenwärtige antifaschistische Welle nimmt von dieser kommunistischen Analyse keine Notiz.
Die Wegbereitung für den deutschen und den italienischen Faschismus fand in den formal demokratischen Systemen statt und ging nicht selten von bürgerlichen und sozialdemokratischen Kräften aus, die sich sogar nicht scheuten, faschistische Organisationen gegen revolutionäre Kräfte einzusetzen. Nicht zuletzt darin wurzelt die Sozialfaschismusthese, die, wenn man die gegenwärtige Politik der SPD betrachtet, durchaus neue Nahrung bekommen könnte. Der reaktionäre Staatsumbau ist in Deutschland heute weit fortgeschritten und die neuen Vorhaben der BlackRot-Regierung gehen in erhöhtem Tempo weiter. Dies mündet nicht zwangsläufig im Faschismus, wie die Vorkriegszeit vor dem 1. Weltkrieg zeigt, aber es kann durchaus die Vorbereitung dazu darstellen.
Das Finanzkapital im 21. Jahrhundert und seine globale Strategie
Nach Dimitroff waren es die aggressivsten und am meisten chauvinistischen Teile des Finanzkapitals, die den Faschismus als ihr Werkzeug an die Macht brachten. Wer also heute über Faschismus redet, sollte wissen, wer hinter dem gegenwärtigen Finanzkapital steckt.
Wir wissen, dass die Zentralisation und die Verflechtung des Kapitals in immensem Maße vorangeschritten sind. Beispielhaft deutlich macht dies eine Untersuchung der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich aus dem Jahre 2014, die die Verflechtungen der großen Konzerne und Banken durchleuchtet. Danach beherrschen 1300 Konzerne, vor allem die parasitären Finanzkonzerne, achtzig Prozent der Weltwirtschaft. Dabei ist jeder Konzern im Mittel an zwanzig anderen beteiligt. „147 Top-Konzerne (davon 133 aus dem Finanz- und Immobiliensektor) spinnen ihre Fäden so geschickt, dass sie durch ihr engmaschiges Netzwerk mehr als 40 Prozent der Weltwirtschaft beherrschen“, schreibt Jonas Fehling auf focus online.[3]
Und weiter: „Selbst unter dieser schon elitären Gruppe finden sich nochmals besonders mächtige Akteure: So kontrollieren die mächtigsten 35 Großunternehmen 35 Prozent der Weltwirtschaft.“ Zu der Zeit war BlackRock noch gar nicht im Spiel! Die Entwicklung ist weiter gegangen und geht weiter. Die sog. „Finanzmärkte“, wie sie so gerne genannt werden, ein eng verflochtenes Netzwerk aus Investmentgesellschaften wie BlackRock und Vanguard, Private Equity- und Hedgefonds, US-amerikanischen Investment- und traditionellen Banken, in dem die Internetkonzerne und ihre Bezahldienste auch noch eine entscheidende Rolle spielen, agieren international und dominieren die Ökonomie aller imperialistischen Länder.
Und innerhalb dieses Netzwerks des Finanzkapitals sind die US-Konzerne dominant und zum Teil uneinholbar „davongezogen – vor allem bei der Digitalisierung, die auch für die militärische Rüstung und für die Beherrschung der Kommunikationskanäle sowie für die Lenkung der Ströme von Waren, Geld und Kapital entscheidend ist!“.[4]
Innerhalb des Finanzkapitals hat das US-Kapital die weitaus große Mehrheit. Viele der Konzerne sind, wenn man die „inneren Kapitalverhältnisse“ anschaut, aber nicht mehr ohne weiteres und eindeutig einzelnen Staaten zuzuordnen, auch wenn das von außen noch diesen Eindruck erweckt; in dem „deutschen Rüstungskonzern“ Rheinmetall befanden sich 2023 37 Prozent der Aktien in den Händen von institutionellen Anlegern aus den USA (wie BlackRock), 21 % aus Europa und 8 % aus dem Rest der Welt. Sog. Privataktionäre dürften sich auch über den Globus verstreuen; der größte darunter ist allerdings immer noch die Familie Flick, die ihr Vermögen seit dem 1. Weltkrieg bis heute mit Waffen und Krieg erwirbt.
Mit der grenzüberschreitenden Verflechtung des Kapitals und durch die Ausweitung der Herrschaft der Finanzmärkte sind die die nationalen Grenzen sprengenden Interessen gegenüber einzelstaatlichen Interessen dominant geworden, ganz zu schweigen von jenen Branchen, wie zum Beispiel die großen IT-Konzerne, für die globales Agieren unerlässlich ist.
Anders ausgedrückt: Innerhalb des Groß- und Finanzkapitals ist der stärker internationalisierte Finanzsektor dominant gegenüber der materiellen Produktion und den nationalen Produktionsstätten. Da die Konzerne aber in der Regel nicht nur aus reinen Produktionsunternehmen bestehen, sondern diese selber an den Finanzmärkten aktiv sind, gehen die Widersprüche quer durch die Konzerne hindurch, stehen Produktion in Unternehmen und Finanzstrategien des gleichen Konzerns in Widerspruch.
Das kann zu der Situation führen, dass die Automobil-, Energie- und Chemieindustrie gegen die Zerstörung der industriellen Grundlagen durch die Sanktions- und Kriegspolitik zart aufbegehren, um dann sogleich wieder einen Rückzieher zu machen. Sollten in diesem Falle die VW, BASF und Siemens sich der Regierung unterordnen? Nein, sie ordnen sich der Hauptzielrichtung des Finanzkapitals unter! Der Widerspruch, der sich durch diese Konzerne hindurch zieht, führt einerseits zum Aufmucken und andererseits zur Unterordnung!
Dieses moderne global agierende, vorwiegend anglo-amerikanische Finanzkapital ist durch seine inneren Widersprüche, die Konkurrenz und den Zwang zu immer mehr Profit gezwungen, die gesamte Erde, alle Ökonomien aller Staaten zu unterwerfen und zu beherrschen, ist gezwungen, den gesamten Globus als Anlagesphäre zu beanspruchen und für das Kapital und die Spekulation keine Grenzen anzuerkennen.
Nachdem die neoliberale Phase ihr Pulver verschossen hat, sind von besonderem Interesse die schneller als die Ökonomien des alten Kapitalismus wachsenden Schwellenländer, vor allem aber China mit seiner enorm große Mehrwertmasse. Danach giert das Finanzkapital, um auch dort die Profite, soweit es geht, abzuschöpfen. Dem steht die Politik der VR China und der Kommunistischen Partei entgegen. Und gleichzeitig ist das „multipolare“ Wirken Chinas im Bunde mit Russland, vor allem in Afrika, darauf ausgerichtet, die Souveränität der ehemaligen Kolonien zu stärken und dem Finanzkapital damit weitere Schranken zu setzen.
Dieses global agierende Finanzkapital braucht für dieses Ziel die globale Durchsetzung seiner Interessen, braucht die „unipolare Weltordnung“, die wiederum nur von den USA erzwungen werden kann. Dieses global agierende Finanzkapital begreift folglich als seine Vertretung, als seine staatliche Repräsentation denjenigen Staat, der die globale Herrschaft beansprucht, jenen Staat, der die größte Militärmacht darstellt und damit genau das erforderliche Durchsetzungspotenzial innehat.
Die Politik der USA, keinen Konkurrenten neben sich aufkommen zu lassen, ist nur die Kehrseite dieses Anspruchs des Finanzkapitals auf die ganze Welt und auf die Unterordnung aller imperialistischen Staaten unter die USA. Geht es nach den Herren der Welt, ist die „staatliche Souveränität […] für alle Länder überholt, bis auf das eine, das dazu berufen ist, die universale Souveränität auszuüben“.[5]
Die Gleichschaltung des Westens
Die Macht der USA über ihre Verbündeten, der Anspruch der USA, sich auch aus den Reihen der Verbündeten keinen Konkurrenten erwachsen zu lassen, die Forderung der USA nach absoluter Unterordnung – auch der Verbündeten – hat seinen tiefen Grund darin, dass das Ziel des Finanzkapitals, seine Macht auf den ganzen Globus auszuweiten, auch von den westeuropäischen, asiatischen und australischen Alliierten unterstützt wird und werden muss. Das Interesse des Finanzkapitals, das im frühen zwanzigsten Jahrhundert die Völker entzweit und aufeinandergehetzt hat, erzwingt nun das gemeinsame Handeln der imperialistischen Länder gegen den Rest der Welt, das vom Welthegemon auch gegen die Interessen und im Zweifelsfall auch gegen den Willen der anderen imperialistischen Staaten durchgesetzt wird.
Es hat viele Jahre gedauert, viel Geld gekostet und viele Aktivitäten von Think Tanks und Stiftungen gebraucht, bis auch die hin und wieder störrischen Bündnispartner durch die USA auf Linie gebracht waren. Und dann kam Trump und zerstörte das Kartenhaus. So sieht es zumindest aus. Zumindest in der EU ist große Verwirrung ausgebrochen und die politischen Aktivitäten in den Mitgliedsländern oszillieren zwischen selbstmörderisch und größenwahnsinnig. Aber der Reihe nach!
Die US-Politik hat ein ganzes Bündel verschiedener Instrumente und Einflussbahnen entwickelt und perfektioniert, mit denen sie direkt oder indirekt in die Politik der verbündeten Länder eingreift. Ab Mitte der 2000er Jahre, unmittelbar nach der US-amerikanischen Aggression gegen den Irak, begann Washington, die europäischen Eliten von „Dissidenten“, die sich der US-Politik widersetzten, zu „säubern“. Infolgedessen wurden die Nachfolger von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Präsident Jacques Chirac sehr viel mehr zu pro-amerikanischen Politikern, schreibt Dmitri Trenin.
„Später, als Folge der Sondereinsätze der USA und ihrer Verbündeten, wurden die Personen neutralisiert, die einen unabhängigen Kurs verfolgten: Dominique Strauß-Kahn in Frankreich, Vizekanzler Heinz-Christian Strache in Österreich und der stellvertretende Ministerpräsident Matteo Salvini in Italien.“[6] Direkter Einfluss, das sollte nicht unterschätzt werden, wird auch durch Druck und Erpressung ausgeübt und im Zweifel durch Attentate. Und Deutschland hatte einen erpressbaren Kanzler…
Nicht nur Putsche und Farben-„Revolutionen“ oder solche Piratenaktionen wie die Sprengung von Nordstream 2 gehören zum Repertoire des Weißen Hauses, auch Einflussagenten werden genutzt, die als Lobbyisten und sogar unmittelbar in den Regierungen agieren. So finden wir die sog. Atlantiker in allen europäischen Regierungen – auf Ministerpräsidentenposten, in den Führungsetagen der Medien, und sie wurden vor allem durch die Arbeit der diversen Stiftungen und Think Tanks in diese Positionen gebracht.
Stiftungen und Think Tanks
Während der Atlantic Council die prestigeträchtigste Einrichtung sein dürfte, die mit ihren Belobigungen recht sparsam umgeht und recht spät erst europäische Politiker auszeichnete (Baroso, von der Leyen, Meloni), dürfte die Trilaterale Kommission mit einem eigenen deutschen Zweig die gewichtigste Einrichtung sein, die die transatlantische Bindung „gestaltet“. Mit den Bilderbergern, dem Council on Foreign Relations (CFR), dessen Außenposten in Deutschland die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik und in Europa das European Council on Foreign Relations sind, werden die „machtpolitische Kerne des Einflusssystems der Geld- und Machteliten“ benannt, die jene zusammenbringen, die die Weltachse drehen, um die Strategien des Westens zu diskutieren, zu entwickeln und durchzusetzen[7].
Wir finden dort die ersten Ränge der Machtpolitiker: Bundesbankpräsident Weber und der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank Ackermann, Mehrzweckwaffen wie Mario Monti, alten Finanzadel wie die Rockefellers und Rothschilds theirselves, Vordenker wie Brzezinski, Kissinger, Wolfowitz und diejenigen, die an vorderster Front in Europa die Politik umsetzen sollten und sollen, wie Otto Wolf von Amerongen, Volker Rühe und Theo Sommer, von der Leyen und von den Grünen Joseph „Joschka“ Fischer.
In der öffentlichen Aufmerksamkeit standen in den letzten Jahren die schon sprichwörtlichen Young Global Leaders des Davos-Klüngels, bei uns u.a. vertreten durch Angela Merkel, Annalena Baerbock und Cem Özedmir und in der EU durch Manuel Barroso, Jean Claude Juncker, Tony Blair, das norwegische Kronprinzenpaar, Sebastian Kurz, Emmanuel Macron, Janna Marin (ehem. finnische Premierministerin), Alexander Stubb (Präsident Finnland), der belgische Premier und der irische Ministerpräsident und, last but not least, Nicolas Sarkozy. Auch Marc Zuckerburg, Larry Page und Jack Ma gehören zur auserlesenen Elite. Fehlen durfte auch nicht die neuseeländische Premierministerin und natürlich auf keinen Fall Justin Trudeau.
Dann gibt es noch die Atlantik-Brücke und den German Marshal Fund, deren ähnlich illustre „Alumnis“ (Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Hubertus Heil, Christian Wulff, Wolfgang Ischinger, Claus Kleber, Matthias Wissmann, Julia Klöckner, Silvana Koch-Mehrin, Thomas de Maizière, Ingrid Matthäus-Maier, Omid Nouripour, Thomas Oppermann, Jens Weidmann, Edelgard Buhlmahn, Alexander und Nikolaus Graf Lambsdorff, Markus Söder und auch hier – doppelt gemoppelt hält besser – Angela Merkel, Cem Özdemir und Jens Spahn) nicht alle zur ersten Reihe gehören.
Ein und aus gingen bei der Atlantik-Brücke in Berlin auch Claudia Roth, Kathrin Göring-Eckart und Stefan Liebich (Die Linke und auch Mitglied der Deutschen Afrika-Stiftung), der nun sinnvollerweise das Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in New York für die USA, Canada und die UNO leitet. Bekränzt werden die Politikerinnen und Politiker von führenden Medienschaffenden, altem und neuem Adel, Leitungspersonal von Unternehmen, Künstlerinnen und Künstlern und Sportlerinnen und Sportlern.
Der neue Bundeskanzler Merz war aber gleich bei BlackRock zwischengelagert worden, was sicherlich nicht nur „Ruhm und Ehre“ sondern auch Schotter eingebracht hat (wie seine diversen Lobbytätigkeiten auch). Auch Merz ist transatlantisch gut vernetzt (Deutsch-Amerikanische Juristen-Vereinigung (DAJV), Trilaterale Kommission und Atlantik-Brücke.
Die Positionierung der US-hörigen Damen und Herren in hohen und höchsten Positionen in Deutschland und allen europäischen Ländern darf dabei durchaus auch als Vorbereitungsaktion zu eventuell notwendigen echten Farben-„Revolutionen“ begriffen werden. Denkbar ist auch, dass der Kampf der US-Demokraten gegen Trump jetzt als Farbenrevolution von Europa aus organisiert wird.
Fehlt noch das Weltwirtschaftsforum und die Open Society Stiftung von Soros. Letzerer gebärdet sich ausnehmend liberal, fast schon linksliberal. Die Offene Gesellschaft suggeriert Demokratie und Entfaltungsmöglichkeiten für alle. Sie fördert aber zuallererst die Satrapen des Westens in all jenen Ländern, die der Hegemonie der USA etwas entgegensetzen: in letzter Zeit in Georgien, Rumänien, Moldawien. Und in den USA alimentierte Soros den Kampf gegen Trump, weswegen er sich nach dessen Sieg ins belgische „Exil“ absetzte.
Die unterste Ebene bilden solche Influencer wie Correctiv und Campact oder auch die Stiftung Neue Verantwortung, alle üppig aus den USA, von Soros und Omydiar und anderen kapitalnahen Stiftungen direkt oder indirekt finanziert – und von deutschen Ministerien. Eine Studie der Stiftung Neue Verantwortung hat es sogar geschafft, in den Marxistischen Blättern abgedruckt zu werden.
Die genannten Stiftungen sind allerdings nur die Spitze des Eisbergs. Von einigen Super-Milliardären sind ihre Spendenempfänger und Stiftungen bekannt, der größte der Teil der 0,1 Prozent hält seine Stiftungs- und Spendenaktivitäten aber im Dunkeln. Forbes titelt 2012: „Milliardäre lenken Millionen in die Think Tanks“.[8]
Die Einflussnahme, besser gesagt, die Gestaltung der Weltpolitik ist dadurch so umfassend und tiefgehend, dass man wahrlich von einer Schattenregierung der Superreichen sprechen kann. Sie bestimmen die Wirtschaftspolitik, Forschung und Wissenschaft, wie die Bildungslandschaft, die Gesundheitspolitik und die Kultur sich entwickeln sollen[9].
Sozialpolitik gilt ohnehin als überflüssig. Was sie nicht in den eigenen Händen haben, ist die Militärmacht. Hier sind sie weiterhin auf die Staaten, und vor allem eben auf die USA angewiesen. Insofern entspricht es auch der Logik der Herrschenden, den Staatshaushalt als Rüstungshaushalt zu gestalten, wie es die neue deutsche BlackRock-Regierung und die EU insgesamt tun wollen und wie es die NATO und die USA fordern. Und von diesem Rüstungshaushalt profitieren nicht nur Rheinmetall und die anderen traditionellen Rüstungsbuden, sondern mit der Einführung von KI in die Kriegsführungstechnologien neben Peter Thiels Palantir auch die Glorreichen Sieben, die schon bei ihrer Startfinanzierung auf das Militär bauen konnten: Microsoft, Apple, Amazon, Alphabet, Meta, Tesla, Nvdia[10].
Das deutsche Spitzenpersonal
Beginnen wir mit den Grünen, die bei der US-Hörigkeit den meisten Ehrgeiz an den Tag legen. Bei ihnen besteht das Spitzenpersonal vollständig aus unmittelbaren Alumnis der oben genannten Einflussorganisationen; sie dienen sich folgerichtig schon seit geraumer Zeit als direkter Arm der USA und damit des globalisierten Finanzkapitals an, wie es der „Kanzler der Herzen“, Robert Habeck, so unterwürfig wie möglich ausgedrückt hat. Mit ihrer Unterwürfigkeit möchten sie aber auch sicherstellen, dass Deutschland die Erlaubnis bekommt, Europa zu führen (natürlich wird die Europäische Union für Europa gehalten).
Ihr Anti-Nationalismus macht sie brauchbar für eine Politik, die sich nicht um nationale Interessen, sei es des Kapitals und noch weniger des Volkes, schert. Dass gerade die Grünen sich für diese Politik eignen, dass sie als Einflussagenten brauchbar sind, sich brauchbar machen konnten, das begann mit Joseph Fischer, dem Busenfreund von Madeleine Albright, dem Altachtundsechziger und Straßenkämpfer, und sie können als diejenigen angesehen werden, die sichern helfen, dass Westeuropa dem US-Regime auf jedem verbrecherischen Wege folgt.
Mit der Wahl von Trump ist allerdings große Verwirrung in ihrem Lager eingetreten. Man darf gespannt sein, wie und ob sie den Kampf der US-Demokraten von Westeuropa aus organisieren oder – sie haben ja Erfahrung in Anpassung – einen Weg finden, auch den Trump-USA zu Diensten zu sein.
Die Grünen haben die alten bürgerlichen Parteien mit ihrer konkurrenzlos strikten transatlantischen Ausrichtung schon lange überholt und bildeten zeitweise den transatlantischen Goldstandard. Die anderen Parteien der Ampel und die CDU/CSU sind für das Finanzkapital aber wahrscheinlich wichtiger als die, wenn auch noch so folgsamen, Grünen, denn sie haben (noch) ihren gesellschaftlichen Anhang im Angebot: Gewerkschaftsführungen, Kirchenobere und Sozialverbände… Mit Merz ist den Grünen, was die transatlantische Unterwürfigkeit angeht, indes ein echter Rivale erwachsen. Merz und die Grünen, das sind die für die deutschen Interessen gefährlichsten Politiker gegenwärtig.
Die AfD, mit der wir unseren Aufsatz gestartet haben, scheint für das Finanzkapital bisher von geringem Interesse zu sein. Einladungen zu transatlantischen Institutionen und Netzwerken, die sicherste Weihe für ein einflussreiches Amt, sind bisher – im Unterschied zu Georgia Meloni und ihren Fratelli – nicht bekannt, ebenso meidet die Trilaterale Kommission die sog. Rechtspopulisten bisher, während die Grünen mit Fischer, Trittin, Hofreiter und Bsirske in diese Zirkel schon vor Jahren Einzug hielten. Möglicherweise ist die AfD dem Finanzkapital sogar lästig, denn deren nationale Orientierung, zusammen mit der Anti-Einwanderungspolitik auch gerne „völkisch“ genannt, missfällt dem Finanzkapital.
Risse im System
Der Ukrainekrieg hat den westlichen Machthabern und ihren Hintermännern unmissverständlich klar gemacht, dass sie Russland militärisch nicht besiegen können. Damit ist die Strategie, Russland aus dem Weg zu räumen (und sich im Vorbeigehen seine Rohstoffe unter den Nagel zu reißen), um China besiegen zu können, gescheitert.
Nicht nur dies ist Ausdruck der allgemeinen Krise des Kapitalismus und seiner enger werdenden Handlungsspielräume. Es kommt hinzu, dass BRICS wächst und gedeiht, der Globale Süden sich mehr und mehr an Russland und China orientiert; dies alles engt den Raum, der ohnehin schon für wertewestliche Ausbeutung zu klein geworden war, mehr und mehr ein.
Die Macht des Dollars droht zu schwinden, und damit wird die übermäßige Verschuldung der USA zu einem Problem nicht nur für die USA. Gleichzeitig sind die Zukunftsaussichten des Finanzimperialismus, wie wir ihn oben beschrieben haben, insgesamt nicht rosig. Kapital muss immer neue Anlagesphären finden und in den letzten Jahren ist es so angewachsen, so gefüttert worden, dass eine immense Menge an Kapital neue Anlagesphären braucht, die ihm immer weniger zur Verfügung stehen. Die Strategie der Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer und des Daseins als Dienstleistungsgesellschaft ist an ihre Grenzen gestoßen und hat sich gegen ihre Erfinder gewendet, kann aber nicht einfach umgekehrt werden, denn nicht nur fehlen zur Produktion des i-Phones die gut ausgebildeten Produzenten, es wäre, wenn es in den Vereinigten Staaten produziert würde, auch unbezahlbar.
Es scheint, dass einem wachsenden Flügel des (v.a. US-amerikanischen) Finanzkapitals langsam klar wird, dass der Weltpolizist und Hegemon seine globale Funktion, nämlich die Unterwerfung der ganzen Welt, nicht mehr oder immer unzureichender ausüben kann, wenn das Land aufgrund seiner inneren Probleme in die Knie geht. Sie begreifen mehr und mehr, dass eine imperialistische Macht nicht nur eine Militärmacht sein kann, dass der dahinterstehende Staat funktionieren muss!
Auf diesen systemischen Widerspruch gibt es seit neuestem von Seiten des Finanzkapitalismus zwei sich widersprechende Antworten, die sich in den USA einerseits bei den Demokraten und andererseits in den Republikanern und Trump manifestieren. Die Demokraten möchten weitermachen wie bisher: krude Machtpolitik, Unterwerfung sowohl der Verbündeten als auch der Gegner, Krieg, Farbenrevolutionen, Ausplünderung noch des letzten Fleckchens, „den Zugriff […] auf die Fonds der erweiterten staatlichen und gesellschaftlichen Reproduktion“[11] aller Länder der Erde.
Die dicken Brocken, die nach deren Meinung rechtmäßig ihnen gehören, also China und Russland, bekommen sie nur durch Krieg. Also Aufrüstung, dass die Schwarte kracht, innere Zerstörung der Länder des Westens, damit das Geld zusammenkommt, um die gigantische Rüstung und die weltweite Einflussnahme zu finanzieren (man selber möchte von seinen eigenen Milliarden ja nichts bei-„steuern“).
Die Gegenseite wären Teile der Republikaner und vor allem Trump. Schon die erste Wahl von Trump bedeutete einen Schock für das politische Establishment, denn erstmals wurde die „globalistische“ Strategie, die auf nationale Bedürfnisse rücksichtlos reagiert, in Frage gestellt. Die Irritation war so groß, dass selbst republikanerfreundliche Think Tanks zu Trump auf Distanz gingen. Mittlerweile haben sie sich gesammelt und sogar eine Strategie für die Trump-Regierung und ihr Programm Make America Great Again (MAGA) ausgearbeitet: das Programm Project 2025, ein von der Heritage Foundation führend und zusammen mit anderen konservativen/reaktionären Think Tanks verfasster Plan, in dessen Zentrum die Stärkung der industriellen Basis der USA durch eine veränderte Handels- und Fiskalpolitik steht.
So stellt Peter Navarro, der den Teil über Handelspolitik im Project 2025 geschrieben hat, fest, dass die nationale Sicherheit der USA bedroht sei, weil die USA eine zu schwache industrielle Basis habe und es an ausreichend ökonomischer, insbesondere industrieller Stärke fehle, um ihre militärische Unabhängigkeit zu gewährleisten. Schützenhilfe bekommt MAGA vom Center for Renewing America und der Jugend- und Studentenorganisation Turning Point USA.
Damit zeigt sich auch auf dieser Seite eine wachsende Ansammlung organischer Intellektueller, die bereit sind, die Auseinandersetzung zu führen. Prominente Teile des Finanzkapitals, die bisher noch in den Demokraten ihre Vertretung sahen, wechseln die Seite. Vorneweg Musk, der sich möglicherweise anerboten hatte, die rechten Kräfte in Europa hinter Trump zu versammeln. Denn auch in Ländern der EU dämmert bei Wenigen der Gedanke, dass „mit einem so ausgefegten Staat […] kein Krieg zu machen, geschweige denn zu gewinnen“ ist.[12]
In die Meute der europäischen US-Vasallen ist seit Trumps Amtsantritt gewaltig Bewegung gekommen. Die Transatlantiker sind heftig aufgescheucht und zutiefst verunsichert. Die Mehrheit der europäischen Machthaber geht sogar in Opposition zu Trump. Ist deren Bindung an die Demokraten so haltbar und tragfähig? Werden gar die alten Verbindungen genutzt, um nun von Europa aus eine Farbenrevolution in den USA in Angriff zu nehmen? Oder spekulieren Einige gar auf den Niedergang des Hegemons und hegen, speziell in Deutschland und Frankreich, die Vorstellung, dass man die neue Weltmacht in Wartestellung sein könnte?
Man sollte sich allerdings hüten, zu glauben, dass damit in Zukunft die Interessen deutschen oder französischen Kapitals im Zentrum stünden. Nein, auch diese beiden Länder als mögliche Weltmächte in Wartestellung könnten und wollten keine anderen Interessen vertreten, als diejenigen des weltweiten Finanzkapitals. Nebenbei geht es für beide, für Frankreich und Deutschland, darum, wer in Westeuropa die Rolle der „europäischen USA“, also den „Kommandeur in Westeuropa“ spielen darf[13]. Oder soll Europa „unter amerikanischer Vormundschaft neu strukturiert“ werden?[14].
Ein postmoderner Faschismus?
So stellt sich die Lage dar; sie ist ernst für das Finanzkapital. Ob es zum Faschismus greifen würde, ob die gegenwärtige reaktionäre, demokratievernichtende Entwicklung in einem neuen Faschismus enden kann oder wird, ist nicht so einfach vorherzusagen, wie manche meinen.
Wir haben ein konzentriertes und verflochtenes Finanzkapital, dessen Ziel die Beherrschung des ganzen Globus ist, wir haben im imperialistischen Westen ein – obwohl in einigen Fragen der Strategie gespaltenes – diesem Ziel trotzdem vollständig verpflichtetes Politpersonal unter Führung der USA mit einer entsprechenden Strategie, die allerdings gerade durch den Ukrainekrieg massiv in Frage gestellt wird. Und wir haben starke und entschlossene Gegner dieser Strategie in Gestalt von China und Russland und der hinter ihnen stehenden Länder des Globalen Südens. Es geht also für beide Seiten um’s Ganze.
Die Voraussetzungen, dass der „Wertewesten“ zum Faschismus greift, sind also objektiv durchaus gegeben.
Taubenfuß-Faschismus?
Sehen wir uns zum Schluss den Stand der Dinge und die Tendenzen auszugsweise an. Wir werden feststellen, dass Elemente einer faschistischen Entwicklung schon deutlich zu sehen sind.
- Der alte Faschismus:
Die Söhne und Töchter des „alten Faschismus“ sind in Europa noch immer oder wieder im Dienste der Herrschenden unterwegs: klandestin oder offen. Offen agieren die Faschisten in der Ukraine und sogar im Auftrag des Staates, sind mit modernsten Waffen versorgt und werden an ihnen ausgebildet sowie offen hofiert von Präsident Steinmeier als Außenminister u.v.a.m. Man könnte in der Ukraine schon fast von einem Faschismus an der Macht sprechen, der schrittweise und von außen installiert wurde.
Die Rehabilitation des Faschismus ist in der EU darüber hinaus weit fortgeschritten; Vorreiter spielen die baltischen Staaten, aber auch Polen und Moldawien nehmen Spitzenplätze ein. „.. die Ampel steht mit Merz in Kiew und Tel Aviv eng an der Seite ‚zügellosester Chauvinisten und Raubkrieger“[15].
- Die Geheimdienste und der Tiefe Staat:
In diesem Zusammenhang muss auf die Geheimdienste hingewiesen werden. Sie sind im wahrsten Sinne historisch ebenso Kinder des deutschen Faschismus und während ihrer ganzen Geschichte der Reaktion verpflichtet.
Bundesnachrichtendienst, „Verfassungsschutz“ und MAD sind nicht nur nach dem 2. Weltkrieg aus den Reihen der alten faschistischen Kämpfer und Agenten rekrutiert und von ihnen aufgebaut worden, sie wurden auch eingesetzt zur Niederhaltung der kommunistischen und demokratischen Kräfte im Lande und zur Bekämpfung der sozialistischen Staaten, kamen also in Fragen der Unterdrückung des Volkes nie aus der Übung, ganz zu schweigen von ihren klandestinen Eingriffen, ihren Stay-Behind-Aktivitäten (in ganz Europa), ihren False-Flag-Aktionen – gerne unter Ausnutzung von guten Kontakten in die rechtsradikale Szene.
Sie nehmen beim reaktionären Staatsumbau eine Schlüsselposition ein. Der tiefe Staat in den USA – das haben die Angriffe auf die russischen strategischen Bomber offenbart, „agiert außerhalb der Kontrolle der gewählten Führung“ (Trump) sagt Michael Flynn, eh. US-General, eh. Direktor DIA.
- Feindbilder:
Kürzlich griff der Staat auf die „Expertise“ des Verfassungsschutzes zurück und ließ sich ein Gefälligkeitsgutachten zur AfD anfertigen – als eine wertvolle Hilfe bei der Konstruktion des inneren Feindbildes. Die tausend Seiten sind mindestens Frevel am Wald. Sie können, wie sollte es auch anders sein, ausschließlich Meinungs- und Äußerungsvergehen anführen, und das tun sie bis zur Lächerlichkeit ausführlich.
Äußerungen der AfD verstoßen gegen den Schutz der Menschenrechte, wie sie im Grundgesetz festgelegt sind? Aber die Regierung darf die Waffen liefern, damit Israel sie mit Stiefeln, Maschinengewehren und Panzern traktiert? So ganz nebenbei werden auf diese Weise Meinungs- und Gesinnungsdelikte weiter festgeklopft, die es nach unserem Rechtssystem gar nicht geben dürfte.
- Spaltungen:
Obwohl sie ständig vom gesellschaftlichen Zusammenhalt faseln, ist den Herrschenden eine völlig zergliederte, zerstrittene Gesellschaft am liebsten; diese ist am leichtesten beherrschbar, weil die Menschen nicht auf die Idee kommen, sich mit den anderen, die man ja nicht mag oder sogar hasst, zusammenzutun. Spaltungen werden zeitweise oder ständig gefördert. Die dauerhafteste und älteste dürfte die zwischen Deutschen und Ausländern, Migranten sein. Die Beschreibung ihrer Geschichte, ihrer Wandlungen würde ein ganzes Buch füllen. Auch die Spaltung zwischen Männern und Frauen, Heteros und Diversen gibt einiges her. Sehr erfolgreich und nachhaltig war die Spaltung zwischen Impfgegnern und Geimpften. Nicht zu vergessen die Gläubigen und Ungläubigen des menschengemachten Klimawandels – und klar: auch der Ukrainekrieg wird erfolgreich zum Spalten benutzt. Eine Maßnahme, die sich schon im 3. Reich als erfolgreich erwies, ist die Kontaktschuld. Wirst du mit einem Geächteten gesehen? – Wurde ein Rechter nicht aus der Demo entfernt? – Benutzt du ein Wort, das von jenen benutzt wird ? …
- Russenhass wie ehedem:
Die AfD darf den inneren Hauptfeind abgeben, denn sie passt gut zum äußeren Hauptfeind Russland, mit dem sie als unter einer Decke steckend gilt. Die Hetze gegen beide ist ausufernd.
In Bezug auf Russland wird auf den alten, dumpfen, von Moltke bis Hitler gepflegten Russenhass zurückgegriffen. Im Rückblick wird klar, dass Antikommunismus immer schon auch Russenhass war. Und die transatlantischen Enkel finden es überhaupt nicht anstößig, mit der alten kolonialen Überheblichkeit und Großmannssucht gegen Russland zu geifern wie ehedem ihre Großeltern. Russenhass und Antikommunismus sind Kerneigenschaften des Faschismus, damals wie heute.
Ein Treppenwitz der Geschichte ist es also, dass gerade eine Partei, die sich dem Russenhass (noch) weitgehend verweigert, als faschistisch bezeichnet wird.
- Abschied vom Rechtsstaat:
Auch die Meinungs- und Gesinnungsdelikte, die Sprech- und Denkverbote, die Verfolgung all jener, die sich der Regierungspolitik nicht unterordnen wollen, sind Trittsteine auf dem Weg in den Faschismus. Da stellt sich die Bundesregierung breitbeinig gegen Friedensverhandlungen, fördert also den Krieg, und Menschen, die über die Ursachen des Krieges reden, werden vor den Kadi gezerrt.
Alina Lipp und Thomas Röper werden ihre Bankkonten gesperrt und ihr Vermögen eingezogen, weil sie russlandfreundlich berichten, ohne Gerichtsurteil, ohne die Möglichkeit, sich zu verteidigen – die EU-Sanktionen machen es möglich und werden schamlos eingesetzt.
Dies und die Strafverfolgung ohne gesetzliche Grundlage und in Widerspruch zu GG Artikel 103 Absatz 2[16] und § 1 des StGB gegenüber den Mitgliedern der Friedensbrücke Liane Kilinc und Klaus Koch sind nicht nur Trippelschritte, sondern Sprünge raus aus dem Rechtsstaat, rein in den Willkürstaat und die Despotie.
- Medienverbote:
Das Verbot einer Zeitung durch das Bundesinnenministerium unter Missachtung von Artikel 5 GG über den Umweg des Vereinsrechts ist ebenfalls ein massiver Angriff auf die Grundlagen der Rechtsordnung. Dies zusammen mit Medien, die sich flächendeckend freiwillig den Regierungsnarrativen unterwerfen, Vetternwirtschaft und Korruption verschleiern und der Ausschaltung von Russia today und Sputnik zeigen eine Medienlandschaft, die Hugenberg hätte vor Neid erblassen lassen.
- Verräterische Sprache:
Werden unsere Kinder oder Enkel oder ein Zeitgenosse in der Zukunft auch eine „Sprache des 4. Reichs“, ein LQI, verfassen? Dann wird sich dort mit großer Sicherheit auch das Goebbels‘sche Wort „Kriegstüchtigkeit“ wiederfinden, das, wie Dieter Hallervorden feststellte, der Sprachpolizei durch die Lappen gegangen ist.
- Eingriffe in Wahlen und Aushebelung der Gewaltenteilung:
Obwohl Wahlen als Ritual erhalten bleiben sollen, gehen die EU-Eliten nun auch – wiederum unter Bruch von Recht und Gesetz und Missachtung von Verfassungen gegen unliebsame Kandidaten und Wahlgewinner vor, zum Teil unter Beteiligung der Justiz, die in der ganzen EU ihre Unabhängigkeit Stück um Stück freiwillig aufgibt.
Die Liste der Beispiele ist unvollständig, aber sie zeigt doch, auf welchem Weg sich Deutschland und Europa befinden. Gegenwehr ist indes kaum in Sicht.
Der in die Enge getriebene Finanzkapitalismus ist bereit, für den Erhalt seiner Herrschaft und die Erringung derselben auf der ganzen Erde diesen Weg weiterzugehen.
Kurt Gossweiler nennt sein Werk über den Chruschtschow‘schen Revisionismus (in Anlehnung an Karl Schirdewan) „Die Taubenfuß-Chronik“, weil der Revisionismus auf Taubenfüßen daherkomme.[17]
Ähnlich könnte es sich mit dem Faschismus verhalten: er kommt (bisher) auf Taubenfüßen daher. Seine Entwicklung wird dabei möglicherweise lange übersehen werden, vor allem auch deshalb, weil seine Betreiber mit Regenbogenfahnen und dem Slogan „Nie wieder“ gegen „die Faschisten der AfD und in Moskau“ demonstrieren und angeblich für Anti-Kolonialismus, Menschenrechte und woke Gleichstellung stehen.
„… daß der Despotismus sich von nun an mit Verzweiflung vertheidigen wird, daß er durch Paul und Pitt consequent wird, daß die Basis seines Plans die ist, die Geistesfreiheit auszurotten, und daß die Deutschen ihm die Erreichung dieses Zwecks nicht erschweren werden. …“
Johann Gottlieb Fichte
Christel Buchinger ist Diplom-Biologin und wohnt in Gersheim/Saarland.
Sie wurde am 1. Juni 2025 als Referentin für Frieden und Internationales in den Verbandsvorstand des Deutschen Freidenker-Verbandes gewählt.
Quellen und Anmerkungen
[1] „Taubenfuß“ in Anlehnung an Kurt Gossweiler, s. Fußnote 17
[2] https://anti-spiegel.ru/2025/was-die-verhaengung-von-sanktionen-gegen-thomas-roeper-bedeutet/
[3] https://www.focus.de/finanzen/news/das-netzwerk-der-macht-diese-konzernen-kontrollieren-die-welt_id_3929949.html
[4] Conny Renkl, Erbitterte Rivalität und doch dasselbe Ziel, Unsere Zeit, 2. 2. 2024
[5] Domenico Losurdo: Die Sprache des Imperiums, Köln 2011, S. 354.
[6] Interview mit Dmitri Trenin („Der Westen bekämpft Russland, als ob es keine Atomwaffen hätte“) in Hintergrund 5/6 2024, S. 64-67; S. 66.
[7] Hans Jürgen Krysmanski, Die Privatisierung der Macht stabilisiert sich. Überlegungen zur Monetarisierung des Politischen in: UTOPIE kreativ, H. 167 (September 2004), S. 773-778, S. 778
[8] Zitert in: Krysmanski, Hans-Jürgen: 0,1 % – Das Imperium der Milliardäre, Frankfurt/M. 2012, S. 224.
[9] Nach Krysmanski a.a.O.
[10] Siehe den Blog https://www.regenauer.press/die-dunkle-aufklaerung; Zu den dort beschriebenen Faschisierungstendenzen weiter unten.
[11] Klaus Wagener, Im Trümmerfeld, UZ 20. Dezember 2024
[12] Manfred Sohn, Pervertierte Rebellion, UZ vom 29. November 2024
[13] Interview mit Dmitri Trenin in Hintergrund 5/6 24, S. 64-67, dort S. 65
[14] Emanuel Todd „Russland hat den Krieg gewonnen“ in EMMA v. 29.05.2025
[15] Diether Dehm https://www.freidenker.org/fw17/wp-content/uploads/2024/07/Freidenker_2024-02_Dehm_EinNeuerDeutscherFaschismus.pdf
[16] „Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“
[17] Kurt Gossweiler, Die Taubenfuß-Chronik oder die Chrustchowiade 1953 bis 1964, Bd. I, München 2002, Verlag zur Förderung der wissenschaftlichen Weltanschauung, 412 S., 25 Euro
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Christel Buchinger: Taubenfuß-Faschismus – Über Maskeraden, Federbetten und Splittergruppen (Auszug aus FREIDENKER 2-25, ca. 490 KB)
Bild oben: „Demo gegen Rechts“ in Hof (Saale) am 27. Januar 2024.
Foto: PantheraLeo1359531, CC BY 4.0
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=144683300