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Gegen die Vereinnahmung von Georg Büchner – Protestbrief gegen Geschichtsklitterung

Reflexionen einer Veranstaltung, oder: Die Instrumentalisierung eines Revolutionärs in seiner Heimatstadt

von Peter Biebel

Unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt“ fand am 15. März in Riedstadt eine Kundgebung mit ca. 600 Teilnehmern statt. Die Initiative dafür ging vom Verein „Büchner findet statt“ (BFS) aus. Das Ziel war, ein Zeichen zu setzen gegen Faschismus und für Demokratie, Vielfalt und Menschenrechte.

Ein neues Banner am Riedstädter Rathaus verkündete: Riedstadt ist bunt. Für Demokratie. Gegen Extremismus.“

In diesem Artikel… https://www.plegge-medien.de/wp-content/uploads/2024/03/ried_12_2024.pdf steht: Mit Blick auf die Vorgänge in Potsdam hielt während der Veranstaltung in Riedstadt der Vorsitzende des BFS, Herr Werner Schmidt, eine Rede in welcher er sagte:

„Georg Büchner, der große Sohn unserer Stadt, war ein Kämpfer gegen Unterdrückung und für Gedankenfreiheit. Dies sollte uns Aufforderung, Pflicht und tägliches Handeln sein.“

Mit Blick auf die Vorgänge in Potsdam: Wie kommt es, dass sich ausgerechnet das BFS für solch eine Veranstaltung derart instrumentalisieren lässt? Büchner hatte den Blick auf die Herrschenden, nicht gegen vermeintlich Oppositionelle. Habt ihr derart euren Kompass verloren? Schaut doch mal auf eurer eigenen und der Internetseite von Riedstadt nach. Lest doch, was darin steht – anstatt die Geschichte so zu verdrehen, wie es euch passt!

Auf der Internetseite der Stadt Riedstadt https://www.riedstadt.de/stadt/georg-buechner.html findet man Georg Büchners biografische Kurzfassung mit folgenden Informationen:

„1834 verfaßt er zusammen mit Friedrich Ludwig Weidig die Flugschrift „Der Hessische Landbote“ und gründet eine revolutionäre Geheimorganisation. […] Wegen seiner politischen Betätigung wird er steckbrieflich gesucht und flieht deshalb im März 1835 nach Straßburg.“

Spätestens jetzt fragt man sich: Was stand in dieser Flugschrift? Warum gründete Büchner eine „revolutionäre Geheimorganisation“ und gegen wen richtete sich diese? Ein Blick in den „Hessischen Landboten“ http://buechnerportal.de/werke/der-hessische-landbote bringt Aufschluss darüber:

„Dieses Blatt soll dem hessischen Lande die Wahrheit melden, aber wer die Wahrheit sagt, wird gehenkt, ja sogar der, welcher die Wahrheit liest, wird durch meineidige Richter vielleicht gestraft.“

Bei diesem Satz kommt mir Grundgesetz Artikel 5, §130 (5) StGB und die Rede von Heiner Bücker in den Sinn:

https://www.infosperber.ch/freiheit-recht/buergerrechte/russlandversteher-in-berlin-mit-2000-eurobestraft/

Wer die (ungeliebte!) Wahrheit sagt, wird heute nicht mehr gehenkt, kann aber ganz schnell durch „Cancel Culture“ anderweitig desavouiert und ins gesellschaftliche Abseits gedrängt werden – Beschimpfungen als Covidiot, Querdenker und Antisemit inbegriffen. Beispiele dafür gibt es mittlerweile genügend. Mein Fazit: Unwissenheit führt zu Herdentrieb – Moral geht vor Recht!

Weiter im „Hessischen Landboten“ beschreibt Büchner die damalige Situation der Bauern:

„Der Bauer geht hinter dem Pflug, der Vornehme aber geht hinter ihm und dem Pflug und treibt ihn mit dem Ochsen am Pflug, er nimmt das Korn und lässt ihm die Stoppeln. Das Leben des Bauern ist ein langer Werktag; Fremde verzehren seine Äcker vor seinen Augen, sein Leib ist eine Schwiele, sein Schweiß ist das Salz auf dem Tische des Vornehmen.“

Wer ist heute „der Vornehme“, der den Bauern das Korn nimmt und die Stoppel lässt? Mehr dazu hier: https://jacobin.de/artikel/lebensmittel-markt-bauern-konzerne

Sind die Bauern nicht gerade Sturm gelaufen gegen geplante „Reformen“? Standen nicht zigtausende Traktoren in Berlin und anderen deutschen Metropolen, als ausgerechnet jetzt deutschlandweite Demos „gegen Rechts“ wie von Geisterhand aus dem Nichts entstanden, so wie auch in Riedstadt? Wurden diese Demos der Bauern nicht plötzlich abgewürgt, nur weil ein vermeintlich „unabhängiges Recherchenetzwerk“, das alles andere als finanziell unabhängig ist….

https://www.nachdenkseiten.de/?p=110662

…..über ein „Geheimtreffen“ berichtete?

https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/17/geheimtreffen-in-potsdam-afd-mitarbeiterbruestet- sich-mit-gewalt/

Georg Büchner hatte eine „Geheimorganisation“ gegründet. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern steht offiziell auf der Internetseite der Stadt Riedstadt. Wenn sich nun Mitglieder dieser Organisation trafen, war das dann ein „Geheimtreffen?“ Mit welchem Ziel? Der „Hessische Landbote“ klärt auch darüber auf beginnend mit den Hinweisen auf Steuerabgaben:

„Im Namen des Staates wird es erpreßt, die Presser berufen sich auf die Regierung und die Regierung sagt, das sey nöthig die Ordnung im Staat zu erhalten. […] Wer sind denn die, welche diese Ordnung gemacht haben, und die wachen, diese Ordnung zu erhalten?“

11 Tage vor der Demo in Riedstadt, am 4. März 2024, wurden die Bescheide über den neuen Grundsteuer B Hebesatz gedruckt und verteilt. Innerhalb eines Jahres erhöhte sich dieser um 40,7% von 700% auf 985%. Und das hat noch nichts mit der anstehenden bundesweiten Grundsteuerreform zu tun. Die kommt erst noch – OBENDRAUF! Warum haben die 600 Menschen in Riedstadt nicht dagegen protestiert? Ach ja, die Regierung hat ja aufgefordert „gegen Rechts“ zu protestieren. Perfekte Ablenkungsmanöver, bei welchen „denen da unten“ überhaupt nicht die Idee kommt, einmal gegen die Machenschaften von „denen da oben“ zu protestieren. Fein gemacht, ihr Neofeudalherren. Mein Kompliment!

Gegen Ende des „Hessischen Landboten“ schrieb Büchner:

„Hebt die Augen auf und zählt das Häuflein eurer Presser, die nur stark sind durch das Blut, das sie euch aussaugen und durch eure Arme, die ihr ihnen willenlos leihet. Ihrer sind vielleicht 10,000 im Großherzogtum und Eurer sind es 700,000 und also verhält sich die Zahl des Volkes zu seinen Pressern auch im übrigen Deutschland.“

Der CDU-Regierung in Riedstadt kommt es sehr zu Pass, dass ausgerechnet der BFS den „großen Sohn unserer Stadt“ dazu instrumentalisiert, gegen die zweitgrößte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag vorzugehen, der AfD. Damit versucht sie ihre eigene bundesweite Opposition zu festigen, um bei der nächsten Wahl als wahrscheinlich größter Koalitionär den BlackRock–Kanzler Friedrich Merz stellen zu können. Dann werden die „Taurus“ Marschflugkörper geliefert, dann wird Merz – Spezi Kiesewetter seinen Phantasien freien Lauf lassen können, die derzeitigen Sonderschulden für Krieg (euphemistisch als „Verteidigung“ oder „Sicherheitheit“ bezeichnet) von 100 Milliarden auf 300 Milliarden Euro hochzutreiben, dann kann er seinen Traum leben, den „Krieg nach Russland“ zu tragen https://www.dw.com/de/kiesewetter-den-krieg-nach-russlandtragen/a-68215200 so wie das am 18.02.1918 mit der „Operation Faustschlag“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Faustschlag) zum ersten Mal („jeder Schuss ein Russ“) und am 22. Juni 1941 mit dem „Unternehmen Barbarossa“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmen_Barbarossa) zum zweiten Mal geschah. Bei letzterem war so mancher „Riedstädter“ dabei, aber sie sind so gut wie alle gestorben. Sie können nicht mehr berichten, was es heißt, im Krieg zu sein und so verschwindet er aus dem Gedächtnis nachfolgender Generationen, die dann wieder Krieg führen wollen, sehr zum Wohl von Rheinmetall und Konsorten.

Wie kommt es, dass die Menschen den Splitter „von Rechts“ im Auge der AfD zu erkennen glauben, aber den Balken im eigenen Auge nicht sehen? Bei so viel Heuchelei würde sich Georg Büchner wahrscheinlich im Grabe herum drehen. Und seine Kampfansage:

„Friede den Hütten – Kampf den Palästen“

ist heute so aktuell wie damals. Daher kann auf das Gesülze des Riedstädter Bürgermeisters Marcus Kretschmann über „Demokratie“ im Rahmen dieser kurzen Abhandlung gut verzichtet werden.

Epilog:

Im ersten Bild sieht man von drei Fahnen verdeckt an der Wand des Rathauses einen Teil der ukrainische Flagge mit einem Schriftzug. Dieser lautet: „Stopp den Krieg Putin.“ Warum hängt dort nicht ein weiterer mit einer US-Flagge und der Aufforderung: „Stopp den Krieg, Biden?“ Habt ihr‘s immer noch nicht kapiert, dass es sich um einen Stellvertreterkrieg zweier Atommächte handelt, in dem die USA die Russen „bis zum letzten Ukrainer“ bekämpfen wollen? https://german.cri.cn/kommentar/alle/3259/20220424/751880.html

 

Bildquelle: riedstadt.de

Und auf dem nächsten Bild sieht man auf dem Rathausplatz drei Flaggen: Die Ukrainische, die Riedstädter und die Israelische:

Bildquelle: nicht bekannt

Zwei weitere sollten hier noch aufgestellt werden: Die Russische und die Palästinensische. Denn genauso wenig, wie wir als normale Bürgerinnen und Bürger etwas für die Machenschaften unserer Herrschenden können, können es die Palästinenserinnen und Palästinenser oder die Russinnen und Russen. Deshalb gehört ihnen die gleiche Solidarität entgegen gebracht wie den Menschen in der Ukraine und in Israel.

Ein um die wahre Demokratie in Riedstadt und Deutschland sehr besorgter Bürger.

Geschrieben am 04.04.2024

Peter Biebel ist Koordinator des Nachdenkseiten-Gesprächskreises Darmstadt und Mitglied des Deutschen Freidenker-Verbandes


Bild oben: Georg Büchner 1833 
Zeichnung von (Philipp) August (Joseph) Hoffmann (1807-1883), Gemeinfrei
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26347458