Untotes für die Ukraine: Das verzerrte Weltbild der Marie-Agnes Strack-Zimmermann
Bei Marie-Agnes Strack-Zimmermann weiß man, dass sie mit Leib und Seele der Rüstungsindustrie angehört. Wenn sie in deren Auftrag jedoch ihren Mund öffnet, bringt sie noch anderes an die Oberfläche, das doch besser tief unter der Erde geblieben wäre.
Von Dagmar Henn
Erstveröffentlichung am 26.05.2023 auf RT DE
Bei der Rüstungslobbyistin mit der Dracula-Aura, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, weiß man normalerweise schon vorher, was sie sagen wird. Ihre Welt dreht sich um Rheinmetall, und die freuen sich über jeden Auftrag für weitere Granaten. Sie würde sich die Hand abhacken, um einen Frieden zu verhindern.
Davor allerdings bedient sie das deutsche Publikum regelmäßig mit ihrer verzerrten Weltsicht, auch wenn ihr gelegentlich ein wahrer Satz entgleitet, wie jüngst bei Maybrit Illner: „Die Ukraine würde nichts lieber, als dass der Krieg zu Ende geht, denn es ist ihr Volk, das abgeschlachtet wird“, erklärte sie dort, und es war vermutlich die Verwendung des Wortes Ende in Verbindung mit Krieg, das ihr dabei die Grammatik zerlegte. Die Ukraine vermutlich wohl, aber die hat nichts zu melden; die Regierung der Ukraine vermutlich nicht, weil sie am Krieg verdient; und die Vereinigten Staaten schon gar nicht, denn die wollen schließlich Russland zerteilen.
Wie wenig ihre Sicht auf die Wirklichkeit auf dem Laufenden ist, zeigt folgender Satz: „Wladimir Putin kann heute seine Truppen abziehen, und dann ist der Krieg sofort beendet.“ Denn mit der Eingliederung der beiden Volksrepubliken Donezk und Lugansk wurden die dortigen Milizen zu Teilen der russischen Armee. Würden sich diese aber aus diesen Gebieten zurückziehen, wäre das Resultat eine Katastrophe für die zivilen Einwohner der Region, die den ukrainischen Truppen dann schutzlos ausgeliefert wären. Damit wäre der Krieg mitnichten beendet, sondern verwandelte sich in einen Genozid; was exakt der Grund ist, warum weder für Putin noch für Russland diese Option existiert. Der unausgesprochene Kern der stetig vorgetragenen westlichen Forderung nach territorialer Integrität der Ukraine ist genau das – die Vertreibung oder Ermordung der Bewohner des Donbass wie auch der Krim. So viel zum Wertewesten.
Man könnte übrigens an dieser Stelle daran erinnern, wie eigenartig die Verleugnung der realen Ereignisse auf der Krim durch den Westen all die Jahre gegenüber war. Seit Beginn der Spezialoperation hat sich nun herausgestellt, dass dieses stetige Betonen, auch die Krim müsse wieder ukrainisch werden, Vorarbeit in der Kriegspropaganda war. Die Rückversicherung, selbst dann noch einen Krieg gegen Russland vom Zaun brechen zu können, wenn durch irgendeinen unglücklichen Umstand die Minsker Vereinbarungen umgesetzt worden wären.
Nun, im Falle Strack-Zimmermann könnte man fast behaupten, der Zynismus sei eine Frage der Übereinstimmung von Form und Inhalt. Eine Predigt der reinen Menschenliebe würde mit einer Ausstrahlung kollidieren, die die Frage aufwirft, ob sie im Bett schläft oder doch lieber im Sarg. Auch eine schlechte Wahrnehmung der täglichen Realität ist da nicht erstaunlich.
„Die Destabilisierung der deutschen Gesellschaft läuft ja schon seit Monaten. Es sind Tausende von Trollen, die im Internet versuchen, unsere Gesellschaft zu spalten oder Falschnachrichten zu verbreiten.“
Im Tageslicht laufen die Dinge anders. Da hängt die Stabilität der Gesellschaft an solchen Dingen wie sozialer Sicherheit, der Entwicklung des Lebensstandards und der demokratischen Kultur. Da ist es die US-amerikanische Abwrackpolitik in Europa, die nicht nur die Stabilität, sondern die Zukunft selbst bedroht. Aber im Zwielicht der Untoten mag das anders sein. Immerhin muss sie die Wahrheit über die Ukraine fürchten wie den Knoblauch. Eine Wahrheit, die immer wieder einmal in Gestalt von Naziemblemen und Hitlergrüßen, von Mordplänen und Terror vor die Linse rutscht und ganz schnell hinwegretuschiert werden muss.
„Der Krieg ist ein Angriff auf die freie westliche Welt.“ Das ist ein Satz, der sogar einen untoten Begriff enthält. Die „freie Welt“, das war einmal der westliche Block, zu dem auch das Spanien Francos und das Chile Pinochets gehörten, eine Formulierung, die die letzten Jahrzehnte gerade noch in Vereinigungen von Nazikollaborateuren und unbelehrbaren Kalten Kriegern wie der Antibolschewistischen Weltliga gebraucht wurde, bis sie über den Umweg über Bandera-Kiew in den Mainstream zurückfand.
Wobei auch das eine Wahrheit enthält. Als diese Formulierung ihre Blüte erlebte, herrschten in den USA McCarthy und in Deutschland Adenauer mitsamt der Naziverbrecher Globke und Oberländer. Diese „Freiheit“ äußerte sich vor allem darin, rund um die Welt jede Regierung zu stürzen, die Ansätze machte, das Leben ihrer Bevölkerung zu verbessern, wie Mossadegh in Iran und Árbenz in Guatemala.
Übrigens war in allen bundesdeutschen Parlamenten die Fraktion mit dem höchsten Anteil an NS-Funktionären diejenige der nordrhein-westfälischen FDP, in der Strack-Zimmermann zu Hause ist. Insofern könnte man in ihrer lebensfreudigen Ausstrahlung auch eine unbewusste Warnung sehen, dass sie die Wiederkehr des Alten verkörpert, und ihre Vorstellung von Stabilität so viel mit einer lebendigen Demokratie zu tun hat wie der Wiener Zentralfriedhof.
Irgendwie schade für ihre Partei, in der zwischenzeitlich sogar überzeugte Antifaschisten wie Hildegard Hamm-Brücher das Sagen hatten. Die dürfte, auf einer Wolke sitzend, mit ihrem Kopfschütteln einen ganzen Windpark am Laufen halten, sobald Strack-Zimmermann den Mund öffnet.
Und zum Glück wird es letztlich in den Wind gesprochen sein, wenn Strack-Zimmermann tönt, es sei „in unserem Interesse“, dass die Ukraine auch die Krim besäße. Denn das Leben siegt letztlich immer, und die untote Version des Unternehmens Barbarossa hat noch weniger Aussicht auf Erfolg als das Original.
Dagmar Henn ist Mitglied des Deutschen Freidenker-Verbandes
Bild: Marie-Agnes Strack-Zimmermann, 2013
Foto: Max Schade/FDP-Ratsfraktion Düsseldorf, CC BY 2.0
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30045839
Bearbeitung: Ralf Lux