Frieden - Antifaschismus - Solidarität

„Den NATO-Kriegstreibern die Hände zerschlagen!“

Rede von Männe Grüß am 05.12.2020 in Potsdam

Liebe Friedensfreunde,

ich freue mich, dass wir hier heute zusammengekommen sind – und ehrlich gesagt ist für mich entscheidender, DASS wir zusammengekommen sind – und weniger WIE VIELE wir sind. Denn wir zeigen etwas in diesen Zeiten, dass ich für enorm wichtig halte: Wir nehmen unser Recht auf Versammlungsfreiheit wahr, um für Frieden einzutreten. Und das ist gut so: Die Regierungen unterbrechen ihre Kriegsvorbereitungen ja auch nicht, wie die letzten Wochen gezeigt haben: Sei es antirussische Hetze im Fall Nawalny oder sei es der Chor der Transatlantiker aller Parteien, dass mit der Wahl des US-Präsidenten Biden nun aber wirklich die NATO gestärkt werden müsse. Wodurch? Durch die 2 %- Aufrüstung des Verteidigungsetats. Einen Schritt weiter gehen sie nächste Woche, wenn sie den Verteidigungshaushalt abschließend verabschieden.

Wir nehmen unser Versammlungsrecht in einer besonderen Situation in Anspruch. Denn vor ungefähr zwei Wochen – am 18. November – haben die Regierungsparteien zusammen mit den Grünen das Versammlungsrecht mit dem sog. dritten Bevölkerungsschutzgesetz zum Abschuss frei gegeben haben. Laut des neu beschlossenen § 28a des Infektionsschutzgesetzes könnten Versammlungen wie diese jederzeit verboten werden, wenn die Bundesregierung (oder auch Landesregierung) im Rahmen einer festgestellten „epidemischen Lage” der Ansicht ist, sie könne damit den Anstieg an Neuinfektionen mit Covid-19 verhindern. Juristisch stehen damit die Scheunentore offen für Missbrauch und Einschränkungen von Bürgerrechten. Das sind keine Kleinigkeiten.

Ihr Lieben: Ich dürfte als DKP-Mitglied wohl über den Verdacht erhaben sein, Parteiwerbung für die DIE LINKE zu betreiben. Aber lasst mich heute einen Dank aussprechen: Danke an die Bundestagsfraktion der Partei DIE LINKE für Euer NEIN zum verschärften Infektionsschutzgesetz! Danke konkret an den Potsdamer Bundestagsabgeordneten Norbert Müller, dass Du gegen diesen Demokratieabbau im Deckmantel des Gesundheitsschutzes gestimmt hast! Ich hätte mir allerdings auch gewünscht, die LINKE hätte in im Bundesrat zumindest auf eine Enthaltung in den Ländern gedrängt, wo sie Teil der Regierung ist.

Danke aber vor allem an Euch alle hier, dass Ihr Euch einem friedenspolitischen Lockdown widersetzt habt und wir hier heute gemeinsam ein Zeichen setzen: GEGEN Aufrüstung und FÜR Abrüstung! Danke an Euch!

Liebe Friedensfreunde,

ich habe gerade gesagt: Die Regierenden betreiben eine Politik im DECKMANTEL des Gesundheitsschutzes. Ich vertrete also den Standpunkt: Der Bundesregierung geht es derzeit nicht um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung. Wie komme ich zu dieser Behauptung? Meines Erachtens reicht dazu ein schon Blick auf den geplanten Bundeshaushalt 2021, der nächste Woche abschließend behandelt werden soll im Bundestag. Denn die Zahlen sprechen für sich: Auf der einen Seite steigt der Verteidigungsetat – ein „Kriegsetat“ muss es eigentlich heißen – um über 1 Mrd. Euro auf fast 47 Mrd. € offiziell. Nach NATO-Kriterien liegt er sehr viel höher. Auf der anderen Seite sinkt der Gesundheitsetat um fast 6 Mrd. Euro auf 35 Mrd. Euro. Also: In einer Zeit in der im Namen des Gesundheitsschutzes unseren Kinder das Recht auf Bildung vorenthalten wird, in denen die Gesundheitsämter – auch in Potsdam – chronisch überfordert sind mit der Nachverfolgung der Infektionsketten – in einer Situation, in der immer noch Schutzkleidung für Pflegekräfte fehlt und wo die gesetzlichen Pflegepersonaluntergrenzen durch Spahn seit über einem halben Jahr ausgesetzt sind – in dieser Situation also, stellt sich eine Bundesregierung hin und rüstet auf, während bei der Gesundheit kräftig gespart wird. Wer so agiert hat jede Glaubwürdigkeit verloren, wenn er oder sie behauptet, den gesundheitlichen Schutz der Bevölkerung im Blick zu haben – wer so agiert, ist sich seiner Sache sicher – und diese Sache heißt Kriegsmobilisierung.

Und um das zu verhindern bitte ich Euch inständig: Hört auf, Euch darum zu streiten, wie sinnvoll ein Mundnasenschutz ist oder nicht! Hört auf mit dem Streit, ob das Coronavirus nun mehr oder weniger gefährlich als eine Grippe ist – jeder Tote ist einer zu viel und geht auf das Konto der Herrschenden! Schließen wir uns zusammen, um die größte Bedrohung für unsere Gesundheit, für unser Leben und das unserer Kinder abzuwehren: den Kriegskurs der NATO-Mächte gegen Russland und China – ein Aggressionskurs, der in einem Krieg enden kann, „gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind“, wie es Bertolt Brecht ein Mal sagte. Und Brecht sagte weiter: „Diese Kriege „werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden.“ Deswegen sage ich:

Zerschlagen wir den NATO-Kriegstreibern die Hände! Stellen wir hier vor Ort klar: US-Truppentransporte haben sich nicht einen Millimeter durch unser Brandenburg Richtung russische Grenze zu bewegen. US-Panzer haben insgesamt in Deutschland nur eines zu tun: Den Rückwärtsgang einzulegen – Richtung US-Heimat – bis auf US-Deserteure, denen sofort politisches Asyl zu gewähren ist. NATO-Truppen raus aus Deutschland – das ist eine zentrale Voraussetzung für die Verhinderung eines drohenden Krieges in Europa. Und diese Forderung ist nötiger denn je, nachdem US-Senat und –Kongress – Republikaner und Demokraten – sich darauf geeinigt haben, den von Trump angekündigten Teilabzug von US-Truppen aus Deutschland zu verhindern.

Ich stelle dazu fest: Ich muss einen Präsidenten Trump nicht mögen, um mich vor einem zukünftigen US-Präsidenten Biden zu fürchten. Meines Erachtens ist alles andere als gute Laune angesagt in der Friedensbewegung mit diesem Hauptinitiator des Irak- und Afghanistan-Krieges als US-Präsidenten.

Liebe Friedensfreunde,

wir als Friedensbewegung wenden uns zu Recht gegen Aufrüstung, weil das Geld für die Aufrüstung an anderer Stelle fehlt – im sozialen Bereich, in der Bildung, in der Kultur, in Gesundheit und vieles mehr. Aber: Bei solchen Aufrechnungen müssen wir aufpassen, eines nicht aus dem Blick zu verlieren: dass nämlich wie – die arbeitenden Menschen – für eine Außenpolitik bezahlen sollen, die auf eine Eskalationsspirale angelegt ist. Da geht es nicht nur um Kürzungen im Sozial- oder Bildungsbereich – es geht um die Gefahr eines Krieges in Europa mit Deutschland als Austragungsort. 2020 hat doch gezeigt, dass die Bundesregierung bereit ist, für ihre Treue zur NATO-Führungsmacht USA, uns – die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes – immer mehr in Haftung zu nehmen für ein unverantwortliches Spiel mit dem Feuer. Die Anschaffung neuer Eurofighter – ein großer Posten im Verteidigungsetat 2021 – ist nicht nur einfach ein Millionengrab für Steuergelder. Die neuen Eurofighter sind das handfeste Bekenntnis zur „atomaren Teilhabe“ Deutschlands, dass Kriegsministerin Kramp Karrenbauer zuletzt in ihrer Grundsatzrede vor zwei Wochen einforderte. Diese Eurofighter wären es, die ggf. mit US-Atombomben aus Büchel bestückt werden würden. Diese US-Atomwaffen sind es, die Deutschland im Falle eines Krieges zum Angriffsziel ersten Ranges machen würde. Und deswegen rufen wir den US-Truppen auf ihrem Heimweg zu: Vergesst Eure Atomwaffen nicht! US-Atomwaffen raus aus Deutschland und Europa!

Liebe Friedensfreunde,

werfen wir einen weiteren Blick auf die großen Posten bei den Rüstungsausgaben 2021: Die Anschaffung des Mehrzweckkampfschiffes 180 oder der Korvette K130. Die werden nicht angeschafft, um in deutschen Häfen vor sich hinzurosten. AKK hat in ihrer Grundsatzrede die Marschroute vorgegeben: der neue „systemische“ Gegner heißt China – ¬ die Fregatte „Hamburg“ wird 2021 Richtung Indo-Pazifik fahren – diese Drohgebärde gegen China ist unübersehbar. Dieser Konfrontationskurs gegen die Volksrepublik ist aber vor allem eines: Wahnsinn. Und dieser Wahnsinn ist nur erklärbar, wenn wir uns vor Augen führen, worum es den Regierenden in Deutschland geht: Es geht Ihnen darum, sich für eine Konfrontationspolitik der USA einbinden zu lassen. Und den Superreichen in den USA – zusammen mit den Superreichen hierzulande geht es dabei darum, eine Weltwirtschaftsordnung zu erhalten, in der diese Superreichen auf dem Rücken eines Großteils der Menschheit ihren Götzen namens Profit huldigen können. Was diese Herrschaften an Russland und China stört, ist nur eines: Dass diese beiden Länder sich der Unterwerfung durch die NATO-Mächte widersetzen – und insbesondere China in absehbarer Zeit die NATO-Macht USA ökonomisch und militärisch überflügeln wird.

Ich persönlich gestehe: Ich begrüße die wachsende Kraft Chinas als Friedenskraft. Aber: Ich respektiere selbstverständlich Meinungen, die China kritischer sehen. Nur über eines müssten wir Friedenskräfte uns doch einig sein: Solange wir in Deutschland auf China durch die NATO-Brille schauen, kann es keinen offenen Dialog über unser Verhältnis zu China geben. Und deutsche Außenpolitik mit der NATO-Brille treibt uns immer weiter in eine wahnsinnige Konfrontation mit China – ein Land, das uns genauso wenig bedroht wie Russland.

Um aber mit diesem Wahnsinn zu brechen, um mit dem Wahnsinn der Aufrüstung zu brechen, um mit dem Wahnsinn des Atomkriegs zu brechen, gibt es nur einen vernünftigen Schritt: Den Austritt Deutschlands aus der NATO. Deutschland raus der NATO – NATO raus Deutschland – das sollte nicht auf Wunschzetteln zu Weihnachten stehen, sondern auf der Agenda der Friedensbewegung 2021!

In diesem Sinne wünsche ich Euch ein besinnlichen Jahresausklang und ein gesundes Neues Jahr – und uns allen ein kämpferisches Friedensjahr 2021 – DRUSCHBA!

Männe Grüß, Potsdam, ist Mitglied des Brandenburgischen Freidenker-Verbandes und Vorsitzender der DKP Landesorganisation Brandenburg

Er hielt diese Rede zum Aktionstag „Abrüsten statt Aufrüsten“ am 05.12.2020 für die DKP Potsdam & Umland


Bilder vom Aktionstag am 05.12.2020 in Potsdam

Fotos: Ralf Lux


Bild oben: Installation auf dem Kundgebungsplatz am 05.12.2020 in Potsdam. Foto Ralf Lux