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Corona-Leak – oder: Überraschendes aus dem Bundesinnenministerium

Freidenker-Beiratsmitglied Rainer Rupp hat uns auf die seit Wochenbeginn kursierenden Berichte aufmerksam gemacht, dass ein Referent beim BMI  kaltgestellt worden sei; so titelt der „Fokus“ am 12.05.2020:

„Innenministerium verhängt Arbeitsverbot gegen Mitarbeiter“.

Dieser war für das Referat KM 4 (Schutz Kritischer Infrastrukturen im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat) tätig, und ihm wurde nach eigenen Angaben verwehrt, dass seine kritischen Analyse des Corona-Krisenmanagements dem Minister Seehofer vorgelegt wird.

Der Referent hat den Bericht daraufhin „vorab“ an den Krisenstab des Ministeriums, an die mit der Thematik befassten Arbeitskreise der anderen Bundesministerien sowie in den Bundesländern geschickt. Dieser größere Empfängerkreis bot offensichtlich die Gewähr, dass dieses „interne Papier“ den Weg an die Öffentlichkeit findet.

Der Krisenstab sah sich daraufhin veranlasst, gegenüber diesem Empfängerkreis zu betonen, dass der Autor weder „beauftragt oder autorisiert“ gewesen sei, „eine solche Analyse zu erstellen oder zu veröffentlichen. Sie gibt seine private Auffassung wieder, nicht die des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat.“

Der Deutsche Freidenker-Verband hat seine grundsätzlichen Positionen in der Stellungnahme „Die sogenannte Corona-Krise“ dargelegt (https://www.freidenker.org/?p=7928). In den letzten Tagen haben die „aus Glaubenskriegen resultierenden Spaltungsgefahren“, vor denen in der Stellungnahme gewarnt wird, sehr deutlich Gestalt angenommen. Täglich macht das – vom CIA zu Diffamierungszwecken (anlässlich der Kennedy-Ermordung) in Umlauf gesetzte – Wort „Verschwörungstheorie“ die Runde. In dieser Situation kann es nicht schaden, Erkenntnisse aus dem Regierungsapparat auch auf den „Verschwörungsgehalt“ hin unter die Lupe zu nehmen.

Das Papier mit einer neunseitigen Einleitung und weiteren 83 Seiten stellt die „Kurzfassung“ dar, der dpa soll auch eine 192-seitige Langfassung vorliegen. Der Autor listet die Versäumnisse bei der Pandemie-Bekämpfung auf, stellt „gravierende Fehlleistungen des Krisenmanagements“ fest. Kontrovers dürfte die These sein, dass dies zu erheblichen Kollateralschäden, insbesondere in Form von Todesfällen durch staatlich verfügte Schutzmaßnahmen führte. Mit der Veröffentlichung der Analyse ist keine Parteinahme pro oder contra ihrer Inhalte verbunden. Aber eine „rationale und erkenntnisfördernde Diskussion“, wie wir sie in unserer erwähnten Stellungnahme befürworten, braucht die Kenntnisnahme solcher Informationen und die Auseinandersetzung um sie.

Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass dies nicht das erste Dokument aus dem Hause Seehofer ist, das Aufsehen erregt hat: Bereits Ende März 2020 berichteten Medien über ein „internes Strategiepapier“ mit dem Motto „Schockwirkung erwünscht“ („taz“, 28.03.20), und der „Fokus“ (04.04.20) schrieb:

„Um der Bevölkerung den Ernst der Lage klarzumachen, empfehlen die Autoren drastische Maßnahmen. ‚Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden‘, schreiben die Verfasser“.

Laut „FAZ“ (02.04.20) soll eine „Gruppe von 10 Fachleuten“ an diesem Papier geschrieben haben – überwiegend Ökonomen. Das ist der Stoff, aus dem Verunsicherung und Spekulationen gemacht werden. Die, die immerfort „Verschwörungstheoretiker!“ rufen, wären ehrlicher, wenn sie gleich „Haltet den Dieb!“ rufen würden.

Wer auch immer aus dem Empfängerkreis das Papier der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat – wir wollen mit der Veröffentlichung auch ganz grundsätzlich die Arbeit aller Whistleblower würdigen und ermutigen, und ebenso unsere Solidarität bekräftigen: „Free Julian Assange!“

Webredaktion


Download

Der Bericht kann hier als PDF-Dokument angesehen und heruntergeladen werden:

Auswertungsbericht des Referats KM 4 (BMI) – Coronakrise 2020 aus Sicht des Schutzes Kritischer Infrastrukturen (PDF-Dokument, ca. 1,79 MB)


Das Dokument enthält 92 Seiten, dem eigentlichen Bericht von 83 Seiten ist eine 9-seitige Einleitung vorangestellt. Diese wiederum enthält in 8 Punkten eine Zusammenfassung der Analyseergebnisse, die nachfolgend wiedergegeben werden:

Zusammenfassung der Analyseergebnisse
  1. Das Krisenmanagement hat in der Vergangenheit (leider wider besseren institutionellen Wissens) keine adäquaten Instrumente zur Gefahrenanalyse und –bewertung aufgebaut. Die Lageberichte, in denen alle entscheidungsrelevanten Informationen zusammen gefasst werden müssten, behandeln in der laufenden Krise bis heute nur einen kleinen Ausschnitt des drohenden Gefahrenspektrums. Auf der Basis unvollständiger und ungeeigneter Informationen in den Lagebildern ist eine Gefahreneinschätzung grundsätzlich nicht möglich. Ohne korrekt erhobene Gefahreneinschätzung kann es keine angemessene und wirksame Maßnahmenplanung geben. Das methodische Defizit wirkt sich bei jeder Transformation auf eine höhere Ebene aus; die Politik hatte bisher eine stark reduzierte Chance, die sachlich richtigen Entscheidungen zu treffen.
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  2. Die beobachtbaren Wirkungen und Auswirkungen von COVID-19 lassen keine ausreichende Evidenz dafür erkennen, dass es sich – bezogen auf die gesundheitlichen Auswirkungen auf die Gesamtgesellschaft – um mehr als um einen Fehlalarm handelt. Durch den neuen Virus bestand vermutlich zu keinem Zeitpunkt eine über das Normalmaß hinausgehende Gefahr für die Bevölkerung (Vergleichsgröße ist das übliche Sterbegeschehen in DEU). Es sterben an Corona im Wesentlichen die Menschen, die statistisch dieses Jahr sterben, weil sie am Ende ihres Lebens angekommen sind und ihr geschwächter Körper sich beliebiger zufälliger Alltagsbelastungen nicht mehr erwehren kann (darunter der etwa 150 derzeit im Umlauf befindlichen Viren). Die Gefährlichkeit von Covid-19 wurde überschätzt. (innerhalb eines Vierteljahres weltweit nicht mehr als 250.000 Todesfälle mit Covid-19, gegenüber 1,5 Mio. Toten während der Influenzawelle 2017/18). Die Gefahr ist offenkundig nicht größer als die vieler anderer Viren. Wir haben es aller Voraussicht nach mit einem über längere Zeit unerkannt gebliebenen globalen Fehlalarm zu tun. – Dieses Analyseergebnis ist von KM 4 auf wissenschaftliche Plausibilität überprüft worden und widerspricht im Wesentlichen nicht den vom RKI vorgelegten Daten und Risikobewertungen.
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  3. Dass der mutmaßliche Fehlalarm über Wochen unentdeckt blieb, hat einen wesentlichen Grund darin, dass die geltenden Rahmenvorgaben zum Handeln des Krisenstabs und des Krisenmanagement in einer Pandemie keine geeigneten Detektionsinstrumente enthalten, die automatisch einen Alarm auslösen und den sofortigen Abbruch von Maßnahmen einleiten würden, sobald sich entweder eine Pandemiewarnung als Fehlalarm herausstellte oder abzusehen ist, dass die Kollateralschäden – und darunter insbesondere die Menschenleben vernichtenden Anteile – größer zu werden drohen, als das gesundheitliche und insbesondere das tödliche Potential der betrachteten Erkrankung ausmacht.
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  4. Der Kollateralschaden ist inzwischen höher ist als der erkennbare Nutzen. Dieser Feststellung liegt keine Gegenüberstellung von materiellen Schäden mit Personenschäden (Menschenleben) zu Grunde! Alleine ein Vergleich von bisherigen Todesfällen durch den Virus mit Todesfällen durch die staatlich verfügten Schutzmaßnahmen (beides ohne sichere Datenbasis) belegen den Befund. Eine von Wissenschaftlern auf Plausibilität überprüfte überblicksartige Zusammenstellung gesundheitlichen Kollateralschäden (incl. Todesfälle) ist unten angefügt.
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  5. Der (völlig zweckfreie) Kollateralschaden der Coronakrise ist zwischenzeitlich gigantisch. Ein großer Teil dieses Schadens wird sich sogar erst in der näheren und ferneren Zukunft manifestieren. Dies kann nicht mehr verhindert, sondern nur noch begrenzt werden.
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  6. Kritische Infrastrukturen sind die überlebensnotwendigen Lebensadern moderner Gesellschaften. Bei den Kritischen Infrastrukturen ist in Folge der Schutzmaßnahmen die aktuelle Versorgungssicherheit nicht mehr wie gewohnt gegeben (bisher graduelle Reduktion der prinzipiellen Versorgungssicherheit, die sich z.B. in kommenden Belastungssituationen niederschlagen kann). Die Resilienz des hochkomplexen und stark interdependenten Gesamtsystems Kritischer Infrastrukturen ist gesunken. Unsere Gesellschaft lebt ab sofort mit einer gestiegenen Verletzlichkeit und höheren Ausfallrisiken von lebenswichtigen Infrastrukturen. Das kann fatale Folgen haben, falls auf dem inzwischen reduzierten Resilienzniveau von KRITIS eine wirklich gefährliche Pandemie oder eine andere Bedrohung eintreten würde.
    UN-Generalsekretär António Guterres sprach vor vier Wochen ein grundlegendes Risiko an. Guterres sagte (laut einem Tagesschaubericht vom 10.4.2020): „Die Schwächen und mangelhafte Vorbereitung, die durch diese Pandemie offengelegt wurden, geben Einblicke darin, wie ein bioterroristischer Angriff aussehen könnte – und [diese Schwächen] erhöhen möglicherweise das Risiko dafür.“ Nach unseren Analysen ist ein gravierender Mangel in DEU das Fehlen eines adäquaten Gefahrenanalyse und –bewertungssystem in Krisensituationen (s.o.).
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  7. Die staatlich angeordneten Schutzmaßnahmen, sowie die vielfältigen gesellschaftlichen Aktivitäten und Initiativen, die als ursprüngliche Schutzmaßnahmen den Kollateralschaden bewirken, aber inzwischen jeden Sinn verloren haben, sind größtenteils immer noch in Kraft. Es wird dringend empfohlen, sie kurzfristig vollständig aufzuheben, um Schaden von der Bevölkerung abzuwenden – insbesondere unnötige zusätzliche Todesfälle – , und um die möglicherweise prekär werdende Lage bei den Kritischen Infrastrukturen zu stabilisieren.
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  8. Die Defizite und Fehlleistungen im Krisenmanagement haben in der Konsequenz zu einer Vermittlung von nicht stichhaltigen Informationen geführt und damit eine Desinformation der Bevölkerung ausgelöst. (Ein Vorwurf könnte lauten: Der Staat hat sich in der Coronakrise als einer der größten fake-news-Produzenten erwiesen.)
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Bildcollage: Ralf Lux, unter Verwendung der Bilder:

Hauptsitz des Bundesministeriums des Innern in Berlin
Foto: C. Müller – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,
Quelle: wikimedia.org

Coronavirus/Digitalisierung
Grafik: geralt – Pixabay License
Quelle: pixabay.com