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Sieg oder Holocaust

aus FREIDENKER 4-2011

von Susann Witt-Stahl

Israel, Judentum und Antisemitismus als Joker im Kampf für die Hegemonie des Westens

Viele Christen glauben, der in der Bibel prophezeite Endkampf zwischen Gut und Böse habe bereits begonnen. Schauplatz ist Israel. Entschieden wird er zwischen „wahren Juden“ und „teuflischen Arabern“ – durch einen Atomkrieg. Der hat (noch) nicht stattgefunden. Aber ein Propagandakrieg ist in vollem Gange: Neue Rechte, Rechtskonservative, „antideutsche“ und andere Neokonservative eröffnen mithilfe einiger Noch-Linker eine neue politische Front: „Für die Verteidigung Israels und der Juden“, schallt der Schlachtruf aus der FPÖ, von der Achse des Guten und sogar vom rechten Rand der Linkspartei. „Umma-Sozialisten“ (Islamisten) und Antiimperialisten sind für sie die Nazis von heute. Daher verlaufe die Grenze nicht mehr zwischen rechts und links, oben und unten, sondern zwischen „zivilisiertem Westen“ und „barbarischem Islam“. Muslime, Antikapitalisten, linke Israel-Kritiker, besonders jüdische, und die Friedensbewegung sind die neuen Feinde; Antisemitismus-Vorwürfe die neuen Waffen.

Die kommen mittlerweile so massiv und willkürlich zum Einsatz, dass die französischen Philosophen Alain Badiou und Eric Hazan in ihrer Streitschrift „L’antisémitisme partout“ von einer „neuen Inquisition“ sprechen. Die politischen Koordinaten sind mittlerweile völlig durcheinandergeraten. Badiou und Hazan erwarten sogar, dass „linke Intellektuelle demnächst vom Front National als Antisemiten behandelt werden“.

Eine „neue Front – quer zu den Schlachtordnungen“ müsse sich formieren, forderte der Junge Freiheit-Kolumnist Rolf Stolz vor drei Jahren. Nur sie könne Deutschland als „Land der Menschenrechte, der europäischen Kultur, sozialer Gerechtigkeit und geistiger Freiheit“ erhalten. Zu dieser Zeit hatte sich diese Front längst abgezeichnet. Nach und nach nimmt sie nun politische Konturen an: Die Frontlinie, die Neokonservative, christliche Rechtskonservative, Neue Rechte, „antideutsche“ Ex-Linke, unterstützt von zum Absprung bereiten Noch-Linken, bilden, reicht von Alaska bis Wien – und sie verläuft durch Gummersbach.

Denn sogar in die intellektuelle Provinz der Partei DIE LINKE im Oberbergischen Land ist die Botschaft vorgedrungen: „,Linke Politik‘ heißt nicht ,Säbel rasseln‘ und gegen alles, was nach ,rechts‘ riecht bzw. aussieht, zu opponieren“, lautet der Leitsatz der Gummersbacher LINKEN, der auf der Startseite ihrer Homepage prangt. (1) Schon gar nicht, wenn es vereint gegen Muslime  und Kritiker des grassierenden antiislamischen  Rassismus, wie den Kabarettisten  Hagen Rether („Schlag den Islam!“), geht.  So fühlte sich der LINKEN-Stadtfraktionsgeschäftsführer  Reinhold Spisla berufen, in  einem Schreiben an die Stadt gegen einen  Auftritt des linken Künstlers zu protestieren.  Dieser „argumentiere antisemitisch“,  zitiert die örtliche Presse Spisla, der keine  Beweise für seine Anschuldigungen vorgelegt  hat. (2)

Das ist auch nicht nötig: Der Antisemitismus-  Vorwurf ist die schärfste Multifunktionswaffe  der „neuen Front“. Und er bedarf  in der Regel keiner Begründung. „Den Antisemiten  erkennt man daran, dass er leugnet,  einer zu sein“, sagte 2005 ein Referent des  „antideutschen“ Bündnisses gegen antisemitische  Lehrveranstaltungen an der Universität  Hamburg, nachdem er sich als  „hauptamtlicher Antisemitenjäger“ vorgestellt  hatte.

„Antisemiten“ sind nicht nur Kritiker von  Israels Besatzungspolitik, sondern auch  Gegner des „War on Terror“, von Rassismus  und Kolonialismus, sowieso alle antikapitalistischen  Linken – besonders wenn sie der  eigenen Partei angehören: Laut dem Publizisten  Henryk M. Broder sagt Dietmar  Bartsch, führender Vertreter des rechten  Flügels von DIE LINKE, „ein großer Teil  der Partei sei antisemitisch kontaminiert.  Aber würde er die alle rausschmeißen, bliebe  nur noch ein Gerippe“. (3)

Auch Fußballfans von der linken „Kiezmiliz“,  die den FC Bayern nicht mögen,  sind verdächtig: „Inwiefern der Hass auf  den FC Bayern – bereits von den Nazis als  ‚Judenklub‘ bezeichnet – heute immer noch  antisemitische Züge trägt, warum der FCB  gewissermaßen die USA der Fußball-  Bundesliga ist (und sich auch klassisch antiamerikanische  Ressentiments gegen ihn  entladen)“, erläuterte der Jungle World-  Autor Alexander Feuerherdt auf Einladung  des Hannah Arendt Bildungswerkes. (4)

Signifikant für die größtenteils objektiv  entstandene, teils aktiv geschmiedete „neue  Front“ ist nicht allein eine antiaufklärerische,  die politische Realität vernebelnde  Vergleichs- und Gleichsetzungspraxis (der  sich ab und zu auch linke Israelkritiker bedienen).

Ihr ideologischer Kitt sind auch Begriffsassoziationen,  deren Quintessenz ein manichäisches  Gleichungspaar bilden: Judentum  = Israel = westliche Zivilisation = Kapitalismus  = War on Terror = das Gute und Islam  = arabische Welt = Barbarei = Antikapitalismus  = linke Friedensbewegung = das  Böse. Seine Anwender stehen in ständigem  Wettstreit, wenn es um die originellste  Wort- und Phrasenschöpfung geht, durch  die Nazis mit Linken oder Linke mit Muslimen  oder Nazis mit Muslimen identifiziert  – oder alle drei in einen Topf geworfen werden.  Politically Incorrect (PI), ein antiislamisches  Internet-Portal, das den Republikanern  und der Partei Bibeltreuer Christen nahesteht,  spricht von einer „bolschewistischen  Pest samt ihren Helfern und Muselkolonnen“.  Auf „israelsolidarischen“ Blogs  werden Traditionslinke als „Internationalsozialisten“  bezeichnet, Muslime als „Islamnazis“.

Hauptsache Holocaust

Ob es um die Apologie von Rassismus, Folter  oder Kriege geht – ein zentrales Ideologem  der Allianz für die Zivilisationswahrung  ist die moralische Rückbindung an Auschwitz.  Der Zweierlei Holocaust-Autor  Moshe Zuckermann betont, dass den vorwiegend  jüdischen Opfern die welthistorische  Mission des „Agnus historiae mundi“  (lat.: „Opferlamm der Weltgeschichte“, in  Anlehnung an „Agnus Dei“) objektiv zukäme.  (5)

Dieser nicht zuletzt durch die Gigantomanie  des Verbrechens wahrhaft begründete  Status werde aber nicht nur aufklärerischemanzipativ  rezipiert. Die Shoah werde  auch hemmungslos vereinnahmt und instrumentalisiert.  (6) „Wer sich mit ihrer Legitimationsmacht  und Rhetorik ausrüstet, dem  ist nicht zu widerstehen“, bringt der Historiker  Stefan Mächler das Problem auf den  Punkt.

Die Tatsache ignorierend, dass Auschwitz  ohne einen Eroberungskrieg und militärische  Besatzung nicht möglich gewesen  wäre, zieht die „neue Front“ mit Parolen  wie „Pazifisten sind Mörder!“ in die Propagandaschlacht.  Während des Irak-Krieges  brachten die Antideutschen Kommunisten  Berlin deutschlandweit Aufkleber in Umlauf,  auf denen zu lesen war: „Sir Arthur  Harris did the right thing. Mister Rumsfeld,  proceed with his antifascist mission! Fight  the axis of evil: Berlin – Bagdad.” – genau  wie die Urheber des „War on Terror“ es vorgegeben  hatten: Im Krieg gegen die „Achse  des Bösen“ und Islamisten gebe es nur eine  Wahl: „Sieg oder Holocaust“, schrieben Richard  Perle und David Frum 2003 in ihrem  programmatischen Werk An End to Evil:  How to Win the War on Terror. (7)

Ganz ihrer Meinung ist der Politikwissenschaftler  Matthias Küntzel, ehemaliges Mitglied  des Kommunistischen Bundes, heute  „antideutscher“ Neocon. Er durfte seine  steilen Thesen über „Islamismus und Nationalsozialismus“  ebenso bei der Friedrich-  Ebert-Stiftung vortragen wie beim American  Enterprise Institute – einem 1943 von  US-amerikanischen Unternehmern zum  Zweck der Kommunismusbekämpfung gegründeten  Think-Tank.

Küntzel fand es nicht nur „richtig, den  Iran und den Irak als ,Achse des Bösen‘ zu  denunzieren“. (8) Er meint auch, „etwas mit  Auschwitz Vergleichbares“ könne sich  wiederholen, wenn der „islamistischen Barbarei“  nicht Einhalt geboten werde. (9)  Brandgefährlich sei auch die internationale  Linke und ihr „nazi-kompatibler Anti-Imperialismus“,  weiß Küntzel.

Amerikanische Neocons und  Christian Rights vereint gegen den  „dämonischen Islam“

In der US-amerikanischen Gesellschaft, die  in Teilen vom christlichen Fundamentalismus  durchwirkt ist, bedarf der neokonservative  Ideologietransfer der Anreicherung  durch religiösen Messianismus. Als politisches  Bindeglied zwischen Christian Rights  und säkularen Neocons fungiert seit zwei  Jahren die Tea-Party-Bewegung. Zu den  prominentesten der christlichen Ultrarechten  zählt der populäre Fernsehprediger und  Zionist Pat Robertson. Er hat 1989 die  Christian Coalition of America gegründet,  die sich für eine aktive Einflussnahme fundamentalistischer  Christen auf die Politik  ausspricht. Er steht Jews for Jesus nahe, einem  evangelikalen Missionswerk, das Juden zum Christentum bekehren will. Sein  Leiter David Brickner, der auf Einladung  der Gemeinde von Tea-Party-Ikone Sarah  Palin einen Gottesdienst abgehalten hat,  deutet die Sprengstoffattentate während der  zweiten Intifada gegen israelische Zivilisten  als Gottesurteil gegen alle Juden, die sich  der Konversion zum Christentum verweigern.

Die Verknüpfung von Antisemitismus mit  Zionismus ist in der Vorstellungswelt der  christlichen Rechten möglich, weil sie, wie  beispielsweise in den Schriften des evangelikalen  Pastors und Gründers der Lobby-  Gruppe Christians United for Israel, John  Hagee, nachzulesen ist, zwischen „wahren  Juden“ und „jüdischen Lügnern“ unterscheiden.

Während Letztere in seiner Vorstellungswelt  den Kommunismus oder auch Pornografie  verbreiten, sich für Friedensschlüsse  mit den Palästinensern einsetzen und somit  der „Synagoge des Satans“ angehören,  kommen gute Juden, wie der Rabin-Mörder  Jigal Amir ihrer „heiligen Pflicht am Land“  nach: Sie lehnen jegliche Verständigung mit  den arabischen Nachbarn ab und fordern einen  Krieg gegen den Iran – am liebsten einen  atomaren. Der käme der apokalyptischen  Theologie der christlichen Zionisten  besonders gelegen. Denn das vom „dämonischen  Islam“ bedrohte Israel, in seinen biblischen  Grenzen, ist gemäß ihrer fundamentalistischen  Lehre Schauplatz der Entscheidungsschlacht  zwischen Gut und Böse  (Armageddon).

Seit Beginn der Durchsetzung der neoliberalen  Agenda in den führenden Industrienationen,  die die Administration von Präsident  Ronald Reagan – er prägte 1983 den  Begriff „Reich des Bösen“ für die UdSSR –  eingeleitet hatte, haben christliche Zionisten  erheblich an politischem und ökonomischem  Einfluss gewonnen.

Ethischer Imperialismus

In den neokonservativen Think-Tanks, Strategie-  und Ideologiefabriken wird an einer  säkularen, mit christlichen Endzeit-Visionen  und entsprechender Nomenklatur versetzten  Version des „Sternenbanner-Fundamentalismus“  gearbeitet, wie die US-amerikanische  Sozialwissenschaftlerin Amy Holmes  den ideologischen Überbau für die neuen  imperialistischen Kriege der USA nennt.  Der Soziologe Tobias Bader macht darauf  aufmerksam, dass Bush-Berater und Iran-  Krieg-Verfechter Norman Podhoretz 2002  erstmals offen ausgesprochen habe, was in  neokonservativen Think-Tanks Anfang der  1990er Jahre zur Doktrin entwickelt und  nach 9/11 zu einem kategorischen Imperativ  erhoben wurde: Es sei ein „4. Weltkrieg“  ausgebrochen zwischen der westlichen Zivilisation  unter Führung der USA und dem  militanten Islam. (10) Dabei machte Podhoretz  wenig Hehl daraus, dass es um handfeste  ökonomische und geostrategische Interessen  geht: Im gesamten Nahen und Mittleren  Osten sollen westlich ausgerichtete Demokratien  installiert werden, um neue  Märkte für das US-amerikanische Kapital  zu erschließen.

Außerdem läuft der Countdown, wenn es  darum geht, sich den größtmöglichen Anteil  an der Schlüsselressource Öl zu sichern.  Dafür wurden und werden der Irak und andere  arabische Staaten, aber vor allem Israel  als, wie der Imperialismus-Forscher David  Harvey sagt, „stabile Vorposten amerikanischer  Stellvertretermacht“ genutzt. (11)  Diese „indirekte Herrschaft“ hat sich allerdings  als zu schwach oder als fragil erwiesen,  sodass die USA begonnen haben, auch  wieder auf ihre Stärke, ihre Kriegsmaschinerie,  zu setzen. Harvey macht darauf aufmerksam,  was im Irak geschah, nachdem  Präsident Bush 2003 „mission accomplished!“  verkündet hatte: Vollständige Privatisierung  staatlicher Unternehmen, die  Öffnung der irakischen Banken für ausländische  Kontrollen, nahezu kompletter Abbau  der Handelsbarrieren; gewerkschaftliche  Organisation wurde so gut wie unmöglich  gemacht.

Die militärische Intervention in Libyen  oder auch seine Afghanistan- und Nahost-  Politik zeigen, dass Präsident Obama den  Kurs von George W. Bush nur korrigiert, ihn aber nicht verlassen hat und wohl auch nicht verlassen konnte. In ihrer im Frühjahr  veröffentlichten Studie mit dem Titel Imperialismus  machen die Politikwissenschaftler  Frank Deppe, David Salomon und Ingar  Solty den zunehmenden Verfall der (ökonomischen)  Hegemonie der USA und den  schleichenden Verlust ihrer Legitimation,  jene aufrechtzuerhalten, erheblich für das  anhaltende und tendenziell wachsende Dominanzgebaren  der Weltmacht verantwortlich.  (12)

Um es zu rechtfertigen, greife die amerikanische  Publizistik auf das „Argumentationsarsenal  eines ‚ethischen Imperialismus‘“  zurück, der bereits Ende des 19. Jahrhunderts  vertreten wurde. Der „gute“ Imperialismus  stützt sich auf die Grundsätze der  historischen Aufklärung: „Wenn die begrifflich  postulierte Gleichheit der Menschheit  durch die kulturelle Ungleichheit der Menschen  konterkariert wird, die Zivilisation jedoch  über militärische Machtmittel verfügt,  was wäre dann ein edlerer Gebrauch dieser  Machtmittel, als die Zivilisation zu exportieren  und der menschlichen Gleichheit damit  eine faktische Grundlage zu schaffen?“,  erläutern Deppe, Salomon und Solty sein  Prinzip.

Deutsche Neocons: „Helfen oder Israels Vernichtung zusehen“

Diese Karte des ethischen Imperialismus  spielen Konservative und Neokonservative  in Deutschland. Ihre Mehrheit hat in den  vergangenen Jahren einen verblüffenden  Wandel vollzogen von erzpatriarchalen Feministinnen-  Hassern mit pilgerväterlicher  Sexualmoral zu leidenschaftlichen Fürsprechern  sexueller Freizügigkeit (inklusive  Entschleierung) und der Frauenrechte – in  der islamischen Welt.

Idealtypisch für die moralinsaure Nomenklatur  und Argumentationspraxis der deutschen  Neocons ist ein Ende 2010 in der Tageszeitung  Die Welt veröffentlichter Artikel  von Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender  der Axel Springer AG, der unter dem Titel  Der Westen und das höhnische Lachen der  Islamisten erschienen ist. (13) Darin würdigt  Döpfner das „individualistische Ideal“ der  westlichen Welt. Dass er damit den Neoliberalismus  meint, wird spätestens deutlich,  wenn er dessen satanische Antithese nennt:  Das „kollektivistische Ideal“. Dieses werde  „vor allem vom Islamismus, vom Kommunismus  und Faschismus gepflegt. Es ist heute  vor allem noch im Osten und Mittleren  Osten verbreitet“, weiß Döpfner und lobt die  einzige positive Ausnahme in dieser Region:  Israel. Aber die Existenz des Westens sei  akut bedroht durch den „totalitären Kapitalismus“  Chinas, vor allem aber durch den Islam,  der die „freie Marktwirtschaft, freie Sexualität“  (für Döpfner besteht offenbar eine  direkte Verbindung) verabscheue.

Allein die Israelis seien bisher zu konsequentem  Widerstand bereit: „Das Volk, das  durch den Holocaust beinahe vollständig  vernichtet worden ist“ und dessen endgültige  Auslöschung nun drohe. Dass die Mehrheit  des jüdischen Kollektivs nicht in Israel  lebt und 20 Prozent seiner Staatsbürger Araber  sind, die meisten von ihnen muslimischen  Glaubens, ficht den Springer-Chef  nicht an. Ihm kommt auch nicht der Gedanke,  dass die zweifellos explosive und für  alle Bewohner des Nahen Ostens existenzbedrohende  Lage versäumten Friedensprozessen  und nicht versäumten Kriegen geschuldet  sein könnte. Ihm geht es offenbar  vor allem darum, die nuklear gerüsteten Israel  Defense Forces (IDF), eine der schlagkräftigsten  Armeen der Welt, ideologisch in  die Nähe der wehrlosen Warschauer-Ghetto-  Kämpfer zu rücken: Wir Deutsche hätten  nur eine Wahl, meint Döpfner: „Helfen oder  Israels Vernichtung zusehen.“

Zeichnet maßgeblich Die Welt für die  Verbreitung einer der mitteleuropäischen  politischen Kultur angepassten, also gemäßigten  Version der neokonservativen Agenda  verantwortlich, sind Online-Netzwerke  wie Henryk M. Broders Achse des Guten  oder auch der rechte Flügel der „Antideutschen“  mit ihrem Zentralorgan Bahamas für  die ungefilterte Radau-Fassung zuständig.  Zu den Bahamas-Autoren zählt der von  der Axel-Springer-Stiftung geförderte Politologe Bernd Volkert. Der tingelt mit seinem  Buch Der amerikanische Neokonservatismus  durch die Lande und verhökert  denselben als Notwehr von „Intellektuellen“  gegen angebliche antisemitische und  „antiliberale Tendenzen“ in der Linken seit  der Antivietnamkrieg-Bewegung. Er spricht  über die Besorgnis führender Neocons,  Obama könnte sich weigern, die „Macht der  USA unter der Parole ,Freedom and Democracy‘  weiterhin global einzusetzen“ und  rügt seine anfänglichen „Zurechtweisungen  Israels“. (14) Aber Volkert hat auch gute  Nachrichten. Denn führende US-Neocons  wie Robert Kagan „sehen durch Obama –  freiwillig oder unfreiwillig – zahlreiche  Strategien, die die Bush-Regierung eingeführt  hat, im Großen und Ganzen kontinuierlich  fortgesetzt“.

Neoliberalismus und die Gentrifizierung  des Kapitalismus

Am Beispiel der Tea-Party-Bewegung, die  sich als Reaktion auf die Konjunktur-Pakete  der Regierung während der Finanzkrise  2008 gegründet hatte, werden die ausgeprägten  marktradikalen Ambitionen des  rechten Lagers deutlich. Ihre Ideologie  „sollte den radikalen Abbau wohlfahrtsstaatlicher  Leistungen und den schon vollzogenen  Paradigmenwechsel vom Keynesianismus  (deficit spending) zur angebotsorientierten  Wirtschaftstheorie (supply side  economics) legitimieren helfen“, meint Tobias  Bader.

In ihrer bereits 1997 erschienenen Studie  „Wollt ihr den totalen Markt?“ analysieren  Herbert Schui und andere Ökonomen am  Beispiel Europas, wie die extreme Rechte  (FPÖ, Republikaner u.a.) als Mitdurchsetzer  der neoliberalen Agenda fungieren – vor  allem indem sie als Multiplikatoren von Ablenkungs-  und Verschleierungsideologien  wirken. (15)

Die kapitalistische Zivilisation sei auf die  politisch-moralische Anerkennung durch  die Mehrheit der Bürger angewiesen. Diese  orientierten sich an rationalen Nützlichkeitsprinzipien.  Solange die Eliten als Wahrer  des allgemeinen Wohlstands fungieren,  können sie auf eine breite Basis bauen.  Herrscht aber Massenarbeitslosigkeit, wie  Anfang der 1930er Jahre und in der Gegenwart,  dann schwindet der Rückhalt. Das Kapital  müsste einen Teil seiner Macht an die  Demokratie abtreten. Die von seinen Trägern  gefürchtete „schleichende kalte Sozialisierung“  des Keynesianismus trete ein, die  das Kapital mit allen Mitteln verhindern  will. Als Antidoton wirkte der Neoliberalismus.  Der mache glaubhaft, so Schui und  seine Kollegen, „dass die Nützlichkeit des  Systems gar nicht in wohlstandsschaffenden  Eigenschaften besteht, sondern in anderen  Werten, so besonders der (negativen)  Freiheit“. Der Freiheitsbegriff des Neoliberalismus  trägt stark ausgeprägte, in der Matrix  des auf Wettbewerb und Konkurrenz  bauenden Kapitalismus ohnehin enthaltene  sozialdarwinistische Züge.

So eine Ideologie muss durch nicht direkt  an den Kapitalismus geknüpfte Mächte und  Ideale aufgewertet werden, die „das Wie der  Legitimation“ lieferten und die kapitalistische  Ordnung schützen. Das kann nur funktionieren,  wenn es gelinge durchzusetzen,  dass tradierte, zumindest in der Gesellschaft  verankerte und allgemein akzeptierte Mächte  und Ideale „als Ausdruck des Kapitalismus  interpretiert“ werden – je mehr dies  gelingt, desto „stärker der Glanz, der auf  den Kapitalismus fällt“. Die Überlegenheit  des Kapitalismus – die er für sich in Anspruch  nehmen kann, weil er sich im Ausleseprozess  durchsetzen konnte – und Kultur,  Religion, moralische und politische Werte  wie Freiheit, Demokratie, Emanzipation,  Aufklärung, Zivilisation kommen zu einer  Synthese in der Behauptung der Überlegenheit  „unserer“ Gesellschaft.

Aber nicht alle altbewährten Ideale sind  für die Gentrifizierung des Kapitalismus rekrutierbar.  Der Nationalismus ist mit dem  alle Grenzen und die westliche Hemisphäre  sprengenden globalisierten Turbokapitalismus  samt seinen neoimperialistischen  Ambitionen nicht mehr kompatibel. Für die  eigene Nation spezifische Werte, Sprache,  Volk etc., verblassen und werden durch supranationale Werte wie westliche Zivilisation, Christentum oder Judentum ersetzt.

Neue Rechte: „Wir sind alle Israel“

Diese Entwicklung wurde von vielen Rechtsaußen Europas erkannt. Vor wenigen Jahren waren extreme Rechte Legion, die gegen „die Juden“ hetzten und gegen Israel, das sie als Staat „der Juden“ verteufelten. Der NS-Völkermord wurde geleugnet oder verharmlost, mindestens beschwiegen. Mittlerweile hat ein erheblicher Teil der rechten Ultras von den Neocons gelernt und die früher ungeahnten Möglichkeiten der Instrumentalisierung des Antisemitismus und der Shoah für sich entdeckt. Einige ihrer Führer – darunter auch Ex-Nazis – haben eine 180-Grad-Wende eingeleitet, den stramm nationalistischen Kurs verlassen und sich dem neurechten Kulturkampf verschrieben für den „Außenposten der Freiheit“, wie der Vorsitzende der niederländischen Partij voor de Vrijheid, Geert Wilders, Israel nennt.

Für Wilders ist der sich mit einer Segregationsmauer von der arabischen Nachbarschaft absondernde Staat Israel längst zum ideologischen Wallfahrtsort und Traumschiff geworden. Sein Sonnendeck bietet Raum für allerlei Gedankenspiele: „Ähnlich wie Europa es den Rassisten zufolge tun müsste, indem es sich gegen Einwanderung und seine südlichen Nachbarn abschottet, führe Israel vor, wie man als Wagenburg in einer feindlichen und als ,barbarisch‘ beschriebenen Umgebung überlebe und sich mit harten militärischen Mitteln zur Wehr setzen müsse“, beschreibt der Journalist Bernhard Schmid eine von vielen Projektionen der neuen Israel-Freunde. (16)

Bei seinen zahlreichen Israel-Reisen erweist sich Wilders stets als dankbarer Gast: Er spricht sich öffentlich gegen eine Zwei- Staaten-Lösung und für die Annexion der Westbank aus. Sätze wie der „Konflikt hier im Nahen Osten geht nicht um Land oder Grenzen, sondern um den islamischen Djihad gegen westliche Freiheiten“, die aus Wilders Rede auf Einladung der Hatikva- Partei Ende 2010 stammen, gehen der rechten Regierung Israels runter wie Öl. Noch mehr Wilders Bekenntnis: „Deshalb sind wir alle Israel.“ (17)

Vorläufiger Höhepunkt der Israel-Solidarität europäischer Rechter war die Veröffentlichung einer „Jerusalemer Erklärung“ im Dezember 2010 anlässlich eines gemeinsamen Besuchs einer „Konferenz gegen islamischen Terror“ in Ashkelon durch eine prominent besetzte Delegation: FPÖ- Häuptling Heinz-Christian Strache, Vlaams Belang-Fraktionsvorsitzender Filip Dewinter, Kent Ekeroth von den Schwedendemokraten und René Stadtkewitz von der Partei Die Freiheit. In ihrer Erklärung bekennen sich die Rechten zum bürgerlichen Rechtsstaat und zu den Menschenrechten, um dann zu ihrem Kernanliegen zu kommen: Die Zelebration des „Wertekanons der westlichen Zivilisation“ und der „jüdischchristlichen kulturellen Werte“ und eine Absage an einen „kulturellen Relativismus“ des Islam. (18) Die Delegation besuchte die Knesset, konnte auf der Ehrentribüne Platz nehmen. Später „erschien als Überraschung der israelische Vizepremierminister, Moshe Yaalon, der einen Gruß von Premierminister Netanjahu (Likud) überbrachte“, wurde auf der Freiheit-Homepage stolz vermeldet. „In seiner Rede ließ auch er keinen Zweifel daran, dass Judäa und Samaria ein rechtmäßiger Teil des israelischen Staatsgebietes sind und es bleiben werden.“ (19)

„Antideutsche“: Mit Walter Benjamin für die FPÖ und Geert Wilders

Die dem poplinken autonomen Milieu verbundene Mehrheit der „Antideutschen“ hält kritische Distanz zu Wilders und Konsorten. Schlimmstenfalls goutiert sie deren antiislamischen Rassismus, indem sie einen stillschweigenden Nichtangriffspakt mit ihnen eingeht. Nicht so die von ihren Anhängern heftigst adorierten Gründerväter und bis heute ideologisches Leitlicht dieser ehemals kommunistischen Strömung: die Redaktion der Zeitschrift Bahamas und assoziierte Autoren, zu denen auch der Handlungsreisende in Sachen amerikanischer Neokonservatismus Bernd Volkert gehört. Die sich seit einigen Jahren als „Ideologiekritiker“ und nicht mehr als „Antideutsche“ verstehenden (die Redaktion hält es für nicht tragbar, dass sich Einzelne, die unter diesem Label firmieren, der „Apologie“ des Tuns „migrantischer Schlägerbanden“ und der Kritik des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr schuldig gemacht hätten) „Freunde des amerikanischen Krieges“ (Bahamas über Bahamas) haben in der vergangenen Dekade immer mal wieder einen Flirt mit dem rechten Lager gehabt. Anfang des Jahres haben sie sich offenbar aufgemacht zum neuen Ufer.

Im Januar fand in Leipzig eine von Bahamas und der AG No Tears for Krauts organisierte Veranstaltung unter dem Titel „Gegen den linken Konsens“ statt. (20)

Dort verkündete Sören Pünjer, einer der führenden Köpfe von Bahamas, den neuen Kurs: Steuerbord. „Es ist alles andere als ein Bruch mit ihrer Geschichte, wenn die Linke weltweit sich gegen die Kritiker des Islam stellt und nicht an die Seite derer, die er bedroht“, begründete Pünjer, warum die andere Richtung auszuschließen ist. Linkssein und Israelsolidarität seien nicht miteinander zu vereinbaren, die Linken „notorische Feinde des jüdischen Staates“, stellte Pünjer fest. Und dann zeigt er seiner Klientel den Silberstreif am „antideutschen“ Horizont: „Umso erstaunlicher und begrüßenswerter ist es, was auf der rechten Seite passiert.“
Dort hätte es einen gewaltigen Fortschritt gegeben. „Die Pro-Israel-Haltung, die sich dort breitmacht, könnte nicht nur einer Rechten, wie wir sie kannten, das Ende bereiten. Zugleich ist sie es, um es mit Walter Benjamin zu sagen, die sich offensichtlich einer Erinnerung bemächtigt, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt. Denn im Gegensatz zur Linken scheint sie im Kampf gegen die neue Gefahr an der Seite Israels in erster Linie auf die Verteidigung der Freiheit des Einzelnen, und nicht wie die Linke auf das Völkerrecht, also auf das Kollektiv zu setzen“, freut sich Pünjer. „Dieser Unterschied ums Ganze lässt sich in der Jerusalemer Erklärung nachlesen.“

Bereits im vergangenen Jahr warb Pünjer um Sympathie für das militante Fußvolk der Neuen Rechten, die bevorzugt Muslime schlagende Verbindung English Defense League (EDL): eine aus Fascho-Hooligan- Netzwerken und dem Umfeld der British National Party entstandene Bewegung, deren Mitglieder sich als Wahrer der westlichen Zivilisation auserkoren fühlen und auf ihren Demonstrationen das Sankt-Georgs- Kreuz (das Symbol der Kreuzzüge) und Israel-Fahnen mitführen. Die EDL handele doch „im Geiste Winston Churchills“, wirbt Pünjer um Verständnis für die „Patrioten“ und findet die britische Antifa, welche die EDL u.a. als „Hetzer“ bezeichnet hat, „einfach nur böswillig“. (21)

Neusprech – das Wort „Kapitalismus“ durch das Wort „Jude“ ersetzen

Einer „neuen Front“ antiemanzipativer Kräfte, alter und Neuer Rechter, „antideutscher“ und anderer Neokonservativer ist es in Teilen gelungen, die Definitionsmacht über wesentlich die Matrix der politischen Kultur der westlichen Gesellschaften bildende Begriffe – wie Freiheit, Zivilisation, Frieden – in den öffentlichen Debatten zu erlangen. Das ist  nur durch die dramatischen ökonomischen und geopolitischen Umwälzungen seit dem Zusammenbruch des real-existierenden Sozialismus möglich.

Die totalitären Züge, die der Kapitalismus angenommen hat, zeitigen totalitäre Ideologien, zu deren Werkzeugen ein totalitäres Neusprech gehört. Eines seiner hervorstechendsten Merkmale ist die Verkehrung der Bedeutung von Begriffen in ihr Gegenteil: Die „Hegemonie ultrarechter Neocons“ strebe nach einem politischen Diskurs, der die Gesellschaft dazu nötige, „das Wort ,Demokratie‘ zum Schlagwort für Terror, Folter und massive Beschneidung individueller und kollektiver Rechte verkommen zu lassen“, sagt die US-amerikanische Marxistin und Bürgerrechtlerin Angela Davis. Um dieses rechte Neusprech wirklich zu verstehen, müsse das Wort „Demokratie“ durch „Kapitalismus“ ersetzt werden, meint Davis. „Dann ergibt es viel mehr Sinn.“

Noch mehr Sinn ergibt es andersherum aus der Perspektive der neokonservativen Ideologieproduzenten, das Wort „Kapitalismus“ durch das Wort „Jude“ zu ersetzen. Antisemitismus-Vorwürfe werden immer häufiger erhoben, wenn die vermeintlichen Opfer des Judenhasses gar keine Juden sind – bevorzugt, wenn es sich um ökonomisch Privilegierte handelt.

Der an der Bundeswehr-Universität in München lehrende Historiker Michael Wolffsohn kann keinen nennenswerten Unterschied erkennen zwischen Sozialdemokraten, die Kapitalisten als „Heuschrecken“ schmähen, und Nazis, die „Judenschweine“ rufen. Für die Redaktion der Zeitung Straßen aus Zucker, an der sich Lightversionen des Antideutschtums vertretende Gruppen wie Junge Linke beteiligen, ist der Beweis für „Antisemitismus in der Linken“ bereits erbracht, wenn die „negativen Auswirkungen der Globalisierung z. B. (nicht nur da) als eine Verschwörung von ,bösen Kapitalisten‘ und ,imperialistischen Politikern‘ gesehen“ werden. (22)

Derart stattliche Projektionsleistungen werfen die Frage auf, welche Klischees von Juden sich in der Vorstellungswelt der Urheber solcher Antisemitismus-Vorwürfe verfestigt haben und welche Absichten sie verfolgen: Denn sie greifen nicht etwa ein antisemitisches Vorurteil auf, um es zu entlarven und unschädlich zu machen – sie greifen es auf, um es zu pflegen und als Instrument der Legitimation des Kapitalismus einzusetzen: Sie unterstellen der im Vorurteil enthaltenen falschen Behauptung „Juden = Kapitalisten“ in ihren „Analysen“ einen Wahrheitsgehalt.

Der Autor Ulrich Enderwitz spricht von einem „entscheidenden Tabubruch“, den diese vermeintlichen Anti-Antisemiten begehen: Indem sie „das Spiel des Antisemitismus mitspielen, ihm die Wahl der Waffen überlassen, auf seinem eigenen Grund und Boden gegen ihn antreten, dem bösen Juden, den er als Popanz, hinter dem sich die wirklichen Konflikte verbergen lassen, hochhält, den guten Juden, der den Popanz aus dem Feld schlagen soll, entgegensetzen, verstricken sie sich in das antisemitische Wahnsystem und verraten zugleich die Opfer des faschistischen Antisemitismus.“ (23)

Kritische Juden zum Schweigen bringen

Für diesen Verrat steht die „neue Front“ in Europa. Wo Juden nicht als Individuen (an)erkannt, sondern nur noch Chiffre, Abstraktion – „Kapitalist“, „Zionist“ – sind, ist das Armageddon der Christian Rights mit ihren „wahren Juden“ und „jüdischen Lügnern“ nicht weit.

Juden, die sich nicht ins Prokrustesbett der „bedingungslosen Solidarität mit Israel und seiner Schutzmacht USA“ pressen lassen wollen und sich einer Konversion zum Zionismus verweigern, hintertreiben nicht nur die Ideologieproduktion für westlichen Neoimperialismus. Da Juden mit ihrer Verfolgungsgeschichte mittlerweile als ein Hauptargument für den Kapitalismus herhalten müssen, verfügen jene, die durch abweichendes, gar oppositionelles Verhalten auffallen, über Potentiale, das gesamte Ideologiegebäude der „neuen Front“ zum Einsturz zu bringen. Folglich müssen jüdische Linke zumindest mit Diffamierungen, manchmal auch Drohungen rechnen – allemal mit Antisemitismus-Vorwürfen zu disziplinieren und zum Schweigen zu bringen“, sagt der Soziologe Michal Bodemann. Heute „wird unter jedem Stein nach Antisemiten gesucht wie einst in den USA der Fünfzigerjahre unter McCarthy nach Kommunisten“.

Zu den gründlichsten Suchern gehören zweifellos die deutschen: Hermann Gremliza, der den Begriff „Shoah“ (hebr.: „Katastrophe“) gern verwendet – offenbar ohne seine Bedeutung zu kennen –, lässt die Redaktion seiner „antideutschen“ Zeitschrift konkret Moshe Zuckermann, Gegner von Israels Besatzungspolitik, beschuldigen, dieser habe „Auschwitz relativiert“, indem er es als „Katastrophe“ bezeichnet habe. (24)

Nicht nur das: Zuckermann „nimmt den Antisemiten die Arbeit ab“, so konkret. (25) Wer sonst sollte verantwortlich sein für den Antisemitismus, wenn nicht israelische Juden, die ihre Regierung kritisieren?

Von dem Denunzianten-Netzwerk Israel- Academia-Monitor wurde Anfang des Jahres ein Schreiben an den Dekan von Zuckermanns Fakultät veröffentlicht, das von Clemens Heni verfasst wurde – dem pflichteifrigsten Melder von jüdischen Verstößen gegen die Gebote der Israel-Solidarität: „Zuckermann hat den deutschen Antisemitismus sehr unterstützt“, indem er für die junge Welt, eine „ehemalige Tageszeitung der DDR“ schreibe, die nicht nur ein „Feind des jüdischen Staates“, sondern auch für den „Jihad“ und „antiwestlich“ sei, berichtete der „Experte für deutschen Antisemitismus und Antizionismus, inklusive der Arbeit von Prof. Moshe Zuckermann“, wie Heni sich nennt. (26)

Henis ausgeprägter Jagdtrieb hat sogar potenzielle Verbündete aus dem proisraelischen Lager nachdenklich gestimmt: Mit Freunden wie Heni bräuchten all diejenigen, die den real existierenden Antisemitismus bekämpften, keine Feinde mehr, schrieb der Journalist Alan Posener auf der Achse des Guten, bevor Henryk M. Broder ihn geschasst hat. „Was der Arier mit dem übergroßen Antisemitenriecher da überkompensiert, will man gar nicht erst wissen.“ (27)

Anmerkungen:
(1) http://dielinkeoberberg.de/gummersbach/index.php
(2) http://www.oberberg-aktuell.de/index.php?id=144&tx_ttnews[tt_news]=118305
(3) http://www.aufmacher.com/?p=258
(4) http://www.antifa3d.de/archiv/feuerherdt.htm
(5) Moshe Zuckermann, Zweierlei Holocaust. Der Holocaust in den politischen Kulturen Israels und Deutschlands, Göttingen 1999, S. 176
(6) s. Moshe Zuckermann, „Antisemit!“ Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument, Wien 2010
(7) http://www.johnreilly.info/aete.htm
(8) http://www.matthiaskuentzel.de/contents/mit-den-usa-gegen-antisemitismus
(9) http://www.dradio.de/dlf/sendungen/politischeliteratur/131678/
(10) http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/USA/neocons.html
(11) s. David Harvey, Der neue Imperialismus, Hamburg 2005
(12) http://www.jungewelt.de/2011/03-10/005.php
(13) http://www.welt.de/debatte/article11148187/Der-Westen-und-das-hoehnische-Lachen-der-Islamisten.html
(14) http://hamburg.blogsport.de/2009/10/02/obamaein-weltfremder-utopist/
(15) s. Herbert Schui/Ralf Ptak/Stephanie Blankenburg/Günter Bachmann/Dirk Kotzur, Wollt ihr den totalen Markt? Der Neoliberalismus und die extreme Rechte, München 1997
(16) http://www.trend.infopartisan.net/trd1210/t371210.html
(17) http://www.haolam.de/?site=artikeldetail&id=3789
(18) http://www.diefreiheit.org/politik/jerusalemererklarung/
(19) http://www.diefreiheit.org/gush-kativ-museumviele-gesprache-und-ein-grus-von-netanjahu/
(20) http://www.redaktion-bahamas.org/aktuell/110121 leipzig-dokumentation.html#idTextAuswahl
(21) http://redaktion-bahamas.org/auswahl/web59-2.html
(22) http://strassenauszucker.blogsport.de/2010/05/13/die-sind-schuld/
(23) Ulrich Enderwitz, Konsum, Terror und Gesellschaftskritik. Eine Tour d’horizon, Münster 2005, S. 123f.
(24) http://www.konkret-verlage.de/kvv/an.php?jahr=2011&mon=04
(25) http://www.konkret-verlage.de/kvv/von.php?jahr=2010&mon=12
(26) http://israel-academia-monitor.com/index.php?type=large_advic&advice_id=8012&page_data[id]=176&cookie_lang=en
(27) http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/stotternde_stalinisten/


Foto: Israelische Sperranlage als Mauer bei Jerusalem / Von Ralf Roletschek – Eigenes Werk, GFDL 1.2, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48688833