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Potsdamer Friko gegen Ausstellung der Bundeswehr in der Garnisonkirche

Im Jahre 1735 ließ der preußische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. ein Monument für sein Militär errichten. Die Garnisonkirche in Potsdam wurde das geistliche Zentrum des preußischen Militarismus und damit Ausgangsort aller preußischen Kriege, an dem tausende Soldaten ihren Segen erhielten.

Am 21. März 1933 reichten sich in der Garnisonkirche der Reichspräsident Paul von Hindenburg und der neu ernannte Reichskanzler Adolf Hitler die Hand. An diesem sogenannten „Tag von Potsdam“ vermählte sich das militaristische Preußen mit dem aufstrebenden deutschen Faschismus.

1945 ereilte die Kirche das Schicksal ihrer Botschaft. Sie wurde während eines Bombenangriffes in Trümmer gelegt. [1]

Seit dem Anschluss der DDR an die Bundesrepublik gibt es Bestrebungen, diesem militaristischen Symbol erneut Leben einzuhauchen. Trotz des Widerstandes u.a. der Bürgerinitiative „Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“ und der kirchlichen bundesweiten Initiative „Christen brauchen keine Garnisonkirche“ schreitet der Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche inzwischen voran und wird mit Millionen Euro aus Steuergeldern gefördert.

Nun hat auch noch die Bundeswehr für die im neuen Garnisonkirchturm geplante Ausstellung 350.000 Euro Fördermittel reserviert.

Die Dauerausstellung solle nach bisherigen Planungen zentrale historische Themen „im Beziehungsdreieck Kirche, Militär und Staat in Deutschland“ aufnehmen, zitierte die Märkische Allgemeine Zeitung[2] eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums. Ziel der Ausstellung auf einer Fläche von 300 Quadratmetern sei, zur Beschäftigung mit der Geschichte des historischen Ortes anzuregen. Aus Ministeriumskreisen hieß es gegenüber den Potsdamer Neuesten Nachrichten[3], es werde in der Ausstellung aber auch um die Arbeit der Militärseelsorge gehen. Diese soll als eigenständiger Bereich der Bundeswehr zur seelsorgerischen Betreuung von Soldaten und ihrer Familien beitragen, etwa bei Auslandseinsätzen.

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Norbert Müller, der den Haushaltstitel im Verteidigungsetat öffentlich gemacht hatte, sprach von einer „Salami-Taktik“ für das „militaristische Projekt“. Von Jahr zu Jahr werde frisches Geld in die „chronisch klamme Stiftung geblasen“. Wenn nun noch die Ausstellung aus dem Wehretat finanziert werde, zeige das deutlich, „wessen Geistes Kind dieser Bau ist.“[4]

Die „Potsdamer Friedenskoordination gegen Militarismus, Nationalismus, Rassismus und Krieg“, in der auch der Brandenburgische Freidenker-Verband mitwirkt, hat zu den Plänen der Bundeswehr nachfolgende Presseerklärung verfasst.


Potsdam, 08.10.2020

Friedenskoordination Potsdam
gegen Militarismus, Nationalismus, Rassismus und Krieg

 

 

Pressemitteilung zur Finanzierung der Dauerausstellung im Turm der Potsdamer Garnisonkirche durch die Bundeswehr

In der letzten Woche war der lokalen Presse (Märkische Allgemeine Zeitung, Potsdamer Neueste Nachrichten) zu entnehmen, dass sich die Bundeswehr erneut finanziell in das umstrittene Projekt zum Wiederaufbau der Potsdamer Hof- und Garnisonkirche einmischt.

Dabei soll die neue Dauerausstellung im Turm der im Wiederaufbau befindlichen einstigen Militärkirche mit 350.000 Euro aus dem Wehretat des Bundesverteidigungsministeriums – und somit der Bundeswehr – finanziert werden.

Dieses steht im klaren Gegensatz zu den mehrfach geäußerten Versprechungen und Beteuerungen der Wiederaufbaustiftung, die Garnisonkirche werde einerseits nur aus freiwilligen Spendengeldern wiedererrichtet, und die Geschichte des Bauwerks werde andererseits neutral, umfassend und vorurteilsfrei aufgearbeitet.

Mit einer Finanzierung durch das Militär sehen die Mitglieder der Friedenskoordination Potsdam und andere friedenspolitisch Engagierte in der Landeshauptstadt Potsdam die Grenze der Neutralität erneut weit überschritten.

In den letzten Jahren haben sich immer wieder hochrangige Militärs für den Wiederaufbau der Garnisonkirche stark gemacht, ob Max Klaar (Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel), Burkhard Franck (Militärgeschichtliches Forschungsamt der Bundeswehr) oder der ehemalige Bundeswehrgeneral und brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU).

Bisher haben sich weder die Stiftung zum Wiederaufbau der Garnisonkirche, noch die Befürworter des Wiederaufbauprojektes einer umfassenden, vorurteilsfreien und vor allem neutralen Aufarbeitung der Geschichte der ehemaligen Hof- und Garnisonkirche gestellt.

Stattdessen wird, wie in den Jahrhunderten zuvor, erneut der enge Schulterschluss mit dem Militär gesucht.

Wir fordern:

  • Keine weiteren öffentlichen Mittel zur Finanzierung des Wiederaufbaus und der Dauerausstellung der Potsdamer Garnisonkirche
  • Offenlegung aller bisherigen und künftigen finanziellen Mittel und Zuwendungen
  • Umfassende und vorurteilsfreie Aufarbeitung der Geschichte der ehemaligen Potsdamer Hof- und Garnisonkirche durch eine neutrale Kommission aus Historikern, Friedensinitiativen, der Evangelischen Kirche und der Stadt Potsdam

 Die Presserklärung als PDF-Dokument lesen oder Herunterladen (ca. 28 KB)


Quellen

[1] Formulierungen in Anlehnung an den „Widerruf von Potsdam“ der Bürgerinitiative „Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“ (2012): https://ohnegarnisonkirche.wordpress.com/argumente-material/der-widerruf-von-potsdam/

[2] https://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam/Potsdam-Bundeswehr-foerdert-Garnisonkirche (nur mit Abo lesbar)

[3] https://www.pnn.de/potsdam/unterstuetzung-fuer-garnisonkirche-bundeswehr-will-ausstellung-im-neuen-turm-foerdern/26234912.html

[4] ebenda

Einleitungstext: Ralf Lux


Bild oben: „Tag von Potsdam“ 1933 – Reichskanzler Adolf Hitler verneigt sich vor Reichspräsident Paul von Hindenburg und gibt ihm die Hand.
Foto: Bundesarchiv, Bild 183-S38324 / CC-BY-SA 3.0
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5369386