Frieden - Antifaschismus - Solidarität

Roland-Vogt-Friedenspreis für Konni Schmidt

Verleihung des Roland-Vogt-Friedenspreises der Kampagne Stopp Air Base Ramstein an Konni Schmidt

Die Kampagne „Stopp Air Base Ramstein“ hat am 12.09.2020 den ersten „Roland-Vogt-Friedenspreis“ an den langjährigen Friedensaktivisten Konni Schmidt aus Kaiserslautern vergeben. Die Feierstunde fand in der Apostelkirche Kaiserslautern statt, unter den rund 100 Gästen war auch ein gutes Dutzend Freidenker. Der Freidenkerverband war mit einem Infostand vor der Apostelkirche vertreten, Klaus Hartmann gratulierte Konni, mit dem er seit Gründung im Koordinierungskreis der Kampagne zusammenarbeitet, herzlich zur Verleihung des Friedenspreises.

Roland Vogt (1941-2018), „lebenslang“ Pazifist und Friedensaktivist, war u.a. mit Petra Kelly Gründungsmitglied der Partei „Die Grünen“ und 1983-85 Abgeordneter im Deutschen Bundestag. 1994 wurde er Referatsleiter für Konversion im Wirtschaftsministerium Brandenburg und 2015 Mitbegründer der Kampagne „Stopp Air Base Ramstein“. Der Preis, der mit Zustimmung der Familie Vogt den Namen „Roland-Vogt-Friedenspreis der Kampagne Stopp Air Base Ramstein“ tragen darf, wird von einer Jury vergeben, der auch die Tochter von Roland Vogt angehört, ist mit 3000 Euro dotiert.

Reiner Braun, „Urgestein“ der Friedensbewegung, bei der Verleihung des Roland-Vogt-Friedenspreises
Reiner Braun, „Urgestein“ der Friedensbewegung, bei der Verleihung des Roland-Vogt-Friedenspreises

 

Wir dokumentieren nachfolgend die Rede von Konni Schmidt, mit der er sich für die Auszeichnung bedankte.

Liebe Familie, liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

zunächst mal möchte ich mich bei Euch allen sehr, sehr herzlichen bedanken, dass Ihr hierher gekommen seid, und dass Ihr so viele Aktionen, so viele Schritte gemeinsam mit mir gegangen seid.

Als ich vor eineinhalb Jahren erfahren habe, dass ich vielleicht nur noch ganz kurz zu leben habe, da war es die Reaktion meiner Familie, meiner Schwester, meines Bruders, meiner Kinder, die mich wieder aus dem großen tiefen schwarzen Loch herausgeholt haben. Dass ich heute noch leben würde, hatte ich damals für vollkommen unmöglich gehalten. Es war ein vietnamesischer Arzt, der mich zwei Mal dem Tod von der Schippe geholt hat, und im Kopf operiert hat, nachdem zwei andere Kliniken gesagt haben: „Nein, das ist nicht möglich. Sie werden hinterher halbseitig gelähmt sein, mindestens, oder noch Schlimmeres.“ Er hat es geschafft, und daran möchte ich jetzt auch einmal erinnern.

Immerhin war der Anfang, dass ich nach Saarbrücken kam als Erstsemester, und als Allererstes auf eine Demo gegangen bin gegen den Vietnam-Krieg – und das hat dann niemals aufgehört. Der Roland Vogt war für mich ein Freund und ein Orientierungspunkt in der Gründungsphase der Initiative „Stopp Air Base Ramstein“. Das war nicht ganz so unkompliziert. Es gab ja viele, die uns ganz böse angegangen sind, und die Partei von Roland Vogt war ja auch nicht unbedingt die Friedenspartei, aber der Roland war für mich ein totales Phänomen und großes Vorbild. Wir sind nach jeder Sitzung der Initiative „Stopp Air Base Ramstein“ im St. Martin am Martinsplatz noch einen Rotwein trinken gegangen und haben uns wirklich tief angefreundet.

Konni Schmidt bei seiner Dankesrede
Konni Schmidt bei seiner Dankesrede

Bestimmt war es auch dieser Preis und die damit verbundene Anerkennung, die mir über eine sehr schwierige Phase meines Lebens hinweggeholfen hat. Die vielen E-Mails, die ich bekommen habe, Briefe, Telefonate usw. haben mir ebenfalls sehr viel Kraft gegeben, die lange Kette von Operationen, Therapien zu überstehen. Dafür Euch allen Dank! Es würde mir ja jetzt auf der Zunge liegen, ganz vielen Menschen, die ich hier sehe, persönlich zu danken, aber das würde ja ewig dauern.

Ich möchte euch nur auf Folgendes hinweisen: Meine Tochter, die hier gerade am Fotografieren ist, hat mir ganz spontan eine halbe, dreiviertel Stunde im Stehen zugehört, und ich sagte: „Setz Doch doch hin!“, aber sie: „Nein, nein, das ist alles so spannend“, und dann haben wir uns darauf verständigt, dass ich das eigentlich mal öfter machen sollte. Und ich möchte Euch gerne einladen, am nächsten Dienstag, das ist der 15. September 2020, da treffen wir uns bei mir, in meinem Wohnzimmer, zu einem „Friedens-Erzählcafé“. Weil es eben besonders schade ist, wenn ein Mensch stirbt, dass seine ganzen Erfahrungen und sein ganzes Wissen verloren gehen. Ich bin dankbar für diese eineinhalb Jahre, die mir doch noch gegönnt wurden, um ein bisschen von dem an andere weiterzugeben. Ich bin dabei, ein Buch zusammenzustellen, mit Beiträgen, Reden, meiner Diplomarbeit, die auch keineswegs unpolitisch war. Der Professor, der sie betreut hat – er ist schon weit über 80 – hat mir gerade vorgestern noch einmal seinen Respekt ausgedrückt.

Ein Zitat: „Ich weiß nicht, ob meine Teilnahme an so vielen Versammlungen, Demonstrationen und Kundgebungen für uns einen Unterschied gemacht hat, aber sie hat eines bewirkt: Das Zusammentreffen mit wunderbaren Menschen, die mich oft mein ganzes Leben begleitet haben“. Das hat Pete Seeger gesagt, und er hat mir damit dermaßen aus der Seele gesprochen.

Ich bin nicht weit von hier geboren, in Miesenbach im Schulhaus, heute Ortsteil von Ramstein-Miesenbach, keine 2 km entfernt von der Rollbahn der größten Militäranlage der Welt außerhalb der USA, der US Air Base Ramstein. Die Ramsteiner sagen noch heute etwas sehr verniedlichend: „Der Flugplatz“.

Es gibt ein Buch, vor ca. 100 Jahren geschrieben, „Die Pälzisch Weltgeschicht“. Darin hat ein Pfälzer namens Paul Münch die Weltgeschichte auf pfälzisch umgeschrieben:

„Ich han emol e Buch geläs,
des war e kollosaler Kees.
des hieß ‚de bello gallico‘
un dodrin schreibt de Caesar jo,
er hätt des pälzisch Heer bezwung
un wär dann bei uns ingedrung.“

In diesem Buch beschreibt Paul Münch, die Weltachs, die steht selbstverständlich in de Palz, die steht bei Waldleiningen, und die Pälzer müssen die Weltachs „schmeere“, uff Deutsch: ölen. Damit die Welt sich immer weiterdreht und nicht stehenbleibt. Und danach sagt er: das Paradies – selbstverständlich war das hier in de Palz. Und da kann ich nur sagen, da hat er Recht! Der Pfälzerwald, heute „Biosphärenreservat Pfälzer Wald/Nordvogesen“, ja, das war ein Paradies!.

Ich habe dieses Paradies Pfälzer Wald als Kind ungeheuer genossen. Vielleicht würde ich gar nicht mehr leben ohne den Pfälzer Wald. Ich hatte eine chronische Bronchitis, ich war ständig krank, und dann hat meine Mutter gesagte: „Opa, geh‘ mit dem Konrad in den Wald, damit’s ihm wieder besser geht.“ Und dann ging es mir besser.

Und dann frag ich mal: Warum, warum macht ihr mein Paradies kaputt? Warum verteilt ihr jedes Jahr hunderte Tonnen hochgiftigen Treibstoff über unseren Köpfen?. Wenn es ja noch Kerosin wäre, das ist auch nicht ganz ungefährlich. Aber es ist „JP8“, das ist einhochgiftiger NATO-Treibstoff. Wer einmal ein Foto gesehen hat von einem Tankwart, der die Flugzeuge mit „JP8“ betankt, der ist eingehüllt in eine komplette Plastikhaut, einem Ganzkörper-Gummianzug mit Sauerstoff-Beatmung, er atmet aus einer Sauerstoffflasche, weil er das sonst nicht überleben würde, wer das gesehen hat, der glaubt nicht mehr an die Beruhigungserklärungen der Medien.

Ich kann ja nicht beweisen, woher meine 3 Tumore kamen, aber ganz so weit hergeholt ist der Zusammenhang wohl nicht. Jedenfalls ist die Krebsrate in unserer Region deutlich erhöht. Und der Lärm!! Gebt mir mein Paradies zurück!

Die SAGA, die Studentische Arbeitsgemeinschaft Astronomie (ich bin nebenher auch noch Hobby-Astronom), fordert das „Sternenparadies Pfälzer Wald“. Aber da gibt es ein Hindernis: Die Tag- und Nachtbeleuchtung der Air Base. Kostet ja nix! Den Strom bezahlt der Konni Schmidt mit seiner Stromrechnung, den bezahlen nicht die Amis.

Weiß jemand von euch noch, was ein Glühwürmchen ist?  Ja, wir wissen das. Wenn Du in der Dämmerung in den Pfälzer Wald gegangen bist, wir Kinder hatten teilweise sogar Angst davor gehabt. Wo sehen wir heute noch Glühwürmchen? Wann hab ich zum letzten Mal welche gesehen? Sterben die aus? Ja! Warum ist das so? Die Glühwürmchen erkennen sich gegenseitig für die Paarung durch ihr Licht. Dieses winzige Licht wird aber heute durch die Lichtverschmutzung der Air Base völlig überstrahlt.

Die Air Base Ramstein ist, was die Lichtverschmutzung angeht, schlimmer als der Ballungsraum Ludwigshafen/Mannheim, als Saarbrücken, als Straßburg – all die hellen Orte, die uns als Astronomen gar nicht so gut gefallen, aber das Allerschlimmste, der größte Lichtverschmutzer des gesamten Südens unserer Republik, ist die Air Base Ramstein.

„Gebt uns unsere Nacht zurück!
Gebt uns unsere Sterne zurück!
Gebt uns unsere Glühwürmchen zurück!“

In meinen Kindertagen bin ich mit meinem Opa viel durch den Pfälzer Wald gewandert. An der Waschmühle, die Pfälzer kennen das alle, das ist eines der größten Freibäder in der Region, stand ein Brückenpfeiler der (noch unfertigen) Autobahn (heute die A6.) „Opa was ist hinter dieser Tür?“ (In dem Brückenpfeiler war eine Stahltür.) „Das, das ist eine Sprengkammer.“ „Was ist eine Sprengkammer?“ – „Da macht man Pulver rein und sprengt die Brücke in die Luft.“ – „Warum bauen wir für unsere Feinde eine Sprengkammer in unsere Brücke, damit die unsere Brücke in die Luft sprengen können?“ – „Nicht die Feinde, wir sprengen die Brücke in die Luft.“ Ich habe nicht mehr weitergefragt. Wie kann das sein, dass wir eine Brücke bauen, und bei der Brücke schon die Sprengkammer einbauen, um unsere eigene Heimat selbst zu zerstören? Ich habe es nicht verstanden. Ich verstehe es auch heute nicht. Ich will es nicht verstehen. Warum bereiten wir selbst die Zerstörung unserer Brücken, Gebäude, unserer ganzen Region, unseres Paradieses vor?

Und dann möchte ich sagen: was ist die Sprengung einer Brücke gegen das, was wir im Moment vorbereiten? Was für eine Katastrophe wird es werden, wenn die Zerstörung, die wir jetzt gerade vorbereiten, in die Tat umgesetzt wird? Einen Atomkrieg wird niemand, der hier in diesem Raum sitzt, überleben. Eine einzige Atombombe, wie sie in Büchel lagern, hat die 20-fache Sprengkraft einer Hiroshima-Bombe. Eine halbe Stunde nach dem Beginn eines großen Krieges in Europa lebt von uns niemand mehr. Wir steuern mit einer Geschwindigkeit darauf zu. Mit der Erhöhung der Rüstungsausgaben auf 50 Mrd.€, bald sollen es dann 70 Mrd. werden, soll sich die BRD an den Kriegsvorbereitungen beteiligen? Wofür? Gegen welchen Feind?

Ich bin nun seit über 50 Jahren in der Friedensbewegung, aber so brenzlig wie heute war es noch nie. Wenn wir heute Filme sehen, wie knapp das war 1982, als ein einziger russischer Oberstleutnant gesagt hat: „Nein, das kann nicht sein, das glaube ich nicht. Wenn die Amis uns überfallen, dann schicken die uns nicht eine oder zwei Raketen, sondern dann schicken die uns tausend.“ Und er hatte Recht gehabt. Aber er hat gegen seinen Befehl verstoßen, er hätte die Atomrakete starten müssen, und er hat es nicht getan. Stanislaw Petrow ist vor drei Jahren gestorben.

Im Nachlass meiner Mutter habe ich ein Buch gefunden, ihr Lesebuch für die 2. Volksschulklasse. Ich habeetwas darin geblättert, und dort wird uns bzw. den 7-8-Jährigen ausführlich erklärt, warum Frankreich unser „Erbfeind“ ist.

Wir sind so oft von Paris aus gestartet, mit der Friedens-Radfahrt Paris-Moskau, und immer haben Franzosen uns geholfen, diese Tour zu organisieren oder sind zum Teil ganz mitgefahren. Heute ist Frankreich ein befreundetes Land. Also: Gegen wen rüsten wir? In den letzten Jahren haben wir die Rüstungsausgaben von 30 Milliarden auf 50 Milliarden Euro erhöht. Wofür? Laut Internationalem Gerichtshof ist der Einsatz von Atombomben menschenrechtswidrig, und auch die Vorbereitung eines Atomkrieges ist menschenrechtswidrig.

Wer ist unser Feind? Ein Blick in die Zeitungen oder die Nachrichten genügt, dann wisst Ihr es ganz schnell: Heute geht es nicht mehr gegen den Erbfeind Frankreich, Russland ist der neue Erbfeind!

Wer muss sich vor wem fürchten? Die deutschen Armeen haben vor 75 Jahren die Sowjetunion überfallen und 27 Millionen Menschen umgebracht. Wer muss sich vor wem fürchten? Wir werden im nächsten Jahr die Rüstungsausgaben des riesigen Landes, des größten Flächenlandes der Welt, überschreiten. Diese kleine Mini-Bundesrepublik! Schaut mal auf einen Globus, wie groß wir sind, und wie groß Russland ist. Aber wir müssen mehr für Rüstung ausgeben als dieses riesige Russland. Und dieses riesige Russland müssen wir dann auch noch verleumden, und Dinge behaupten, die alle erfunden, erstunken und erlogen sind.

Bike for Peace ist fünfmal mal von Paris nach Moskau mit dem Fahrrad gefahren, um gegen diesen Wahnsinn zu demonstrieren. Wir hatten immer in unserem Flugblatt ein Zitat von Albert Einstein: „Was für eine Welt könnten wir bauen, wenn wir die Kräfte, die ein Krieg entfesselt, für den Aufbau einsetzten. Ein Zehntel der Energien, ein Bruchteil des Geldes wäre ausreichend, um den Menschen aller Länder zu einem menschenwürdigen Leben zu verhelfen und die Katastrophe der Arbeitslosigkeit zu verhindern.“ (1932)

Die französische Friedensbewegung hat vor 15 Jahren eine Grafik herausgegeben, es ist der Vergleich der weltweiten Rüstungsausgaben mit den notwendigen Sozialausgaben gegen Armut, Hunger, Krankheiten, Wohnungsnot, verseuchtes Wasser, Bildungsnotstand usw. Die UNO hat in den 90er Jahren die Beseitigung dieser schreienden Ungerechtigkeit als Milleniumsziele formuliert.

In blau eingefärbt sehen wir die weltweiten Ausgaben für Rüstung (2003), in dem kleinen unteren Abschnitt stehen die Kosten zur Erreichung der Milleniumsziele. All das könnten wir mit einem Sechstel der Rüstungsausgaben lösen. Ja sind wir denn wahnsinnig? Warum tun wir das nicht? Was soll denn mit einer Waffe, gar einer Massenvernichtungswaffe gelöst werden?

Grafik der französischen Friedensbewegung

Und wir, allein die NATO, geben mehr als eintausend Milliarden Dollar für Rüstung aus. Gegen wen? Was hatten wir gehofft, 1989: Jetzt ist der Systemgegensatz zu Ende, und jetzt werden wir abrüsten. Ich habe noch im Ohr, wie der damalige Verteidigungsminister Wörner den Grünen im Bundestag vorgeworfen hat: „Wenn die Ost-Staaten ihren Warschauer Pakt auflösen würden, dann würden wir am nächsten Tag die NATO auflösen.“ Ach ja – kann man einem Politiker irgendetwas glauben?

Die Antwort, die wir geben müssen, kann nur lauten: Wir brauchen wieder eine starke Friedensbewegung, kein anderer trägt zur Lösung des Problems bei. Jedes Jahr demonstrieren wir mit 5000 Menschen vor dem Maingate der Air Base Ramstein gegen Drohnen, gegen Hochrüstung und Krieg. In den 80er Jahren erklärte der damalige Innenminister, er ist übrigens heute Parlamentspräsident, der Herr Schäuble: „Die Friedensbewegung hat uns an den Rand der Unregierbarkeit gebracht!“ Genau. Gut so! Da wollen wir wieder hin! Dass die Politiker sich nicht durchsetzen können. Dass eine Kriegsvorbereitungspolitik nicht nur unpopulär – 80% der Bevölkerung sind dagegen – , sondern undurchführbar wird.

Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Ich habe die Generation meiner Eltern mehr als einmal gefragt: „Was habt ihr getan, als sie die Juden, die Roma, die russischen Kriegsgefangenen durch die Straßen getrieben haben, was habt ihr da getan? „Was hätten wir denn tun sollen? Wir wären doch sofort an die Wand gestellt worden! Wir wussten doch auch gar nichts davon (was ja in sich schon ein Widerspruch ist)“

Nun gut: Heute dürfen wir (noch) demonstrieren, uns engagieren gegen Faschismus und Krieg. Wer es nicht tut, lässt diese Dinge geschehen, wer es weiß und nichts tut, ist Mittäter. „Dann gibt es nur Eins: Sag Nein!“ sagte Wolfgang Borchert nach dem Zweiten Weltkrieg. Das, mindestens das, ist unsere Pflicht. „Wir konnten ja nichts tun“, das gilt nicht mehr, es war auch damals schon eine Lüge gewesen.

Wie kann man glauben, dass man uns durch einen „Raketenschutzschirm“ beschützen wolle – oder könne? Vor unseren Augen wird der nächste Krieg vorbereitet. Wir sagen: „Nein!“ Der Inhalt unserer Verfassung, des Grundgesetzes heißt in zwei Sätzen: Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus. Was denken sich die Leute, die auf dieses Grundgesetz schwören, „so wahr mir Gott helfe“, was denken die sich, wenn sie einen Haushalt unterschreiben, in dem 50 Milliarden für die Tötung von Menschen ausgegeben werden?

Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus –  das war unsere Losung auch in Russland. Während der ersten Friedensradfahrt 2006 nach einer Gedenkveranstaltung in der Festung Brest direkt hinter der Grenze, kam eine Friedensfreundin aus Bayern, die Johanna, auf mich zu und sagte: Konni, ich fühle mich hier nicht so wohl, ich bin Pazifistin, und wir werden hier fotografiert mit den russischen Soldaten mit der Maschinenpistole in der Hand. Wir würden gerne ein Transparent in russischer Sprache malen mit der Aufschrift: „Frieden schaffen ohne Waffen“. Ich habe gesagt, ja, ich bin einverstanden, aber schreibt oben drüber: „Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus“. Und dieses Transparent haben wir fünf Mal durch ganz Europa, von Paris nach Moskau getragen.

Es erschien im russischen Fernsehen, in den Tageszeitungen usw. – und ich möchte dazu auch sagen: meine Erfahrungen in Polen, Russland, Belarus – niemals, wir waren Deutsche! – niemals hat jemand zu uns gesagt: „Ihr Schweine, Ihr habt so viele von meinen Verwandten umgebracht“. In der Stadt Zhodino, ich hatte dort die Abschlussrede gehalten, kamen zwei Frauen auf mich zu, die eine hat übersetzt, und die andere sagte dann: „Meine Mutter und meine Großmutter wurden im Gas ermordet.“ Und dann hat sie mich umarmt. Was ist das für eine Kraft der Versöhnung!

Brot und Salz – der klassische Willkommensgruß für die Friedensfahrer in Russland
Brot und Salz – der klassische Willkommensgruß für die Friedensfahrer in Russland

Sollten wir nicht mal so auf die Russen zugehen? Sie haben uns die Hand zur Versöhnung gereicht. Reiche den Menschen in Frankreich, in Polen, in Russland die Hand. Dazu kann ich nur sagen: Das kann man von Bike for Peace lernen. Dafür hat es sich gelohnt, sich anzustrengen, 4000 km mit dem Fahrrad zurückzulegen, zu werben, Flugblätter in fünf Sprachen zu verteilen, eine Website anzulegen – und vieles mehr.

Ich möchte nicht in einem bis an die Zähne bewaffneten Staat leben. Von der Air Base Ramstein geht eine ungeheure Bedrohung aus. Deshalb: Geh auf die Straße! Sag Nein! Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Frieden schaffen ohne Waffen! Gebt uns unser Paradies zurück!

Dafür hat sich alles gelohnt! Und es lohnt sich weiterhin!

Auf Wunsch von Konni Schmidt sang die Freidenkerin Sonja Gottlieb anlässlich der Preisverleihung
Auf Wunsch von Konni Schmidt sang die Freidenkerin Sonja Gottlieb anlässlich der Preisverleihung

 


Die komplette Veranstaltung in Kaiserlautern kann man hier als Video ansehen:

Direktlink zum Video von MoveNow.TV auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=s1GkpbR04yU


Bild oben: Screenshot aus dem Video von MoveNow.TV