Demokratie – Medien – Aufklärung

Wie deutsche Medien über das Telefonat der Luftwaffengeneräle desinformieren

Echtheit de facto bestätigt

Die deutschen Medien haben über zwölf Stunden gebraucht, bis sie über das in Russland veröffentlichte Telefonat der deutschen Luftwaffengeneräle berichtet haben. Die deutschen Leser erfahren allerdings nicht, worum es tatsächlich ging, weil die Medien vom eigentlichen Thema ablenken.


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Anhang 1: Mitschnitt des Gespräches

Anhang 2: Transkript des Gespräches


Beitrag von Anti-Spiegel (d.i. Thomas Röper)

Erstveröffentlichung am 02.03.2024 auf anti-spiegel.ru

Vorweg sei gesagt, dass die deutschen Medien die Echtheit des abgehörten und in Russland veröffentlichten Telefonates, in dem deutsche Luftwaffengeneräle offen darüber sprechen, wie man die Krimbrücke am besten mit deutschen Taurus-Raketen angreifen kann, in ihren Berichten bestätigt haben. Die Bild-Zeitung titelt beispielsweise „Unfassbare Bundeswehr-Panne – Russen hören Geheim-Gespräch deutscher Generäle ab“ und anstatt über den Inhalt des Gespräches allzu viel zu berichten, entrüstet sich die Bild-Redaktion darüber, dass die Bundeswehr abgehört wurde. Und die Bild teilt mit, dass die Bundeswehr, „um den Schaden zu begrenzen“, Zensurmaßnahmen durchgesetzt hat, indem sie X-Accounts, die den Mitschnitt verbreitet haben, in Deutschland blockieren ließ. Zensur als Schadensbegrenzung, sozusagen.

Welcher Schaden damit begrenzt werden soll, ist offensichtlich. Es soll verhindert werden, dass die Deutschen etwas über den Inhalt des Gespräches erfahren, denn aller anderer Schaden ist angerichtet: Das Gespräch ist weltweit bekannt und in viele Sprachen übersetzt worden. Nur die Deutschen sollen nichts davon erfahren, was die Bundeswehrführung im Geheimen zu tun gedenkt.

Deutsche Politik und Medien waren 14 Stunden ratlos

Während ich diese Zeilen schreibe, ist es in Deutschland kurz nach 23.00 Uhr. Die Bild hat ihren Artikel im 21.51 Uhr veröffentlicht, der Spiegel hat seinen Artikel mit der Überschrift „In Russland geleaktes Audio von heikler Besprechung – MAD ermittelt wegen Spionage-Verdacht bei der Bundeswehr“, den wir uns noch genauer anschauen werden, um 21.06 Uhr veröffentlicht. Auch die anderen deutschen Mainstream-Medien, die berichtet haben – und das sind bisher noch nicht viele – haben ihre Artikel, wie eine Google-Suche nach dem Begriff „Krim Brücke“ ergibt, ab 21.00 Uhr veröffentlicht.

Das ist lustig und nicht neu, denn das habe ich schon öfter erlebt. Wenn es Nachrichten gibt, die Dinge aufdecken, von denen die deutsche Öffentlichkeit nichts erfahren soll, dann dauert es einige Zeit, bis man sich bei den deutschen Medien auf ein Wording geeinigt hat. Daher ist es wenig verwunderlich, dass alle deutschen Medien ab einem bestimmten Zeitpunkt (ab 21.00 Uhr) nur kurze Artikel veröffentlicht haben, in denen über den Inhalt des Gespräches fast nichts berichtet wird. Dafür wird jedoch breit berichtet, dass die bösen Russen das Gespräch abgehört haben und dass der Militärische Abschirmdienst nun ermittelt.

Bis man sich in Politik und Medien auf ein Wording geeinigt hatte, hat es 14 Stunden gedauert, denn Margarita Simonjan, die Chef-Redakteurin von RT, hat die erste Meldung über das abgehörte Gespräch und seinen Inhalt bereits um 7.00 Uhr morgens auf Telegram veröffentlicht. Um 11.55 Uhr hat sie das schriftliche Transkript veröffentlicht und um 16.05 Uhr hat sie den gesamten Audiomitschnitt veröffentlicht.

Die Echtheit wird nicht bestritten…

Alle deutschen Medien berichten, dass die Echtheit des Mitschnittes nicht bestritten wird. Sie berichten stattdessen, dass der Militärische Abschirmdienst nun untersucht, wie Russland das Gespräch abhören konnte, weil befürchtet wird, dass die Russen Zugang zu internen Kommunikationskanälen haben könnten.

Das ist eine Behauptung für die dumme Presse, denn natürlich hätten die Russen, wenn sie so einen Zugang hätten, diesen nicht riskiert, indem sie ein Gespräch veröffentlichen, an das sie über den Weg gekommen sind. Stattdessen – das berichtet zum Beispiel der Spiegel – waren die deutschen Generäle einfach strunzdumm, denn sie haben über die relativ leicht abhörbare Plattform WebEx miteinander gesprochen, wobei einer Teilnehmer in Singapur war, womit es ohnehin recht leicht gewesen sein dürfte, ihn abzuhören, wenn er um die halbe Welt mit Deutschland telefoniert. Der Spiegel schreibt dazu:

„Angesichts der Brisanz der Themen hätten man in diesem Fall eine verschlüsselte Leitung benutzen müssen, die Vorschriften der Bundeswehr sind für solche Gespräche über militärische Interna eindeutig.“

Das bedeutet, dass die Herren Sofa-Generäle wohl einen kräftigen Einlauf bekommen dürften, weil sie gegen alle Vorschriften verstoßen haben, indem sie das vertrauliche Gespräch quasi öffentlich geführt haben.

… aber der Inhalt wird verheimlicht

Dass die Bundeswehr dafür gesorgt hat, dass X-Accounts, die das Gespräch verbreitet haben, in Deutschland blockiert werden, habe ich schon erwähnt. Aber auch alle deutschen Medien, die bisher berichtet haben, haben über den Inhalt des Gesprächs praktisch nichts berichtet. Und natürlich wurde das Gespräch selbst in keinem Artikel der deutschen Mainstream-Medien verlinkt.

Die Deutschen sollen nicht erfahren, was die Generäle besprochen haben. Dass die Bundeswehr das möchte, mag verständlich sein, aber dass die deutschen Medien bei der Geheimhaltung mitspielen, zeigt ein weiteres Mal, wem sie tatsächlich dienen – jedenfalls nicht ihren Lesern.

Der Spiegel-Artikel zum Beispiel umfasst zwölf Absätze, aber um den brisanten Inhalt des Gespräches geht es nur in zwei Absätzen. Der Spiegel-Leser erfährt über den Inhalt des Gespräches lediglich:

„Auf dem geleakten Band besprechen die Offiziere detailreich, wie die Luftwaffe die Lieferung des weitreichenden Waffensystems nach einer politischen Entscheidung des Bundeskanzlers technisch unterstützen könnte. Unter anderem geht es darum, wie man bei der Ausbildung von ukrainischen Piloten und der Programmierung der Systeme helfen könnte.
Am Ende des Bands spricht die Runde auch über mögliche Ziele, die die Ukrainer mit dem Taurus zerstören könnten. Unter anderem werden Munitionsdepots und die strategisch wichtige Kertsch-Brücke erwähnt, welche die von Russland annektierte Halbinsel Krim mit dem Festland verbindet.“

Lügen (nicht nur) durch weglassen

Schauen wir uns das einmal Satz für Satz an. Dass es in dem Gespräch darum geht, die Taurus-Lieferung, wenn sie denn beschlossen wird, technisch zu unterstützen, stimmt. Und es geht auch darum, „wie man bei der Ausbildung von ukrainischen Piloten und der Programmierung der Systeme helfen könnte“, auch das stimmt.

Aber: Der Spiegel verschweigt seinen Lesern, dass die Generäle bei der Frage der Programmierung bereits Bauchschmerzen haben, weil die eine direkte Kriegsbeteiligung Deutschlands bedeuten würde. Sie suchen in dem Gespräch nach einer Möglichkeit, die Kriegsbeteiligung Deutschlands irgendwie zu umgehen oder zumindest zu verschleiern. An einer Stelle des Gesprächs sagt Herr Gräfe sogar ganz deutlich:

„Beteiligt ist beteiligt“

Davon erfährt der Spiegel-Leser allerdings kein Wort. Er erfährt nicht, dass sie diskutieren, die Kriegsbeteiligung Deutschlands zu verschleiern, indem sie bei der Kommunikation mit der Ukraine den Hersteller zwischen schalten, um die Beteiligung der Bundeswehr zu verbergen, oder indem Daten mit einem Auto in die Ukraine gebracht werden, oder indem man die Drecksarbeit der Kriegsbeteiligung durch Programmierung der Raketen von den Briten machen lässt, die das für den Einsatz ihrer Storm Shadow-Marschflugkörper ohnehin schon tun, wie sie ganz offen sagen.

Nur um das deutlich zu sagen: Die deutschen Generäle sagen damit ganz deutlich, dass Großbritannien damit bereits am Krieg gegen beteiligt ist.

Kommen wir zum nächsten Satz. Dass in dem Gespräch auch über mögliche Ziele gesprochen wird, ist richtig.

Aber da muss man genau sein, denn indem der Spiegel schreibt, dabei wären „unter anderem“ Munitionsdepots und die Krimbrücke („Kertsch-Brücke“) „erwähnt“ worden, belügt er seine Leser. Die Spiegel-Redaktion suggeriert, es wäre sehr unkonkret um ganz viele mögliche Ziele gegangen, darunter auch Munitionsdepots und die Krimbrücke.

Das jedoch stimmt nicht, denn es ging nicht nur ausschließlich um Munitionsdepots und die Krimbrücke, sondern wie man die angreifen kann, wurde sehr detailliert besprochen. Die Luftwaffenoffiziere haben das sehr genau analysiert und für die Krimbrücke einen praktisch fertigen Angriffsplan besprochen, wobei das einzige Problem für sie war, wie sie diesen Plan den Ukrainern erklären sollten, solange die nicht sehr ausführlich und viele Monate lang an der Taurus ausgebildet sind und die Taurus-Raketen selbst programmieren können.

Der Spiegel hat seine Leser durch Weglassen belogen, denn worum es in dem Gespräch ging und wie heikel es in Wahrheit war, erfahren Spiegel-Leser nicht. Das gilt für die Leser aller deutschen Mainstream-Medien – sie werden dumm gehalten.

Ablenkungsmanöver statt Berichterstattung

Stattdessen lenken die Artikel der deutschen Medien vom Inhalt des Gespräches ab. Die Bild-Zeitung tut das, indem sie sich darauf konzentriert, dass Russland das Gespräch abgehört hat. Der Spiegel tut das gleiche, fügt aber noch ausführlich hinzu, dass das alles nur „russische Propaganda“ sei. Dass der Spiegel sich in seinem Artikel auf diese beiden Narrative stützen würde, machte schon die Einleitung deutlich:

„Russische Propaganda-Kanäle haben eine Aufzeichnung einer internen Besprechung von Luftwaffen-Offizieren veröffentlicht. Die Aufnahme ist vermutlich authentisch, der Militär-Geheimdienst hat Ermittlungen eingeleitet.“

Über den Inhalt des Gespräches und über seine Brisanz erfährt der Spiegel-Leser nichts, er wird stattdessen sofort vom eigentlichen Thema abgelenkt.

Thomas Röper, geboren 1971, lebt seit über 15 Jahren in Russland. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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Anhang 1

Mitschnitt des Gespräches

Direktlink zum Video auf vk.com https://vk.com/video561960677_456241522

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Anhang 2
Für alle, die es lieber lesen wollen, habe ich ein Transkript des abgehörten Telefonats der deutschen Luftwaffengeneräle angefertigt.

Transkript von Anti-Spiegel (d.i. Thomas Röper)

Erstveröffentlichung am 02.03.2024 auf anti-spiegel.ru

Ursprünglich hat RT-DE ein Transkript des abgehörten Telefonats der deutschen Luftwaffengeneräle veröffentlicht, allerdings waren darin noch kleine Fehler enthalten, wie ich beim Vergleich der Audioaufnahme mit dem Transkript festgestellt habe. Ich habe es daher ein wenig korrigiert. Ich beginne mit dem Transkript nach viereinhalb Minuten, als Luftwaffen-Chef Gerhartz sich dem Gespräch zuschaltet und das eigentliche Gespräch beginnt.

04:56-07:43

Gerhartz: Sehr gut, sehr gut. Ja, ich wollte mal einmal ganz kurz, dass wir uns vorher … ähhhhm … ja, nicht im Sinne von wer was sagt, aber dass wir uns kurz mal so abstimmen und das insbesondere auch hier die beiden Kameraden Florstedt und Fenske wissen, wie das Ganze entstanden ist. Weil, wenn man hört, der Verteidigungsminister will mal, will mal wirklich auch wirklich tief in Taurus einsteigen, wobei der Termin ist ’ne halbe Stunde so wie ich es gesehen habe, also … wir werden das Ding nicht zum Fliegen bringen können, um es mal so auszudrücken. Ich seh da keinen … im Moment da nicht ein Auslösungsmomentum dahinter. Also es ist nicht so, dass der Kanzler ihm gesagt hat „Hey, mach dich da nochmal schlau und dann lass uns mal morgen entscheiden.“ Ähm, das hab ich jedenfalls nicht erkannt, sondern dass er nochmal Pistorius gesehen hat durch diese ganze Diskussion, die da immer und immer kommt, und sie kommt natürlich, weil keiner so richtig weiß, warum blockt der Kanzler hier? Ähm, kommen natürlich abenteuerlichste Gerüchte auf. Ich will mal eins nennen. Ich bin gestern angerufen worden von ’ner Journalistin, die extrem nah am Kanzler dran ist, ähm ja, sie hätte in München gehört, der Taurus würde gar nicht funktionieren.

Ich sag halt, ok, wer erzählt dir so ’ne Scheiße? Dachte, die hat das irgendwie politisch aufgeschnappt. Da sagt sie: „Das hat mir jemand in Uniform erzählt.“ Die gibt natürlich nicht ihre Quelle preis, völlig klar, aber die ist natürlich voll drauf angesprungen und wollte da schon die Megaschlagzeile draus machen, nach dem Motto: „Jetzt haben wir endlich den Grund, warum der Kanzler nicht liefert. Weil das Ding gar nicht funktioniert.“ Hab ich ihr natürlich ausgeredet, ich sag totaler Schwachsinn. Wir machen da sogar alle Nase lang Verschusskampagnen, die letzte ist noch nicht so ewig lange her. Ne? Und aber man kann da mal sehen, was da mittlerweile immer für ein Gelaber im Raum ist und vor allen Dingen für ein Blödsinn erzählt wird. So, und da wollt‘ ich eben ganz kurz mal … mich mit euch abstimmen, dass das da nicht in die falsche Richtung läuft. Also erstmal wär meine Frage mal an Florstedt und Fenske. Hat euch mal jetzt jemand direkt gesprochen oder hat der General Freuding sich mal irgendwie bei euch gemeldet?

07:43-09:50

Florstedt: Ähm, negativ von meiner Seite aus nee, ich hab nur von Frank gehört.

Fenske: Bei mir auch negativ. Hab nur mit dem General Gräfe zusammen kommuniziert.

Gerhartz: Ah ja, alles klar. Und … [unverständlich] …

Fenske: Ich hab ihm am Sonntag beide Nummern der beiden gegeben und er hat gesagt, dass er mal [unverständlich].

Gerhartz: Ja, okay, dann kommt das vielleicht noch. Nee, das ist jetzt halt noch nicht passiert, ähm, also was ich gesehen habe, ist dass der ’ne halbe Stunde … und es könnte jetzt doch durchaus sein, ähm, dass ich vielleicht gar nicht dabei bin. Sondern ich muss eventuell in den Haushaltsausschuss, weil wir ja noch so ein kleines Issue haben mit ’ner … Preissteigerung der … F-35-Infrastruktur in Büchel, was mega sauärgerlich ist, weil es ist nicht wirklich ’ne Preissteigerung, sondern (???) hat einfach zu niedrig geschätzt, ähm, und jetzt haben die Firmen halt ihre Angebote abgegeben und die liegen weit drüber über das was (???) geschätzt hat. Und jetzt ist natürlich der Ärger groß. Ähm … Und ich hab denen jetzt gesagt, dass müssen sie jetzt selber wissen. Ob ich mit euch mitgehen soll oder ob ich in den Haushaltsausschuss gehen soll. Das muss am Ende der Minister entscheiden, weil das fast zeitgleich ist. Ähm, also es könnte dann durchaus sein, dass ihr dann auch alleine seid. Und ich würde empfehlen, also ich werde mich da gar nicht … werd da gar nicht großartig … ich werd nur sagen, hier, das sind unsere zwei Experts. Der eine im Verband, der andere im ZLO und dann … dann you have it. Ähm, und ich würde aber empfehlen, das hab ich ja schon über Frank euch zukommen lassen, so paar Slides dabei zu haben, ne? …Vorlagen, wie man das so schön nennt, damit man bisschen was visualisieren kann. Also, ihr müsst euch halt einfach in seine Lage reinversetzen, der hat … ja, wir haben dem mal gezeigt bei so ’ner Demoshow, da war da ’ne Taurus, stand auch im Waffen … auf dem Träger neben dem Tornado, aber zum Beispiel wie das angebaut aussieht am Tornado oder wie zum Beispiel so ’ne Missionsplanungsanlage aussieht, also der kann sich da sehr wenig vorstellen.

09:51-11:52

?: Okay. Udo hast du … du hast da doch ’nen Haufen Slides zu, oder?

Fenske: Ja. Ja, hab ich verfügbar.

Gerhartz: Aber auf der anderen Seite jetzt auch nicht ihn zuballern mit ’ner Slideshow mit 30 Slides. Einfach im Kopf haben, der Termin ist ’ne halbe Stunde. Ähm, ich würd mal sagen, so’n kurzen Aufschlag machen, Freuding wird sich ja hoffentlich nochmal melden. Klar geht es auch ein bisschen um die Funktionsweise, was kann der Taurus, wie wird der eingesetzt? Aber natürlich spukt bei ihm immer noch im Hinterkopf … ähm … wenn wir uns denn mal politisch entscheiden würden, die Ukraine zu supporten damit, wie könnte denn die ganze Nummer am Ende laufen? Und da wäre ich euch echt dankbar, dass wir ja … die Herausforderung, nach dem Motto: „Was ist daran nicht einfach?“ Aber dass wir nicht nur ein Problem in den Raum stellen, sondern dass wir auch immer die Lösung dazu nennen.

Ne? also wenn’s zum Beispiel darum geht, die Missionsplanung zu machen, ich weiß wie es die Engländer machen, die machen es ja komplett im Reachback. Die haben auch paar Leute vor Ort, ähm, das machen sie, die Franzosen nicht. Also, sie QCen (???) auch die Ukrainer beim Beladen des SCALP, ne, weil Storm Shadow und SCALPS sind rein vom technischen Aspekt relativ ähnlich. Da haben sie mir schon gesagt, ja, Herrgott, die würden auch den Ukrainern beim Taurus-Loading über die Schulter gucken. Ähm, die Frage wär‘ aber, wie lösen wir das dann? Mhm, lassen wir die die Missionsplanung machen und geben ihnen reachback-mäßig die MBDA an die Hand und bringen dann halt einen unserer Leute zur MBDA? Da würd‘ ich jetzt nochmal einmal bitten, vielleicht Frank nochmal, wie hatten wir uns immer positioniert wie wir’s denn machen würden, und dann natürlich sagen wir Fenske, Frostedt, wenn ihr beiden mal aufzeigt wie ihr das aus eurer Sicht seht.

11:53-13:24

Fenske: Ich fang vielleicht mal an mit dem: „Was ist denn das Sensitivste oder das Kritischste, was jetzt passieren kann?“ Ähm, mit der ganzen Diskussion, das läuft ewig hin und her, und ich glaub, die zwei Punkte, die sensitivsten, sind zum einen Timing, so nach dem Motto, ähm, „Jetzt sagt der Kanzler, wir geben es doch ab“, und man kommt aus der Bundeswehr: Ja toll, aber in 8 Monaten sind wir dann soweit, den ersten Einsatz zu beginnen. Und das Zwote ist natürlich, wir können die Zeit auch nicht verkürzen, wenn es nach einem Falscheinsatz geht und das Ding auf ’nen Kindergarten drauffällt und es zivile Opfer gibt. Deshalb sind das so die beiden … links und rechts ’ne Grenze, zwischen denen man abwägen muss. Wenn man das so runterbricht, die eine Bahn ist die Auslieferung der Flugkörper. Da haben wir eigentlich gar nichts mit zu tun, und der wichtige Punkt wäre dann in dem Gespräch … Ich muss da auch nochmal drauf hinweisen … ohne die Firma können wir gar nichts machen und es wäre dann schon wie es auch bei den Raketen von IRIS-T ist, dass man relativ zügig erste Flugkörper ausrüstet, umrüstet und ausliefert. Aber da müssen halt dann so rudimentäre Sachen gemacht werden, nochmal ’ne kleine Überholung, das deutsche Hochheitsabzeichen runter und so. Aber das muss ja nicht dann warten, bis man 20 hat, da könnte man theoretisch die ersten 5 abgeben. Also, das wär‘ so die erste Bahn, die erste Linie, wie lange können die ausgeliefert werden? Aber das liegt eigentlich komplett in der Hand der Industrie und da stellt sich noch die Frage, wer bezahlt das, weil das ist ja mit Kosten verbunden.

13:24

Die zwote Frage ist dann die Frage der Schnittstelle: Wie hängt man das an welches Waffensystem dran? Und das ist jetzt wiederum auch eine Sache, die müsste dann eigentlich irgendein Bastler aus der Ukraine mit der Firma machen, weil… oder, Herr Fenske oder… Da haben wir ja keine Aktien drin, wenn es um die Integration in Su [Suchoi], zum Beispiel geht, oder?

13:46

Fenske: Ich denke nicht, wobei die TSG, der Hersteller, sagt, dass sie das machen können mit ’nem Zeitansatz von ungefähr sechs Monaten, also entweder Su [Suchoi] oder F-16.

13:55

Gräfe: Genau, das war jetzt was, da an Übergaben haben wir eigentlich gar keine Aktien drin, aber wenn da jetzt dann halt die Message rüberkommt, „klasse, der Bundeskanzler hat sich doch entschieden“, und dann die andere Message „Aber es dauert alleine für die Schnittstelle sechs Monate“, na, dann ist die positive Nachricht ganz schnell eine negative Nachricht.

Und der dritte Teil ist der, der uns dann theoretisch betreffen könnte, nämlich die Ausbildung. Das heißt, da hatten wir ja mal gesagt, dass wir in Zusammenarbeit mit der Industrie so ähnlich wie bei IRIS-T – die Industrie bildet aus, wie bedient man das System und wir stellen Leute dazu, die das ganze taktisch supporten. Und dann hatten wir ja auch mal so im dünnsten Falle von drei-vier Monaten gesprochen. Und das wäre dann der Teil, den wir in Deutschland machen. Und dann müsste man natürlich jetzt mal überlegen, um jetzt ganz schnell mit gleich ersten Flugkörpern zu einer schnellen Lösung zu kommen, ob man da nicht sowohl mit der Schnittstelle als auch mit der Ausbildung auf die Briten zurückgreift, wenn die deswegen mit ihrem Know-How gucken, wie haben die die Storm Shadow drangekriegt – kann ja nicht so ein großer Unterschied sein – und die vielleicht die Bedienung am Anfang mitmachen, während in der Zwischenzeit die Besatzungen bei uns ausgebildet werden. Damit das einfach nicht so lange dauert. Und dann sind da jetzt noch so ein paar Sachen: Können wir eine Datenbank liefern? Können wir Satellitenbilder liefern? Können wir Planungsstation liefern? Das müsste dann neben den reinen Flugkörpern, die wir haben, ja alles über die Industrie oder über die IABG laufen.

15:30

Gerhartz: Also, wir müssen uns ja immer, immer vergegenwärtigen – die haben Flugzeuge, von denen sie wie Taurus äh den Storm Shadow einsetzen. Na, das heißt, die Engländer waren da, haben die Flugzeuge verkabelt, also sind sie gar nicht so weit davon entfernt, dass sie auch den Taurus von diesen Flugzeugen … Ne? Ne F16, reden wir jetzt nicht von. Die haben es ja an der MiG-23, und darum ging es jetzt mal… Ich kann nur sagen, die Erfahrung aus Patriot – ich weiß noch, was unsere eigenen Experten am Anfang für Zeitlinien aufgemalt haben. Und die haben das Ding in wenigen Wochen beherrscht, und setzen es mittlerweile ein in einem Ausmaß, wo unsere Leute sagen: „Oh, wow, das hätten wir ja gar nicht erwartet!“ Also, die sind teilweise in einer Kriegsführung gerade unterwegs, die mehr High Tech ist wie unsere gute alte Luftwaffe. All das gebe ich immer zu bedenken bei allen Timelines, die wir da so aufmachen, dass man sich da gar nicht so verschätzen sollte. Aber jetzt will ich natürlich auch mal, Kamerad Fenske, Frostedt, einfach von euch mal euer Picture sehen und hören, einfach jetzt auch mit Blick auf eine mögliche Lieferung an die Ukraine.

16:55

Fenske: Ich würde nochmal den Punkt Ausbildung aufnehmen. Wir haben da ja schon mal geguckt. Wenn entsprechendes Personal kommt und parallel ausgebildet werden kann, dann liegen wir bei ungefähr drei Wochen Industrieschulung und einer Trainingsphase, die dann durch uns, durch die Luftwaffe, in ungefähr vier Wochen gemacht werden kann. Das heißt, wir sind da schon mal deutlich unter den zwölf Wochen – unter der Voraussetzung: entsprechend qualifiziertes Personal, wir können das ohne Dolmetscher machen und dergleichen mehr, also, da sind noch ein paar andere Daten dabei.

Wir hatten mit der Frau Friedberger schon mal gesprochen. Wenn es nachher um den Einsatz geht, dann wäre tatsächlich die Empfehlung, dass wenigstens die ersten Missions-Unterstützungen durch uns erfolgen werden, da die Planung doch sehr komplex ist. Wir brauchen selber bei der Schulung von unserem Personal ungefähr ein Jahr. Also um das jetzt quasi zu drücken auf, wie sage ich mal jetzt, zehn Wochen, mit der Erwartung, dass sie in einem Formel-1-Rennwagen im Gelände und auch in Formel-1-Strecken auch fahren können. Also wäre eine mögliche Variante, planungstechnisch zu unterstützen. Das kann man theoretisch sogar aus Büchel machen mit einer sicheren Leitung in die Ukraine rüber, den Datenfile rübertransferieren, und dann wäre er verfügbar und man könnte es gemeinsam planen.

Also, das wäre das Worst-Case-Szenario, das Minimum das Ganze unterstützend durch die Industrie mit einem User-Helpdesk, die also bei Software-Fragen unterstützen können, so, wie wir das im Grunde genommen in Deutschland auch haben.

18:34

Gerhartz: Sekunde, ich hak da jetzt mal ein, Herr Fenske. Wenn man jetzt politisch Sorge hätte, dass diese Linie von Büchel direkt nach Ukraine eine zu direkte Beteiligung ist, im Grunde in der Politik kann alles, könnte man dann auch sagen: Ok, das Datenfile wird bei MBDA gemacht, und wir schicken unsere ein-zwei Experts nach Schrobenhausen. Ist zwar totaler Schwachsinn, aber jetzt mal so gesehen, aber politisch jetzt halt vielleicht was anderes, wenn der Datenfile von der Industrie kommt, wird er… der kommt ja bei uns nicht aus dem Verband.

19:09

Fenske: Ja. Die Frage wird sein, wo kommen die Daten her. Jetzt gehen ich einen Schritt zurück. Wenn es um die Zieldaten geht, die idealerweise mit Satellitenbildern kommen, weil dadurch gibt es dann die höchste Präzision, dass wir also unterhalb von drei Metern Genauigkeit haben. Die müssen wir verarbeiten im ersten Set in Büchel. Unabhängig davon würde man aber in irgendeiner Art und Weise, denke ich, mit einem Datentransfer zwischen Büchel und Schrobenhausen was hinbekommen. Oder, was natürlich auch geht, dass man unter Umständen das Datenfile nach Polen schickt und man hat den Handover, Takeover in Polen irgendwo, und es fährt jemand mit dem Auto hin. Und ich denke, da muss man im Detail reingucken, und da wird es auch Lösungsmöglichkeiten geben.

Also, in dem Moment, wenn wir den Support haben, im schlimmsten Fall muss ich halt mit dem Auto sogar hin- und herpendeln. Das schmälert dann nur die Reaktionszeit, also, und dann eben nicht innerhalb von Stunden reagieren. Wobei wir dazu sagen müssen, dass, wenn man ganz schnell reagieren will, wir soweit sind, dass wir uns zutrauen, innerhalb von sechs Stunden die – ich sage mal, von Auftrag bis… ja, Luftfahrzeug, ja, airborne eigentlich das machen zu können… wohingegen sind wir dann… Und da haben wir aber auch nur mit Präzision… die liegt dann eben leider größer drei Meter, was durchaus bei einem entsprechenden Ziel ausreichen kann. Und wenn ich die höhere Präzision haben will, also dann mit Satellitenbildern arbeiten und das Ziel modellieren muss, dann ist natürlich die Zeit nachher maßgeblich, und da bin ich auch schnell bei zwölf Stunden. Das ist dann jeweils abhängig von dem Ziel, also so habe ich im Detail noch nie geguckt, aber ich denke, möglich wird das auch sein. Da muss man nur sagen, wir brauchen eine Datenleitung, die das leisten kann.

21:07

Gerhartz: Und glauben Sie denn… Ja, man muss ja immer davon ausgehen, was die Ukrainer dann mittlerweile sonst alles machen. Wir wissen ja auch, dass da viele Leute mit amerikanischem Akzent in Zivilklamotten rumlaufen. Das darf man sagen, dazu sind sie dann noch relativ schnell selbst in der Lage, weil die Satellitenaufnahmen, die haben sie alle. Da muss man auch davon ausgehen.

21:38

Fenske: Jetzt mal aber ganz kurz dazu, die Frage wird dann sein: Ich muss, damit ich mich entsprechend geschickt durchsetzen kann, mich gegen die Luftverteidigung durchsetzen, die in einer Vielzahl dann da… Das können wir sehr gut, gehen wir davon aus, weil wir natürlich im Tiefstflug arbeiten können und dafür von der IABG und der NDK Daten haben. Die müsste man definitiv denen zu Verfügung stellen, damit ich eben mit einer 21 unterfliegen kann, damit ich hier das Optimum an Planung rausholen kann und nicht wie bei Storm Shadow über Waypoints planen kann, sondern tatsächlich über Umfliegen oder Unterfliegen der jeweiligen Systeme.

Wenn ich das bereitstelle, dann wird es da auch wahrscheinlich schneller Lerneffekte geben und da komme ich nur wieder in den Bereich rein, wo ich nachher auf die Anzahl der Flugkörper komme. Also, sehr schnell, wenn ich jetzt von 50 rede, dann sind sehr schnell 50 Flugkörper verschossen.

22:40

Gerhartz: Jaja, klar. Das ist natürlich, dass es klar sein muss, das wird nicht den Krieg ändern. Dafür haben wir gar nicht… Wir würden ja auch nicht alle, wir wollen wir ja auch nicht abgeben, und nicht alle sind bei uns auch gleich. Das muss ich euch nicht sagen. Also, man könnte sagen, 50 in der ersten Tranche, und wenn sie uns dann nochmal würgen würden, für die nächsten 50, und da wär‘ aber auch Ende Gelände. So, das ist völlig klar.

So, das wäre jetzt mal wieder große Politik, und dann können wir selber nochmal wieder eintakten an dem Punkt… Ich vermute mal, es könnte schon ein Momentum dahinter sein, weil ich weiß – von meinen britischen und französischen Kollegen – dass die so gut wie Winchester sind mit ihren Storm Shadow und SCALPs. Und dann, werden die natürlich sagen, bevor wir jetzt hier die nächsten liefern – und wir hatten hier ja schonmal nochmal geliefert – soll sich jetzt Deutschland auch mal einmal anstrengen. Aber, das wäre jetzt auch nochmal, kann man jetzt vorstellen, wollte jetzt klar noch mal sagen….

23:39

Florstedt: Ich habe mich heute mal reingesetzt mit einem pragmatischen Ansatz. Ich habe mir überlegt, was das Alleinstellungsmerkmal gegenüber jetzt den Storm Shadows… So wie Air Defense, Obuszeit, Flughöhe, etc. – und da komme ich dann drauf, dass es so zwei interessante Targets halt gibt: einmal so eine Brücke im Osten und einmal Mun-Depots, wo wir reinkommen. Die Brücke im Osten ist halt schwer zu erreichen, und die Pfeiler sind relativ klein, und das kann halt der Taurus darstellen, und die Mun-Depots – da kommen wir halt durch. Und wenn ich das jetzt berücksichtige und vergleiche, wie viele Storm Shadows und Mauls abgeschossen wurden, da hat man halt ein ganz gutes Alleinstellungsmerkmal. Da habe ich mir so drei Routen rausgesucht, wo ich sagen würde, geht’s da um die Brücke oder geht’s da um Mun-Depots? Is it reachable mit den current caps, die Red-undeutlich haben und der Patriot?

Und dann komme ich quasi zu dem Entschluss – ja, ist gut, es ist machbar. Der limitierende Faktor ist die Su-24, wie viel die davon überhaupt noch übrighaben. Das wäre dann in einem einstelligen Bereich. Und ich habe mir da so ein paar Leadpoints mal ausgesucht, und gesagt, pass auf, im Grunde genommen ist es doable, und wie bringt man den Ukrainern die TTPs bei, um das Ding zu schießen? Ich würde sagen, den Piloten – unter einer Woche. Und wie plottet man die? Mission planing, und da kommt es nämlich genau darauf an, was machen wir jetzt eigentlich? Wir müssen überlegen, einmal diese Missionsplanung und die zentralisierte Planung. Und die Missionsplanung – die ist bei uns im Verband, die Ausführung ist zwei Wochen, und ich glaub‘, wenn man jetzt mal nicht auf das ZV abgeht, geht das relativ schnell, und in drei Wochen ist die im Verband. That being set.

Wenn ich aber mir so eine Brücke anguck‘, da, wo ich drauf kommen wollte, ist, dass der C10 von Taurus nicht ausreicht, um die einfach so zu targeten – das heißt ich brauch da Bilder von, wie der Taurus arbeiten kann, und da brauchen wir die Missionsdaten. Und ich weiß es nicht, ob wir in adäquater Zeit – natürlich wenn wir in Monaten reden, [unverständlich] – aber in adäquater Zeit die Ukrainer ausbilden können… die Missionsdaten, wie sieht ein Brückenpfeiler für den Taurus aus, wie wir denen das beibringen. Das heißt, für mich ist es erstmal aus der operativen Perspektive nicht bewertbar, wie schnell bringt man Ukrainern diese Image-Planung, sage ich mal, bei, und wie schnell geht die Integration. Aber man wird sich sonst targets undeutlich, und das sind nämlich die Brücke und die Mun-Depots, und da sehe ich grundsätzlich Skrupel, den Leuten das sehr schnell beizubringen.

26:13

Fenske: Ich würde gern nochmal schnell ergänzen wegen der Brücke, weil wir uns die intensiv angeguckt haben. Und die Brücke ist leider – aufgrund ihrer Größe – wie ein Flugplatz. Das heißt, es kann durchaus sein, dass ich dafür 10 oder 20 Flugkörper brauche.

26:27

Florstedt: Ich habe durchgeschätzt, nämlich da, wo sie aufklappt, wenn du die Pfeiler nimmst.

26:30

Fenske: Ja, der Pfeiler, da machen wir unter Umständen nur ein Loch rein. Und dann stehen wir da… Um datenvalide Aussagen zu haben, müssten wir wirklich selber mal…

26:43

Florstedt: Ich wollte euch gar nicht die Brücke definieren, ich will nur sagen, dass war also der pragmatische Ansatz, was wollen die überhaupt haben, und wie schnell kann ich die dafür ausbilden? Und am Ende zeigt sich: Was bleibt, ist, dass wir denen die imagezentralisierte Missionsplanungsdaten geben müssen. Wir müssen denen grundsätzlich die Semobi geben, wenn wir die selber haben. Und die Tagesdaten, die haben wir ja, aber das müsste man denen auch irgendwie zu Verfügung stellen. Weil wenn es um so kleine Ziele geht, dann muss da halt ein bisschen genauer ausgeplant werden, als nur auf einem Sat-Picture. Wenn es auf gehärtete Ziele geht, dann ist es sehr viel easy und relativ schnell geplant, wenn wir vor allem das exploiten, dass der in zweistelliger Fußhöhe fliegen kann.

27:22

Gerhartz: Du bringst es ja schon ganz gut auf den Punkt: Wir alle wissen ja, dass sie die Brücke rausnehmen wollen. Das ist klar, wissen wir auch, was es am Ende bedeutet… Dann hast du, ist die Versorgung dieser so wichtig – nicht nur militärisch, strategisch wichtig, auch so ein bisschen politisch ist die gute Insel da ja ihr Herzstück. Jetzt nicht mehr ganz so… ganz so fatal, wo sie ja quasi ihre Landbrücke mehr oder weniger dahin haben, aber… Und da hat man eben Angst, wenn da der direkte Link der Streitkräfte in die Ukraine geht. Und da wäre halt dann immer die Frage: Kann man im Grunde genommen den Trick pullen, dass man unsere Leute abstellt zu MBDA, dass nur eine Direct Line zwischen der MBDA und der Ukraine ist? Dann ist es weniger schlimm, wie wenn die Direct Line unser Luftwaffe zu ihnen ist.

28:26

Gräfe: Ich glaub das macht keinen Unterschied, Ingo. Wir müssen halt aufpassen, dass wir nicht gleich zu Beginn im Kriegskriterium formulieren. Wenn wir dem Minister jetzt sagen, ich überspitze mal ein bisschen, wir planen die Daten und fahren sie dann von Polen aus mit dem Auto rüber, damit es keiner mitkriegt – das ist ein Kriegskriterium. Wir werden es nicht schaffen, dass wir mit einer irgendwie gearteten Beteiligung von uns das Ganze umsetzen. Also erstmal indem, wenn das von der Firma kommt, müsste erstmal die MBDA dem zustimmen, ob die das machen. Ja, aber dann macht es auch keinen Unterschied, ob wir das unsere Leute in Büchel das planen lassen, oder in Schrobenhausen. Beteiligt ist beteiligt, und ich glaube, über die Hürde werden wir nicht drüberkommen.

Jetzt nochmal, was wir als rote Linie als Grundlage voraussetzen. Ich komme einfach nochmal darauf zurück, was ich ganz am Anfang meinte: Entweder wir müssen die Ausbildung aufteilen, dass wir sagen, wir machen eine Fast Track und einen Long Track. Und der Long Track – dann sind die da halt für vier Monate und lernen es komplett richtig, mit „Wie mach‘ ich’s mit ’ner Brücke“. Und in den Fast Track geht es erst mal um den schnellen Einsatz, nach zwei Wochen, wie weiß ich, was ich mit einem Munitions-Depot mache. Oder die andere Option: Wir fragen, ob in dieser Phase, bis die selber komplett ausgebildet sind, fragen wir die Briten, ob sie in dieser Phase übernehmen. Aber ich glaube ein irgendwie gearteter Versuch einer Zwischenlösung – stell dir mal vor, das kommt an die Presse! Wir haben unsere Leute in Schrobenhausen oder wir fahren irgendwie mit dem Auto durch Polen – sind glaube ich beides keine akzeptablen Lösungen.

30.09

Gerhartz: Man kann’s natürlich so drehen, dass man sagt, also wenn der politische Wille jetzt mal da ist, dann müssen wir erst mal sagen: „So, soll einer aus der Ukraine mal hier hinkommen.“ Und dann müssen wir wissen, ist die politische Vorgabe – keinerlei direkte Beteiligung mehr an der Missionsplanung? Dann muss klar sein: Die Ausbildung dauert schon etwas länger. Und die Komplexität und auch am Ende der Einsatzerfolg nimmt natürlich ab, aber ist auch nicht unmöglich. Weil ist ja nicht so, dass jetzt nicht schon eine gewisse Erfahrung darin gesammelt haben, und wir sehen selbst, was wir gerade noch so an High-Tech-Zeug einsetzen. Und dann müsste man sehen: Wenn es die Vorgabe ist – gibt ja keine direkte Beteiligung, wir können nicht die Missionsplanung in Büchel machen und sie rüber schicken, da könnt‘ ich mir fast vorstellen, dass das für Deutschland eine rote Linie ist… Ja, da muss halt klar sein – man muss sie etwas länger ausbilden, dann geht’s halt paar Monate, und man kann auch nicht alles damit machen. Aber ist nicht so, dass man sagt, man kann nichts damit machen. Man kann dann eher vielleicht sogar von ausgehen, dass sie es doch dann relativ schnell im Griff haben. Dann müssen wir nur gucken, dass wir die ganze Datenbasis, die Missionsdaten, dass sie die selber dann auch bearbeiten können, oder? Also ich mein’…

31.25

Gräfe: Dann würde ich das auch so machen, wie Seb das gerade gesagt hat, dass man einen Quick Track und einen Long Track macht. Es geht ja darum, einen schnellen Effekt zu erzielen. Und wenn es nur darum geht, mit einem ersten Effekt die Munitions-Depots und jetzt nicht die Komplexität der Brücke, dann könnte man ja sagen, man macht für einen gewissen Preis diesen Schrott weg, damit man einen schnellen Effekt erzielen kann. Und diese IABG-Daten sehe ich jetzt nicht so kritisch, weil die sind ja nicht auf eine spezifische Stellung bezogen, das müssen die ja selber erkunden. Sondern das wäre generisch die Leistungsfähigkeit für das System. Das wäre ein Punkt, über den wir schon mal in dem Kreis geredet haben, was ich durchaus vorstellen könnte, die zu übergeben. Es sind im Moment halt German Eyes Only.

32.00

Gerhartz: Das wird der Dreh- und Angel-Punkt bleiben, weil es gibt im Grunde auch mit einem Munitions-Depot, gibt es bei denen in Bayern keinen easy Plan, aufgrund der massiven Anzahl von der Luftverteidigung. Das heißt, da wird man so tief einsteigen müssen… Bei unseren Leuten glaube ich, dass wir einen Weg finden werden, und gut wäre auch, in dem Moment wenn wir sagen „Lasst es uns probieren“, um auch politisch besser beraten zu können. Wie gesagt, da brauchen wir nur das GO und wir müssen anfangen. Wobei es wird bei uns scheitern, dass das KSA keine saubere Lagedarstellung hat, wo die ganzen Luftverteidigungssysteme stehen.

32.51

Gräfe: Das haben aber die Ukrainer, da kannst du davon ausgehen, dass die….

32.56

Gerhartz: Genau. Die werden das hoffentlich haben. Weil ich seh das bei uns – bei uns wird ständig nur das Radargerät dargestellt. Aber damit wir eine saubere Planung haben, da müssen wir wirklich gucken, wo stehen die Radargeräte und wo stehen die Startgeräte. Je mehr wir abspecken, umso ungenauer wird unser Plan und umso… Also wir haben ein Super-Tool, das heißt, wenn wir die Daten haben, können wir relativ präzise sagen, wenn wir das durchsetzen können. Alles, was ich irgendwo wegstreiche aus Feindgründen oder auch Komplexitätsgründen, oder weil ich noch die Ausbildung nicht so weit habe, heißt dann immer auch eine Schmälerung bei der Durchsetzungsfähigkeit.

33.33

Gräfe: Ja ja, klar. Aber es gibt jetzt keinen Grund, wo man sagt: „Das ist der Show-Stopper“, bei dem man sagt: „Das kann man nicht machen.“ Es gibt verschiedene Abstufungen, je nachdem wo die politisch rote Linie ist, wird man’s mal eventuell… Ach, nebenbei, diese Short-Track / Long-Track gefällt mir auch ganz gut. Da gibt es unterschiedliche Zeitschienen und unterschiedliche Möglichkeiten der komplexen Nutzung, die mit der Zeit für die Ukraine besser handhabbar wird.

34.04

Gerhartz: Definitiv, weil sie es täglich machen können – Praxis.

34.07

Also ich denke, dass selbst wenn ich jetzt nicht dabei sein sollte, da wird der Minister ist sowieso ein total cooler Typ im Umgang. Also von daher….. Ihr seid die Experts. Mir war nur eben wichtig, dass wir einfach nüchtern da auftreten und nicht irgendwie Show-Stopper reinknallen, die man uns einfach… die nicht glaubwürdig sind, wenn andere Nationen Storm Shadows und SCALP liefern.

So, „Hurra“ schreie ich auch nicht. Ich mein, wir haben jetzt 3 ***radare vom 12 abgegeben. Da sind bei denen *** lange Gesichter gewesen. Aber im Moment schießen sie die Flugzeuge und Raketen ab, die uns schon mal nicht treffen können.

35.08

Gräfe: Man muss ganz klar sagen: Je länger ihr wartet mit einer Entscheidung, umso länger dauert es hinterher, um es umzusetzen. Entweder die Abstufung: erst mal was Einfaches, später mal was Größeres. Oder die Frage an die Briten: „Könnt ihr uns am Anfang unterstützen und diese Planung übernehmen?“ Könnte das, was in unserer Verantwortung liegt, beschleunigen. Wie gesagt, die Schnittstelle ist überhaupt nicht unsere Verantwortung, das müssten die Ukrainer mit der Firma selber machen.

35.50

Gerhartz: Okay, von euch beiden noch Ergänzungen?

Fenske: Keine, keine Ergänzungen.

Florstedt: Bei mir nur, der Komo, Pfenni schreibt gerade „Bitte Inspektor ausrichten, dass das Interview heute mit SZ problemlos gelaufen ist, keine Komplikationen, unterrichte ihn morgen in Lage.“

36.10

Gerhartz: Wunderbar, sehr gut, sehr gut.

Na ja, weil der Hintergrund ist natürlich der: Wir wollen jetzt nicht, dass der Ausschuss Probleme macht. Weil wenn er jetzt nicht durchdecken würde, diese – ich nenne sie mal „Preissteigerung“ in Anführungszeichen, dann hätten wir das Problem, dass schon die Bauarbeiten sich schieben würden. Das würde vielleicht den Baubeginn der Rohbauarbeiten dieses Jahr schon unmöglich machen. Und jeder Tag zählt in dem Programm. Deswegen ist es gut, dass das gut läuft, das Interview.

Und am Ende, denke ich, wenn wir jetzt am Mittwoch die Entscheidung bekommen, dass wir dann quasi weiter mit den zwei Konsortien fahren werden mit den Generalunternehmern. Wie gesagt, es könnte echt sein, dass wir bis der Minister entscheidet, den Gerhartz schicke ich in den Ausschuss. Die Experts, die sind sowieso da.

Naja, müssen wir gucken. Deswegen war es auch umso wichtiger, dass wir uns da vorher abgestimmt haben.

Bastelt was, zu Visualisierung – nicht zu viel, immer dran denken: Die kommen aus einer ganz anderen Welt, aus einer ganz anderen Gedankenwelt, als wir, die wir uns hier grad unterhalten. Also… ja, dann passt das schon.

Jut, alles klar. Dann bedanke ich mich für die Runde und wünsche jedem frohes Schaffen und dann hoffe ich euch beide in Berlin zu sehen. Und dich dann, Frank, wenn du zurück aus Singapur bist. Und wenn ich nicht dabei sein kann, dann kann sich ja einer von euch beiden dann einfach mal anschließen … mit mir contacten, weil’s mich dann natürlich interessiert, wie es gelaufen ist beim guten Boris.

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Bild oben: Screenshot (Standbild) der Veröffentlichung der Gesprächsaufzeichnung auf vk.com