Frieden - Antifaschismus - SolidaritätGeschichte

Ein Beitrag zur Friedensicherung

von Prof. Dr. Anton Latzo

Erstveröffentlichung in der UZ vom 13.08.2021

Die historische Wahrheit ist nicht nur Grundlage und Bestandteil der allgemeinen Kultur des Menschen. Sie sollte auch als Lernstoff für ein verantwortungsvolles Verhalten der Menschen und besonders der Politiker bei der Gestaltung friedlicher Lebensbedingungen sein. Das Wissen um die tatsächlichen Vorgänge, die zu den Sicherungsmaßnahen der DDR in Übereinstimmung mit den Staaten des Warschauer Vertrages an den Grenzen zur BRD und zu Westberlin am 13. August 1961 geführt sowie die nationalen und internationalen Folgen bestimmt haben, ist entscheidend für das Verstehen der Grundprozesse unserer Epoche und für das Positionieren des Einzelnen und der Friedenskräfte in den Kämpfen unserer Tage.

Von den westlichen Besatzungsmächten und von den ihrer Bestrafung entgehenden Monopolkreisen in der BRD wurden Westberlin und der BRD schon in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre die Rolle einer Störzentrale gegen die Sowjetunion und die damals entstehenden volksdemokratischen Staaten zugedacht. Sehr deutlich erläuterte das der Autor der Politik des „Roll back“, John Foster Dulles, in seinem 1950 erschienen Buch „War or Peace“: Die Aufgabe des westdeutschen Staates, wird es sein, „Ostdeutschland in den Machtbereich des Westens“ zu ziehen, und so „eine vorgeschobene strategische Position in Mitteleuropa zu gewinnen, welche die sowjet-kommunistischen, militärischen und politischen Positionen in Polen, der Tschechoslowakei, in Ungarn und anderen angrenzenden Ländern unterminiert“.

Im Klartext hieß das, „kalter Krieg“ und ständiger Bruch des Potsdamer Abkommens. Im Rahmen dieser Strategie der Eingliederung der DDR in den Machtbereich des Kapitals, des Roll back des Sozialismus und der Unterminierung der sozialistischen Positionen in den volksdemokratischen Staaten war Westberlin und der BRD eine zentrale Rolle zugedacht. Westberlin sollte als Brückenkopf inmitten der damaligen sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR die Entwicklung des Sozialismus stören und gleichzeitig als Zentrum für Spionage und Diversion jeder Art dienen. Die BRD war dabei der „Heizmeister“. Im Sinne seiner Auftraggeber bezeichnete der Westberliner Bürgermeister Reuter die Stadt als „billigste Atombombe“. Von ihm stammt auch der Ausspruch: „wir sind der Pfahl im Fleische der Sowjetzone. Berlin ist die Klinke …, mit der die Tür nach dem Osten aufgestoßen werden kann.“

Zu diesem Zweck wurde die normale Entwicklung Westberlins gestört und die Normalisierung seiner Beziehungen zur DDR blockiert. Westberlin, mitten auf dem Territorium der DDR gelegen, wurde zum Bundesland der BRD erklärt. Die Spaltung der Währung wurde vollzogen, die Währungsspekulation blühte, die 1945 geschaffene einheitliche Stadtverwaltung wurde zerstört, Tagungen des Bundestages und seiner Ausschüsse wurden widerrechtlich in Westberlin durchgeführt usw. Dabei handelte die Regierung der BRD in Übereinstimmung mit den drei westlichen Besatzungsmächten.

Die völkerrechtswidrige Ausnutzung Westberlins als Herd von Provokationen und Störmanövern der verschiedensten Art gegen die DDR erzwang wirksame Gegenmaßnahmen, um die Grenze unter Kontrolle zu bringen. Am 13. August 1961 wurde die Taktik des Frontalangriffs gegen die DDR und die sozialistischen Länder durchkreuzt. Ein Kriegsherd wurde eingedämmt! Der Praxis der ökonomischen und finanziellen Ausplünderung der DDR wurde ein Riegel vorgeschoben. Die Sicherung der Grenzen der DDR war ein wichtiger Schritt, um die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Kampf um Frieden und Sicherheit in Europa zu schaffen und in den 1970er Jahren die KSZE mit ihren beispielhaften Beschlüssen durchzuführen.

Prof. Dr. Anton Latzo ist Historiker und Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes

Link zur Erstveröffentlichung: https://www.unsere-zeit.de/beitrag-zur-Friedenssicherung-159051/


Bild: Angehörige der Kampfgruppen vor dem Brandenburger Tor am 14. August 1961
Bundesarchiv, Bild 183-85458-0001 / Foto: Heinz Junge / CC-BY-SA 3.0 de

Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5356510