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Hinter dem „Green Deal“ und der grünen Ideologie

Hinter dem „Green Deal“ und der grünen Ideologie: die schlimmsten Projekte der globalisierten Eliten

Von Pierre Lévy, Chefredakteur der Monatszeitschrift Ruptures

(Erstveröffentlichung am 28.02.2020 auf ruptures-presse.fr )

Es können mindestens fünf Themen aufgeworfen werden, die den inneren Zusammenhang zwischen den Interessen der globalisierten westlichen Oligarchie und der Klima-Ideologie verdeutlichen

Der im Dezember letzten Jahres in Brüssel vorgestellte « Green Deal » wird nun zum Schwerpunktprogramm der europäischen Institutionen. Am 14. Januar skizzierte die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Finanzierung, bevor im Frühjahr ein « großes Klimagesetz » auf den Weg gebracht wird, das die Mitgliedstaaten umsetzen müssen. Es ist die Rede von Tausenden von Milliarden Euro. Dieser « große ökologische Kampfplan » wird, laut von der Leyen, zum « Markenzeichen » der EU werden.

Natürlich gab es viele Stimmen, die meinten, er ginge nicht weit genug. Andere oder auch dieselben beschuldigten die Kommission des Schwindels, des « Vortäuschens », einer Bekehrung zur Ökologie aus reiner Anpassung an den Zeitgeist.

Das ist jedoch keineswegs so. Der umweltpolitische Diskurs ist die Grundlage der Ideologie der globalisierten Eliten und Brüssel ist eines der besten Beispiele dafür. Um an die Wurzeln zu kommen, muss man mehrere Jahrzehnte zurückgehen. Zum Beispiel veröffentlichte 1972 ein Kreis, der aus der OECD (der Organisation der reichsten westlichen Länder) hervorgegangen ist und den wir als Club of Rome kennen, einen immer noch berühmten Bericht mit dem Titel « The Limits to Growth » (Die Grenzen des Wachstums).

Dieser Text wurde von Sicco Mansholt, dem Präsidenten der Europäischen Kommission 1972-1973, nachdrücklich unterstützt. Herr Mansholt, der allgemein als einer der « Väter Europas » angesehen wird, setzte sich bereits für den Stopp des Wirtschaftswachstums ein.

Und wenn es irgendeinen Zweifel an der treibenden Rolle der politischen, finanziellen und oligarchischen Führer bei der Förderung von klima- und umweltorientierten Theorien gibt, so kann man leicht feststellen, dass der emblematische amerikanische Multimilliardär Michaël Bloomberg bis vor kurzem UN-Sondergesandter für Klimaschutzmaßnahmen war. Seinen Posten übernahm nun der Kanadier Mark Carney, der bis Januar 2020 Präsident der Bank of England war. Der Mann wurde durch seine apokalyptischen Vorhersagen über den Brexit berühmt. Nun kann er seine Talente einsetzen, um phantasievolle Katastrophen vorherzusagen.

Es gilt, zwei Aspekte zu unterscheiden

Es ist wichtig, bei der Diskussion über das Thema « globale Erwärmung » von Anfang an zwischen zwei Aspekten zu unterscheiden: Einerseits die wissenschaftliche Forschung und Kontroverse, andererseits die Analyse und das Verständnis der damit verbundenen wirtschaftlichen, sozialen, politischen, geopolitischen, demokratischen und sogar philosophischen Fragen.

Die Diskussion über die Realität des Klimawandels und seine möglichen Ursachen ist Aufgabe der Wissenschaftler. Wir werden hier also nicht darauf eingehen. Allerdings sollte darauf hingewiesen werden, dass es über eine anthropogen bedingte Erwärmung keine Einigkeit unter den Wissenschaftlern gibt – es sei denn, man würde alle dissidenten Wissenschaftler als ignorant, Fantasten oder Betrüger bezeichnen.

Andererseits ist es völlig legitim, wenn sich Bürgerinnen und Bürger an der Diskussion über Zusammenhänge und Ziele der aktuellen Kampagne beteiligen. Darüber hinaus müsste die totalitäre Allgegenwart der dominanten These bei rational und kritisch denkenden Menschen Entsetzen auslösen, wenn sie erleben, wie diese morgens, mittags und abends in den Mainstreammedien propagiert wird, so dass es schwierig wird, den vorgegebenen Denkrahmen zu verlassen. Wenn man einigen Umweltaktivisten aufmerksam zuhört, so ist man nicht mehr sehr weit davon entfernt, die « Klima-Leugnung » zum Verbrechen zu erklären und diesbezüglich mit strafrechtlichen Sanktionen zu belegen.

Es können mindestens fünf Themen aufgeworfen werden, die den inneren Zusammenhang zwischen den Interessen der globalisierten westlichen Oligarchie und der Klima-Ideologie verdeutlichen. Wir können sie hier nur ansprechen, aber jede würde offensichtlich eine weitergehende Analyse verdienen.

Die soziale Frage

Das erste Thema könnte wie folgt zusammengefasst werden: Die Genügsamkeit, die als notwendig erachtet wird, um « den Planeten zu retten », ist in Wirklichkeit der Deckname für die Sparmaßnahmen, die die Finanzoligarchen den Völkern aufzwingen wollen. Sie wird von Kreisen der « Linken » freudig aufgegriffen und als « wohltuende Genügsamkeit » befürwortet. Allen, die sich Sorgen machen, wie sie das Monatsende überstehen sollen, wird das drohende Ende der Welt vor Augen geführt. Unter dem Motto „besser leben als mehr haben“ wird mit dem Finger auf den « übermäßigen Konsum » gezeigt, auch den von Energie.

Diese Geisteshaltung in der herrschenden Ideologie ist nicht neu. Der in den Medien gefeierte französische Journalist François de Closets verdankt den größten Teil seiner Karriere der Denunzierung der Arbeiter, als jene, die « Immer mehr » wollen – so auch der Titel eines der etwa zwanzig Bücher, die er seit 1970 zum gleichen Thema veröffentlicht hat.

Der Antagonismus zwischen denjenigen, die das « Ende des Monats » fürchten, und denjenigen, die vor dem « Ende der Welt » warnen, wurde im November 2018 deutlich in Frankreich: Die Gelb-Westen-Bewegung entstand aus der Ablehnung einer Treibstoff-Steuer, die die Regierung durchsetzen wollte mit dem erklärten Ziel « eine Verhaltensveränderung herbeizuführen ».

Nicht nur die Kaufkraft von Millionen von Lohnabhängigen steht auf dem Spiel. Direkt bedroht sind auch Hunderttausende von Arbeitsplätzen – im Namen der Ökologisierung der Wirtschaft, die angeblich weitere Arbeitsplätze schafft, nur eben später. Dies ist eine Realität, die in der gesamten Europäischen Union zu beobachten ist. Es ist kein Zufall, dass die Kommission einen Sonder-Fonds plant, der künftig in Not geratene Lohnabhängige, die ihrer Arbeit beraubt werden, und künftige deindustrialisierte Regionen « begleiten » soll.

Und es ist zweifellos nicht ohne Bedeutung, wenn man feststellen muss, dass die am meisten bedrohten Sparten diejenigen sind, die für die Stärke und die Geschichte der Arbeiterklasse am symbolischsten sind: Bergarbeiter (in Frankreich hatte man zuvor auch schon andere Vorwände gefunden, um diese Tätigkeit abzuschaffen), Stahlarbeiter, Arbeiter in der Chemie- und Automobilindustrie. Es ist, als ginge es im Unterbewusstsein der herrschenden Klasse darum, die übermäßig « CO2 produzierenden » Fabriken loszuwerden – und gleichzeitig die „gefährliche“ Klasse, vor allem dort, wo sie konzentriert und kämpferisch sind.

Die Geopolitik

Der zweite Bereich ist anderer Natur. Er rührt von einer Ungeschicklichkeit des Allmächtigen her: Er hatte die schlechte Idee, das Erdöl so zu verteilen, dass er einen großen Teil jenen Nationen gab, die nicht mit dem Westen verbunden sind. Russland, Iran und Venezuela, um nur drei Beispiele zu nennen, sind die Länder, in denen sich die größten Öl- und/oder Gasreserven konzentrieren.

Man kann sich also vorstellen, dass man in den herrschenden Kreisen nicht unbedingt unzufrieden wäre, wenn diesen Staaten nach und nach die durch den Export von Erdöl/Erdgas bereitgestellten Ressourcen entzogen würden. Durch Verteufelung dieser Brennstoffe werden die Positionen und finanziellen Ressourcen der Gegner oder Feinde geschwächt.

„Global Governance“

Das dritte Thema hat starke ideologische Konnotationen. Immer wieder wird uns gesagt: Die Klimakatastrophe kann nur im Weltmaßstab bekämpft werden. Dies ist ein willkommenes Mantra für all jene, die seit Jahrzehnten für eine « Global Governance » (der ultimative Traum der Mächtigen) – und ihre Variationen in großen regionalen Blöcken wie der EU – kämpfen.

Kurz gesagt, es kommt gerade richtig: Um die großen Probleme unserer Zeit zu lösen, gelten Nationalstaaten als veraltet. Daher hat die These den Anschein des Offensichtlichen: Die globale Erwärmung hat keine Grenzen, also sollen wir den altmodischen Begriff der nationalen Souveränität vergessen.

Die Demokratie

Die vierte Dimension der auferlegten Klima-Imperative betrifft das nicht ganz unbedeutende Thema der Demokratie. Denn die Beispiele zeigen es: Die Arbeiterklassen, die Völker, scheinen nicht zu akzeptieren, sich der umweltpolitischen Doxa zu unterwerfen, jedenfalls nicht schnell genug, um die angekündigten Katastrophen zu verhindern.

Schlimmer noch, sie wären sogar bereit, Regierungen, die übereifrig gegen CO2 kämpfen, bei Wahlen zu bestrafen. Und da diese Regierungen die Schwäche hätten, die Reaktionen ihrer Wähler zu fürchten, werden die notwendigen Maßnahmen – zusammengefasst in der Formel: « Wir müssen unsere Lebensweise radikal ändern » – ewig verzögert.

Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Die Demokratie ist zu einem Hindernis für das Überleben des Planeten geworden. Einige Leute sagen das offen. Andere, weniger unverblümt, stellen ernsthaft die Frage. Denn wenn unser kollektives Überleben wirklich bedroht ist, muss die Demokratie zurückstehen. Das Argument ist unwiderlegbar und ist vor allem auf wundersamer Weise ein Geschenk des Himmels für die Mächtigen der Welt, die zunehmend mit der Volkssouveränität in Konflikt geraten (die Trilaterale Kommission hatte bereits in den 1970er Jahren – zur Zeit des Club of Rome – auf die « Probleme » der Demokratie hingewiesen).

Die Infragestellung des Fortschritts

Das fünfte Thema ist wahrscheinlich das grundlegendste und bezieht sich auf den Fortschritt. Es kann niemandem entgehen, dass der Fortschritt vom „Zeitgeist“ grundlegend in Frage gestellt wird. Der Fortschritt in all seinen Dimensionen – sozial (Kaufkraft, sozialer Schutz, öffentliche Dienstleistungen), wirtschaftlich (Wachstum), kulturell, wissenschaftlich, technologisch – gilt entweder als verdächtig, schuldig, riskant oder arrogant.

Hier und da fragen sich einige ernsthaft: Sind wir nicht zu weit gegangen? Das vorherrschende Dogma könnte also wie folgt ausgedrückt werden: « Bitte verlasse den Planeten in dem Zustand, in dem du ihn gefunden hast ». Und um der Sache eine zusätzliche emotionale Dimension zu verleihen, berufen wir uns auf « unsere Kinder », « unsere Enkel », denen gegenüber wir eine schwere Verantwortung tragen. Es ist exakt das gleiche Argument wie bei den Staatschulden.

Die Bandbreite ist groß, von den Kollapsologen, die offen für eine Rückkehr zum Pflug plädieren (wenn nicht sogar für den präventiven Selbstmord der Menschheit, um den Planeten überleben zu lassen) bis zu den ganz Vorsichtigen, die sich damit begnügen, jedes neue Infrastrukturprojekt in Frage zu stellen (Eisenbahn, Straße, Flughafen, Hydraulik – es gibt immer irgendwo einen Biber, der gerettet werden muss). Brauchen wir das alles wirklich? », hört man von verschiedenen Seiten.

Der Streit zwischen den Anhängern einer prometheischen Vision der Menschheit und den Anhängern eines Goldenen Zeitalters (das es nie gab) ist zwar nicht neu. Aber die fortschreitende Unfähigkeit des derzeit herrschenden Systems, Wohlstand zu schaffen (außer für die Aktionäre), führt dazu, dass dieses System regressive Ideologien erzeugt, wie den Stopp des Wirtschaftswachstums, der der Rezession einfach nur ein Bio-Label aufdrückt.

Die Konzeption vom Verhältnis zwischen Mensch und Natur ist das privilegierte Terrain dieser buchstäblich reaktionären Entwicklung

Die Konzeption vom Verhältnis zwischen Mensch und Natur ist das privilegierte Terrain dieser buchstäblich reaktionären Entwicklung. Die Natur sollte « bewahrt », « verteidigt » und « respektiert » werden. Schlimmer noch: Die herrschende Ideologie hat nun eine Gleichsetzung von dem was « natürlich » ist, mit « gut » vorgenommen (die Endlosschleife der diesbezüglichen Werbung verdeutlicht dies). Muss erst daran erinnert werden, dass diesem Kult des « Natürlichen » nicht zu allen Zeiten gehuldigt wurde?

Kann man die Absurdität einer solchen Anordnung erfassen? Die Natur ist reich an toxischen Produkten, während künstliche, im Labor erzeugte Produkte (z.B. Medikamente, Chemikalien) ein unersetzliches Gut für das kollektive und individuelle Wohlbefinden darstellen können. Trotzdem müssen wir uns natürlich gegen die Umweltverschmutzung wehren, die sich aus dem ungezügelten Streben nach Profit – und nicht aus dem Fortschritt als solchem – ergibt.

Könnte man nicht die Geschichte der Menschheit als eine Reihe von Kämpfen verstehen, um Entdeckungen und Erfindungen zu machen, die uns helfen, uns von den « Zwängen der Natur » zu emanzipieren? Von den ersten Menschen, die ein Dach bauten, um sich vor den Launen der Natur zu schützen, bis zur heutigen Zeit, in der eine Sonde zur Sonne geschickt wird, hat der Mensch immer versucht, sich von den Zwängen zu befreien, um das Unmögliche möglich zu machen.

Ist es nicht das, was die Menschheit definieren könnte? Ist es nicht charakteristisch für letztere, gegen die Natur zu handeln? Beginnend mit diesem tausendjährigen Kampf, um eines der Hauptmerkmale der Natur in Frage zu stellen: das Gesetz des Dschungels.

Es gibt also einerseits diejenigen, die die Natur respektieren, insbesondere eine ihrer Konstanten (wenn auch nicht ausschließlich): Die Stärksten dominieren die Schwächsten, Raubtiere ernähren sich von der Beute. Und auf der anderen Seite diejenigen, denen der Kampf für die Gleichberechtigung am Herzen liegt – ein Kampf, der, wenn man diese Abkürzung wagt, vom Sklavenaufstand des Spartacus bis zu den heutigen französischen Streikenden reicht, die für die Rente kämpfen.

Indem sie vorgeben, „den Planeten » vor den Bedrohungen durch menschliche Aktivitäten in Form von CO2 « zu retten », haben die europäischen Institutionen ihre Seite gewählt. Wir haben das Recht, uns auf die andere Seite zu stellen und vorzuschlagen, den Umfang der Möglichkeiten nicht auf das zu beschränken, was bereits vorhanden ist. Oder zumindest die Debatte ohne Beschimpfungen und ohne apokalyptisches Delirium zu akzeptieren.

Pierre Lévy (geb.1958 in Paris), früher Gewerkschaftsfunktionär der CGT-Metall,  von 1996 bis 2001 Redakteur  bei “L’Humanité“, der Tageszeitung der Kommunistischen Partei Frankreichs, lancierte 2000 eine  „radikal eurokritische, fortschrittliche Monatszeitung“ unter dem symbolischen Titel „Bastille-République-Nation“, die ab Frühjahr 2015 als  „Ruptures“ (dt. „Brüche“) fortgesetzt wird, zusätzlich mit der  Webseite: https://ruptures-presse.fr/. Die Monatszeitung vertritt eine konsequent fortschrittliche Linie der Verteidigung der Interessen der Arbeitswelt auf sozialem, wirtschaftlichem, wissenschaftlichem und technologischem Gebiet. Sie engagiert sich für nationale Souveränität und Selbstbestimmung. Besonderer Schwerpunkt ist die faktenreiche kritische Berichterstattung über die EU, einschließlich der Zurückweisung gerade der Prinzipien der europäischen Integration und der ewigen Illusionen über ein „anderes Europa“.

 

Link zur deutschen Erstveröffentlichung: https://ruptures-presse.fr/deutsch/klima-eliten-ideologie-sozial/


Bild: ruptures-presse.fr