Videos: Karl-Marx-Konferenz „Individuum und Gesellschaft“
Zum 200. Geburtstag des wirkmächtigen Philosophen Karl Marx veranstaltete der Deutsche Freidenker-Verband am 28. April 2018 in Hannover die wissenschaftliche Konferenz „Individuum und Gesellschaft – Menschenbild und Persönlichkeitstheorie im Marxismus“.
Mit der Konferenz wollten wir selbstverständlich den großen Wissenschaftler und Revolutionär ehren, aber wir wollten auch prüfen, wie wir sein Erbe in der Gegenwart nutzen können, um eine zukünftige freie Gesellschaft mitaufzubauen: Bieten Menschenbild und Persönlichkeitstheorie des Marxismus heute eine brauchbare Grundlage für den Kampf um eine neue Gesellschaftsordnung? Darüber brauchen wir Klarheit, wenn wir von der Diskussion „wie wollen wir leben“ zu praktischen Schritten der Veränderung kommen wollen. Wie bringen wir uns ein, falls es nach Bewegungen der „Empörten“ und „Unbeugsamen“ anderer Länder gar in Deutschland dazu käme, dass „Aufstehen“ dem „Sitzenbleiben“ vorgezogen würde?
Nach Einschätzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz haben die Beiträge dazu interessante neue Erkenntnise geliefert und insbesondere nachgewiesen, dass der Marxismus kein „alter Hut“ ist, sondern weit über unsere kapitalistische Gegenwart hinausweist. Als Orientierung kann er aber nur dienen, wenn wir ihn nicht dogmatisieren, sondern uns aneignen und immer wieder erforschen, neu lesen, ihn als Werkzeug nutzen, um Neues zu analysieren.
Die Neue Rheinische Zeitung hat bisher vier der fünf Hauptreferate als Video veröffentlicht, die wir hiermit auch über unsere Seite zugänglich machen.
(Nachtrag 30.08.2018: Es sind nunmehr alle fünf Hauptreferate veröffentlicht und unten zugänglich.)
Hinweis: Die Referate der Karl-Marx-Konferenz erscheinen in Textform Mitte September in der Ausgabe 3-18 des Verbandsorgans FREIDENKER
Klaus Hartmann: Was ist der Mensch?
Mit Marx kann das Fazit nur lauten, den Menschen mittels Aufklärung aus einem unwürdigen Objekt-Zustand zu befreien und alle Möglichkeiten zur Erlangung des Subjekt-Zustandes zu ergreifen. Es wird deutlich: „Der Mensch ist stets der Mensch einer historischen Epoche.“ Unter wesentlicher Bezugnahme auf drei neuzeitliche Philosophen und Kulturwissenschaftler (Erich Hahn, Alfred Kurella, Lucien Séve) zieht der Vorsitzende des Deutschen Freidenker-Verbandes und Präsident der Weltunion der Freidenker, Klaus Hartmann, den (materialistischen) Schluss vom „Geheimnis der grenzenlosen Weiterentwicklung der menschlichen Möglichkeiten bei gleichzeitig unverändertem neuronalen Potential“.
Link zur Erstveröffentlichung des Videos: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24890
Direktlink zum Video auf YouTube: https://youtu.be/d4CUVzBVun4
Prof. Wolfgang Jantzen: Persönlichkeit und sozialer Sinn
Auszug: „Die Negation des Einzelnen, die der Realsozialismus teilweise betrieben hat, ist die Aufgabe sowohl des Allgemeinen wie des Besonderen, weil nur im Einzelnen Allgemeines und Besonderes gemeinsam existieren können. Und da können wir sehr schön an der französischen Debatte anknüpfen, an dem vielgeschmähten Jean-Paul Sartre, aber auch an Roland Barthes, und besonders an Maurice Merleau-Ponty und seinem Buch „Humanismus und Terror“, denn das hebt hervor, dass eine sozialistische, eine brüderliche und schwesterliche Gesellschaft nur sein kann, wenn zugleich die humanistische Basis – also die freie Entwicklung eines jeden mitbedacht wird.“
Link zur Erstveröffentlichung des Videos: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24935
Direktlink zum Video auf YouTube: https://youtu.be/1DIEeHmiFso
Klaus Linder: Die Leere der Frankfurter Schule
Klaus Linder nimmt die Frankfurter Schule unter die Lupe: Marxismus oder besser scheinbarer Marxismus im Dienst des Imperialismus bzw. knallharter „antideutscher“ Strömungen á la Jutta Ditfurth. Geschichtliche Zusammenhänge auflösen. Unter einem marxisierenden Mäntelchen potente Proteste aufs Abstellgleis leiten – so arbeiten die Schüler der Schule bis heute. Widerstand aufbrechen bzw. neutralisieren, mit psychologischen Tricks (68er) Studenten vom Gegenteil ihrer Erkenntnisse „überzeugen“… das war die Aufgabe der Professoren des Instituts für Sozialforschung. Theodor Adorno, Max Horkheimer und Herbert Marcuse hatten es sich allem Anschein nach im Interesse der transatlantischen Imperialisten (Vietnamkrieg pp) zur Aufgabe gemacht, den Widerstand schon gegen den US-gesponsorten deutschen Faschismus unter Hitlers Führung für nicht vorhanden zu erklären (Marcuse), obwohl unzählige politische Gegner, vor allem Kommunisten, in den KZs ums Leben kamen.
Link zur Erstveröffentlichung des Videos: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25004
Direktlink zum Video auf YouTube: https://youtu.be/rQppbDRGOUA
Dr. Elmar Witzgall: Warum und wie passen Mensch und Arbeit zusammen?
Der Arbeitswissenschaftler und promovierte Pädagoge Dr. Elmar Witzgall erläutert, wie sich soziale Organisation und Produktionsweisen über hunderte, ja tausende von Jahren weiterentwickelt haben. Ging es den Urmenschen mit der Produktion einfachster Werkzeuge wie Pfeil, Faustkeil und Nähnadel noch darum, sich existentiell zu behaupten, wird im modernen Kapitalismus der Wert (Mehrwert) der Arbeit von den Besitzern der Produktionsmittel abgeschöpft. Kann der Sinn der Handlung (menschlicher Arbeit) sich nicht mehr durch Bewusstwerdung des Sinns und dessen Akzeptanz erschließen, ist der Marx’sche Begriff der Entfremdung zu verwenden. Bei Unterforderung – so der Arbeitswissenschaftler Witzgall – stelle sich eine schleichende Rückbildung von Fähigkeiten ein. Weitere Einschränkung besteht in der Kontrolle, die sich im digitalen Zeitalter zunehmend zur angestrebten totalen Kontrolle der Mächtigen auszuwachsen droht.
Link zur Erstveröffentlichung des Videos: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25075
Direktlink zum Video auf YouTube: https://youtu.be/j1TbLkKrLN8
Dr. Werner Seppmann: Das Menschenbild des informationstechnologischen Kapitals
Geht es beim Menschenbild des IT-Kapitals um die Gottwerdung des Menschen? Mit Sicherheit nicht aller, aber einiger machthungriger Beherrscher der Techniken. Gott oder die Götter brauchen eine Klientel, die an sie glauben, die abhängig von einem Herrschaftskonstrukt und deren Allmachtsphantasien sind. Seppmann: „Das Menschenbild des IT-Kapitals ist nur ein kleiner Aspekt meiner Kritik des Computers. … Das Problem ist heute, dass wir es mit einer ganzen Reihe von quasi religiösen Orientierungen zu tun haben, die weit verbreitet sind. … Letztlich, und das haben einige führende Computer-Ideologen selbst gesagt, geht es um die Gottwerdung des Menschen. … Die ganze Diskussion um die Intelligenz ist in gewissem Sinne nebensächlich. Darum geht es den IT-Multis auch nicht. Diese Fakten resistenten Diskussionen erfüllen für das IT-Kapital ihren Zweck, weil sie geeignet sind, ihr gegenwärtiges Streben nach totaler Erfassung, Kontrolle und Manipulation – also ihr Kerngeschäft – in einem besseren Licht erscheinen und vergessen zu lassen. Denn gelingt auch nicht die Ersetzung der menschlichen Intelligenz, doch um zu viel versprechender die Versuche, direkt in das menschliche Gehirn einzudringen. … Der magische Umgang mit den Smartphones ist ein Beispiel dafür, wie stark schon die Manipulationsstrategien des IT-Kapitals sind. Es ist kein Zufall, dass dort Abhängigkeiten erzeugt werden, weil diese Smartphones nach den Regeln der Beeinflussungs-Psychologie programmiert sind. … Bisher haben wir es mit einer indirekten Steuerung zu tun. Nach eigenen Worten will das IT-Kapital von der indirekten Steuerung zur direkten Steuerung übergehen. …“
Link zur Erstveröffentlichung des Videos: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25152
Direktlink zum Video auf YouTube: https://youtu.be/ajKLwquhbvU
Hinweis: Die Referate der Karl-Marx-Konferenz erscheinen in Textform Mitte September in der Ausgabe 3-18 des Verbandsorgans FREIDENKER
Einleitungstext: Klaus Hartmann
Zwischentexte: Neue Rheinische Zeitung
Bild oben: Klaus Hartmann, Vorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes und sein Stellvertreter, Sebastian Bahlo, auf der Karl-Marx-Konferenz am 28.04.2018 in Hannover.
Foto: arbeiterfotografie.com