Frieden - Antifaschismus - SolidaritätGeschichte

Die Wahrheit liegt in den Tatsachen

von Prof. Dr. Anton Latzo

Vortrag, gehalten am 23.04.2022  auf einer Veranstaltung von GRH und ISOR in Berlin

 

Es ist nach wie vor wichtig, festzuhalten, dass in den internationalen Beziehungen nach wie vor und noch lange Zeit die Fragen der Macht für Frieden und Sicherheit der Völker und Staaten von zentraler Bedeutung bleiben. Es sind Faktoren, die – unter Klassenbedingungen – Zeitenwechsel überdauern!

Der Grundwiderspruch unserer Epoche ist zwar lösbar, aber nicht einfach durch Nichtbeachtung zu beseitigen. Seine Beseitigung ist nur durch Lösung möglich!

Die Auseinandersetzungen in der Ukraine, einschließlich Einsatz militärischer Mittel, sind Bestandteil und bisheriges Ergebnis des Kampfes des Imperialismus  der USA und Westeuropas  gegen Russland, um Mittel- und Osteuropa, um die Ausdehnung seiner Herrschaft über Eurasien, von Lissabon bis Wladiwostok.

Sie sind unmittelbare Folgen der Niederlage  des Sozialismus in Europa und der Zerstörung der UdSSR. Sie haben den Weg für die Beseitigung der Ergebnisse der KSZE, für die Osterweiterung der NATO bis an die Grenze Russlands und für den Ausbau Osteuropas  zum Aufmarschgebiet gegen Russland ermöglicht.

Der Kampf in der Ukraine richtet sich also nicht nur gegen die einheimischen Nazis, sondern auch gegen die Politik der USA und ihrer Verbündeten, die diese faschistischen Kräfte installiert, unterstützt und geführt haben. Es ist ein Krieg gegen die Bereitschaft  der von den faschistischen Kräften geführten ukrainischen und internationalen Kreise, einen Stellvertreter-Krieg zur Durchsetzung der imperialistischen USA-Interessen gegen Russland und gegen Sicherheit und den Frieden in Europa zu führen.

Es ist kein Krieg gegen das ukrainische Volk, sondern Kampf für seine Befreiung und  für die Verhütung eines Flächenbrandes in Eurasien.

Aktuelle Situation und historischer Prozess

Um die Situation zu verstehen, ist es notwendig, sie in Zusammenhang mit dem historischen Prozess zu betrachten. Seit Oktober 1917 geht es den imperialistischen Mächten nicht nur um natürliche Reichtümer und geostrategische Räume, sondern um die weltweite Verhinderung des gesellschaftlichen Fortschritts.

Alle materiellen, politischen und geistig-kulturellen Faktoren in dieser Gesellschaft extrem ungleicher Eigentumsverhältnisse (Imperialismus) weisen in die Richtung dringend notwendiger grundlegender  Umgestaltungen der Gesellschaft, zu einer sozial gerechteren Ordnung, die allen Menschen prinzipiell gleiche Chancen zur Entwicklung und produktiven Nutzung ihrer unterschiedlichen Fähigkeiten bietet.

Die aus der Sicht der Herrschenden bestehende Notwendigkeit, eine progressive Lösung der Widersprüche ihrer Ordnung zu verhindern, führt zur Vertiefung der Widersprüchlichkeit in der Entwicklung der Gesellschaft und wirkt zunehmend in Richtung auf eine Radikalisierung der politischen Systeme, der Zunahme  reaktionärer gesellschaftlicher und politischer  Konzepte.

In der Erhaltung der Hegemonie der USA sehen die Herrschenden gegenwärtig einen Hauptweg zur Rettung ihres Systems. Die Ukraine wurde nach der Niederlage des Sozialismus in Europa und nach der Zerschlagung der UdSSR zur Kampfarena in dieser globalen Auseinandersetzung auf- und ausgebaut.

Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Weiterexistenz des Kapitalismus!

In der politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit sind die Parteien und Politiker, die Medien, Stiftungen sowie „Denkfabriken“ aller Art  aber bemüht, Russland als Hauptursache aller Probleme zu brandmarken – auch für die Lage in der Ukraine!

Ohne Frage ist hier eine bedauerliche und vor allem eine gefährliche Situation für Frieden und Sicherheit der Völker und vor allem Russlands entstanden.

Aber sie ist nicht aus dem Nichts und auch nicht plötzlich und unerwartet aufgetaucht. Die Situation lässt sich auch nicht auf ein Verhältnis Russland – Ukraine reduzieren! Es geht der NATO unter Führung der USA sowie den Mächten der EU darum, die Ukraine als Pfahl im Fleische Europas und an der Grenze Russlands auszubauen, um einen historischen Spruch abzuwandeln.

Sieht man genau hin, so ist es erstens eine jahrelange Konfrontation zwischen  der NATO unter der Führung der USA und Russland auf ukrainischem Boden, die laut Konzept der USA und der EU (Borrell) bis zum letzten Ukrainer geführt werden soll.

Was in der gegenwärtigen Situation passiert, ist Teil eines größeren globalen Prozesses der sozial-ökonomischen und politischen Veränderungen. Und Russland spielt in der gegenwärtigen Phase als eigenständige Großmacht und als Bündnispartner der VR China wieder eine sehr wichtige Rolle. Man geht von der Überlegung aus, dass, wenn es gelänge, Russland zu eliminieren, dies eine substanzielle Schwächung auch der VR China nach sich ziehen und damit die Rettung der kapitalistischen Gesellschaft ermöglichen würde.

Konzept der USA

Die Politik der USA ist eine bewusste Verwirklichung ihrer konzeptionellen Vorstellungen, die nach 1945 entwickelt und besonders seit der KSZE und in den 1990er Jahren, nach der Niederlage des Sozialismus in Europa und nach der Zerschlagung der UdSSR, intensiviert wurden. Sie haben ihren Niederschlag in der Ost-Erweiterung der NATO gefunden, wurden in den inszenierten „bunten Revolutionen“ in den GUS-Staaten (Maidan) fortgesetzt.

Der Auf- und Ausbau sowie die Nutzung der Ukraine ist ein bewusst geplanter und realisierter Vorgang. Sie soll als Pfahl im Fleische des Territoriums der ehemaligen UdSSR (GUS) und der gewesenen Warschauer Vertragsorganisation als entscheidender Schritt zur Wahrung der Hegemonie der USA in Europa und im eurasischen Raum dienen.

Das Grundkonzept der USA findet sich  in den manchmal prophetisch erscheinenden Aussagen von Zbigniew Brzezinski z.B. in seinem Buch „Die einzige Weltmacht“, die offensichtlich eine Zusammenfassung aller Vorstellungen vor und nach 1989 darstellen.

Die Bedeutung der Ukraine im Kampf gegen Russland wurde dabei so begründet: „Unter geopolitischem Aspekt stellte der Abfall der Ukraine einen zentralen Verlust dar, denn er beschnitt Russlands geostrategische Optionen drastisch“. Weiter: „Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr.“.

Aber auch unter regionalen Aspekten wird der Ukraine bei der Beschränkung der Wirkungsmöglichkeiten Russlands eine Schlüsselrolle eingeräumt. Dazu heißt es zum Beispiel: „Die Unabhängigkeit der Ukraine beraubte Russland seiner beherrschenden Position am Schwarzen Meer“.

Die Ukraine spielt also eine bestimmte, schon sehr früh geplante Rolle im Konzept der USA und der NATO, dass auf die Sicherung der amerikanischen Hegemonie ausgerichtet ist.

In Sorge vor einem Wiedererstarken Russlands nach der Zerstörung der UdSSR plädierte Brzezinski frühzeitig für eine NATO-Osterweiterung, die ursprünglich auch die Ukraine einbeziehen sollte. „Da die EU und die NATO sich nach Osten ausdehnen, wird die Ukraine schließlich vor der Wahl stehen, ob sie Teil einer dieser Organisationen werden möchte“, so Brzezinski. Er wies auch schon auf die Reihenfolge hin: erst die anderen osteuropäischen Staaten und dann die Ukraine. „Es ist davon auszugehen“, sagt Brzezinski, „dass sie, um ihre Eigenständigkeit zu stärken, beiden beitreten möchte, wenn deren Einzugsbereich einmal an ihr grenzt und sie die für die Mitgliedschaft notwendigen inneren Reformen durchführt“.

Wohlgemerkt, dieses Konzept wird Mitte der 1990er Jahre, also  n a c h  dem viel umstrittenen Verzicht auf die Ostausdehnung der NATO gegenüber Gorbatschow – aber zu Zeiten Jelzins – so formuliert! Alles, was  geschehen ist und geschieht, ist von den USA – entgegen den Zusagen zum Verzicht auf Osterweiterung – so geplant und wird von der NATO so verwirklicht!

Der Wert von Brzezinskis Aussagen besteht unter anderem darin, dass sie die in offiziellen Dokumente etwas glattgebügelten Vorhaben der USA ungeschminkt zutage bringen.

Zwischen-imperialistische Widersprüche auf Kosten Russlands austragen

Wie es sich immer deutlicher herausstellt, haben wir es in der Ukraine mit einem weiteren Feld der Austragung von Widersprüchen zwischen USA und EU bzw. ihren Mächten zu tun, über den aber allgemeines Schweigen verordnet ist. Die Ausweitung dieses Kampfes bis an die Grenzen Russlands bedeutet eine weitere Gefährdung der Sicherheit dieses Landes.

Den USA geht es darum, Russland und die westeuropäischen Mächte der EU, einschließlich Großbritannien, in einem konfrontativen Verhältnis zueinander zu halten, damit sich beide Seiten gegenseitig schwächen. Es soll verhindert werden, dass sie zusammen zu einer – wenn auch nur zeitweiligen – Kraft gegen die Ziele der USA in Europa und weltweit werden können.

Besondere Aufmerksamkeit erfährt das Verhältnis Deutschland – Russland. Man ist aber ebenso daran interessiert, das Stellung Deutschlands in der  EU und sein Verhältnis zu Frankreich und Großbritannien ständig zu stören, sowie seinen Einfluss in den Ländern Osteuropas zu stoppen bzw. zurückzudrängen. Die Krise in der Ukraine hat also sehr viel mit Deutschland zu tun.

Letztendlich geht es den USA darum, zu verhindern, dass Deutschland durch seine (wirtschaftlichen) Beziehungen mit Russland und mit China von der Logik einer anderen Weltordnung erfasst wird als wir sie bisher haben. Die Sanktionen sollen einen kräftigen Anteil daran haben.

Dabei werden die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Regierungen der EU-Staaten und Großbritanniens in Bezug auf Ukraine und Russland stimuliert und ausgenutzt, um vor allem die ökonomischen Widersprüche so gegeneinander ins Spiel zu bringen, dass die Entstehung einer Mächtegruppierung zu Ungunsten der USA verhindert wird. Der Streit um die Ostsee-Pipeline gehört dazu – ist aber nur ein Element!

Dies ist auch aus offiziellen Dokumenten der USA-Regierung zu entnehmen. Der unter der Regie des Pentagon (Dirk Cheney) im März 1992, mit dem Ende der der UdSSR erarbeitete „Defence Planing Guidance“ (auch „No-Rivals-Plan“) weist ausdrücklich darauf hin, dass die USA-Vorherrschaft nicht allein gegen „Rivalen“ wie Russland und China „verteidigt“ werden muss, sondern auch gegen Verbündete wie die EU-Staaten.

Laut diesem Plan geht es den USA darum, „den (Wieder-)Aufstieg eines neuen Rivalen zu verhüten, sei es auf dem Gebiet der der früheren Sowjetunion oder anderswo, der eine Bedrohung der Größenordnung darstellt, wie früher die Sowjetunion. … Dies erfordert, dass wir (USA) versuchen müssen, zu verhüten, dass irgend eine feindliche Macht eine Region dominiert, deren Ressourcen – unter gefestigter Kontrolle – ausreichen würden, eine Weltmachtposition zu schaffen. Zu diesen Regionen“, heißt es ausdrücklich, „gehören Westeuropa, Ostasien, die Gebiete der ehemaligen Sowjetunion und Südwestasien.“ Und in Westeuropa ist nun mal Deutschland die Macht, die man kontrollieren muss!

Für das taktische Verhalten der USA gegenüber den konkurrierenden Mächten der EU und auch gegenüber Großbritannien wird die Vorgabe „vornehm“ so formuliert: „Wir müssen den Interessen der fortgeschrittenen industrialisierten Staaten weit genug entgegenkommen, um sie abzuhalten, unsere Führungsrolle anzuzweifeln oder die etablierte politische und wirtschaftliche Ordnung zu stürzen.“ Also: Zuckerbrot und Peitsche!

Das Verhalten der USA in Zusammenhang mit den Entwicklungen in der Ukraine wird von der Verwirklichung dieser Konzeption geprägt. Gleichzeitig verstärkte sich in den USA  die von George Friedman formulierte Sicht, die besagt: „Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann. Unser Hauptinteresse war, sicherzustellen, dass dieser Fall nicht eintritt.“

Und er sagte weiter: „Die Urangst der USA ist, dass deutsches Kapital und deutsche Technologie sich mit russischen Rohstoffen und russischer Arbeitskraft verbinden – eine einzigartige Kombination, vor der die USA seit Jahrhunderten eine Höllenangst haben“. Es besteht offensichtlich ein größerer Zusammenhang zwischen den Ereignissen in der Ukraine und dem Konkurrenz zwischen den USA und Deutschland als in der Öffentlichkeit zugegeben. Deutschland könnte durch ein Verhalten, das an den eigenen Interessen, an Frieden und Sicherheit orientiert ist, einen substanziellen Beitrag zur Lösung des Konfliktes beitragen. Das Verhalten der Regierung von Olaf Scholz ist offensichtlich dazu (noch) nicht Willens oder in der Lage.

Deutschland folgt dem amerikanischen Standpunkt, der (im No-Rivals-Plan) die NATO zum Hauptinstrument der aktuellen und künftigen Politik auserkoren hat. Dieser besagt:

„Die NATO liefert weiterhin die unverzichtbare Grundlage für ein stabiles Sicherheitsumfeld in Europa. Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, die NATO als das vorrangige Instrument westlicher Sicherheit und Verteidigung und als Kanal für die US-Einflussnahme und die Einbeziehung in europäische Sicherheitsfragen zu erhalten. Während die USA das Ziel einer europäischen Integration befürwortet, müssen wir das Entstehen ausschließlich europäischer Sicherheitsarrangements, die de NATO  unterminieren, verhindern.“

Auch wenn die Konflikte zwischen den USA und den EU-Mächten quantitativ zunehmen, sind sie in ihrer Qualität noch nicht so tiefgreifend, dass sie ein gemeinsames Vorgehen gegen Russland, für die Schwächung Russlands verhindern (siehe Nord-Stream 2) . Das ist also nach wie vor ein Faktor, der von beträchtlicher Relevanz für die Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit Russlands ist.

Die gemeinsam inszenierten „bunten Revolutionen“ in den ehemaligen Sowjetrepubliken (einschließlich Ukraine) durch die USA und EU bestätigen das.

Russlands Vorschläge zielen auf gemeinsame Sicherheit

Mit der Osterweiterung der NATO und dem Abschluss bilateraler Partnerschaftsverträge der USA mit den Staaten in Osteuropa sowie der Errichtung militärischer Stützpunkte der USA in diesen Ländern auf bilateraler Grundlage hat sich in Moskau die Überzeugung durchgesetzt, dass es notwendig wird, weiteren westlichen Einflussgewinnen notfalls auch militärisch einen Riegel vorschieben zu müssen. Danach fuhr Moskau sozusagen zweigleisig.

Bestimmend blieb die Orientierung auf politische Lösungen zur Gewährleistung kollektiver Sicherheit. Dafür steht der 2008 vom damaligen russischen Präsidenten Dmitrij Medwedew vorgelegte  Entwurf eines Vertrages über kollektive Sicherheit, der alle Staaten von „Vancouver bis Wladiwostok“ und die in diesem Bereich existierenden internationalen Strukturen (NATO, OSZE, GUS) umfassen sollte. Inhaltlicher Kern sollte die „unteilbare Sicherheit“ sein! Von den USA und den anderen NATO-Mächten wurden alle konstruktive Vorschläge abgelehnt bzw. einfach ignoriert.

In den USA und in der NATO hat sich vielmehr die Überzeugung durchgesetzt, die Kissinger am 5. März 2014 in der Washington Post wie folgt formuliert hat:“Wir haben die Sowjetunion besiegt. Wir werden auch Russland besiegen . Wir werden die Russen zwingen, zu den Waffen  zu greifen.“

Aufgrund dieser offen aggressiven Politik der USA und der NATO drehte sich in der Folgezeit in der internationalen Auseinandersetzung und in der Politik gegenüber der Ukraine immer mehr alles um Konfrontation!

Reaktionäre innere Entwicklung in der Ukraine

Aber nicht nur die internationalen Bedingungen, sondern auch die inneren ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der Ukraine wurden entsprechend geformt.

Im Februar 2014 wurde mit direkter Unterstützung der USA und anderer NATO- und EU-Mächte ein Staatsstreich durchgeführt. Die USA haben öffentlich zugegeben, dass sie  5 Milliarden Dollar in seine Vorbereitung investiert haben.

Man nutzte den Umstand, dass die Ukraine ein noch junger Staat war, denn erst nach dem Zusammenbruch der UdSSR im Dezember 1991 wurde die Ukraine zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein unabhängiger Staat.

Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den prowestlichen Behörden wurde mit Hilfe ausländischer Spezialisten, der Medien, Stiftungen (Sörös u.a.) so kanalisiert, dass bei den Wahlen regelmäßig mehr pro-westliche Kräfte mit  Wurzeln in den faschistischen Bandera-Reihen an die Oberfläche kamen und unter Anleitung der ausländischen Agenturen die Politik bestimmten. USA-Bürger wurden sogar  Minister. Ein Teil, der für Führungspositionen rekrutiert wurde, stammt aus Kreisen, die noch bis 1953 in die antikommunistischen und antisowjetischen Kämpfe in der Westukraine, die besonders von den USA und Großbritannien unterstützt wurden, aktiv beteiligt waren.

Wichtig war, dass eine Verschmelzung von Neonazis mit dem entstandenen oligarchischen Kapital herbeigeführt wurde. Die Bandera-Leute dienten, wie zu Beginn des Faschismus in Deutschland, als Stoßtrupp des Kapitals.

Gleichzeitig wurden sowohl die staatlich-politischen Kräfte und Institutionen als auch die faschistischen Kräfte von der USA-Botschaft in Kiew mit dem Ziel angeleitet, koordiniert und auch kontrolliert, die Ukraine als politisch-ideologischer Stützpunkt und militärische Basis im Zentrum Osteuropa und als Aufmarschgebiet gegen Russland und in Richtung Eurasien auf- und auszubauen.

Das Ergebnis: Die Natur des gegenwärtigen ukrainischen Staates ist ein Bündnis aus Großkapital und höchster Staatsbürokratie, das sich auf kriminelle und faschistische Elemente  unter der politischen und finanziellen Kontrolle der USA stützt.

Nach 2014 wurde in der Ukraine faschistische Ideologie durchgesetzt. Der 9. Mai als Tag des Sieges wurde abgeschafft. Dafür werden Faschisten aus der Zeit vor der Befreiung der Ukraine im 2. Weltkrieg und danach offiziell als Nationalhelden anerkannt. Feierliche Märsche, Umbenennung von Straßen und Plätzen finden statt, Schulbücher wurden umgeschrieben, Kommunisten-Verbot und Verfolgung gehören zum Alltag.

Gleichzeitig wurde begonnen, die russischsprachige Bevölkerung und die Angehörigen anderer Nationalitäten zu assimilieren, ihre Sprache aus Schulen, Ämtern und öffentlichem Leben zu verbannen.

In der Region Donezk und Lugansk stießen diese Maßnahmen auf heftigen Widerstand. Die Bewohner der Volksrepubliken griffen zu den Waffen. 2014 fand ein Referendum statt, bei dem 87Prozent der Bürger für die Unabhängigkeit stimmten. So entstanden die Volksrepubliken Donezk und Lugansk.

Seitens der Kiewer Regierung folgte 8 Jahre Beschuss und Kampf mit Tausenden Toten und Verwundeten.

Gleichzeitig entzog sich die ukrainische Regierung der Umsetzung der im März 2015 auf Initiative Russlands unter Beteiligung Deutschlands und Frankreichs  abgeschlossenen Minsker Vereinbarungen.

Die USA, Großbritannien und andere NATO-Staaten bildeten die ukrainische Armee aus.

In der Ukraine wurden militärische Einrichtungen der NATO eingerichtet, darunter die berüchtigten Pentagon-Labors für die Entwicklung bakteriologischer Waffen. Die USA planten Marschflugkörper an der Grenze Russlands.

Im Dezember 2017 hat die Trump-Administration beschlossen, „defensive Waffen“ an die Ukraine zu liefern. Andere NATO-Staaten folgten. Die Ukraine nahm an Manövern der NATO teil. Im Juli 2021 war das Land gemeinsam mit den USA Gastgeber für das Manöver Sea Breeze im Schwarzen Meer, an dem 32 Staaten beteiligt waren.

Im November 2021 wurde von Außenminister Antony Blinken und seinem ukrainischen Amtskollegen die „Charta USA-Ukraine über die strategische Partnerschaft“ unterzeichnet. Das Dokument bezieht sich ausdrücklich auf die Erklärung des Bukarester Summits von 2008, die darauf hinwies, dass die Ukraine und Georgien Mitglied der NATO werden. Der russische Präsident reagierte mit der Aussage, dass, wenn die Ukraine der NATO beitreten sollte, das ohne die Krim und ohne den östlichen Regionen geschehen werde!

Bei der Bewertung aller Vorgänge in Zusammenhang mit der Ukraine muss man auch berücksichtigen, dass dieses Land über vier Kernkraftwerke, über ein großes wissenschaftliches und technisches Potenzial verfügt und ihr Präsident von der Atombombe sprach.

Die Lage bedrohte zunehmend die Sicherheit Russlands! Mit dem schrittweise Ausbau der Ukraine zu einer strategischen Basis, mit dem militärischen Einkreisen Russlands und der parallel dazu einhergehender wirtschaftlicher Blockade, mit erhöhtem internationalen politischen Druck auf Russland und verleumderischer russophober Propaganda  war die Ukraine zum größten und gefährlichsten Gefahrenherd für die Sicherheit ganz Europas geworden. Russland war mit einem grundsätzlichen strategischen Wandel konfrontiert.

Dem Anspruch Russlands auf Ruhe und Sicherheit an seinen Grenzen und in den Regionen steht ein kategorischer Machtanspruch der USA und der NATO gegenüber!

Die Ukraine wurde zum faschistisch geprägten Objekt, zum Brückenkopf für den Westen in seiner Konfrontation mit Russland.

Im Dezember 2021 machte Russland einen Vorschlag für Verhandlungen über die Nichterweiterung der NATO an die Vereinigten Staaten. Die Adressaten weigerten sich, konstruktiv zu antworten.

Im Januar 2021 hatte die Ukraine 150.000 Soldaten und Nazi-Bataillone im Donbass konzentriert. Kiew breitete sich mit Unterstützung der USA darauf vor, im März 2022 die Kontrolle über den Donbass durch Krieg zu erreichen.

Historischer Hintergrund für die Bewertung der Lage

Bei der Bewertung der inneren und äußeren Entwicklungen musste Russland auch die Erfahrungen berücksichtigen, die die Völker der Sowjetunion während des 20. Jahrhunderts gemacht haben. Drei Mal haben die gleichen Akteure, die auch heute den Ton angeben, versucht, das Land auf zwei Kontinenten zu zerschlagen und aufzuteilen!

Schon im November 1917 beschlossen die Regierungen der Entente-Staaten  auf einer    Konferenz in Paris den Kampf gegen die siegreiche Revolution in Russland. Am 23. Dezember 1917 wurde zwischen England und Frankreich ein Abkommen geschlossen, das die Durchführung einer antisowjetischen Intervention und die Aufteilung Russland vorsah. Es wurde vereinbart, von Russland das Baltikum, die Ukraine, Zentralasien, Bessarabien und andere Territorien abzutrennen und sie in antirussische, koloniale Gebilde umzuwandeln.

Der Kaukasus, das Kuban- und das Dongebiet sollten zur englischen Einflusszone gehören. Die Ukraine, Bessarabien und die Krim zur französischen. Der Ferne Osten und Sibirien sollten zur Einflusssphäre der USA und Japans gemacht werden.

Charakteristisch war schon damals, dass sich alle imperialistischen Mächte in dem  Bestreben einig waren, die Sowjetmacht zu vernichten. Bei der Umsetzung der Pläne verfolgte jede Macht ihre eigenen Ziele, versuchte ihre Konkurrenten auszuschalten, um von den reichsten Territorien selbst Besitz zu ergreifen.

Nicht zu vergessen: auch das kaiserliche Deutschland unternahm alle Anstrengungen, um die Sowjetrepublik zu beseitigen. Es besetzte die Ukraine, Belorussland, einen Teil Transkaukasiens, das Baltikum und die Krim. Durch Entente und Deutschland verlor Sowjetrussland seine wichtigsten Lebensmittel-, Rohstoff- und Brennstoffbasen. Die Sowjetrepublik war abgeschnitten von der Kohle des Donezbeckens, von den Erzgruben von Kriwoi Rog, vom Erdöl Bakus und von der Baumwolle Turkmenistans. Die Periode der Bürgerkriege und der ausländischen Intervention endete  erst mit der Konferenz von Genua im April 1922.

Die internationalen Beziehungen der folgenden Jahre waren ebenfalls davon charakterisiert, einen wirksamen antisowjetischen Block der Imperialisten zu schmieden. Sie führten zum 2. Weltkrieg und seinen bekannten Folgen.

Und drittens haben wir das Ende des 20. Jahrhunderts erlebt, das uns die Niederlage des Sozialismus in Europa, die Zerschlagung der UdSSR und des Warschauer Vertrages und des Entspannungsprozesses gebracht hat.

Die Lehren daraus scheinen noch immer keine konstruktive Rolle in der Politik der USA und der anderen NATO-Mächte zu spielen. Daraus galt es nicht nur für Russland, sondern gilt es für alle Kräfte, denen Frieden und Sicherheit ein lebenswichtiges Anliegen ist, endlich Schlussfolgerungen zu ziehen.

Lösungsvorschläge

Entsprechend den Äußerungen aus führenden Krisen der Kommunisten Russlands (KPRF) müssten die Lösungen für die Probleme in der Ukraine auch die Erfahrungen berücksichtigen, die nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland gesammelt wurden. Dabei ist zwischen Demilitarisierung und Denazifizierung zu unterscheiden.

Insgesamt geht es um solche Prozesse, wie

  • Beseitigung der militärisch-technischen Erschließung der Ukraine durch die NATO,
  • Beseitigung der faschistisch orientierten militärischen und politischen Gruppierungen der Ukraine,
  • Beseitigung der militaristischen Strukturen im politischen System und in der Gesellschaft

Prof. Dr. Anton Latzo ist Historiker und Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes


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