Geschichte

Die Pariser Kommune

Aus: „FREIDENKER“ Nr. 2-21, Juni 2021, S. 3-9, 80. Jahrgang

von Caroline Colebrook

Als die Arbeiterklasse von Paris die Macht in ihrer eigenen Stadt ergriff und die erste Arbeiterregierung der Welt gründete, dauerte diese nicht lange und wurde von bewaffneten Kräften der französischen Regierung in Blut ertränkt. Aber sie sandte eine Botschaft der Befreiung und Hoffnung an Arbeiter in der ganzen Welt und eine Botschaft der Angst an Kapitalisten und Grundbesitzer. Viele Lehren wurden aus seinen Fehlern und aus seinen Erfolgen gezogen. Ohne sie wären die großen sozialistischen Revolutionen des 20. Jahrhunderts nicht möglich gewesen.

Das Paris der 1860er und 1870er Jahre war von dem Architekten Baron Haussmann im Auftrag von Napoleon III. mit breiten, gut geplanten Boulevards und schönen Häusern neu aufgebaut worden. Es war eine Zeit der Industrialisierung und einer wachsenden Mittelschicht (so der ursprüngliche Ausdruck für „Bourgeoisie“) mit ziemlichem Wohlstand. Aber die daraus resultierende Inflation der Preise und Mieten ließ die Pariser Arbeiter verzweifelt knapp bei Kasse zurück – und wütend darüber.

Paris hat eine starke revolutionäre Tradition aus den Revolutionen von 1789, 1830 und 1848. Die starken Gefühle gegen Königtum, Reichtum und Privilegien blieben – ebenso wie die bekundeten revolutionären Tugenden Liberté, Egalité und Fraternité (Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit).

Die Pariser Arbeiter waren auch verärgert, als sich Kaiser Louis Napoleon auf einen unnötigen Krieg mit den Preußen einließ. Die französische Armee war unterbesetzt, mangelhaft ausgerüstet und schlecht geführt. Am Freitag, den 2. September 1870 wurde sie in der Schlacht von Sedan an der belgischen Grenze besiegt. Der Kaiser wurde gefangen genommen und dankte sofort ab.

Als die Nachricht in Paris eintraf, versammelte sich eine Menschenmenge vor dem Hôtel de Ville (Rathaus). Es entstand ein Machtvakuum und eine neue Republik wurde von Léon Gambetta ausgerufen. Es wurde eine provisorische Regierung der Nationalen Verteidigung ausgerufen, der auch die amtierenden Abgeordneten der Nationalversammlung für Paris angehörten – denn angesichts des Vormarsches der Preußen auf Paris blieb keine Zeit für Neuwahlen. Diese Regierung hatte kein vorher vereinbartes politisches Programm. Die Kaiserin Eugénie floh nach England.

Es erfolgten weitere Niederlagen der französischen Armee, während sich die Pariser Bevölkerung darauf vorbereitete, die Preußen zurückzuschlagen, auch durch die Reparatur der alten Stadtmauern. Die 1789 gegründete Nationalgarde existierte immer noch und wurde durch Freiwillige schnell auf 350.000 Mann aufgestockt – größer als die reguläre französische Armee, die Paris zu dieser Zeit verteidigte. Aber es war ein sehr gemischter Haufen von Menschen unterschiedlichster Herkunft.

Niederlagen und zunehmendes Elend

Viele Arbeiter, durch den Krieg ihrer Beschäftigung verlustig, schlossen sich an für einen Sold von 1,50 Francs pro Tag plus 75 Centimes für eine Ehefrau. Auch Frauen traten der Nationalgarde  – als cantinières – bei, die offiziell Essen und Trinken zu den Kämpfern trugen, tatsächlich aber auch vielfach mitkämpften. Wenn ein Gardist im Kampf gegen die Preußen fiel, nahm oft eine cantinière sein Gewehr auf und führte den Kampf weiter.

Paris bereitete sich auf eine Belagerung vor, indem es riesige Mengen an Lebensmitteln, darunter auch Vieh, heranschaffte. Kommentatoren fielen zu dieser Zeit die öffentlichen Parks voller Schafe auf. Doch noch während sich die Pariser auf einen erbitterten Kampf vorbereiteten, suchte die provisorische Regierung einen Friedensschluss mit den Preußen.

Als die Belagerung begann, herrschte in Paris eine Nachrichtensperre. Die Menschen versuchten, mit Hilfe von Brieftauben, die Mikrofilme trugen – eine damals neue Entwicklung – mit der Außenwelt zu kommunizieren, aber nur 59 von 392 kamen durch.

Bemannte Ballons waren ein wenig erfolgreicher. Sie bildeten ein großes Ziel, aber nur fünf von 65 wurden abgeschossen. Doch sie waren nicht einfach zu steuern und wurden leicht vom Kurs abgetrieben. Sie landeten weit weg wie in Holland, Bayern und sogar Norwegen.

Außerhalb von Paris verlief der Krieg mit den Preußen immer noch schlecht für die Franzosen, mit einer weiteren großen Niederlage bei Metz.

Trotz der vielen Lebensmittel, die in Vorbereitung auf die Belagerung eingelagert worden waren, kam es bald zu großen Entbehrungen. Da es zunächst keine Rationierung gab, litten die Armen überproportional, da die Lebensmittelpreise in die Höhe schnellten.

Seltsame Dinge begannen auf den Speiseplänen zu erscheinen, darunter auch Tiere aus dem Zoo. Aufzeichnungen zeigen, dass während der Belagerung 65.000 Pferde, 5.000 Katzen, 1.200 Hunde und eine ungezählte Anzahl von Ratten verspeist wurden. Im Januar 1871 wurde eine Brotrationierung eingeführt.

Da auch der Brennstoff knapp wurde, fällten die Menschen Bäume und verbrannten diese ebenso wie ihre Möbel.

Während der gesamten Belagerung beschossen die Preußen die Stadt mit ihren riesigen Kanonen und töteten 97 Menschen, aber Hunger und Krankheit töteten noch viel mehr. Im Dezember 1870 betrug die Gesamtzahl der Todesopfer 11.865 und im Januar 1871 waren es 19.233. Die Menschen waren wütend auf die provisorische französische Regierung, weil sie nicht gegen die Preußen zurückschlug. Es gab keine Pläne für einen Einsatz der Nationalgarde.

Am 18. Januar erklärten die Preußen in Versailles ihr Kaiserreich. In Paris sprach man darüber, die Regierung zu stürzen und eine Kommune zu gründen. Am 28. Januar handelte die französische Regierung einen Waffenstillstand mit den Preußen aus.

Paris fühlte sich zutiefst verraten. Die Bedingungen des Waffenstillstandes erlaubten es den Preußen, für zwei Tage in Paris einzumarschieren, um ihren Sieg zu feiern. Die Pariser kehrten ihnen den Rücken zu, schlossen ihre Türen und kleideten sich in Trauerkleidung. Nachdem die Preußen abgezogen waren, reinigten sie die Straßen.

Die neue Nationalversammlung war pro-royalistisch und gegen den Republikanismus von Paris.

Adolphe Thiers wurde zum Chef der neuen Regierung gewählt und er schloss einen Friedensvertrag mit den Preußen ab. Er stellte daraufhin die Besoldung der Nationalgarde ein und befahl den Parisern, Handelsschulden und Mietrückstände, die sie während der Belagerung angehäuft hatten, zu begleichen.

Die Wut in Paris stieg, und am Samstag, den 18. März, schickte Thiers General Lecomte mit dem Befehl an die Armee, die Kanonenstellung der Nationalgarde auf dem Montmartre oberhalb der Stadt einzunehmen. Die Nationalgardisten wurden überwältigt und eingesperrt. Aber die Armee hatte vergessen, Pferde mitzubringen, um die Kanonen aus Paris abzutransportieren, sodass sie bis zum nächsten Morgen warten mussten.

Sehr früh am nächsten Morgen kam eine junge Sozialistin, Louise Michel, um der Nationalgarde eine Nachricht zu überbringen. Sie meldete, dass die Armee die Geschützstellung übernommen hatte und schlug in ganz Paris Alarm.

Später schrieb sie: „Ich ging hinunter, mein Gewehr unter meinem Mantel, und rief ‚Verrat‘. Eine Kolonne bildete sich… Montmartre erwachte. Der Ruf zu den Waffen ertönte. Ich kehrte tatsächlich zurück, aber mit den anderen, zum Angriff auf die Höhen des Montmartre: wir rannten im Laufschritt hinauf, wissend, dass sich oben eine Armee in Schlachtformation befand. Wir erwarteten, für die Freiheit zu sterben. Es war, als würden wir von der Erde emporgehoben werden.“

Menschenmengen versammelten sich um die Soldaten. Die Pariser hatten für diese Kanonen bezahlt, um die Preußen zu bekämpfen. Sie wollten nicht, dass die Armee sie gegen die Stadt einsetzte. Die Menschen appellierten an die Soldaten. Ein Offizier befahl ihnen, auf die Menge zu schießen, aber die Soldaten weigerten sich. Sie kehrten ihre Gewehre mit dem Lauf nach unten.

General Lecompte wurde verhaftet, ebenso wie General Clément Thomas, ein ehemaliger Kommandeur der Nationalgarde.

Die Kanonen feuerten drei Blendschüsse ab, um den Parisern zu sagen, dass die Waffen immer noch ihnen gehörten. Sie begannen, Barrikaden zu errichten. Die regulären Truppen zogen sich in ihre Kasernen zurück und die Rote Flagge ersetzte die Trikolore auf der Bastille-Säule.

Es herrschte Verwirrung – nichts war geplant und niemand hatte das Sagen. Eine Menschenmenge stürmte das Haus, in dem die beiden gefangenen Generäle festgehalten wurden, und erschoss sie. Thiers erkannte, dass er die Kontrolle über Paris verloren hatte. Er ging zum Hôtel de Ville und befahl der Regierung, sich nach Versailles zurückzuziehen. Sie kamen dem Befehl schnell nach, sprangen aus den Fenstern, rannten durch unterirdische Gänge und kletterten in ihre Kutschen, um zu entkommen. Am Abend wehte die Rote Fahne über dem Hôtel de Ville.

Als sie weg waren, herrschte eine neue Stimmung der Freiheit in ganz Paris. Obwohl noch immer niemand formell das Sagen hatte, wurden die Straßen gefegt, die Cafés blieben geöffnet. Es gab keine Plünderungen und weniger Kriminalität als sonst. Die Nationalgarde wurde regelmäßig bezahlt und an die Armen wurden öffentliche Hilfen verteilt. Viele wohlhabende Leute flohen, da sie „die Kontrolle der Arbeiter“ nicht mochten. Wie in früheren Revolutionen sprachen sich die Menschen gegenseitig mit „Bürger“ an.

Außerhalb von Paris wartete die Regierung in Versailles auf Chaos und Zusammenbruch. Am 26. März wurden Wahlen abgehalten und zwei Tage später wurde die Kommune ausgerufen. Rote Schärpen und rote Fahnen waren in der ganzen Stadt zu sehen.

Ein Mitglied der Kommune, Jules Vallès, schrieb in seiner Zeitung Le Cri du Peuple: „Heute ist der festliche Hochzeitstag der Idee und der Revolution. Soldaten-Bürger, die Kommune, die wir heute bejubelt und geheiratet haben, muss morgen Früchte tragen; wir müssen wieder unseren Platz einnehmen, immer noch stolz und jetzt frei, in der Werkstatt und am Tresen. Nach der Poesie des Triumphs, die Prosa der Arbeit.“

Dreißig der 90 Mitglieder der Kommune gehörten der Arbeiterklasse an – ein hoher Anteil für die damalige Zeit. Es gab keine formellen politischen Parteien in der Kommune – sie waren alle Sozialisten, aber in losen Gruppierungen zusammengeschlossen: Jakobiner, Blanquisten und Kommunisten. Sie alle waren Kommunarden.

Die Kommune gab den arbeitenden Menschen enormes Selbstvertrauen, Dinge zu tun, die sie nie zuvor getan hatten oder tun durften. Viele andere französische Städte folgten dem Beispiel und gründeten ihre eigenen Kommunen, darunter: Lyon, Marseille, Tou­louse, Narbonne, St. Etienne, Le Creusot und Limoges. Aber sie wurden alle schnell von der Versailler Regierung niedergeschlagen.

Thiers verhängte eine Nachrichtensperre, so dass wieder einmal die Menschen innerhalb von Paris von Nachrichten von außen abgeschnitten waren und umgekehrt. Der Außenwelt wurde nur Thiers‘ Version der Ereignisse erzählt. Er stellte die Kommunarden als Ungeheuer dar. Die Kommunarden versäumten es, die Konfrontation mit der Regierung Thiers aufzunehmen oder die Banken zu beschlagnahmen. Hätten sie das getan, wären sie in einer stärkeren Position gewesen, um Widerstand zu leisten. Sie waren damit beschäftigt, soziale Reformen zu planen, aber sie versäumten es, eine militärische Verteidigung der Kommune zu planen.

Thiers: Kapitulation und Kollaboration

Die Kommune hatte zwar Waffen und Männer – was Thiers zunächst nicht hatte. Aber die Preußen, alarmiert durch die Aussicht auf eine Revolution der Arbeiterklasse, erlaubten Thiers, eine neue Armee zu rekrutieren und auszubilden. Er täuschte sich nicht darüber, dass dies ein Bürgerkrieg war.

Die Kommune hatte drei militärische Anführer: Lullier, Cluseret und Rossell. Sie waren Berufssoldaten, aber sie waren frustriert wegen des Fehlens einer klaren Militärpolitik. Sie waren ungeduldig mit den neuen demokratischen Verfahren und unfähig, die Einsicht in die dringende Notwendigkeit der Organisation der Verteidigung von Paris zu vermitteln. Nach sieben Wochen gaben sie auf.

Die Kommune startete am 3. bis 4. April einen Angriff gegen Versailles. Drei Kolonnen der Nationalgarde zogen stolz und munter los, wurden aber von den Versailler Truppen ausmanövriert und schleppten sich müde, verwundet und verdreckt zurück. Viele wurden getötet und 1.200 gefangen genommen, während Versailles nur 25 Tote und 125 Verwundete verlor. Die Versailler Regierung und die Wohlhabenden, die aus Paris geflohen waren, behandelten die Gefangenen schändlich – sie beschimpften sie, schlugen sie und bespuckten sie.

Danach sank die Moral in der Kommune und es kam zu Spaltungen. Die Kommune bekam auch international eine sehr schlechte Presse. Die Londoner Times berichtete: „Die Männer der Kommune wollen nicht enttäuscht werden. Sie haben sich geschworen, Paris zu vernichten, sein Vermögen, seinen Handel, seine Bevölkerung – und sie halten Wort. Nie wurde das Werk der Zerstörung mit einer bösartigeren und brutaleren Ausdauer betrieben.“

Man nannte die Kommunarden „den Pöbel, rote Aufständische, Banditen, Anarchisten, Sträflinge, Abschaum, moralisches Krebsgeschwür, Sozialisten“.

Innerhalb von Paris verbreiteten sich Nachrichten durch Wandzeitungen und Lesungen in politischen Klubs – die oft in Kirchen stattfanden. Nach den Lesungen wurde über alle möglichen Themen diskutiert – darunter Religion, Gleichberechtigung der Frau, Abschaffung der Ehe und darüber, wie man den Bürgerkrieg gewinnen konnte.

Frauen spielten bei all dem eine sehr aktive Rolle. Eine Rednerin sagte bei einem Clubtreffen: „Ja, ihr Frauen werdet unterdrückt. Aber habt noch ein wenig Geduld, denn der Tag, der Gerechtigkeit und Erfüllung unserer Forderungen bringen wird, rückt schnell näher. Morgen werdet ihr euch selbst gehören und nicht den Ausbeutern. Die Fabriken, in denen ihr zusammengepfercht seid, werden euch gehören; die Werkzeuge in Euren Händen werden euch gehören; der Gewinn, der aus eurer Arbeit, eurer Umsicht, dem Verlust eurer Gesundheit resultiert, wird unter euch geteilt werden.“

In der Stadt waren etwa 90 Gewerkschaften aktiv. Genossenschaften von Arbeitern wurden gegründet – unterstützt von der Kommune. Die Kommune erlaubte den Arbeitern, die in Fabriken und Werkstätten beschäftigt waren, die aufgegeben worden waren, als die Besitzer aus der Stadt flohen, diese als Genossenschaften zu übernehmen.

Die kirchliche Kontrolle über das Bildungswesen wurde abgeschafft. Die Menschen bekamen drei Jahre Zeit, um die während der Belagerung aufgelaufenen Schulden zu begleichen. Alle öffentlichen Beamten wurden gewählt; es gab für Spitzengehälter eine Obergrenze von 6.000 Francs und die Kommune zahlte aus, um alle Haushaltsgegenstände wie Bettzeug und Kleidung, die verpfändet worden waren, einzulösen. Es gab kostenlose Kleidung, Lebensmittel und Schulmaterial für Kinder.

Trennung von Staat und Kirche

3. April 1871

Die Kommune von Paris,

in Erwägung, dass der erste Grundsatz der französischen Republik die Freiheit ist,

in Erwägung, dass die Gewissensfreiheit die erste aller Freiheiten ist,

in Erwägung, dass das Kultusbudget diesem Grundsatz widerspricht,

in Erwägung schließlich, dass der Klerus Helfershelfer der Verbrechen der Monarchie gegen die Freiheit war

verordnet:

    • Artikel 1 – Kirche und Staat werden getrennt
    • Artikel 2 – Die staatlichen Zuwendungen für Kirchenzwecke werden abgeschafft
    • Artikel 3 – Die sogenannten unveräußerlichen Güter, bewegliche und unbewegliche, die sich im Besitz religiöser Körperschaften befinden, werden zu Nationaleigentum erklärt
    • Artikel 4 – Es wird sofort eine Untersuchung vorgenommen, um die Art dieser Güter festzustellen und sie der Nation zur Verfügung zu stellen.

Der berühmte Künstler Courbet war ein Mitglied der Commune. Er schrieb: „Ich bin verzaubert. Paris ist ein wahres Paradies; keine Polizei, keine Ausschreitungen, keine Streitereien, keine Erpressungen jeglicher Art. Paris bewegt sich aus eigener Kraft so reibungslos, wie man es sich nur wünschen kann. Wir müssen versuchen, immer so zu sein.“

Aber im Hintergrund bombardierten die Kanonen von Versailles weiterhin Paris. Die preußische Armee, fast vergessen, war immer noch da. Die Preußen unterstützten die Versailler Regierung gegen die Kommune. Sie hatten Angst, dass sie den Sozialismus in Deutschland beflügeln würde. Am 21. Mai griff die Versailler Armee an.

Die Pariser Bevölkerung errichtete Barrikaden, um sich zu verteidigen, aber obwohl diese den Vormarsch der Regierungstruppen verzögerten, hielten sie sie nicht auf. Es folgte die so genannte „Blutwoche“, in der die Pariser einen erbitterten, aber verlorenen Kampf um die Freiheit ihrer Stadt führten.

Die Truppen drangen am 21. Mai von Versailles aus durch das Saint-Cloud-Tor ein. Als die Nachricht die Kommunarden im Hôtel de Ville erreichte, endete die letzte Sitzung der Kommune, da die Mitglieder auf die Barrikaden gingen. Niemand blieb zurück, um den Kampf zu leiten, außer Delescluze, dem zivilen Delegierten für den Krieg. Er schickte die folgende Botschaft auf die Barrikaden:

„Genug des Militarismus, keine Stabsoffiziere mit goldbestickten Uniformen mehr! Macht Platz für das Volk, die unbewaffneten Kämpfer! Die Stunde des revolutionären Krieges hat geschlagen. Das Volk weiß nichts von ausgeklügelten Manövern, aber wenn es ein Gewehr in der Hand und Pflastersteine unter den Füßen hat, hat es keine Angst vor den Strategen der monarchistischen Schule.“

Das verhieß nichts Gutes. Es überließ dem Volk von Paris, jedem Mann und jeder Frau für sich selbst zu kämpfen, ohne strategische Planung oder Koordination. Es gab viel heldenhaftes Standhalten auf den Barrikaden, darunter des Frauenbataillons bei der Verteidigung der Place Blanche, aber die Regierungstruppen nahmen die Stadt mit äußerster Brutalität. Sie erschossen Männer, Frauen und Kinder einfach so, wo immer sie sie ergriffen. Thiers hatte versprochen, keine Vergeltung zu üben, aber in einer Woche wurden 20.000 Pariser getötet.

Die Londoner Times, die sich gegen die Kommune gestellt hatte, protestierte gegen „die unmenschlichen Rachegesetze, unter denen die Versailler Truppen in den letzten sechs Tagen Gefangene, Frauen und Kinder erschossen und mit Bajonetten erstachen.“

Kommunarden auf dem Rückzug zündeten viele große öffentliche Gebäude ab, und danach wurde eine Schauergeschichte in Umlauf gebracht, dass weibliche Kommunarden – sogenannte Pétroleuses – überall Brände legten. Dies führte dazu, dass viele Frauen auf der Stelle erschossen wurden, weil sie verdächtigt wurden, Brandstifterinnen zu sein.

Zweihundert Kommunarden leisteten einen letzten Widerstand an einer Mauer in der oberen Ecke des Friedhofs Pere Lachaise. Am nächsten Tag wurden 147 Gefangene an dieselbe Stelle gebracht und erschossen.

Das Morden ging weiter, nachdem die Kommunarden alle getötet oder gefangen genommen worden waren; 34.722 Gefangene wurden vor Gericht gestellt und viele hingerichtet. Es wird geschätzt, dass zwischen 20.000 und 25.000 auf die eine oder andere Weise getötet wurden.

Die neue Regierung errichtete eine neue Kirche, Sacré Coeur, auf den Höhen des Montmartre als religiöse Geste der Sühne für die Kühnheit und das Sakrileg der Kommune. Heute ein berühmtes Pariser Wahrzeichen, ist diese Kirche bei den linken Parisern nach wie vor unpopulär. Thiers wurde im August 1871 zum Präsidenten der 3. Republik gemacht.

Die Pariser Kommune scheiterte, aber ihre Lehren hallen in der Geschichte nach. Nachdem sie gefallen war, schrieben Marx und Engels von der Notwendigkeit, dass nach jeder sozialistischen Revolution sofort eine Diktatur des Proletariats errichtet werden muss, um sie zu konsolidieren und gegen die Konterrevolution zu verteidigen.

Ohne die Lehren der Kommune wären die sozialistischen Fortschritte des folgenden Jahrhunderts unmöglich gewesen.

Dieser Beitrag von Caroline Colebrook erschien 2006 zum 135. Jahrestag der Pariser Kommune am 05. May 2006, in New Worker Feature,
 Zeitung der Neuen Kommunistischen Partei Großbritanniens.

Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von Raussendorff, Bonn, Mitarbeiter des Verbandsvorstandes des Deutschen Freidenker-Verbandes


Download

Der Artikel kann auch als PDF-Dokument angesehen und heruntergeladen werden:

Caroline Colebrook: Die Pariser Kommune (Auszug aus FREIDENKER 2-21, ca. 1,1 MB)


Bild oben: L‘Actualité Nr. 3, April 1871 mit dem Aufruf, der geflohenen Regierung nachzusetzten: „Nach Versailles! Da sind sie!“ des Karikaturisten G. Gaillard Fils. Gemeinfrei