Frieden - Antifaschismus - Solidarität

75. Jahrestag der Unabhängigkeit Syriens

Feier- und Gedenkkundgebung des Frankfurter Solidaritätskomitees

Am Samstag, 17.04. 2021, fand an der Frankfurter Hauptwache eine internationalistische Kundgebung für den andauernden Unabhängigkeitskampf des syrischen Volkes gegen imperialistische Aggressoren statt.

Zu Beginn und Abschluss der Kundgebung mit rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde die Nationalhymne der Syrisch-Arabischen Republik gespielt. Die Veranstaltung wurde von Willi Schulze-Barantin, Landesvorsitzender der hessischen Freidenker geleitet. Eine Spendensammlung erbrachte 420 Euro für den Kauf von Saatgut für Bauern in Syrien.

Wir dokumentieren hier die Reden und veröffentlichen eine Bildergalerie von der Kundgebung.


Reden und Grußadressen von der Kundgebung

Rede von Aktham Suliman, vorgelesen von Chaza Madesi auf Arabisch und auf Deutsch (PDF, ca. 160 KB)

Rede von Klaus Hartmann, Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes (PDF, ca. 136 KB) – Wortlaut auch hier auf der Seite weiter unten

Rede von Joachim Guilliard, Friedensforum und Deutscher Freidenker-Verband Heidelberg (PDF, ca. 121 KB) – Wortlaut auch hier auf der Seite weiter unten

Grußadresse von Eduardo Artes von der PC (AP) und Union Patriotica aus Chile, vorgelesen von Gisela Naira (PDF, ca. 72 KB)

Grußadresse von Heike Weber aus Damaskus (vermittelt durch Karin Leukefeld), vorgelesen von Toni Brinkmann (PDF, ca. 110 KB)

Grußadresse vom Eva und Markus Heizmann, vorgelesen von Willi Schulze-Barantin (PDF, ca. 72 KB)

 


Galerie: Feier- und Gedenkkundgebung am 17.04.2021 in Frankfurt am Main

Fotos: Webredaktion


Rede von Joachim Guilliard, Friedensforum und Deutscher Freidenker-Verband Heidelberg

Auch wenn die NATO-Partner USA und Türkei militärisch die Hauptakteure an der fortgesetzten Aggression gegen Syrien sind, so spielen Deutschland und die EU von Anfang ebenfalls eine entscheidende Rolle. Erinnert sei nur daran, dass Berlin ab 2012 führend beim Projekt „The Day After“ war, dass sich zur Aufgabe gemacht hatte, ein Konzept für die Umgestaltung Syriens nach einem erfolgreichen Regime Change zu erarbeiten ‒ eine Umgestaltung im westlichen Interesse natürlich.

Zum zehnten Jahrestag des Krieges veranstaltete die EU ihre 5. sog. „Geberkonferenz“ für die „Unterstützung von Syrien und der Region“.

Ihr Ergebnis war jämmerlich. Obwohl die Notlage in Syrien und seinen Nachbarländern letztes Jahr massiv zugenommen hatte, kamen weniger Zusagen als im Vorjahr und viel weniger als die Organisatoren selbst für zwingend erforderlich erachten. Statt 8,5 Mrd. kamen nur 5,3 Mrd. zusammen, für 2021 bleiben gerade mal 3,6 Mrd. Fast ein Drittel davon spendiert Deutschland, dies zeigt, dass Berlin sehr bemüht ist, über Hilfsprojekte seine Position in der Region zu stärken.

Um echte Hilfe für Syrien und die Region ging es allerdings nicht, sondern in erster Linie darum, neue Flüchtlingsbewegungen zu verhindern. Zudem will man darüber Einfluss im politischen Geschacher um Syrien gewinnen und dafür auch die Teilung des Landes unterstützen. Das Gros der Gelder wird daher an Hilfsorganisationen in den Nachbarländern gehen, die sich um die Versorgung der gut 6 Mio. Flüchtlinge kümmern. Der Rest ist hauptsächlich für Hilfs- und Aufbauprojekte in den Gebieten bestimmt, die noch nicht wieder unter Regierungskontrolle stehen, d.h. die von Dschihadisten kontrollierten Gebiete und die Gebiete, die von der Türkei sowie von den USA und ihren kurdischen Verbündeten besetzt sind.

Zu den Organisationen mit denen Berlin bei diesen skandalösen Projekten eng zusammenarbeitet, gehören auch die Weißhelme, die vom Westen finanzierte Propagandatruppe, die nachweislich eng mit Dschihadisten liiert ist.

Das übrige Land geht nicht nur weitgehend leer aus, der Wiederaufbau wird auch durch die Wirtschaftsblockaden sabotiert.

Syrien war vor 10 Jahren ein recht gut entwickeltes Land mit einem relativen hohen Lebensstandard. Der von den NATO-Staaten und den mit ihnen verbündeten Despoten geschürte Krieg hat es verwüstet. Die Lebensverhältnisse sind katastrophal. Fast 6 Millionen Menschen sind aus dem Land geflohen. 6,7 Millionen leben als Inlandsvertriebene unter miserablen Bedingungen im Land, insgesamt elf Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Eine fortwährende Wirtschaftskrise verschärft die Armut, weil sie die Preise fast täglich stark steigen lässt.

Die Aggressoren haben diesen Krieg faktisch verloren. Im Unterschied zu Libyen ist hier der militärische Umsturz und die Zerschlagung eines zu unabhängigen Landes nicht gelungen. Die USA und die EU wollen aber mit allen Mitteln verhindern, dass sich das Land wieder erholen, stabilisieren kann ‒ und dies ohne Rücksicht auf die syrische Bevölkerung. Da ihre Politik angeblich ihrem Schutz dienen soll zeigt sich hier einmal mehr der ganze verlogene Zynismus der westl. Menschenrechtsrhetorik.

Neben der Besetzung syrischer Territorien und dem Raub seiner Ressourcen, dient dazu der brutale Wirtschaftskrieg, den sie von Anfang parallel zum militärischen entfesselt haben. Er ist mittlerweile verheerender. Statt durch Bomben sterben die Menschen nun einen stillen Tod, so der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für die Auswirkungen von Wirtschaftssanktionen, Idriss Jazairy.

Zahlreiche Hilfsorganisationen hatten vor der Geberkonferenz an die EU appelliert, sie endlich aufzuheben. Statt Nothilfe braucht Syrien Hilfe zur Selbsthilfe, d.h. Unterstützung beim Wiederaufbau. Statt die Syrier Jahr für Jahr mit Brotspenden zu versorgen, müssen sie endlich wieder ihre Bäckereien aufbauen können.

Die EU ‒ voran Berlin ‒ beharrt aber darauf, dass zuerst Assad gehen müsse und nimmt damit weiterhin die Bevölkerung mit ihrer Hungerblockade zur Geisel.

Allen Appellen der UNO zum Trotz, die Blockaden wenigstens während der Corona-Pandemie auszusetzen, haben die USA haben sogar ihre Zwangsmaßnahmen gegen Syrien [mit dem „Caesar Act“] weiter verschärft. Da nun verstärkt Drittstaaten erpresst werden, die US-Blockade zu unterstützen, werden auch die ohnehin gebeutelten Nachbarstaaten Libanon, Jordanien und Irak massiv in Mitleidenschaft gezogen.

Wirtschaftsblockaden sind eine heimtückische Form moderner Kriegsführung. Mittlerweile ist sie auch die am häufigsten angewandte. Wirtschaftskriege haben erhebliche Vorteile für die Aggressoren. Sie erregen wenig öffentliches Aufsehen und können so weitgehend ungestört eingesetzt werden. Umfassende Wirtschaftsblockaden sind aber ebenfalls tödlich und können, wie im Fall Irak, sogar zu Massenvernichtungswaffen werden.

Das Irak-Embargo kostete realistischen Schätzungen zufolge jedes Jahr 100.000 Menschen das Leben, die Hälfte von ihnen Kinder. Syrien steht zum Glück nicht so allein, wie damals der Irak. Die Blockade muss dennoch schleunigst beendet werden.

Die Mehrheit in der UNO ist sich einig, dass umfassende Wirtschaftssanktionen eklatante Verstöße gegen das Völkerrecht sind.

Grundsätzlich sind sie, so der einstige Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates für Lateinamerika, Alfred De Zayas, vergleichbar mit „mittelalterlichen Belagerungen von Städten“, die zur Kapitulation gezwungen werden sollten. „Die Sanktionen des 21. Jahrhunderts versuchen aber nicht nur“, so De Zayas, „eine Stadt, sondern souveräne Länder in die Knie zu zwingen.“ Im Unterschied zum Mittelalter, würden sie „von der Manipulation der öffentlichen Meinung durch ‚Fake News‘, einer aggressiven PR-Arbeit sowie einer Pseudo-Menschenrechtsrhetorik begleitet, um den Eindruck zu erwecken, dass das  ‚Ziel‘ der Menschenrechte kriminelle Mittel rechtfertigt.

Diese Manipulationen durchziehen die gesamte Politik gegen Syrien der letzten 10 Jahre und auch die Jahre davor. Zu den wichtigsten zählen die wiederkehrenden Vorwürfe von Giftgaseinsätzen. Die Belege dafür waren durchweg mehr als fragwürdig, dennoch wurde und wird nicht zuletzt mit diesen Vorwürfen der Wirtschaftskrieg gerechtfertigt.

In einem prominenten Fall, dem angeblichen Giftgasangriff in Duma im April 2018, konnte nun mit Hilfe von Whistleblowern nachgewiesen werden, dass der Bericht der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) gefaked war. Dies untermauert frühere Hinweise, dass die OPCW im Syrienkrieg zunehmend für die westl. Propaganda instrumentalisiert wurde.

Beim Engagement gegen den Krieg und die Wirtschaftsblockade müssen wir, neben den humanitären Folgen und der völkerrechtlichen Kritik auch diese Manipulationen öffentlich machen.

Angesichts ihrer Auswirkungen müssen wir generell unser Engagement gegen Wirtschaftsblockaden verstärken. Die Blockade gegen Syrien muss aufgehoben, wie auch die gegen Venezuela, den Iran und gegen viele andere Länder, Aufgehoben werden muss vor allem auch die schon am längsten andauernde Blockade ‒ die gegen Cuba, das heute den 60. Jahrestag des Sieges über die Invasion der US-Söldner in der Schweinebucht feiert.

Bleiben wir dran! No Paseran!


Rede von Klaus Hartmann, Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes

Als in den USA die Präsidentschaft von Trump zu Biden wechselte, waren die Regierungsspitzen der EU und die NATO-Führung voller Erleichterung und Freude. Endlich wieder Verlässlichkeit – beim Kriegführen gegen ungehorsame Staaten, endlich wieder Partnerschaft bei der Konfrontationspolitik und beim militärischen Aufmarsch gegen Russland und China.

Das chinesische Außenministerium hat diese Woche zu wiederholten US-Vorhaltungen wegen der Menschenrechte in der VR China erklärt: „Die Verbrechen der USA gegen die Menschheit und insbesondere gegen Muslime sind zu zahlreich, um sie aufzählen zu können. Seit 2001 haben die Vereinigten Staaten ihre militärischen Kräfte in etwa 80 Ländern auf der ganzen Welt im Namen des Krieges gegen den Terrorismus eingesetzt. In Irak und Syrien gab es Hunderttausende unschuldige zivile Opfer. Zehn Millionen Muslime sind jetzt obdachlos. Kümmern sich die USA so um Muslime?“

Am Donnerstag hat US-Präsident Joe Biden nicht nur neue Sanktionen gegen die Russische Föderation verfügt, sondern auch den „Nationalen Notstand“ ausgerufen. Begründung: um der sogenannten „russischen Bedrohung“ zu begegnen.

Die Tagesschau und alle Regierungsmedien verkünden: „Der Russe ist schuld“, wenn die EU der Ukraine im Konflikt mit „prorussischen Separatisten“ im Osten des Landes Unterstützung zusagt. Man verfolge mit großer Sorge russische Militäraktivitäten in Grenznähe, so der EU-Außenbeauftragte Borrell.

Truppenbewegungen russischer Streitkräfte auf eigenem Territorium sind angeblich eine Gefahr für den Frieden, das Vorrücken der NATO an die Grenzen Russlands sind dagegen ein reiner Friedensdienst.

Völkerrechtswidrig, so die westliche Sicht, handeln immer nur Russland und die Volksrepublik China.

Deshalb wird auch sorgfältig verschwiegen, dass die USA inzwischen dazu übergegangen sind, die syrischen Ölvorkommen zu plündern und ihre Beute im Stil der Mafia zu vermarkten, während sie zugleich die hungernde syrische Bevölkerung zu Tode sanktionieren.

„Wir behalten das Öl“, sagte US-Präsident Trump im Oktober 2019, „ich mag Öl“. Zwar würden US-Truppen aus Syrien abgezogen, aber es bleiben genug amerikanische Soldaten, um das syrische Öl zu sichern. Das wir unter dem neuen Präsident Biden fortgesetzt. Offenkundig ist, dass die Besetzung von Ölfeldern in einem fremden Staat völkerrechtswidrig ist und dass die USA damit der syrischen Regierung den Zugang zu wertvollen Ressourcen versperrt. Das Leid der Bevölkerung wird damit zusätzlich verschärft.

Das russische Außenministeriums warf den USA vor, gegen ihre eigenen Syrien-Sanktionen verstoßen, weil sie syrisches Rohöl außer Landes bringen und verkaufen. Unter dem Vorwand, den IS zu bekämpfen, stehlen die USA das Rohöl, unter Missachtung internationaler Regelungen und demokratischer Werte.

Unsere selbsternannten Qualitätsmedien nehmen auch keinen Anstoß daran, dass die Bundesregierung beim Völkerrechtsbruch in Syrien mitmacht: Sie hält am sog. Aufklärungseinsatz der Bundeswehr zur Bekämpfung des sog. „Islamischen Staates“ in Syrien fest. Das ist eindeutig völkerrechtswidrig, da Syrien den militärischen Aktivitäten der Allianz nicht zugestimmt hat.

Die EU hat ihren Europäischen Rat beschließen lassen, die restriktiven Maßnahmen der EU gegen das syrische „Regime“ – wie sie es nennt – bis zum 1. Juni 2021 zu verlängern.

Hingegen ist es für die ganze „westliche Wertegemeinschaft“ ein Skandal und eine Provokation ersten Ranges, dass die Russische Föderation der legitimen Regierung Syriens auf deren Wunsch und in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht Hilfe leistet.

Im Februar erklärte NATO-Generalsekretär Stoltenberg: Es geht um Abschreckung, Gefahrenabwehr und Verteidigung. Es geht darum, „unsere wertebasierte Ordnung zu schützen, die untergraben wird von Ländern wie Russland und China, die unsere Werte nicht teilen. Mit Blick auf die Zukunft müssen wir auch mehr in unsere Verteidigung investieren.“

„Unsere wertebasierte Ordnung“ – diese Werte sind Maximalprofite und das Wegbomben von allen, die sich der imperialistischen neokolonialen Ausplünderung entgegenstellen.

Die sogenannte Wertegemeinschaft, als die sich EU wie NATO mit stolz geschwellter Brust loben, ist eine Gemeinschaft zum Bruch des Internationalen Rechts und des Friedens, ein joint criminal enterprise, Kriminelle, die die Völkerverständigung und
-freundschaft sabotieren, die mit Konfrontationspolitik und Militäraufmarsch unser aller Leben bedrohen.

Kramp-Knarrenbauer will sich an der Provokation gegen China beteiligen und die Fregatte „Bayern“ ins Südchinesische Meer kommandieren. Zur Zeit wird mit dem Manöver „Defender 21“ Westeuropa erneut zum Aufmarschgebiet gegen Russland gemacht.

Wir fordern: Lockdown für die NATO, Ausgangssperre für die Bundeswehr, ganztägig!

Unsere Solidarität gilt der Syrisch-Arabischen Republik, ihrer Regierung und ihrem Präsidenten Baschar al-Assad. Bundeswehr und NATO – raus aus Syrien! Schluss mit den Hungersanktionen gegen das Syrische Volk!

Hände weg von Russland und China!


Beitragsbild oben: Ausschnitt aus einem Foto der Webredaktion