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„Corona“ und die Propaganda-Schlacht gegen China

Informationsfluss der chinesischen Regierung zum medizinischen und epidemiologischen Verlauf von HCoV-19 und Covid-19 – Stand 22.05.2020

von Prof. Dr. med. Hannes Wandt

Schon Anfang Februar wurde in westlichen Medien und bei uns insbesondere von der Bildzeitung der chinesischen Regierung unterstellt, den Ausbruch von Covid-19 nicht offen mit der Weltgemeinschaft kommuniziert und den Anfang der Seuche vertuscht zu haben. (https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/coronavirus-die-chinesische-regierung-hat-lange-versucht-den-ausbruch-zu-vertusc-68547910.bild.html)

Doch auch der BND befeuert die „Vertuschungstheorie“ gegenüber der chinesischen Regierung und auch im „Robert-Koch-Institut ist man davon überzeugt, dass China von Beginn an nur bruchstückhaft informierte.“ Dazu muss man wissen, dass der RKI-Präsident Lothar Wieler und der BND-Chef Bruno Kahl seit Studientagen befreundet sind. (Süddeutsche Zeitung 8.05.2020 S.2)

Kurz danach kam die Vermutung der US-amerikanischen Regierung dazu, das Virus habe keinen natürlichen Ursprung, sondern sei aus einem Forschungslabor in Wuhan. Das Ganze gipfelte dann Mitte April mit der Schuldzuweisung gegenüber China mit der Drohung, China müsse für die wirtschaftlichen Folgen bezahlen. Gefolgt wurde diese Drohung von einem Geheimdokument von 5 Geheimdiensten „Five Eyes“ unter der Federführung der USA, zu dem aber bis zum heutigen Tag keine nachprüfbaren Belege veröffentlicht wurden. Ganz im Gegenteil gab die New York Times unter Bezug auf Geheimdienstquellen bekannt, dass es derzeit keine Tatsachen dafür gebe und dieses „Geheimdokument“ nur eine Zusammenstellung von schon in westlichen Medien publizierten Vermutungen sei. (Süddeutsche Zeitung 5.05.2020 S. 7)

Doch die Regierung der USA greifen nicht nur China an sondern auch die WHO und Außenminister Mike Pompeo kritisiert „ihre ungerechtfertigte Kritik an den US-Bemühungen, das amerikanische Volk zu schützen, und ihr öffentlicher Kotau vor dem Regime der Kommunistischen Partei Chinas.“ (Süddeutsche Zeitung 7.05.2020 S.1)

Die international auch anerkannten Tatsachen sind folgende:

Im Laufe des Dezember 2019 kam es zu ersten atypischen Pneumonien (Lungenentzündungen) mit unterschiedlichem Verlauf und anfangs ohne Todesfälle. Nach den ersten 27 dokumentierten Lungenentzündungen unbekannter Ursache im Bereich der Millionenmetropole Wuhan, meldeten dies die regionale Gesundheitsbehörde in Wuhan der Nationalen Gesundheitsbehörde in Peking. Diese verständigte umgehend am gleichen Tag am 31.12.2019 die WHO. (https://www.who.int/news-room/detail/08-04-2020-who-timeline—covid-19)

Ab dem 3. Januar 2020 informierte China die WHO und andere Länder wie die USA regelmäßig über den weiteren Verlauf. Zu dieser Zeit meldete Wuhan 44 Patienten mit einer mysteriösen der Grippe ähnlichen Krankheit. Schon am 8. Januar 2020 gelang es chinesischen Wissenschaftlern in Wuhan, die schon seit Jahren international führend sich mit Coronaviren beschäftigen und die auch mit dem Team des Virologen Prof. Drosten an der Charité in Berlin seit Jahren kooperieren, das Virus zu identifizieren und kurz darauf am 11.01. das Virusgenom zu sequenzieren und die Genfrequenz der WHO und der wissenschaftlichen Community weltweit zur Verfügung zu stellen. Weitere wenige Tage später hat das deutsche Team um Prof. Drosten einen molekulargenetischen (PCR) Test entwickelt, mit dem es erstmals möglich wurde das Virus nachzuweisen. Die Forschergruppe der Charité stellte diesen Test auch unentgeltlich weltweit zur Verfügung.

Zu Beginn vermutete man in China eine Übertragung von Tieren auf Menschen, da die meisten Patienten, die an der unklaren Infektion erkrankten, in Kontakt mit dem großen Tiermarkt in Wuhan standen. Dieser wurde am Neujahrestag daher geschlossen. Nachdem es aber weiterhin Übertragungen gab, wurde eine Mensch zu Mensch Infektion vermutet. Am 20. Januar bestätigte China aufgrund von fundierten epidemiologischen Untersuchungen die Übertragung des neuartigen Coronavirus von Mensch zu Mensch und die WHO twitterte am gleichen Tag von „einigen begrenzten Mensch-zu-Mensch-Übertragungen durch enge Kontakte“.

Drei Tage danach wurde die Millionenmetropole Wuhan (Provinz Hubei) abgeriegelt und alle Feierlichkeiten des traditionellen Neujahresfests landesweit abgesagt und in ganz China noch nie dagewesene umfassende, gründliche und rigorose Quarantänemaßnahmen ergriffen. China reagierte umgehend durch sehr eingreifende Quarantänemaßnahmen für 60 Millionen Bewohner der Provinz Hubei. Ein Shut-down einer Millionenmetropole und einer ganzen Provinz wurde verhängt. Dies war gleichzeitig ein Zeichen an die ganze Welt, wie ernst die chinesische Regierung die Gefahr dieser Epidemie einschätzte. In der westlichen Welt wurde dies jedoch trotz der Warnungen auch der WHO klein geredet und die Maßnahmen in China als typisch für ein „autoritäres und diktatorisches Regime“ diffamiert. Erst vor Kurzem wurde eine interne Untersuchung der deutschen Bundesregierung bekannt, in der nachträglich festgestellt wurde, dass es 78(!) Tage gedauert habe, bis auch in Deutschland entsprechende seuchentechnische Maßnahmen ergriffen wurden. Die USA unter Trump waren noch langsamer!

Zusammenfassend kann man festhalten, dass die chinesischen Behörden trotz der anfangs unklaren Erkrankung mit dem Auftreten in verschiedenen Krankenhäusern in der Millionenstadt Wuhan schnell und umfassend reagiert haben. In keiner Millionenstadt in Europa oder den USA wäre eine erstmalig aufgetretene unklare Infektionskrankheit schneller diagnostiziert und darauf schneller reagiert worden. Dies bestätigten dann auch im Februar verschiedene, weltweit renommierte Virologen, unter ihnen auch Prof. Drosten von der Charité, in der Medizinzeitschrift „The Lancet“ am 19.02.20, die dabei auch gleich gegen die Labortheorie der Entstehung des Virus auf Grund der Genomsequenz Stellung bezogen haben. (https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)30418-9/fulltext)

Doch die US-Regierung behauptet weiter durch den Außenminister Mike Pompeo: “Ich kann ihnen sagen, dass es eine signifikante Menge an Belegen gibt, dass dies aus dem Labor in Wuhan gekommen ist.“ Und Präsident Trump behauptet auf seine dumm-dreiste Art: Die Chinesen haben einen „sehr fürchterlichen Fehler“ begangen. Belege gibt es nach wie vor keinen Einzigen. (Süddeutsche Zeitung 5.05.2020 S. 7)

Auf der anderen Seite gibt es zwischenzeitlich eine hochkarätige molekulargenetische Studie von chinesischen Wissenschaftlern, die aktuell publiziert wurde und die weitgehend den tierischen Ursprung von HCoV-19 belegt durch den Nachweis einer außergewöhnlichen Spaltstelle in dem HCoV-19, das aber eben auch in Fledermäusen jetzt nachgewiesen werden konnte. (https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.03.02.974139v3)

Prof. Drosten resümiert die Studie im NDR Info Prodcast Nummer 40: „Also die Auffassung: „So eine Spaltstelle, die gehört doch in ein SARS-Virus gar nicht rein. Die muss doch jemand künstlich im Labor reingebaut haben. Daran kann man doch sehen, dass das ein Laborvirus ist“ – die ist damit vom Tisch. Wir sehen, genau das kommt in der Natur vor.“ (https://www.ndr.de/nachrichten/info/40-Jetzt-ist-Alltagsverstand-gefragt,podcastcoronavirus208.html)

Das Einzige, was nach wie vor noch nicht definitiv geklärt ist, ist der Weg, wie das HCoV-19 Virus wahrscheinlich von der Fledermaus über irgendeinen Zwischenwirt in der Tierwelt auf den Menschen übergesprungen ist. Doch vielleicht lässt sich das durch weitere Untersuchungen auch in Zusammenarbeit mit der WHO noch klären. China hat zusammen mit den WHO Mitgliedern auf der letzten Weltkonferenz beschlossen, den Ursprung der Pandemie durch ein internationales Team wissenschaftlich erforschen zu lassen, wenn die Seuche weltweit abgeklungen ist. Die chinesische Führung hat also nach wie vor ein Interesse nach möglichst großer Offenheit und Information trotz der massiven aggressiven Angriffe insbesondere durch die US-amerikanische Regierung. Der Staats- und Parteichef Xi Jinping kündigte gleichzeitig auf dieser WHO Konferenz eine Unterstützung der WHO bei der Bekämpfung der Pandemie in armen Ländern von 2 Milliarden US $ an. Zusätzlich sagte er allen Ländern zu, dass China einen Impfstoff weltweit zur Verfügung stellen werde, wenn dieser zuerst in China gefunden und hergestellt würde. Die USA hingegen stellten sämtliche finanzielle Unterstützung der WHO ein und wollen ein „Erstnutzungsrecht“ für die USA durchsetzen, wenn der Impfstoff in den USA entwickelt würde.

Wenn es am Beginn der sich langsam entwickelnden neuen Infektionskrankheit in Wuhan einige Versäumnisse in der Meldesequenz dieser neuen unklaren Lungenentzündungen gab, so war es

die Regierung in Peking selbst, die das nach einer Meldung von Axel Dorloff (ARD Studio Peking) vom 5.02.2020 kritisch anmerkte und publik machte: “… Nach einem Treffen des Politbüros unter Führung von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping verbreitete das Staatsfernsehen CCTV, die politische Führung habe Unzulänglichkeiten und Defizite in der Reaktion auf den Ausbruch des neuartigen Coronavirus eingeräumt… . In mehreren Provinzen, darunter Hubei, Hunan und Anhui, wurden Staatsbedienstete der chinesischen Gesundheitsbehörden entlassen. Der Grund: sie hätten nicht entschlossen und ehrlich genug versucht, die Verbreitung des Coronavirus zu bekämpfen … .“

Also auch hier keinerlei Hinweise auf Vertuschung sondern ganz im Gegenteil! Man könnte jetzt spekulieren, dass In Bezug auf Hubei und andere Provinzen in China die zentrale Gesundheitsbehörde etwa 1- max. 2 Wochen später reagieren konnte, als es vielleicht möglich gewesen wäre, und daher gering verspätet mit der Erforschung des Ursprungs der unklaren Pneumonien beginnen konnte. Das hatte, wenn überhaupt, vor allem für die anfängliche Ausbreitung der Epidemie in China selbst Folgen. Es ist aber völlig abwegig, daraus einen Vertuschungsversuch der chinesischen Behörden zu konstruieren!

Abschließend muss man auf das traurige Schicksal des jungen Augenarztes Dr. Li Wenliang aus Wuhan eingehen, der am 30.12, also einen Tag vor der Meldung der atypischen Pneumonien an die WHO durch die chinesische Regierung, in einem Gruppenchat seine ärztlichen Kollegen vor der Wiederkehr des SARS-Virus warnte, das vor 17 Jahren zu einer Pandemie mit 8000 Infizierten und 774 Toten geführt hatte. Er empfahl ihnen vorsorglich, bei der Behandlung von diesen Patienten Schutzkleidung zu tragen. Tragischerweise verstarb er Anfang Februar an Covid-19, während seine beiden Eltern trotz Infektion gesundeten. Vier Tage nach dem Post in den sozialen Medien wurde er der BBC zufolge in eine örtliche Polizeistation zitiert, wo er ein Schreiben unterzeichnen sollte. Darin wurde er beschuldigt, „falsche Behauptungen zu verbreiten“ und „die öffentliche Sicherheit schwer zu stören“. Später entschuldigte sich die Polizei bei ihm. (Süddeutsche Zeitung 6.02.2020) https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/coronavirus-wuhan-arzt-1.4788471

Dieses Beispiel wurde in allen Medien als Beleg dafür gesehen, dass die chinesische Regierung die ersten Hinweise auf die neue Infektionskrankheit zu verbergen und die Verbreitung dieser Warnung zu verhindern versuchte. Dies ist so nicht richtig, da China schon am 31.12.2020 die WHO über die neuen atypischen Lungenentzündungen informierte. Damals wusste niemand, um welche Erkrankung es sich bei den atypischen Pneumonien genau handelt, und auch die Vermutung von Dr. Li Wenliang, dass es sich um die Wiederkehr der alten SARS-Epidemie handele, erwies sich als falsch. Die Verbreitung dieser unbelegten Vermutung in den sozialen Medien schürte Angst in der Bevölkerung und war sicher nicht angetan, eine sachliche Reaktion durch die regionale Gesundheitsbehörde zu erleichtern. Die polizeiliche Maßnahme war trotzdem ein Fehler, der im Nachhinein auf Anweisung der Behörden korrigiert wurde.

Hannes Wandt ist Mitglied der IPPNW-Regionalgruppe (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e. V.) Nürnberg.

Geschrieben am 22.05.2020


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