Demokratie – Medien – Aufklärung

Zum Biden’schen Neuaufguss der Trump’schen „Wuhan-Virus“-Labor-Erzählung

von Wolfram Elsner

Technische Vorbemerkung: Wir werden im Weiteren ohne den üblichen Quellenapparat arbeiten, da die tagesgenaue Chronik und epidemiologische Einordnung der Entstehung und Diffusion des SARS- 2/Covid-19-Virus in meinem Buch Die Zeitenwende. China, USA und Europa „nach Corona“, Köln (PapyRossa) 2021, S. 118-132 und 217-231 quellenmäßig ausführlich belegt ist.

Ein Beitrag von Rainer Fischbach auf den Nachdenkseiten scheint die neuerliche Washingtoner (Biden-) Variante des alten Washingtoner „Wuhan-Virus“-Narrativs für seriös zu halten. Bisher ist dazu zwar auch nicht mehr aus Washington verlautbart worden, als bereits unter Trump: dass nämlich der „Tiefe“ Washingtoner Staat, also u.a. die einschlägigen Geheimdienste, die definitionsgemäß die Macht innehaben unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen zwischen REPs und DEMs im US-Kongress, „neue Erkenntnisse“ hätten, die „näher zu untersuchen“ Biden seine „Dienste“ nun angewiesen hat. In welche Richtungen solche „neuen Erkenntnisse“ gehen könnten, ist bis heute nicht ansatzweise erkennbar. Fischbach tritt nun an, das Narrativ zu untermauern. Und verspricht dabei sogar überraschende neue Erkenntnisse.

Von einem „Umdenken der US-Regierung“ (Fischbach) (in Richtung auf ein neuerliches Wuhan-Virus-Narrativ) kann allerdings wohl schon mal nicht die Rede sein, da die einzige Konstante des sich seit Jahren, insbesondere seit den nach der Finanzkrise 2008 unverkennbar veränderten globalen Kräfteverhältnisse, im Kampf gegen den eigenen Abstieg aggressiv aufheizenden Washingtoner Politgewusels die Eskalation des Kalten Krieges 2.0 gegen China (und Russland) ist. Jede kleinste Chance zum China-Bashing wird seit den 2010er Jahren in Washington geradezu verzweifelt aufgegriffen, ob unter Obama/Biden, Trump oder Biden. Insoweit ist nun das neueste Intermezzo: „Wuhan-Virus, Klappe, die siebzehnte: Das Labor- Virus“ alles andere als etwas, bei dem man noch einmal ernsthaft die Augenbrauen hochziehen könnte.

Aber Fischbach macht sich daran, die noch fehlenden, aber möglichen Argumente dafür zusammenzutragen. Und verspricht bei der Gelegenheit den einen oder anderen neuen Rüstungsskandal: (1) In Wuhan sei Biowaffenforschung betrieben worden. (2) Und zwar mit US-Finanzierung. (3) Außerdem seien die Sicherheitsstandards dort nicht eingehalten worden. Ein Dreifach-Skandal, von dem die Welt noch nicht wusste.

Da er dabei den größeren Teil des Sachstandes zum Thema „Entstehung und Verbreitung des SARS-CoV-2“ zumindest unberücksichtigt lässt, galoppiert er zwar in eine bestimmte Verdachtsrichtung, das reale und realistische Gesamtbild der SARS-CoV-2-Entstehung und – Diffusion bleibt ihm dabei jedoch verborgen. Vervollständigen wir also die Faktenlage, die das Bild dann ganz entscheidend korrigiert. Und die eigentlichen Skandale in andere Richtungen schießen lässt.

Einige Überlegungen zur globalstrategischen Einordnung

Das 21. Jahrhundert ist von einer zugespitzten und nicht mehr zu übersehenden Abstiegs- Aufstiegs-Konstellation charakterisiert. In der China es als fast einziges Land der Welt noch geschafft hat, unter dem neoliberalen Hegemonialsystem des einzigen Landes, das jemals einen globalen Herrschaftsanspruch erhoben und durchzusetzen versucht hat, dauerhaft und umfassend ökonomisch, technologisch, sozial und in seinen internationalen Beziehungen aufzusteigen. Während das Imperium des 20. Jahrhunderts nach der Finanzkrise 2008 ff., und noch einmal verstärkt und offensichtlicher „seit Corona“ 2020, im kaum aufhaltbaren Abstiegs-Modus begriffen ist, wie jede auch nur oberflächliche Analyse der Zielrichtung kritischer Erklärungsfaktoren bestätigt. Damit hat Washington nach 2008ff. einen grundlegenden Strategiewechsel von globaler hegemonialer „Governance“ (mit Einzelinterventionen) und begrenzten Kooperationen und Freundlichkeiten zu einem zunehmend aggressiven und verzweifelten Abstiegs-Vermeidungskampf vorgenommen und ist auf eine zuvor ungeahnte Konfliktverschärfung sowie umfassende verbale und faktische Kriegsvorbereitung (gegen China und Russland) umgeschwenkt. Vorbei das patriarchalische „Global Governance“ mit allgemeinen Großzügigkeiten und nur punktuellen Militärinterventionen. Seit den 2010ern hat der Hegemon nichts mehr zu geben. Obama begann 2009 die Wende u.a. mit dem „Buy American Act“.

Der mit offenen Augen und Sinnen und mit minimalem Erinnerungsvermögen durchs Leben gehende Zeitgenosse sollte daher gewarnt und vorsichtig geworden sein. Vor allem im Umgang mit den auffällig gewordenen täglichen und wöchentlichen, überwiegend faktenfreien und keiner ernsthaften Nachprüfung standhaltenden Behauptungen und Verdächtigungen sowie den Regelbrüchen und Provokationen an Chinas Adresse. Die werden seit dem Schwenk Washingtons von begrenzter diplomatischer Regelbeachtung zur Aufstiegsverhinderung Chinas mit (fast) allen Mitteln nun mit steter Regelmäßigkeit über Geheimdienste und ihre westlichen medialen Multiplikatoren und entsprechenden Zitationskartelle und -karusselle in die Welt gesetzt.

Der Tiefe Staat und das Weiße Haus agieren aber durchaus nicht primär gegen den US-Kongress, sondern überwiegend mit diesem sichtbareren Teil des Staates, mit seiner 95%- DEM-REP-Einheitspartei. Die wiederum ist unter dem Druck des oligarchischen Medienblocks insgesamt ein wilder, zunehmend irrationaler Zirkus geworden, in dem sich alle an Aggressivität wechselseitig übertrumpfen müssen. So landet man auf dem Niveau eines „Kronzeugen“ A. Zenz, der zwar nie in China war, aber von Gott persönlich geführt wird, und mit seinen nur stümperhaft gefälschten Fotos von Apartmentanlagen in China den Kongress zum Kochen bringen kann. Die Kinder der Kongressabgeordneten selbst aber müssen bekanntlich nicht als Kampfroboter die Drecksarbeit an Chinas Grenzen und vor seinen Stränden machen.

Der Neue Kalte Krieg ist, wenig überraschend, wie der erste zunächst ein ideologischer und Desinformations-Krieg. Mit dem Unterschied, dass sich die Welt inzwischen erheblich verändert hat. Der chinesische Weg zu einem Wohlstandssozialismus ist ein neuer, aber im alten Europa faktisch unbekannter. Was die Sache für die hiesigen Geheimdienste, Politiker und Oligarchenmedien schwierig macht, ist, dass er, anders als der alte europa-zentrierte, kein Armutssozialismus geblieben ist, der unter den widrigen weltpolitischen Umständen zum bürokratischen Top-Down-Staatssozialismus degenerieren musste. Er ist einer, der lebendig, experimentierend, innovativ, mobilisierend, vertrauens-basiert und diskussionsfreudig ist, für viele, Studierende und Erwerbstätige, in der Welt attraktiv und so bereits zum Einwanderungsland geworden ist, lebendig ist und potentiell neugierig macht, auch wenn man ihn hier nicht kennt. Der aber eben auch kein Exportprodukt ist sondern eben vor allem „chinesische Charakteristika“ hat, und trotzdem für die meisten Länder der Welt und viele internationale Organisationen ein attraktives Reiseziel, Lernfeld und oft, in ökologischen oder ethnischen Fragen, geradezu ein „Mekka“.

Und da die Welt sich so verändert hat seit Ende der 1980er, als man im Westen das „Ende der Geschichte“ erreicht zu haben glaubte, ist China auch sehr viel mehr in globale Netzwerke von Partnerländern und internationalen Organisationen integriert, und der alte Hegemon und seine Anhänger können in der Welt nicht mehr so durchregieren wie noch zu Zeiten der Sowjetunion.

Es wird ihnen erkennbar auch nicht mehr gelingen, China finanziell oder rüstungsmäßig niederzukonkurrieren und zu erschöpfen, wie es gegenüber der am Ende in jeder Hinsicht ausgelaugten Sowjetunion noch möglich gewesen war. Das alles weiß auch Washington, und es weiß auch, dass der Aufstieg Chinas zur umfassenden neuen Nummer eins nicht mehr verhinderbar ist, die Rückkehr der Welt zur neuen alten historischen Normalität, die die letzten mehr als 3.000 Jahre gegolten hat und nur von 2-300 Jahren europäischen Kolonialismus und imperialistischer Ausbeutung und Zerstörung der Welt unterbrochen wurde. Die jahrtausendealte, stets aus sich selbst heraus wohlhabende Nation wurde nach europäischem Technologieklau, Ressourcenklau, Drogenabhängigkeit durch den Opium- Dealer Großbritannien, nach zahlreichen Genoziden und Vernichtungskriegen vom europäischen, japanischen und US-Kolonialismus und -Imperialismus als eines der ärmsten Länder ausgepresst zurückgelassen. Obwohl die Wall Street diesen fettesten aller Brocken der Welt liebend gerne noch einverleiben würde, um sich noch einmal für ein halbes Jahrhundert high zu fühlen … das wird nie mehr möglich sein … wie sehr wir im Westen auch unter einer ideologisch-medialen Käseglocke gehalten und von authentischen Informationen aus China, Südostasien und dem Rest der Welt und seiner dynamischen Veränderung abgekoppelt werden.

Während aber die Erde eine Kugel bleibt, sich weiter dreht und die Hoffnungen, das „Ende der Geschichte“ sei mit der Weltherrschaft des Hegemons erreicht, zerstoben sind, spalten sich die westlichen Nationen auf neuartige Weise zwischen den Konzernmanagern, Ingenieuren, Technikern, Mittelständlern, Wissenschaftlern und einfachen Touristen, die China gesehen, erlebt, dort gearbeitet haben, dort gereist sind und ein realistischeres Weltbild mit nach Hause bringen, und jener großen Mehrheit, die jede wöchentlich neue alte berühmte durchs Dorf gejagte Sau glauben (müssen).

Ein kritischer Beobachter aber sollte also zunächst einmal mit der gebotenen Vorsicht auf die neuesten Narrative aus Washington reagieren, die kontinuierlich das Ziel haben, China als Schuldigen für nahezu alles darzustellen, was schief läuft. Am Beispiel der US-Cyber-Hacks lief Ende 2020 ja das kleine Lehrstück: „Pompeo: ‚Der Russe war‘s!‘, Trump: ‚Nein, der Chinese war’s!‘“. Man kann auf diese Weisevielleicht noch die “westlichen Reihen“ der maximal 30 Follower-Staaten geschlossen hinter Washington halten. Aber den denkenden Zeitgenoss*innen muss bewusst sein: Das Prinzip „Trump“ wirkt fort, und es war keineswegs die gefährlichste Variante der von Naomi Klein identifizierten Schockstrategie Washingtons für die Welt. Der Absteiger glaubt, ihm sei im Abstiegs-Verhinderungs-Kampf alles erlaubt, und die Schockstrategie hat sich mit dem Abgang Trumps alles andere als in Luft aufgelöst.

Das Wuhan2-(Wuhan-Labor)-Virus – Klappe, die Siebzehnte: Die Chinesen machen Biowaffen-Forschung, finanziert von den USA, und sind zu blöd und zu faul, das BSL-4 einzuhalten

Nun hat sich der Autor entschieden, der Neuauflage des Wuhan-Labor-Narrativs, bisher ein Geheimdienste-Geraune, für richtig zu halten und „starke und sich zunehmend verdichtende Indizien“ dazu beizubringen. Ein Indizienbeweis soll geführt werden.

Der Beitrag führt für das Wuhan-Labor-Narrativ erstens ins Feld, dass es eine weltweite militärisch-orientierte virologische und Biowaffen-Forschung gibt. Keine Sensation, sondern lange bekannt. Aber schon hier bleibt das Bild auffallend bereits nur eine kleine Teil- Wahrheit: Während vom Wuhan-Institut für Virologie (WIV) bisher Viren-Leakages nicht bekannt geworden sind (dazu noch unten), übersieht jenes „Skandal: WIV macht Biowaffenforschung“-Narrativ einige zentrale Faktoren:

  • Die USA betreiben Dutzende (offiziell 14, inoffiziell 200) virologisch-epidemiologischer-Biowaffen-Labore weltweit, im Rahmen ihres inzwischen in „Biological Defense Program“ umgetauften jahrzehntealten Biowaffen-Kriegs- Programms. Warum sich die meisten dieser nun angeblich defensiven Einrichtungen außerhalb der USA befinden und wiederum viele davon in den Ländern an Chinas (und Russlands) Grenzen lokalisiert wurden, scheint Fischbach keine Überlegung wert zu sein.
  • Für ein Corona-Institut, das in Almaty, Kasachstan, das Central Reference Laboratory (TsRL), zum Beispiel, unter US-Regie und -Finanzierung befindlich, gibt es ebenfalls seit langem Gerüchte über eine Covid-19-basierte Biowaffen-Forschung. Unter anderem dieses Institut ist seit langem Gegenstand von offiziellen Stellungnahmen von Regierungen Russlands, Kasachstans (zuletzt im Mai 2020) und anderer. Warum pickt Fischbach nur das WIV heraus?
  • Ähnliches gilt für das Biowaffen-Institut Fort Detrick in Maryland, USA, das speziell zu Coronaviren geforscht hat, im August 2019 (sic!), als SARS-2/Covid-19 bereits (allerdings unanalysiert und offiziell unentdeckt) einmal um die Welt, und in den USA, war (dazu unten), plötzlich geschlossen, inzwischen aber wieder aktiviert wurde. Offizieller Grund der Schließung war die Kontaminierung von Abwässern des Instituts. Und in Fort Detrick waren bereits mehrfach Leakages vorgekommen. Insbesondere der markante Zeitpunkt der Schließung, zu dem es in den USA bereits erste Covid-19-Tote gegeben hatte (die als „Influenza mit atypischer Symptomatik“ ad acta gelegt worden waren, s.u.), hätte Fischbach eigentlich zu einer globalen Erweiterung seiner Indiziensuche motivieren müssen.
  • Das englische Pirbright Laboratory, das ebenfalls seit langem an Corona-Viren forscht und einige Corona-Patente hält, ist zum Beispiel 2007 mit einem größeren Viren-Leak aufgefallen, mit der Folge einer regionalen Maul- und Klauen-Seuche in Surrey, England.
  • Die neueste, logisch-zirkuläre, also logisch nicht widerlegbare, prophylaktisch-denunzierende Geheimdienste-, Politiker- und Medien-Masche ist es ja, dass jeder, der etwas Positives zu China sagt, ein Instrument in den Händen der KP Chinas sei, meist ohne dass er/sie es wüssten. Wenn man daran glaubt, dann darf man gelassen ignorieren, was die vielen ausländischen Besucher und Gastwissenschaftler am WIV, aus der Schweiz, den USA, Deutschland und anderen Ländern in Interviews stets betont haben: Am WIV wird erstens keine Biowaffen-Forschung betrieben, und es untersteht nicht in irgendeiner Weise dem Verteidigungsministerium oder gar dem Militär, und es ist zweitens eines der weltweit führenden Institute des BSL-4- Standards.

Während in Fischbachs Beitrag die Indiziensuche ausschließlich Richtung WIV als zu vermutende Quelle einer Virus-Leckage geht, ist das WIV also seit langem als eines der weltweit führenden, sichersten und erfahrensten Institute beschrieben worden. Eine Reihe westlicher Ärzte, Virologen, Epidemiologen, aber auch Sinologen und Sozialwissenschaftler, die am WIV geforscht haben und immer noch forschen, so der Schweizer Arzt Prof. Paul Robert Vogt oder der US-amerikanische Gastprofessor in China, John Ross (bekannt durch seine Internetseite „Learning from China“), haben dies in millionenfach geklickten Interviews und Blogs ausgesagt. Sie alle, auch die von Fischbach der heimlichen Biowaffenforschung verdächtigten Epidemiologen Peter Daszak und wohl auch CDC-Leiter Fauci, haben am WIV geforscht und immer wieder betont, dass BSL-4 dort peinlichst eingehalten wird. Wir halten die konkreten Stellungnahmen dieser Leute für bemerkenswert, wollen an dieser Stelle, da sie ja auch nur „Indizien“ sind, aber keine weiteren Schlussfolgerungen ziehen. Vermutlich sind ja alle, die sich in Interviews für das WIV verbürgt haben, von Vogt über Daszak zu Marion Koopmans und Christian Drosten, Instrumente in der Hand der KPCh – natürlich ohne es zu wissen.

Das WIV und seine vor-warnende Corona-Forschung

Das WIV forscht seit SARS-1 2002/2003 an Coronaviren, hat seit Mitte der 2010er Jahre führend, und zwar stets zusammen mit internationalen Forschern, die Erkenntnisse zum Stand der Corona-Forschung international publiziert (Lancet, Science, Nature u.a.). Eine der Direktorinnen des WIV, Shi Zhengli, ist die Pionierin der Corona-Forschung und wurde 2019 sogar Mitglied der Amerikanischen Akademie für Mikrobiologie. Sie alle haben im Wesentlichen seit Mitte der 2010er Jahre vorausgesagt, dass die Coronaviren inzwischen eine so große genetische Breite entwickelt haben, dass der Übergang auf Menschen mit einer Wahrscheinlichkeit von nahezu 1,0 stattfinden werde. Der konkrete Zeitpunkt und Ort entsprechender Genomveränderungen würde natürlich von den konkreten Netzwerk-Cluster- Bedingungen abhängen, die naturgemäß zu komplex und volatil sind, um exakt abgebildet und prognostiziert werden zu können. Von einer solchen Datengrundlage und ‑verarbeitungsmöglichkeit sind wir noch Lichtjahre entfernt. Aber dazu noch unten.

Jene internationalen Multi-Autoren-Publikationen haben nicht zuletzt noch einmal deutlich gemacht, dass

  1. die Wissenschaft und die Gesundheitspolitiken weltweit über Corona und eine mögliche Pandemie vor-informiert und vor-gewarnt waren und dass
  2. die internationalen Beschlüsse der WHO-Versammlungen aus den 2000er Jahren, nationale Sicherheitsbestände für eine mögliche Pandemie aufzubauen, mit höchster Priorität zu verfolgen gewesen wären.

Während also die beteiligten Wissenschaften mobilisiert waren, hat all das die Politiker im Westen, die für neoliberal kaputtgesparte Gesundheitssysteme, entsprechende öffentliche Unorganisiertheit und kollektive Handlungsunfähigkeiten in den Sozialstaats- und Gesundheitsbereichen verantwortlich waren, nicht tangiert. Der Rest der nachfolgenden „Chaos-Tage“ (inzwischen mehr als eineinhalb Chaos-Jahre) der Pandemiebekämpfung im Westen ist hinreichend bekannt. Kein Problem ist wirklich gelöst: weder die Schutzkleidungs- Bereitstellung noch das flächendeckende Testen und Sequenzieren noch das Unterbrechen der Virusketten noch die punktgenauen überprüfbaren Quarantänen noch die Impfproblematik. Aber Fußball-Europameisterschaft! So dürfen dann vierte und fünfte Wellen kommen mit weiteren Tausenden vermeidbarer Toter … „Menschenrechte“!

Exkurs 1: Fischbach missversteht die Praxis der internationalen Wissenschaft

Dass das WIV somit naturgemäß eines der Mekkas der virologisch-epidemiologisch-biomedizinischen Forschung geworden war, an dem Ärzte und Wissenschaftler aus aller Welt geforscht haben, ja auch US-Amerikaner, und dabei meist mindestens Komplementärmittel für ihre Forschungsprojekte mitgebracht haben, spricht nicht nur für die Offenheit, Transparenz und Vernetztheit des WIV (wieder nur ein Indiz), sondern ist nebenbei ganz normales akademisches business as usual, wird aber von Fischbach zusammen mit der Suggestion, das WIV wäre das globale Biowaffenlabor schlechthin, zu skandalisieren versucht. Die „interessanten Beobachtungen“ von Fischbach erschöpfen sich dann in dem „Skandal“, dass öffentliche Forschungseinrichtungen der USA tatsächlich auch Projektgelder für US-Gastforscher am WIV bereitgestellt hätten. Warum skandalisiert Fischbach nicht dasselbe für die Schweiz, für P.R. Vogt, für England oder Deutschland? Weil in den USA auch das Rüstungsministerium (Department of Defense) ein Geldgeber war? Insgesamt scheint Fischbach nicht bewusst zu sein, dass internationale Wissenschaft heute so läuft und dass das alles ganz und gar kein Beweis für eine US-finanzierte Biowaffenforschung am WIV ist. Die Vorstellung, die USA würden ihre Biowaffenforschung über eine (vergleichsweise komplizierte und nur für kleinere Projektverbünde geeignete) Drittmittelforschung, und ausgerechnet in China, betreiben und die Chinesen würden sich entsprechend ausforschen lassen, erscheint geradezu absurd. Wo sollte eine gemeinsame Schnittmenge der Biowaffenforschung zwischen China und den USA bei solchen Drittmittelprojekten und Gastaufenthalten gelegen haben?

So vermengen sich Suggestionen zu einem komischen Konglomerat der Gestalt: (1) Das WIV ist weltweit führend in der Biowaffenforschung (Skandal!). (2) Dazu hat es kooperiert mit, und wurde es gefördert von, Fördereinrichtungen der US-Biowaffenforschung, einschließlich des DoD (Skandal! Skandal!).

Das WIV operiert unterhalb BSL-4?

Dazu kommt die weitere Spekulation (ein weiteres „Indiz“?), die allerdings von den o.g. Fachleuten, wie schon angedeutet, bereits wiederholt zurückgewiesen worden war: Das WIV sei vermutlich unsicher und arbeite vermutlich unterhalb des BSL-4. Auch nach mehrmaligem Lesen löst sich die Suggestion nicht in einen Minimalset von erkennbaren Fakten (Indizien) auf. Ausgerechnet die Chinesen halten den BSL-4 nicht ein, ausgerechnet in China passieren Pannen, ausgerechnet die Chinesen lassen „mangelnde Vorsicht“ walten, und ausgerechnet die Chinesen sind zu bequem, die hohen Verhaltensanforderungen des BSL-4 zu beachten und fahren, so „der Verdacht“, das WIV auf BSL-3 oder BSL-2!?

Hier taucht nun sogar eine nachlesbare Quelle auf, leider aber ausgerechnet die FT, die („naturgemäß“) seit eh und je voll und ganz im Medien-Mainstream der Geheimdienste- Rapporteure mitschwimmt, die durch die berüchtigten Falschmeldungen die bekannten Kriege des Westens der letzten drei Jahrzehnte mitverursacht hat und die bekannten wöchentlichen China-Räuberpistolen aus den Alchemistenküchen der „Five Eyes“ kolportiert. Wie der ganze China-bezogene Medienautismus funktioniert, kann man übrigens auf den Nachdenkseiten selbst, z.B. gerne bei Bräutigam/Klinkhammer nachlesen, aber z.B. auch beim kanadischen Global Research, bei Grayzone, beim Chicagoer Qiao-Collective oder einem Dutzend anderer investigativer Journalisten- und Wissenschaftler-Kollektive, Blogs und Websites.

Da kann man nur mit Trump sagen, „Der Chinese war’s!“ Vom Chinesen, diesem Schnell- und Halbentwickelten, hatten wir ja auch nichts anderes erwartet. Die internationalen Wissenschaftler, die am WIV gearbeitet haben und dies allesamt strikt zurückgewiesen haben, sind vom Chinesen gehirngewaschen, ohne es zu merken. Wir halten also nicht viel von Intelligenz und der eigenen Urteilsfähigkeit unserer Gastwissenschaftler in China. Idioten eben. Da kann in Pirbright, Fort Detrick oder Kasachstan passieren was will, der Chinese war’s.

Ist „Corona“ biowaffenfähig?

Natürlich ist alles Wissen und alle Technologie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt „Dual Use“, zivil und militärisch nutzbar. Dieses Catch-all-Konzept benutzt auch Fischbach … gegen China. Da können die ja einfach behaupten, sie würden prophylaktische, zivile, gesundheitspolitische GOF-Forschung betreiben. Am Ende ist es „vermutlich“ aber dann doch Biowaffenforschung. „Vermutlich.“ „Sagt man!“ „So die Erkenntnisse der Dienste.“ Also ist das SARS-2-Covid-19 aus dem WIV entwichen, und bevor es (aus Schlamperei) entwich, war es noch schnell als Biowaffe menschengemacht worden. Q.E.D.

Aber warum sollte man ausgerechnet bei den genetisch weitest entwickelten und daher mutationsfähigsten und dynamischsten Viren, die damit auch am wenigsten in einem Biokrieg steuerbar wären, eine Biowaffenidee verfolgen, die Natur imitieren und sogar überholen wollen? Was angesichts unendlich vieler natürlicher Mutationen des SARS-2-Covid-19 Virus praktisch unmöglich wäre. C. Drosten zum Beispiel hat erst kürzlich in einem langen Interview mit dem Schweizer Online-Magazin Republik noch einmal deutlich gemacht, wie unsinnig die Labor-These von der menschengemachten Herstellung von Covid-19 ist: Das SARS-CoV-2, so wie es sich in unzähligen Mutationen bis zur Mensch-zu-Mensch-Übertragungsfähigkeit im Jahre 2019 entwickelt hat, künstlich herzustellen, wäre ein riesiger, umständlicher und sinnloser Umweg mit hoch ungewissem Ausgang und einem Zeitaufwand, in dessen Rahmen uns das reale Virus bereits in unzähligen Mutationen davongelaufen wäre. Wer mit dem SARS-CoV-2 „spielt“ und es in die Welt setzt, kann keinen steuerbaren Biokrieg führen, sondern setzt eine schwer steuerbare Pandemie in Gang, so wie sie sich tatsächlich gezeigt hat. So dumm können eigentlich weder die USA noch China gewesen sein, dies zu versuchen und den jeweils anderen zu infizieren.

Aber Fischbach scheint zu glauben, dass die neueste Washingtoner Fingerzeig-Übung Richtung China die heißeste Spur des Jahres ist. Und man weiß natürlich nie. Auch bei der Atomwaffe hat der größte Teil Washingtons ja seit den 1950ern (und bis heute) ernsthaft geglaubt, man käme mit dem Erstschlag davon. Wer zuerst bombt, stirbt aber als Zweiter … und schlimmer, nämlich langsamer, im nuklearen Winter. Davon glaubten die alten und glauben die neuen Kalten Krieger ihre Völker ablenken zu können. Wenn es aber die kollektive Mindest-Rationalität in Washington bei Covid-19 nicht gab, dann müsste Fischbachs Indizienforschung in eine andere Richtung gehen, in Richtung Washington … Auf Wuhan kommen wir zurück.

Exkurs 2: Fischbach verkennt auch den Charakter moderner Wissenschaftsentwicklung

Dass wissenschaftlichen Minderheiten-Erklärungen und Einzelstudien zur Covid-19- Entstehung nachgegangen werden soll, dagegen ist nichts einzuwenden, und, ja, auch die, die im WHO-Abschlussbericht ausgerechnet die Laborthese „mit zu wenigen Seiten berücksichtigt“ sehen, sollen sich melden können. Auch Wissenschaftlicher sind nur Menschen, haben ihre verschiedensten Motive und politischen Ausrichtungen und sollen ihre gewünschten „Nach-Forschungen“ verlangen, so viel sie wollen. Aber etwas, was nach allen Reflektionen zunächst einmal nicht mehr ist als eine weitere durchs Dorf gejagte Sau des Absteigers, kann nicht einfach a priori als „Indiz“ der „eigentlichen Wahrheit“ herangezogen werden. Hier irrt Fischbach sozusagen wissenschaftstheoretisch.

Fischbach missversteht die Entwicklung der modernen Wissenschaften und ihrer komplexen Gegenstände auch im Großen. Man mag bedauern, dass wissenschaftliche Erkenntnisse und Dispute und deren Entscheidbarkeit anhand umfassender, hochkomplexer Gebilde aus Weltsichten, Axiomen-Systemen, Annahmesystemen, prototypischen Grundmodellen, historischen Referenzereignissen, zahlreicher „Schutzringe“ aus konkreten Anwendungsmodellen und empirischer Detailforschung, also in theoretische Kerne, die nicht falsifizierbar sind, und Anwendungsringe, die austauschbar sind, organisiert werden und als „Paradigmata“ von einer „Scientific Community“ getragen werden und leider eben nicht in einer naiven Einzelhypothese-zu-Einzelhypothese-„Falsifizierung“ widerlegt und verändert werden können. In diesen Strukturen moderner Wissenschaftskomplexe und ihrer theoretischen Paradigmata liegen unübersehbar Gefahren der wissenschaftlichen Verhärtung in normalwissenschaftlicher“ Routineforschung, keine Frage. Aber den Spieß einfach herumzudrehen und für einige der zitierten kritischen Stimmen zum Corona-Ursprung, die dem WHO-Bericht und dem Epidemiologen-Standard widersprechen, die durchaus ihre Berechtigung haben können und einen organisierten Platz in der Wissenschafts-Entwicklung haben und eine Rolle bei der Theorieentwicklung spielen können, für diese also schlicht, a priori die ganze Wahrheit zu beanspruchen, hat weder Hand noch Fuß. Daraus, dass diese Meinungen auf die Kritik von einer virologisch-epidemiologischen Mehrheitsmeinung stoßen, „kein gutes Bild von den Verhältnissen innerhalb der Wissenschaften“ zu schließen, ist naiv und an den Verhältnissen komplexer moderner Wissenschaften und des Erkenntnisfortschritts vorbei.

Vor Wuhan: Das Virus war um die Welt

Der Artikel von Fischbach malt nun ein Bild von Entstehung und Ausbreitung des Virus, das einige Fakten so selektiert, dass ein mehr falsches als realistisches Bild entsteht.

Schwerwiegendste Fakten werden nicht in den Blick genommen. Nach eineinhalb Jahren der grundlegenden Genomsequenzierung von Covid-19 am WIV (Anfang Januar 2020), des Nachweises seiner Neuartigkeit, seiner Tier-Mensch- und Mensch-Mensch-Übertragbarkeit (Mitte bis Ende Januar 2020), alles in Rekordzeit in Wuhan geleistet, mit echtzeitlicher Alarmierung der Welt-Gesundheitswissenschaften und Gesundheitspolitiken über die GISAID- und WHO-Websites, und nach inzwischen Dutzenden von Nachuntersuchungen auf Basis eben dieses Wissens, scheint inzwischen Folgendes unabweisbar:

  1. Das Virus ist von der Fledermaus über einen Zwischenwirt im Bereich der Schuppentiere auf den Menschen übergegangen.
  2. Die sogenannte phylogenetische (populationsbasierte) dynamische (geographisch-temporale) Netzwerkanalyse (Wann und wo konnten frühere Coronafälle, Infektionen oder Todesfälle, durch Nachanalysen auf Basis der neuen Genomsequenzierungen nachgewiesen werden?) haben ergeben, dass das Virus in der Region Hongkong / Shenzhen und/oder Singapur erstmals auf den Menschen und danach auch von Mensch zu Mensch übertragen wurde.
  3. Nach-Analysen mithilfe diverser Methoden (lokale Abwasseranalysen, Nachanalysen von Diagnose- und Therapiedaten, von Totenakten usw.) in jenen Ländern, in denen diese elementaren Daten überhaupt vorhanden waren (in den meisten Ländern ist ja nicht einmal das gegeben), haben ergeben, dass bereits im August und September 2019 das Virus praktisch einmal um die Welt war. Von „Wuhan“ war da noch keine Rede. Nachgewiesen wurden Corona-Infektionen und -Tote in wissenschaftlichen Nachuntersuchungen und Aktenanalysen in Spätsommer und Frühherbst 2019 in Frankreich, Norditalien, Süddeutschland, Spanien und den USA. In den USA kamen die Corona-Infektionen ans Licht, nachdem ein japanisches Ehepaar im Januar 2020 auf Hawaii Urlaub gemacht hatte und, ohne irgendeinen Kontakt zu einem chinesischen Bürger gehabt zu haben, Corona-infiziert nach Japan zurückkehrte und mit dem sodann neuesten Wissensstand aus dem WIV positiv getestet wurde. Im Anschluss gab es eine Nachuntersuchung und sodann eine Kongressanhörung in Washington, und Fauci selbst sagte aus (auf YouTube nachsehbar), man habe tatsächlich zahlreiche Infektions- und Todes-Fälle vom August und September 2019 nachträglich als Covid-19 identifizieren müssen, die stets (und nicht nur in den USA) als „Influenza mit atypischer Symptomatik“ ad acta gelegt worden waren. Analyse- Unwilligkeit? Analyse-Faulheit? Analyseunfähigkeit?
    Wenn „Wuhan“ (dem WIV) hier schließlich die Genomsequenzierung gelang, soll also wirklich der Pianist für die schlechte Komposition, der Bote für die schlechte Nachricht erschossen werden!? Das ist tumbstes Denken à la Trump und seiner evangelikalen Extremisten im ländlichen Amerika, die das Alter der Erde durch Abzählen der Generationen in den Sagen des Alten Testamens der Bibel bestimmen und ihre Kinder inzwischen vor elementarstem Wissenserwerb in den Schulen abisolieren. Und wahlweise auch seiner Nazibanden, denen ohnehin jeder Vorwand recht ist, endlich auf Menschenjagd gehen zu können.
    Warum ignoriert Fischbach diese „Vorgeschichte“ zu „Wuhan“? Warum bemüht er eine (anscheinend später stattgefundene) menschliche Intervention (natürlich nur durch das WIV), wo das Virus schon in seiner natürlichen Evolution vor unser aller Augen eine atemberaubende, und durchaus erschreckende, Mutationsdynamik vollführt, der wir durch menschliches Zutun nichts Relevantes mehr hinzufügen könnten, und schon gar nicht diese Dynamik in Laboren etwa kontrollierbar machen könnten?
  4. Die einzige Entschuldigung, die die westlichen Länder, die das Virus bereits hatten, aber nicht erkannten oder nicht erkennen wollten, für sich geltend machen können, ist die Tatsache, dass es sich im Herbst 2019 noch um eine relativ wenig infektiöse und relativ wenig letale Mutation von Covid-19 handelte, die man vielleicht noch als „Influenza mit atypischer Symptomatik“ abtun konnte.
  5. Dass sich das Virus in diesen Mutationen von Hongkong / Shenzhen und/oder Singapur auch in China ausbreitete, und anscheinend auch unerkannt, ist übrigens wahrscheinlich, da braucht Fischbach gar nicht eine Konstruktion heranzuziehen, wonach WIV-Forscher das Virus von Südwestchina nach Wuhan brachten, nur um es dort, bei Biowaffenexperimenten (!?) schlampig (!?) (oder gar absichtlich, wie in den Washingtoner Narrativen?) freizusetzen. „Occam’s Razor“ verlangt auch hier, keine unnötig üppigen Erklärungs-Konstruktionen aufzubauen, wenn einfachere eine hinreichende Erklärungskraft besitzen.
Aber warum gerade Wuhan?

Warum aber dann der Ausbruch einer gefährlicheren Epidemie gegen Ende 2019 in Wuhan? Noch einmal: Angesichts der Tatsache, dass weltweit Coronaforschung betrieben wurde und wird, und dass das Virus die Abwehrhürden des Menschen bereits überschritten hatte, ist die Story, dass die Fledermausforscher*innen des WIV das Virus aus dem südwestchinesischen Yunnan herbeigeholt haben und es in Wuhan freigesetzt haben, nichts als ein weiteres Märchen.

Was Fischbach übersieht, in seinem Streben, einen Skandal zu finden, der sich jedoch nur als warmes Lüftchen entpuppt, ist, dass Viren Mutationen bedeuten, und zwar zahllose Mutationen, und zwar in Abhängigkeit von ihren Netzwerkstrukturen und -dynamiken, die wiederum nicht unabhängig sind von den Netzwerkstrukturen und -dynamiken ihrer Wirte. Inzwischen ist das Bewusstsein davon in das allgemeine Bewusstsein auch des westlichen Laienpublikums eingedrungen. Wir wissen, dass es Alpha, Beta, Gamma, Delta, Epsilon oder Lambda gibt, und dass das keineswegs das Ende des Rüstungswettlaufs zwischen Viren und Menschen ist.

Was also war Besonderes in Wuhan in jener Zeit kurz vor dem Dezember 2019? Eine Millionenstadt wie jede andere, und keineswegs die größte. Da hätte jede internationale Konferenz in einer größeren Millionenstadt rund um die Welt einen Auslöser bieten können.

Eines der Medien-Tabus des Westens, das seit mehr als eineinhalb Jahren peinlich gehütet wird, weil diese Tabuisierung hilft, die einfache, naheliegende, rationale Erklärung durch alle möglichen konstruierten Narrative und Mythen zu ersetzen, ist die internationale Militärolympiade, die Ende Oktober in Wuhan stattfand! Tausende von Militärsportlern über fast zwei Wochen (inkl. An- und Abreise, bis in den November hinein) in denkbar intensivster körperlicher Interaktion – das ist wie 20 internationale Konferenzen zugleich, eine intensive Netzwerkdynamik, die geradezu ein Paradies für das Virus geschaffen hat, in dem es zahllose Mutationen generieren und probieren konnte. Eine davon schaffte offenbar den Sprung zu höherer Infektiosität und Letalität (wobei die Letalität des Wirtes bekanntlich nicht zur Fitnesslogik des Virus gehört sondern ein, für das Virus durchaus zweischneidiges, Nebenprodukt seiner erhöhten Fitness ist, das es auch „endogen“ wieder stoppen könnte, wenn alle Wirte sterben sollten; die simple Logik kennt man seit den 1920ern).

In China selbst sind vor diesem Hintergrund immer wieder einmal Hypothesen vom Einschleppen des Virus durch die ca. 300 anwesenden US-Militärsportler, die an der Olympiade teilgenommen haben, aufgekommen, und konkret wurden zwei US-Radrennsportler der gezielten Verbreitung verdächtigt. Aber auch diese Narrative haben sich, obwohl politisch verlockend, wohl zu Recht nicht durchgesetzt. Die reale und realistische Erklärung der Dinge braucht dieses Konstrukt nicht, und im Kontext des hier entwickelten Gesamtbildes wäre es auch genauso falsch wie Fischbachs enger und künstlicher Bildausschnitt der Geschehnisse, sein Spotlight auf das WIV.

Aber wenn wir die große Geste einnehmen wollen und die Welt, die WHO, die Virologen und Epidemiologen der Welt, die UNO oder wen auch immer, zur großen Nach-Forschung und Aufklärung auffordern wollten, wie Fischbach es am Ende tut, eine Geste, die sich natürlich immer gut macht bei den Leser*innen, dann läge es nahe, „die Welt“ (die UNO?) zur erneuten und noch intensiveren Untersuchung nicht der WIV-Labortheorie sondern der realen Bedeutung der Wuhan-Militärolympiade aufzufordern.

Eine Schlussfolgerung

Wozu brauchen wir Konstruktionen von herbeigeschleppten Viren, von US-finanzierter Biowaffenforschung am WIV, von einer außergewöhnlichen Schlampigkeit ausgerechnet bei einem der führenden, meistbesuchten und transparentesten Virusforschungsinstitute der Welt, wenn eine „endogene“, natürliche und einfache Erklärung auf der Hand liegt und nach allen Seiten, in allen bekannten Fakten, „eingebetteter“, plausibler und konsistenter ist?

Wir wollen hier nicht eskalieren und vermeiden den Vorwurf der „Verschwörungstheorie“ an Fischbach. Aber dass er sich in eine ziemlich enge Gasse hineinbugsiert hat, sollte angesichts der Breite, Plausibilität, Einfachheit und des Realismus des Gesamtbildes deutlich geworden sein. Biden, der Washingtoner Polit-Brodelpott und die „Five Eyes“ werden nicht profitieren können von Fischbachs Erklärungsversuch des Dienste-Narrativs.

Wolfram Elsner ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Bremen. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher internationaler Publikationen und Lehrbücher

Der Beitrag wurde am 08.07.2021 fertiggestellt und per Mail verbreitet. Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung. 


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