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Freidenker-Verbandstag 2021: Dokumente und Galerie

Am 26. und 27. Juni 2021 fand in Raunheim bei Frankfurt am Main der Verbandstag des Deutschen Freidenker-Verbandes statt. Wir veröffentlichen hier

Siehe dazu auch unsere Pressemitteilung vom 29.06.2021.


Eröffnung des Verbandstags 2021

von Klaus Hartmann

Klaus Hartmann eröffnet den Verbandstag

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freunde und Gäste,

Ich begrüße Euch zu unserem Verbandstag, der mit einem Jahr Verspätung stattfindet.

Er findet auch nicht am geplanten Ort, dem Naturfreundehaus Rahnenhof in der Pfalz statt, da uns das Corona-Regime nicht die erforderliche Planungssicherheit gestattete.

Bevor wir in unsere Geschäfte einsteigen, wollen wir uns an die Genossinnen, Genossen und Freunde erinnern, die in den letzten Jahren von uns gegangen sind. Ich darf Euch bitten, Euch zu ihren Ehren von den Plätzen zu erheben.

Wir gedenken der Genossinnen und Genossen und engen Freunde des Freidenkerverbandes

  • Professor Dr. Velko Valkanov
  • Eckart Spoo
  • Dr. Hans-Günter Szalkiewicz
  • Dr. Kurt Gossweiler
  • Karl-Heinz Wendt
  • Heinz Keßler
  • Christian Koberg
  • Hans-Peter Keul
  • Erika Reitz
  • Karl Wild
  • Prof. Dr. Wolfgang Richter
  • Kurt Nobst
  • Dr. Jan Bretschneider
  • Prof. Dr. Domenico Losurdo
  • Hellfried Graf
  • Peter Wagner
  • Andreas Schöbel
  • Lorenz Knorr
  • Rolf Berthold
  • Dr. Horst Schild
  • Rudi Berger
  • Helmut Steuerwald
  • Gernot Bandur
  • Dr. Ernst Busche
  • Lucien Sève
  • Helmut Kreißl
  • Prof. Dr. Aldo Bernardini
  • Walter Malzkorn
  • Prof. Dr. Wolfgang Jantzen
  • Gert Julius
  • Prof. Dr. Erich Buchholz
  • Hossein Hakimi
  • Christian Krähling
  • André Müller sen.
  • Ernst Eicher
  • Ramsey Clark
  • Dr. Werner Seppmann
  • Günter Henkel

Ich danke Euch.

Wie viele Wörter haben wir seit dem Verbandstag 2016 in Potsdam neu lernen müssen! R-Wert, Inzidenz, Herden-Immunität. Und ich selbst hatte noch 2016 eine gewisse Unsicherheit im Ernährungs-ABC: Spricht man das Wort jetzt Glutenfrei oder Glutenfrei aus?

Das Motto des Verbandstages seht Ihr, wenn die Technik funktioniert, hier über mir:

Vernünftiges Denken statt Panikmache.
Gegen Notstandsgesetze und Ausnahmezustände:
Frieden, Völkerrecht und demokratische Rechte verteidigen!
Volkssouveränität erstreiten!

Aus heutiger Sicht betrachtet, wird es kaum jemand für möglich halten, dass wir diese Losung schon im Herbst 2019 beschlossen haben, also lange bevor „Corona“ auf der Bildfläche erschienen ist. Die letzten beiden Sätze beschreiben unsere Zielangaben, die zwar einigermaßen zeitlos gelten können, die aber auf die Warnung in den ersten beiden Zeilen bezogen sind. Und diese Warnungen bezogen sich auf eine Zeit, als unter dem Stichwort „Klima“ für genau jene Maßnahmen Stimmung gemacht wurde, die wir dann unter dem Stichwort „Corona“ erleben durften. Welchen Grund hätte es also geben sollen, dieses Motto zu verändern? Zumal in den letzten Wochen bereits Stimmen aus der Deckung kamen, die vorschlugen, dass man doch einige Einschränkungen, wie unter „Corona“ eingeübt, auch für ein künftiges „Klima-Management“ nutzen solle.

Im mündlichen Geschäftsbericht 2016 sagte ich: „Zur Bedrohlichkeit der aktuellen Lage kommt noch eine um sich greifende ideologische Konfusion bei jenen, die ihr eigentlich entgegentreten müssten, diese reicht von der Verfehlung des Gegners bis zur Spaltung und Zersetzung in den eigenen Reihen.“

Diese Diagnose hat sich in den fünf zurückliegenden Jahren leider voll bestätigt. Noch und immer wieder erleben wir einen „Kampf gegen rechts“, der seine höchste Erfüllung darin sieht, gegen die AfD oder gegen sogenannte Querdenker mobil zu machen. Selbstverständlich ist die AfD eine ekelhafte Erscheinung, aber wir charakterisierten sie in Potsdam „als Erfindung des Systems zur Irreleitung und zur Integration von Protestpotenzial in ‚ungefährliche‘, in systemkonforme Bahnen“, als „eine ‚normale‘ Partei des deutschen Imperialismus“, der „ihr Nimbus der Alternative“ genommen werden muss.

Der Verband hat daher in den letzten Jahren mehrfach mit Erklärungen und Flugblättern verdeutlicht, dass die Rechtsentwicklung in erster Linie von der Regierung betrieben wird: Beteiligung an Kriegen, Hochrüstung, Einsatz der Bundeswehr im Innern, Hasspropaganda gegen Russland und China, Staatstrojaner der Geheimdienste auf jedermanns Digitalgeräten, Abbau demokratischer Rechte unter „Corona“- oder anderen Vorwänden. Die Fixierung auf die AfD lenkt genau davon ab, und diese Orientierung läuft letztlich auf einen Verein zur Verharmlosung des Naziregimes hinaus.

Zu den Wörtern, die wir auch lernen mussten, gehören „woke“, „Identitäre“ und „Cancel Culture“. „Woke“ soll so viel wie „erwacht“, „Erwachtheit“ oder „wachsam“ heißen, und wird seit knapp 10 Jahren von Menschen in den USA vor sich hergetragen, die gegen die Diskriminierung von Minderheiten stehen wollen. Dass dieses Etikett inzwischen vom imperialistischen Mainstream voll vereinnahmt wurde und zur Diskreditierung von allen missliebigen Kritikern genutzt wird, stört die Adepten anscheinend wenig. Man darf daran erinnern, dass zuvor ein besonders „Erwachter“ und „Erweckter“ der sogenannte „wiedergeborene Christ“ namens George W. Bush war, der Hunderttausende Iraker in den Status der Nichtwiedererweckbarkeit beförderte.

Vormals waren die „Identitären“ rechte Gruppen mit ausländerfeindlichen Einstellungen, heute gilt bei vielen „Lifestyle-Linken“ die sogenannte „Identitätspolitik“ als Nonplusultra. Die Zerlegung der Bevölkerung in Veganer, Transsexuelle und divers sexuell Orientierte, in Raucher und SUV-Fahrer bietet unendliche Anknüpfungspunkte für eine vermeintliche Interessenvertretung, die bloß eins außer Acht lässt: die Klassenspaltung der Gesellschaft in Kapitalisten und Lohnabhängige, die horizontale Spaltung der 1% gegen die 99%, den Interessengegensatz. Der Klassenkampf wird entsorgt durch hunderte Spaltungen entlang sogenannter Identitäten, und deshalb sind diese vermeintlich „linken“ Identitären mitnichten besser als die rechten, aber sicher gefährlicher.

Als ich zum ersten Mal das Wort „Cancel Culture“ las, dachte ich spontan: Geht’s da um die Kanzeln in den Kirchen, die als Kultur gelten sollen oder gar das von ihnen verkündete Wort Gottes? Doch in Wirklichkeit geht es um das Mundtot-Machen, um die Ausgrenzung aller missliebigen Stimmen aus dem öffentlichen Diskurs, all jener, die als „Verschwörungstheoretiker“ diskriminiert werden und die früher mal den Ehrentitel Dissidenten trugen. Ausladung für Kabarettistin Lisa Eckhardt in Hamburg, kein Forum für Literatur-Nobelpreisträger und Serbien-Verteidiger Peter Handke, kein Hotelzimmer in Berlin für Friedensforscher Daniele Ganser und natürlich keine Veranstaltungsräume für Referenten, die die Menschenrechtsbewegung „Boykott, Sanktionen und Disinvestitionen“ gegen Israels Apartheid-Politik verteidigen, oder auch nur zur Diskussion stellen könnten. Dieses „Cancelling“ ist keine Kultur, sondern das Gegenteil, schnöder Kulturverfall, imperialistische Gleichschaltung und Zensur, aber zeitgemäß privatisiert, in die sogenannte „Zivilgesellschaft“ outgesourct.

Wir haben das beim letzten Verbandstag schon am Thema „Antisemitismus“ thematisiert, und das Thema ist uns in verschärfter Form erhalten geblieben. Das ist nicht nur unsere Einschätzung, die uns von anderen isolieren würde. Der Kommentator Hanno Hauenstein schreibt am 19.06.2021 in der Berliner Zeitung unter dem Titel „Halbgare Mutmaßungen, Verdächtigungskultur“: „Unter dem Deckmantel des Engagements gegen Antisemitismus wird eine Rhetorik der Spaltung kaschiert, die je nach Gusto gegen diverse Gruppen in Anschlag gebracht wird. Deutungshoheit über Antisemitismus wird an sich gerissen, zu politischen Zwecken instrumentalisiert und somit auch entwertet“.[1]

Ich hatte eingangs, aus dem letzten Geschäftsbericht zitierend, vor „der Verfehlung des Gegners bis zur Spaltung und Zersetzung in den eigenen Reihen“, gewarnt. Leider haben nicht alle, die dies damals hörten, dem mit der nötigen Konsequenz entgegengearbeitet.

Aus meiner Sicht wurde dies nach dem Thema „Klima“ auch beim Thema „Corona“ deutlich. Es sollte doch für uns keine Überraschung sein, dass die imperialistischen Ideologie-Zentralen, zuvörderst Think Tanks und Stiftungen wie die des sogenannten „Philanthropen“ George Soros eine ihrer vornehmsten Aufgaben in der Wehrlosmachung der Bevölkerung durch multiple Spaltungen sehen und in der Liquidierung aller Organisationen, die dem entgegenstehen.

Differenzierte, auch kontroverse Meinungen zu diesen Fragen halte ich für normal und nicht für eine Katastrophe. Für bedenklich halte ich aber eine Unversöhnlichkeit, mit der zuweilen diskutiert wird, und andere Meinungen praktisch zum Feind erklärt werden, was mich an das kirchliche Dogma erinnert: „Extra ecclesiam salus non est“ (Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil“.)

Fassungslos stehe ich daher immer wieder vor dem Phänomen, dass Vertreter der einen oder der entgegensetzten Position z. B. zu „Corona“, vom Verband praktisch ultimativ fordern, „ihnen“ und nicht „den Anderen“ zu folgen. Wir haben von Anbeginn an erklärt, keine Parteinahme entlang medizinischer Fachfragen zu ergreifen. Wir haben immer und durchgängig daran festgehalten, dass die Kritik an der Inkompetenz und den Widersprüchen der sogenannten „Pandemiebekämpfung“ für uns sehr wohl ein Thema ist. Wir haben immer betont, dass die Einschränkung der Grundrechte in diesem Zusammenhang inakzeptabel ist. Wir haben aber auch immer wieder deutlich gemacht, dass die Einschätzung der Gefahr durch das Virus und der persönlichen Gefährdung Sache jedes Einzelnen ist, und sich jede „Vorgabe“ dazu durch den Verband verbietet.

Leider haben nicht alle im Verband die Spaltungsstrategie erkannt, und haben wegen dieses „Corona-Themas“ ihren Austritt erklärt. Die einen, weil wir nicht radikal genug den ganzen „Corona-Aufzug“ als Manipulation entlarvt hätten, die anderen, weil wir zu regierungskritisch dem Ungehorsam Vorschub geleistet hätten. Von insgesamt acht Austritten begründeten es jeweils vier so und vier mit dem Gegenteil. Einer der Ausgetretenen habe ich geantwortet, dass ich ihr Austrittsschreiben an die Open Society-Stiftung von George Soros weiterleiten werde, damit die sich über ihren Spaltungserfolg freuen könnte. Habe ich dann doch nicht gemacht.

Wir haben kritisiert und tun dies weiterhin, dass kontroverse Meinungsäußerungen zu „Corona“ verächtlich gemacht, ausgegrenzt und mundtot gemacht werden sollen. Wir sehen darin einen Akt der Gleichschaltung, die von der Regierung über ihre Propagandamedien bis zu den großen Internet-Konzernen betrieben wird. Leider dienen sich hier auch vermeintliche „Linke“ als Hilfstruppen an. In diesem Zusammenhang sehe ich auch die Diffamierungskampagne gegen alles, was „Querdenker“ genannt wird. „Querdenker und Rechtsextreme“ hat sich inzwischen zu einem fast untrennbaren Begriffspaar, zu einem Schimpfwort wie „Nazi“ entwickelt. Wir sollten doch mal festhalten, dass sich als „Querdenker“ bezeichnet, wer grundsätzlich gegen den Strom schwimmen will. Das bezeichnet noch keine exakten Inhalte, ist aber erst einmal nicht unsympathisch. Wie nahe das Wort bei „Freidenker“ liegt, habe ich gerade am 1. Mai in Offenbach erfahren: Sprach doch dort ein Passant mit Blick auf unsere Fahne einen anderen an und fragte: „Freidenker – sollten die nicht verboten werden?“

Mir ist bewusst, dass sich unter dem Label „Querdenker“ alles Mögliche und auch Unmögliche versammelt. Es gibt auch die institutionell organisierte Initiative „Querdenken“, die nie Kontakt zu uns gesucht hat, die an die Konterrevolution in der DDR anknüpfen will, die China zum Feind erklärt, und die Abgrenzungsschwierigkeiten zu Neonazis hat. Dass wir derartige Veranstaltungen nicht unterstützen, ist selbstverständlich. Aber genauso unterstützen wir nicht, dass alle Proteste gegen das Corona-Regime unterschiedslos unter dem Sammelbegriff „Querdenker“ in die Tonne getreten und als „Nazis“ gelabelt werden. Dieser Diffamierung, mit der Tendenz, jede Regierungskritik als „voll Nazi“ zu diskreditieren, müssen wir entschieden entgegentreten. Wir haben die Pflicht und die Schuldigkeit, genau hinzusehen und zu differenzieren, und durch Diskussionen und Argumente auch Bündnispartner zu gewinnen.

Im Editorial des Freidenker 3-2000 haben wir geschrieben: „Die Größten werden gerettet, Selbstständige, Kleinunternehmen und Mittelstand massenhaft vernichtet. Die so „ins Proletariat Hinabgeschleuderten“ tragen auch kleinbürgerliches Bewusstsein und antikommunistische Vorurteile selbstverständlich auch in die Proteste gegen ihr Los hinein, was für uns aber kein Grund für Verachtung, sondern für verstärkte Aufklärung sein muss.“ Dagegen erhob sich zweierlei Gemurre: Die einen meinten, das sei ein Affront gegen viele Protestierende, die anderen meinten, dass sei eine unzulässige Anbiederung. Dass es sich um ein Zitat von Marx und Engels aus dem Kommunistischen Manifest handelte, schien beiden Seiten nicht aufgefallen zu sein.

Der Gegner will nicht nur den Klassenkampf für obsolet erklären, er will den Gedanken an den Interessengegensatz zwischen Kapital und Arbeit aus den Köpfen löschen. Er will alle Organisationen zersetzen und vernichten, die an diesen „überkommenen“ Vorstellungen festhalten. Wir dürfen uns, trotz unserer bescheidenen Größe und unserer überschaubaren Ausstrahlung als Adressaten dieser Bemühungen sehen.

Ich bitte deshalb alle und insbesondere die Delegierten des Verbandstages als oberstem Organ des Verbandes: Bitte tut alles dafür, dass Mitglieder aus den Schützengraben herauskommen, die andere für sie ausgehoben haben! Und tut alles dafür, sie oder andere nicht wieder hineinzustoßen! Wir müssen uns an unser Prinzip der Toleranz erinnern und daran, dass es grundlegenden Gefahren zu wehren gilt.

In diesem Sinne wünsche ich uns einen diskussionsfreudigen Verbandstag, der kontroverse Diskussionen nicht scheut, der andere Sichtweisen toleriert und nicht verdammt, der also im Wortsinn das freie Denken hochhält, und der sich über Meinungsverschiedenheiten im Einzelnen hinweg darüber klar und einig ist:

Die Hauptaufgabe ist die Abwehr der Kriegsgefahr, unser wichtigstes Instrument dagegen bleibt die Aufklärung, unsere Position ist die des Antiimperialismus und Internationalismus, unser Platz ist an der Seite der Friedenskräfte, und das heißt insbesondere: an der Seite der Russländischen Föderation und der Volksrepublik China.

[1] https://www.berliner-zeitung.de/wochenende/antisemitismus-in-deutschland-warum-springer-medien-hysterische-kritik-ueben-li.164949

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Erklärung zum Rechenschaftsbericht des Verbandsvorstands

von Sebastian Bahlo

Sebastian Bahlo gibt den Bericht des Verbandsvorstandes

Liebe Genossinnen und Genossen Delegierte, verehrte Gäste,

Es liegt der schriftliche Tätigkeitsbericht des Verbandsvorstands vor. Durch die erzwungene Verschiebung dieses Verbandstags hat sich der Berichtszeitraum auf fünf Jahre verlängert. Die zurückliegenden fünf Jahre waren von dramatischen Zuspitzungen politischer, wirtschaftlicher und ideologischer Natur auf internationaler und nationaler Ebene geprägt. Diese bildeten oft den Grund und immer den Hintergrund unserer Aktivitäten. Da uns im Deutschen Freidenker-Verband die Grundüberzeugung eint, daß der Mensch prinzipiell in der Lage ist, die Gesetze der Natur und der Gesellschaft zu erkennen und zu humanen Zwecken auszunutzen, stehen Bewußtsein und gesellschaftliches Sein der Menschheit jederzeit im Mittelpunkt unseres Interesses. Rechenschaft über die Tätigkeit des Verbandsvorstands geben, bedeutet unsere Haltung zu den akuten Fragen unserer Zeit darzulegen.

Wir erinnern in diesen Tagen an den deutschen Überfall auf die Sowjetunion vor achtzig Jahren. Die Verlautbarungen der politischen Führung Deutschlands zu diesem Anlaß hätten schlechter sein können als sie waren, wenn man bedenkt, daß das EU-Parlament vor zwei Jahren eine Resolution zum achtzigsten Jahrestag des deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrags verabschiedet hat, in der Hitler und Stalin gemeinsam die Schuld am Zweiten Weltkrieg gegeben wird. Diese historisch unhaltbare Ansicht, die unter anderem das Münchener Abkommen ignoriert, wird von extrem antirussischen Kräften propagiert, um das Tabu eines neuen Krieges gegen Rußland zu beseitigen. Es ist daher anerkennenswert, daß Bundespräsident und Bundeskanzlerin sich in ihren Gedenkreden unzweideutig zur deutschen Kriegsschuld bekannten. Natürlich bleibt dieses nationale Schuldbekenntnis auf der Ebene des Tätervolkgedankens (Merkel: „Tag der Scham“), dessen reaktionäre Konsequenzen wir von der erklärten prozionistischen „Staatsräson“ der BRD kennen. Hier wird es in doppelter Hinsicht gefährlich. Zum einen sind geschickte Demagogen schnell bei der Hand, zu erklären, daß das deutsche Tätervolk zur Wiedergutmachung für den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion die postsowjetische Ukraine gegen Putin unterstützen müsse, zum anderen treibt man mit der abgedroschenen Rede von der deutschen Schuld die Menschen auf die Seite der Gegenposition, daß wir Rußland überhaupt nichts schuldig seien. In der Tat muß doch einem im Jahr 2000 Geborenen der Hinweis auf eine von der Urgroßelterngeneration ererbten Schuld gegenüber Rußland so unwahrhaftig vorkommen, daß er die revanchistischen Ankündigungen z. B. von der Leyens, „mit Rußland aus einer Position der Stärke zu sprechen“,  als kühnen Ausbruch aus den Zwängen eines falschen Dogmas begrüßen wird. Unsere Auffassung der deutschen Verantwortung für Faschismus und Krieg ist differenzierter. Das deutsche Volk ließ sich zum Mordwerkzeug Hitlers machen, aber es war selbst sein erstes Opfer. Es wurde entrechtet und mundtot gemacht, seine wirklichen Interessenvertreter wurden eingesperrt und ermordet. Das deutsche Volk war nicht faschistisch, sondern der Faschismus war der Todfeind des deutschen Volkes. Es wäre auch ein später Sieg des hitlerschen Rassenwahns, würde man sagen, daß „die Deutschen“ „die Juden“ ermordet haben. Insofern die Entrechtung und Vernichtung der Juden zu einem großen Teil deutsche Juden betraf, war dies ein Verbrechen am deutschen Volk. (Daß dieses Verbrechen im Volk willige Vollstrecker fand, ändert die Sache nicht.) Die gefangenen und ermordeten deutschen Widerstandskämpfer, ob Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Christen und Freidenker, waren eben nicht die Volksfeinde und Vaterlandsverräter, als welche die Nazis sie verleumdeten, sondern sie waren die größten deutschen Patrioten. Und schließlich muß uns doch der 22. Juni 1941, bei aller Demut, die er gegenüber den Nachkommen der Überfallenen bei uns hervorrufen sollte, auch als der Tag im Gedächtnis bleiben, an dem die größte nationale Katastrophe Deutschlands begann ihren Lauf zu nehmen. Nicht nur, daß der Krieg gegen die Sowjetunion Millionen jungen Deutschen das Leben kostete, nicht nur, daß er Hunger und Elend und verschärfte Verfolgung und Vernichtung im Hinterland brachte, er führte als von Anfang an hochgefährliches Abenteuer auch zur totalen Zerschlagung des deutschen Staates und einem Zustand, in dem der Fortbestand der deutschen Nation vom Willen der Sieger abhing. Der deutsche Krieg gegen die Sowjetunion war nationales Kamikaze. Und das ist natürlich die Seite der Geschichte, die uns die Kriegsabenteurer von heute nicht erzählen wollen. Ein bißchen schämen und am nächsten Tag wieder schamlos gegen Rußland und Weißrußland hetzen – dagegen halten wir mit Stolz die Losung „Frieden mit Rußland“ hoch. Eine Losung der Völkerfreundschaft, die doch im ureigensten nationalen Interesse Deutschlands ist. Denn von diesem Land wird bei einem neuen Krieg gegen Rußland endgültig nichts mehr übrig bleiben.

Daraus ergibt sich unsere unerbittliche Feindschaft zur NATO. Wie wir heute klar sehen können, hatte die NATO nie einen anderen Daseinszweck als den Krieg gegen Rußland vorzubereiten. Als der vorgebliche Feind in Gestalt der Kommunisten abgetreten war, ging es für die NATO erst richtig los. Angriffskrieg gegen Jugoslawien, Osterweiterung. Die Länder an der sowjetischen Westgrenze, die in der Operation Barbarossa mit Deutschland verbündet waren, sind heute (mit der wichtigen Ausnahme Finnlands) NATO-Mitglieder. Die Grenze zwischen dem NATO-Mitglied Polen und Weißrußland entspricht fast exakt der Demarkationslinie, welche die deutsche Heeresgruppe Mitte vor achtzig Jahren bei ihrer Invasion übertrat. In der Ukraine ist der Krieg schon heiß. Schuld sind weder Rußland noch so genannte „prorussische Separatisten“. Das Auseinanderbrechen der Ukraine wurde ohne Not durch den Kiewer Staatsstreich vom Februar 2014 in Kauf genommen, instruiert, finanziert, politisch-diplomatisch unterstützt von den NATO-Ländern. Das Donezkbecken wird mit NATO-Waffen angegriffen, diese Woche provozierte ein britisches Kriegsschiff im Schwarzen Meer. Der Agitation gegen die NATO muß daher ständig ein großer Teil unserer Kräfte gewidmet werden, das darf man besonders heute nicht vergessen, wo das Volk mit der Corona-Dauerbeschallung paralysiert wird. Wir steuern auf eine Katastrophe zu, in der wir von „Delta plus“ nur träumen können. Die weltfremde Forderung nach „Auflösung der NATO“ haben wir schon vor Jahren als Alibi für opportunistisches Kapitulantentum erkannt. Für die Einreihung in die verbrecherische Weltkriegsphalanx kann kein Land die Verantwortung auf die 29 anderen Mitgliedsstaaten abwälzen. Der Ruf der deutschen Friedensbewegung muß lauten: „Deutschland raus aus der NATO! NATO raus aus Deutschland!“ Dafür setzen wir uns in Bündnissen wie Stopp Ramstein, den Ostermärschen oder „Kein Aufmarschgebiet gegen Rußland“ ein.

Liebe Genossinnen und Genossen,

es ist bereits auf die bemerkenswerte Tatsache hingewiesen worden, daß unser Verbandstagsmotto gegen Panikmache und Ausnahmezustände im Herbst 2019 beschlossen wurde. Und was bemerken wir dabei? Die derzeitige innenpolitische Krise ist nur vorläufiger Höhepunkt einer Entwicklung, die bereits vor Jahren in eine neue Phase eingetreten ist. Ein markanter Punkt war der Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise 2015.  Wir erlebten, daß eine von der deutschen Regierung planmäßig herbeigeführte Krise das Land spaltete, daß von der Bevölkerung ein Bekenntnis zur angeblich humanen Regierungspolitik verlangt wurde, daß Kritik als menschenfeindlich und rassistisch denunziert wurde. In der Folge haben wir erlebt, daß die für sich genommen begrüßenswerte Rettung von Flüchtlingen aus Seenot im Mittelmeer von Berlin zynisch mißbraucht wurde, um Großmachtpolitik gegenüber Italien zu betreiben. Das Problem wurde im Verband breit diskutiert, sachlich, ohne Lagerdenken, ohne heuchlerisches Moralisieren und ohne Vorurteile. Wir sind zu folgenden Schlüssen gelangt: Unkontrollierte Massenmigration nützt hauptsächlich den Eliten in den kapitalistischen Zentren. Sie schafft ernste Probleme für die Bevölkerung der Zielländer, nämlich Druck auf den Arbeits- und Wohnungsmarkt, auf Bildungs- und Sozialsysteme, interkulturelle Gegensätze. Diese Probleme sind lösbar und selbstverständlich nicht den Migranten anzulasten. Aber sie bedeuten eine unmittelbare Schwächung der Position der breiten Bevölkerung gegenüber den Herrschenden. Noch schlimmer wirkt sich Massenmigration allerdings auf die Herkunftsländer aus. Entwicklungsländer bluten aus, verlieren ihre leistungsfähigsten Arbeitskräfte und ihre besten Köpfe, das Ergebnis ist wirtschaftliche Stagnation und verstärkte Abhängigkeit von den Zentren. Im Falle der syrischen Flüchtlinge kam noch die Dezimierung der Wehrkraft dazu, Migrationspolitik als Waffengattung. Wir unterstützen daher voll und ganz die Position, daß in erster Linie Fluchtursachen bekämpft werden müssen. Unter diesen finden sich aber auch Pull-Faktoren wie die deutsche Aussetzung des Dublin-Verfahrens im August 2015, die als zynische neokoloniale Instrumente benannt werden müssen. Solche allgemeine Analyse des Migrationsproblems schließt Solidarität mit Migranten und Flüchtlingen und antirassistische Agitation keinesfalls aus, im Gegenteil: Wer letztere mit einem Verbot der Migrationskritik verwechselt, darf sich nicht wundern, wenn Migrationskritik zur Domäne der Rechten wird, welche die Wurzel des Problems in den Migranten selbst, ihrer Kultur oder Religion sehen, oder in einer angeblich in Deutschland herrschenden „linken Diktatur“, nachhaltige ideologische Verwirrung inklusive.

Die Berichtsperiode schließt die erste Amtszeit des 45. US-Präsidenten Donald Trump ein. Auch dazu sind ein paar Worte fällig. Man kann zunächst die unverfängliche Feststellung machen, daß Trump eine Menge Staub aufgewirbelt hat. Handelte er „erratisch“, wie der offenbar eigens für ihn aus dem Englischen entlehnte Ausdruck lautet? Wenn man die hemmungslos parteiische Medienberichterstattung ignoriert und eigene Nachforschungen anstellt, kommt man zwingend zu einer anderen Einschätzung. Trumps politische Grundüberzeugung, die er kontinuierlich seit den 1980er Jahren öffentlich vertritt, ist sehr einfach: Die USA sollten aufhören, sich als Weltmacht aufzuspielen, weil ihnen das gar nichts bringt außer Spesen, um die Verbündeten bei Laune zu halten, und sich lieber um ihre Wirtschaft, ihre zerfallenden Schulen und U-Bahnen und die ausufernde Kriminalität kümmern. Auf welche Weise Trump dies nun auszuführen gedachte, steht auf einem anderen Blatt und soll hier nicht Gegenstand sein, aber der Gedanke an sich ist ja wohl äußerst vernünftig. Und daß Trump in seinem taktischen Vorgehen oft unglücklich und irrlichternd wirkte, sollte fairerweise auch am unsportlichen Verhalten seiner Gegner gemessen werden, die ihm vom ersten Tag an unaufhörlich Steine in den Weg legten. Als erster Präsident seit Franklin Roosevelt, der keine Feindschaft mit Rußland suchte, wurde er von den mit Rußlandhaß großgewordenen Berufspolitikern fast als russischer Agent verfolgt. Eine verbindliche Bewertung Trumps kann es in unserem Verband nicht geben. Was wir aber zur Kenntnis nehmen müssen, ist die neue Qualität der Gleichförmigkeit, mit der von den führenden Medien eine erlaubte Meinung vorgegeben wurde. Die Washington Post sammelte 30.000 angebliche „Lügen“ Trumps, das Wort  „Lüge“, das früher höchstens in Leitartikeln und Kommentaren statthaft war, ging ins Vokabular vermeintlich neutraler Berichte ein. Die Formulierung, daß Trump „haltlose Behauptungen“ über Wahlfälschungen aufstelle, wurde so selbstverständlich wie der Wetterbericht, und wie beim Wetterbericht mußten Leser und Zuschauer es einfach glauben, denn die Tatsachen, die sie benötigt hätten, um sich ihr eigenes Urteil zu bilden, wurden nicht berichtet. Zuletzt haben wir die Selbstentlarvung der US-Demokratie bestaunen können, als die großen US-Medienkonzerne Twitter, Facebook und Google den gewählten Präsidenten auf ihren Kanälen mundtot machten. Aus dieser Erfahrung folgt das Gebot für demokratische Kräfte, nach Möglichkeiten zu suchen, gesellschaftliche Kommunikation auf dem Stand der Technik von diesen Konzernen unabhängig zu betreiben. Es muß, wie wir es in einem heute zu behandelnden Antrag des Verbandsvorstands formuliert haben, nach virtuellen öffentlichen Räumen gesucht werden.

Das Jahr 2019 war in der öffentlichen Wahrnehmung vom Thema „Klimaschutz“ beherrscht. Es schien kein anderes Problem mehr zu geben. Drittkläßler schwänzten freitags die Schule, um den Erwachsenen die wissenschaftliche Wahrheit klarzumachen. Der behauptete wissenschaftliche Konsens ist Gesetz. Kritiker sind „Klimaleugner“, „Verschwörungstheoretiker“, und eigentlich „Nazis“. Grabenkämpfe drohten auch unseren Verband zu spalten. Einige Genossen aus beiden Lagern konnten nicht akzeptieren, daß der Verband sich nicht auf ihre jeweilige Position verbindlich festlegt, und sind ausgetreten. Wir bestehen darauf: Wenn wir unserem Namen gerecht werden wollen, dann müssen alle mit einem rationalen Humanismus vereinbaren Positionen sachlich ausdiskutiert werden können. Die wissenschaftliche Wahrheit wird nicht durch Mehrheitsentscheid festgestellt. Die Geschichte der Wissenschaft beweist das. Vor allem aber: Wissenschaft ist von der Gesellschaft nicht isoliert. Wissenschaftler sind Menschen mit Interessen, Überzeugungen, Ängsten. Auch richtige wissenschaftliche Erkenntnisse können zur Rechtfertigung reaktionärer Entwicklungen mißbraucht werden. Falls es stimmt, daß industrielle Treibhausgasemission Haupttreiber des Klimawandels sind, gibt es eine Abwägung, ob der Verzicht auf solche Emissionen für arme Länder nicht schlimmere Folgen hat? Können Wissenschaftler den Ausnahmezustand erklären? Wie man sieht, leiten diese Fragen nahtlos zu den Auseinandersetzungen des Jahres 2020 über.

Unsere erste Stellungnahme zur sogenannten Coronakrise trug die Überschrift „Die sogenannte Coronakrise“. Damit qualifizierten wir uns für manche schon als veritable „Coronaleugner“. Was heißt hier „sogenannt“? Habt Ihr nicht vom Coronavirus gehört? Uns ging es darum, aufzuzeigen, daß keine Krise monokausal ist. Das Virus ist zweifellos da. Entdeckt wurde es erstmals im Dezember 2019 in China. Wie lange es davor schon da war, ist ein großes Rätsel. Italienische Forscher fanden in 11 Prozent der von ihnen untersuchten menschlichen Blutproben vom September 2019 SARS-CoV-2-spezifische Antikörper. Hochgerechnet müßten demnach schon im September 2019 Millionen Italiener eine Covid-19-Infektion durchgemacht haben. In eingefrorenen Abwasserproben aus Barcelona vom März 2019 wurden SARS-CoV-2-spezifische Gensequenzen nachgewiesen. Warum reisen die WHO-Experten, die den Ursprung des Virus erforschen, nicht nach Italien oder Barcelona? Das Virus ist jedenfalls da, und es tötet Menschen. Aber welche anderen Faktoren, welche menschengemachten Faktoren haben mit zum Tod geführt? Es wird nicht danach gefragt, obwohl es auf der Hand liegt, daß es solche Faktoren gibt. In Hessen wandten sich letzten Winter Altenheimbetreiber im Radio an die Bevölkerung mit der Bitte um freiwillige Unterstützung, da ihre Belegschaft fast komplett in Quarantäne gesteckt worden war. Die Folgen kann man sich denken. Aber die Entscheidung, Menschen aufgrund eines positiven PCR-Tests mit soundso-vielen Zyklen in Quarantäne zu schicken, wurde nicht vom Virus getroffen. Das ist nur ein kleines Beispiel von vielen. Einen biologisch-natürlichen Verlauf einer Epidemie kann es in der menschlichen Gesellschaft nicht geben. Was wissen wir eigentlich? Haben die Maßnahmen die Virusausbreitung eingedämmt? Eingedämmt haben sie erwiesenermaßen die Influenzaviren. Coronaviren ließen sich offenbar weniger davon beeindrucken. Vor zwei Wochen waren laut Arbeitsgemeinschaft Influenza beim RKI Nicht-SARS-Coronaviren an 30 Prozent der Atemwegsinfekte beteiligt. Haben wir selektiv einen Konkurrenten der Coronaviren ausgeschaltet? Fragen über Fragen, die von unserer edlen freien Wissenschaft alle einmal gestellt werden müßten, aber da kommt auch nach eineinhalb Jahren nichts.

Doch genauso falsch wie eine monokausale Virustheorie ist die entgegengesetzte monokausale Theorie, daß alles eine Inszenierung oder ein Manöver sei. Die Gesellschaft hat kein Zentrum, aus dem heraus alles, was geschieht, vorausgeplant wird, schon gar nicht die kapitalistische Gesellschaft. Viele Kräfte und Interessen, die in verschiedene Richtungen wirken, addieren sich zu einer Resultierenden und bilden dabei ein komplexes Wechselwirkungssystem. Ja, Regierungen haben ein Interesse, die ganze Misere dem Virus zuzuschieben und Angst zu verbreiten, ja, die Reichsten verdienen an der Krise, ja, es gibt zum Beispiel einen Bill Gates, dessen Namen in diesem Zusammenhang zu erwähnen erfolgreich tabuisiert worden ist, der sich in die WHO eingekauft hat, ja, es gibt Pandemieplanspiele. Doch aus diesen einzelnen Faktoren läßt sich eine Erhöhung des Alarmismus erklären, nicht eine vorsätzliche vollständig durchgeplante Pandemie-Inszenierung. Abzulehnen ist insbesondere die Idee, daß China mit Corona irgendwelche finsteren Weltherrschaftspläne verfolgt.

Und daß man verfassungswidrigen und unverhältnismäßigen volksfeindlichen Maßnahmen entgegentritt, setzt eben nicht voraus daß man von der Harmlosigkeit des SARS-Co-2-Virus überzeugt ist. Im Gegenteil, ein breiter wirksamer Protest dürfte den Teilnehmern eben keine Festlegung in dieser Frage aufzwingen. Ein breiter, wirksamer Protest müßte eben Masken- und Abstandsregeln einhalten, um einerseits nicht abschreckend auf Teilnehmer zu wirken, andererseits um nicht den Gegnern einen bequemen Vorwand zu liefern, ihn zu diffamieren. Es ist doch dumm, aus diesen banalen Maßnahmen einen Fetisch zu machen. Wir sind es doch als altgediente Staatsbürger gewohnt, uns an Regeln zu halten, unabhängig davon, für wie sinnvoll wir sie halten. Daran ist doch überhaupt nichts neues. Man muß doch solche banalen Maßnahmen von bedeutenden Maßnahmen wie der Ruinierung kleiner Gewerbetreibender und ganzer Branchen unterscheiden. Tritt in der generellen Ablehnung aller Maßnahmen nicht deutlich der kapitalistische Freiheitsbegriff: ich muß alles dürfen, was ich bezahlen kann, hervor, der offenbar auch dann noch Vorrang hätte, wenn man die gesundheitliche Bedrohung nicht für eine Erfindung hielte? Und wer glaubt, 90 Prozent der Menschen seien dumme „Schlafschafe“, für wen kämpft der eigentlich? Ist das ein demokratischer oder nicht ein sehr elitärer Protest? Natürlich muß an dieser Stelle auch gesagt werden, daß Kräfte, die für den sozialen Fortschritt stehen, auf ganzer Linie versagt haben, den rationalen Kern der Corona-Proteste zu erkennen und sie durch ihre aktive Teilnahme in eine bessere Richtung zu lenken. Ein paar Spinner, ein vereinzelter Neonazi, da war der bequeme Vorwand gefunden, sich von der ganzen Sache zu distanzieren. Man fühlt sich an den Umgang der offiziellen Friedensbewegung mit den Montagsmahnwachen 2014 erinnert. Auch da wurden ja unter anderem schon Impfgegner ausgemacht. Als ob beim Ostermarsch oder beim ersten Mai keine Impfgegner erlaubt wären. Es wird doch umgekehrt ein Schuh draus: Wenn die ideologisch gefestigten Kräfte fernbleiben, weil ihnen der Mut fehlt, sind die Mikrofone eben in den Händen der leicht Verwirrten. Dies dann als Beweis dafür zu nehmen, wie richtig das Fernbleiben war, heißt sich seinen eigenen Opportunismus schönlügen.

Und wo wir gerade von Impfgegnern sprechen. Man muß eben kein prinzipieller Impfgegner sein, um eine Impfung mit einem bedingt zugelassenen Impfstoff, der künstliche Gensequenzen in die Zellen einbringt, gegen eine Virusart, gegen die noch nie Menschen massenhaft geimpft worden sind, abzulehnen. Wir leben in einem Land, in dem noch vor Kurzem alles Angst vor Genmais hatte und das wegen zu hoher Restrisiken aus der Atomkraft aussteigt. Mehr sage ich dazu nicht. Die Förderung von High-Tech-Impfstoffen wurde aus standortpolitischen Gründen betrieben. Die Entwicklung von Totimpfstoffen oder proteinbasierten Impfstoffen wurde allem Anschein nach blockiert. Der chinesische Totimpfstoff wird in der EU nicht zugelassen. Schlimmer noch, wer ihn erhalten hat, gilt hier nicht einmal als geimpft, was auch für den russischen Vektorimpfstoff Sputnik V gilt. Impfimperialismus.

Liebe Genossinnen und Genossen,

immer begleitet uns der Vorwurf, zu wenig auf dem Gebiet der Religionskritik getan zu haben. Insoweit damit die althergebrachten Formen der Religion gemeint sind, trifft das leider zu. Wir haben die Thesen zur Religion herausgebracht, die sehr gut sind, aber eben nur ein Papier. Wir haben wenig damit gearbeitet. Ralf Lux hat uns weiterhin engagiert im Koordinierungsrat Säkularer Organisationen (KORSO) vertreten, wir sind auf seine Initiative hin dem wichtigen Bündnis Altrechtliche Staatsleistungen Ablösen (BAStA) beigetreten. Wir haben als Alternative zu religiösen Angeboten weiterhin in mehreren Landesverbänden jährlich erfolgreich Jugendfeiern durchgeführt. In Frankfurt am Main gab es dreimal den Versuchsballon eines weltlichen Erntedankfestes, was für uns ganz nett war, aber keine Außenwirkung entfaltete.

Das ist nicht nichts, aber im Verhältnis zu unseren anderen Aktivitäten natürlich mager. Ich muß aber zu bedenken geben, daß die klassische Religion, die sich ohnehin auch ohne unser Zutun auf einem absteigenden Ast befindet, längst durch neue, wirksamere Formen der Indoktrination, Manipulation und Steuerung der Massen abgelöst worden ist, wovon ich hoffe einige beleuchtet zu haben. Meiner Meinung nach tun wir sehr gut daran, auf die Bekämpfung dieser neuen Erscheinungen auch weiterhin unseren Schwerpunkt zu legen. Das ist auch der Schlüssel zu einer Vergrößerung und Verjüngung unserer Mitgliederbasis.

Liebe Genossinnen und Genossen,

wir haben einen in Deutschland einmaligen Verband, in dem jeglichem Dogmatismus mit gründlicher Analyse begegnet wird, der seine als richtig erkannten Positionen unbeeindruckt von Opportunitäten, Befindlichkeiten, Anfeindungen und Verleumdungen vertritt, der Erfahrungen aus der BRD und der DDR zusammenführt und inneren Spaltungen entgegenwirkt. Gestattet mir zu erwähnen, daß dieser großartige Charakter unserers Verbands entscheidend geprägt wurde durch Klaus Hartmann, der nach 32 Jahren nicht mehr als Bundesvorsitzender kandidiert. Klaus, Du und wir alle wissen, was wir Dir verdanken. Ich hoffe, daß es uns gelingt, aufbauend auf Deinen großen Leistungen voranzuschreiten und Dir alle Ehre zu machen.

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Bildergalerie

Alle Fotos im Text und in der Galerie: Monika Krotter-Hartmann

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Bild oben: Blick in den Saal des Verbandstages. Am Rednerpult Sebastian Bahlo beim Verlesen der Erklärung zum Rechenschaftsbericht. In der Mitte des Präsidiums Klaus Hartmann.
Foto: Ralf Lux