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Warum ich mich in Moskau mit Sputnik impfen ließ

Während seines Aufenthaltes in Moskau anlässlich der Feierlichkeiten zum Tag des Sieges nutzte unser Beiratsmitglied Diether Dehm (MdB) die Gelegenheit, sich mit dem russischen Impfstoff Sputnik V gegen Corona impfen zu lassen. Dazu veröffentlichen wir den Eintrag auf seiner Webseite, einen Artikel von RT DE und ein Interview mit Diether Dehm, geführt von Harald Neuber für Telepolis.


Warum ich mich in Moskau mit Sputnik impfen ließ

Von Diether Dehm

Erstveröffentlichung am 10.05.2021 auf www.diether-dehm.de

Ich bin weder Impf-Fan noch -Feind!

Bildcollage: www.diether-dehm.de

Die drei vom deutschen Imperialismus am meisten ignorierten und verleumdeten Impfstoffe sind der kubanische „Soberana“, der chinesische „Sinopharm“ und der russische Impfstoff. Als „Sputnik V“ in Moskau am 1. August 2020 zugelassen wurde, hagelte es unüberlegt und hastig Beschimpfungen aus den Kapital-Medien, wovon „Putin-Murks“ noch die harmloseste war.

Viereinhalb Monate später und trotz dramatischer Impfengpässe in Deutschland, verweigerte das Gesundheits-Ministerium die Nachfragen an das über 100 Jahre alte, ehrwürdige Moskauer Gamaleja-Institut, das in der Vergangenheit schon äußerst wirkmächtige Impfstoffe (beispielsweise gegen Ebola) hervorgebracht hatte.

Aber niederträchtige, geopolitisch-ideologische Scheuklappen (Verschärfung des NATO-Konflikts mit Russland, Navalny, Nordstream 2, Rückgabe der Krim etc.) waren der Bundesregierung wichtiger, als Menschenleben in Deutschland zu retten.

Ich selbst bin weder ein fanatischer Impfgegner noch -Befürworter: Weil die Haupterfolge gegen dieses Virus sowieso in unseren Immunsystemen stattfinden, wenn sie – von Stress und Umweltschäden verschont – Keime abwehren und ein unauffälliges Infektionsgeschehen bewirken. Aber: Um den Druck auf die Zulassung des russischen Impfstoffs zu erhöhen, um die kommerziellen Interessen der EU-Führung an börsennotierten Impfstoffen zu enttarnen, um die Wahlfreiheit deutscher Bürger zu erhöhen und das Feld nicht nur den aktienspekulierten MRNA-Impfpatenten zu überlassen, habe ich mich heute mit Sputnik V impfen lassen. Nach meinen medizinischen Kenntnissen gehört der Impfstoff zu den besten und traditionellsten Vector-Vaccinen, was auch britische und andere Fachzeitschriften belegen.

Ich fühle mich übrigens gut, mir geht’s super! Und sollte mir die Gleichberechtigung mit Geimpften anderer, in der EU zugelassener, Stoffe beim Zutritt zu öffentlichen Institutionen verweigert werden, werde ich dagegen eine einstweilige Verfügung beantragen und die Öffentlichkeit über den Fortgang der rechtlichen Auseinandersetzung informieren.

Dr. Diether Dehm ist Bundestagsabgeordnete der Linken
und Mitglied des Deutschen Freidenker-Verbandes und seines Beirats


„Mein Vertrauen in die Bundesregierung ist nicht groß“ – Diether Dehm lässt sich in Moskau impfen

Erstveröffentlichung am 10.05.2021 auf RT DE

Spätestens im Juli soll sich jeder Erwachsene in Deutschland impfen lassen können, wenn er dies wünscht. Dr. Diether Dehm von der Linken hat sich allerdings für einen anderen Weg entschieden und ist nach Moskau geflogen, um eine Impfung mit Sputnik V zu erhalten.

Die Entscheidung für den russischen Impfstoff sei dabei ganz bewusst gefallen. Der Linken-Abgeordnete erklärt:

„Der russische Impfstoff ist mit der beste auf der Welt.“

Das Vertrauen Dehms in die Bundesregierung sei „nicht groß“, sein Vertrauen in den russischen Impfstoff hingegen „viel größer“.

Gegenüber RT kritisierte Dehm, dass die Vergabe der Impfstoffe in Deutschland immer noch nach der Priorisierung erfolgt. Allen Bürgern stünden ihre Grundrechte zu, etwa ins Kino oder ins Theater zu gehen.

Dehm ist über 70 Jahre alt und demnach in der deutschen Priorisierungsgruppe Zwei. Er hätte einen Anspruch auf einen Impftermin in Deutschland gehabt, entschied sich jedoch bewusst für eine Impfreise nach Russland, um den Impfstoff Sputnik V zu erhalten.

Sputnik V basiere auf einem erprobten Verfahren. Daher sei die relativ kurze Testphase eher begründbar als bei den Impfstoffen, die das neue mRNA-Verfahren nutzen, wie Pfizer-BioNTech.

Der russische Impfstoff ist allerdings in Deutschland noch nicht anerkannt, weshalb Dehm bei möglichen Ausnahmen von Corona-Maßnahmen für Geimpfte und Genese möglicherweise nicht profitieren würde. Für den Fall, dass ihm deshalb der Zugang etwa zum Theater verweigert werden sollte, würde er klagen.

Dahinter, dass noch keine Entscheidung zur Zulassung Sputnik V in Deutschland vorliegt, stehen laut dem Linken-Politiker politische Machtspiele.


Sputnik V wurde ignoriert und verunglimpft

Der Abgeordnete Diether Dehm über seine Covid-Impfung in Moskau, das Verhältnis zwischen der EU und Russland sowie die Wiedererlangung seiner Grundrechte

Interview von Harald Neuber mit Diether Dehm

Erstveröffentlichung am 14.05.2021 auf Telepolis

Herr Dehm, Sie haben sich am Montag dieser Woche in Moskau den Covid-Impfstoff Sputnik V verabreichen lassen. Wie geht es Ihnen?

Diether Dehm: Keine Spur von Nebenwirkungen. Ich habe am Montagabend sogar in Moskau seit Monaten mein erstes frischgezapftes deutsches Bier getrunken.

Ihre Impfreise wurde von russischer Seite medienwirksam begleitet. Auf einem Video wirken Sie bei der Injektion etwas angespannt. Hatten Sie doch Angst vor der Spritze?

Diether Dehm: Weil ich bei jedem Pik angespannt bin, habe ich zur Ablenkung beim Einstich vor mich hingesprochen: „Es lebe die russisch-deutsche Zusammenarbeit!“

In Berlin wird die Priorisierung für das Vakzin von Astrazeneca diese Woche aufgehoben. Wie kamen Sie auf die Idee, sich dennoch in Russland impfen zu lassen?

Diether Dehm: Ich hätte mich im Bundestag auch auf Steuerzahlerkosten mit dem US-Präparat von Moderna impfen lassen können. Aber Sputnik V bietet nach Angaben des Gamaleja-Forschungszentrums für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau eine höhere Immunisierung gegen Mutanten und hat geringere Nebenwirkungen. Dafür habe ich also lieber alles selbst bezahlt.

Ging es Ihnen aber um Ihre Gesundheit oder um eine politische Stellungnahme?

Diether Dehm: Ich bin als promovierter Psychosomatiker weder ein notorischer Impfgegner noch -fan. Ein Marxist ist nun mal pragmatischer. Aber die geostrategische und aktienorientierte Niedertracht, mit der die EU und neoliberale Politiker „den Russen jetzt so richtig wehtun“ wollen, wie es Joschka Fischer und Alexander Lambsdorff kürzlich bekannt gaben, haben durchaus zu meiner politischen Reaktion beigetragen.

Im September 2020 wurden Ablauf und Ergebnisse der Phase-I/II-Studien für den Sputnik-V-Impfstoff im britischen Fachmagazin The Lancet veröffentlicht. Demnach sind keine schweren Nebenwirkungen zu erwarten. Die Studien wurden aber in Zweifel gezogen.

Diether Dehm: Sie werden sehen, dass am Ende die Slowakei auch Sputnik impfen wird. Dortige Bedenken hängen offenbar vor allem an kommerziell auseinanderdriftenden Vertragsinterpretationen. Immerhin hat die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Professorin Falk, das Sputnik-Konzept eine „eigentlich geniale Idee“ genannt.

Sie sagte im Interview mit der Tageszeitung Die Welt, auf das Sie sich beziehen, aber auch, dass sie noch „viele Fragen“ zu Sputnik V habe und die „Studiendaten nicht optimal präsentiert“ worden seien.

Diether Dehm: Ja, aber auch der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, hatte zuvor von einem guten Impfstoff gesprochen, der wohl auch in der EU zugelassen werde. Die russischen Forscher seien sehr erfahren mit Impfungen und Sputnik V clever gebaut. Wichtig ist ja, dass anders als bei Astrazeneca zwei unterschiedliche Adenoviren zum Einsatz kommen. Dadurch können mögliche Wirksamkeitsverluste verhindert werden.

Warum, denken Sie, stellen die russischen Entwickler die verlangten Daten nicht zur Verfügung?

Diether Dehm: Lassen Sie mich anders antworten: Vor einigen Monaten hat San Marino die EU wegen der damals dramatischen Erkrankungslage um Hilfe angefleht, aber von Ursula von der Leyen die kalte Schulter gezeigt bekommen. Dann kam durch Vermittlung meiner Genossen im Europarat ein Kontakt mit den Sputnik-Herstellern zustande. Heute haben dort 74 Prozent der Bevölkerung über 16 Jahren zumindest eine Dosis eines Covid-Impfstoffs erhalten, wobei 90 Prozent dieser Impfungen mit Sputnik V durchgeführt wurden – und alle Läden sind wieder offen.

Wir haben über die Einschätzungen der Biologin Falk und des Virologen Mertens gesprochen. Werden bei Sputnik V strengere Maßstäbe angelegt als bei Vakzinen westlicher Entwickler?

Diether Dehm: Die Phase-III-Studien wurden doch bei allen Impfstoffen verkürzt. Was bei der neuartigen mRNA-Methode schwerer ins Gewicht fällt als bei traditionell erprobten Vektorvakzinen. Ein weiterer Unterschied: Die Entwicklung des Biontech-Stoffs wurde zu über 80 Prozent vom Steuerzahler finanziert, aber die gigantischen Börsengewinne dann privat eingefahren. Und das bei enormen Lieferengpässen im Winter durch zu laxe Verträge.
Zu unserer gemeinsamen Zeit bei den Jusos nannten Olaf Scholz und ich so etwas noch unisono „staatsmonopolistischen Kapitalismus“. Der Biotech-Impfstoff hätte nach einem Buyout öffentlich-rechtlich vermarktet werden müssen.

Laut dem Vorsitzenden der Duma, Wjatscheslaw Wolodin, ist „die Frage von Sputnik eine Frage der großen Politik und des großen Geldes“. Die USA versuchten, ihren Impfstoff durchzusetzen und täten alles, um den Markteintritt anderer Impfstoffe zu verhindern. Eine Verschwörungstheorie?

Diether Dehm: Die schlimmste Verschwörungslüge war doch die von der russisch-kommunistischen Weltverschwörung, die jetzt vor 80 Jahren zum Weltkrieg mit 27 Millionen getöteten Sowjetmenschen führte …

… was ein bisschen vom Thema wegführt.

Diether Dehm: Mich bewegt das aber zeitlebens. Und nicht ohne Grund offenbar, denn heute führt die EU – als nur ein Teil von Europa – gegen den russischen Teil von Europa einen Handelskrieg. Und so vorschnell, wie damals der Kreml für Anschläge auf den Doppelagenten Sergei Skripal sowie dessen Tochter und dann auf den Oppositionellen Alexei Nawalny von einigen deutschen Medien und Außenminister Heiko Maas vorverurteilt wurde, hat man Sputnik V vier Monate lang ignoriert. Anfang August vergangenen Jahres wurde das Präparat dann in deutschen Medien verunglimpft, wobei „Putin-Murks“ noch das Harmloseste war.
Auf politischer Ebene treiben die Grünen diese Kampagne an. Im Hintergrund stehen, wie ich meine, durchaus auch handfeste wirtschaftliche Interessen, dazu zählt auch die Hoffnung, man könne das teure und dreckige Fracking-Gas doch noch anstelle von Nord-Stream-II-Gas nach Europa exportieren.

Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow, der wie Sie der Linken angehört, hat sich für eine Zulassung von Sputnik V ausgesprochen. Zugleich sah auch er die Entwickler in der Pflicht, Daten zu liefern. Haben Sie das Thema vor Ort angesprochen?

Diether Dehm: Auch wenn in der Sputnik-Frage der bayerische CSU-Ministerpräsident Markus Söder ausnahmsweise meinem Freund Bodo Ramelow politisch nahekommt, habe ich natürlich nicht den letzten Einblick, wer Recht hat: die Russen, die sagen, alle notwendigen Informationen geliefert zu haben. Oder ihre Gegner bei der EMA …

… also der Europäischen Arzneimittelagentur, die – ob in Gegnerschaft zu Russland oder nicht – nach feststehenden Kriterien prüft. Hätten Sie in Moskau denn nicht konkret zur Lösung des Impfstreits beitragen können?

Diether Dehm: Naja, als einzelner MdB ist das nicht ganz so einfach. Meine Impfung erfolgte nicht ohne Grund in einer privaten Klinik. Fragen an den russischen Staat müssen offiziell, etwa über Ministerien, meine Fraktion oder die Botschaft laufen.

Seit wenigen Tagen werden vollständig immunisierten hierzulande nach der jüngsten Impfverordnung wieder mehr Grundrechte zugestanden. Das gilt aber nicht für Sputnik V und also auch nicht für Sie. Empfinden Sie das als gerecht?

Diether Dehm: Nein! Grundrechte sind keine Geschenkartikel. Sollte mir der Genuss meiner Grundrechte trotz meiner Impfung weiter verwehrt werden, werde ich gegen eine solche etwaige Entscheidung natürlich klagen. Zumal Sputnik V bereits in 64 Länder mit einer Gesamtbevölkerung von mehr als 3,2 Milliarden Menschen zugelassen ist.
Aber ich habe gerade in dem Buch „Herrschaft der Angst“ beim Promedia-Verlag über einen anderen, sträflich vernachlässigten Komplex veröffentlicht: Weit über 80 Prozent Erfolge gegen Viren leistet nämlich unser körpereigenes Immunsystem und sorgt für ausbleibende oder milde Krankheitsverläufe. Die T-Leukozyten im peripheren Blutbild werden aber durch soziale Faktoren wie Berufsstress, späten Renteneintritt, schlechte Luft, Wohnverhältnisse und Ernährung bis zu 50 Prozent gemindert.
Wenn der Fokus also mehr auf unsere Immunkräfte und das Gesundheitswesen gerichtet und hier nur eine Steigerung von zehn Prozent erreicht werden könnte, würde das weltweit hunderttausende Erkrankungen weniger und damit auch viele gerettete Menschenleben bedeuten. Der Impf- und Lockdown-Zank verdrängt diese in Wahrheit hochpolitischen Aspekte im öffentlichen Diskurs.


Beitragsbild oben: Screenshot aus dem Video von RT DE