Arbeit & Soziales

Bill Gates und die weltweite Impfstrategie

von Prof. Dr. med. Hannes Wandt

Vorbemerkung: Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist Bill Gates ins Zentrum des veröffentlichten Interesses geraten. „Verschwörungstheoretiker“ behaupteten anfangs sogar, er habe bewusst für die weltweite Verbreitung von SarsCoV2 gesorgt, um die ganze Menschheit impfen lassen zu können. Manche dieser Theoretiker haben sich zusätzlich dazu verstiegen, dass er im Auftrag der US-amerikanischen Hightechindustrie allen Geimpften gleichzeitig mit der Impfung elektronische Chips implantieren wolle, um eine weltweite Überwachung zu ermöglichen. Diese Phantasien verängstigter Kleinbürger sind die Verdrehung der objektiven Bedrohung der Menschheit durch die Macht des Monopolkapitals und dabei gilt derzeit Bill Gates als Personifizierung dieser Macht.  [1]

 

Bill Gates hat mit Microsoft ein Hightech-Unternehmen geschaffen, das heute zu den Unternehmen mit dem weltweit höchsten Börsenwert gehört von über 1000 Mrd. US$. Mit der „Bill und Melinda Gates Stiftung“ (50 Mrd. $) nehmen er und seine Frau seit Jahren massiv Einfluss über die WHO und weitere weltweit agierende Organisationen auf die Forschung, Produktion und Verteilung von Impfstoffen. Dabei ist eine solche Stiftung von mehrfachem Wert: 1. Lässt sich so Vermögen an der Steuer vorbei anlegen. 2. Hat der/die Stifter weiterhin direkten Einfluss auf die Verwendung des festgelegten Kapitals. 3. Wird der Einfluss des Stifters auf die Verwendung des Kapitals durch den „gemeinnützigen“ Zweck überdeckt. Und 4. Erhält das angelegte Kapital und der Stifter noch zu Lebzeiten einen „Heiligenschein“ durch die gemeinnützige Passion. Zusammenfassend kann man festhalten, dass die Familie Gates auf diesem Wege und durch ihre Beziehungen zu den Pharmagiganten einen unvergleichlichen Einfluss auf den Impfstoffmarkt gewonnen hat.

Die Bill und Melinda Gates Stiftung sorgt für Impfprogramme in unterentwickelten Ländern über die öffentlich-private Allianz GAVI (Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung), die als Startkapital 750 Mio. $ von der Stiftung erhalten hat, und kooperiert dabei mit den größten Pharmaunternehmen weltweit, die Impfstoffe herstellen. Man kann getrost sagen, Bill Gates ist der einflussreichste Mensch der kapitalistischen Welt auf dem Impfsektor. So auch aktuell im Rahmen der Covid19-Pandemie.

Eine weitere wichtige internationale Organisation ist CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations — Koalition für Innovationen in der Epidemievorbeugung). Sie ist eine weltweite Allianz in öffentlich-privater Partnerschaft zwischen Regierungen, der WHO, der EU-Kommission, Forschungseinrichtungen, der Impfstoff-Industrie und privater Geldgeber zum Aufbau eines Forschungsnetzwerks zur Erforschung und Entwicklung neuer Impfstoffe. Selbstverständlich ist auch hier die Gates-Stiftung bestimmend mit von der Partie. Sowohl GAVI wie auch CEPI wurden 2000 bzw. 2017 nicht zufällig auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos gegründet.

Die Gates-Stiftung beschäftigt viele ehemalige Top-Leute aus den Pharmakonzernen der kapitalistischen Welt. Schon im September 2019 setzte die Gatesstiftung auf das deutsche Unternehmen BioNTech mit 55 Mio. $, das schon lange an neuen, m-RNA-basierten Impfstrategien gegen SARS-Coronaviren und gegen Krebs arbeitete und das auch jetzt einen der ersten Impfstoffe gegen SarsCoV 2 auf den Markt gebracht hat.

Die WHO hat 2020 in Kooperation mit GAVI und CEPI dann COVAX ins Leben gerufen, um wenigstens teilweise die armen Länder an dem Nutzen der neuen Impfstoffe teilhaben zu lassen. COVAX ist die Abkürzung für „Covid-19 Vaccines Global Access“. Im Juli 2020 gab die WHO bekannt, dass „165 Länder, die bis zu 60 % der Weltbevölkerung repräsentieren, dem COVAX-Plan der WHO für eine faire und gerechte Verteilung eines eventuell zugelassenen Impfstoffs zugestimmt haben, um sicherzustellen, dass jedes teilnehmende Land einen garantierten Anteil an Dosen erhält, um die am stärksten gefährdeten 20 % seiner Bevölkerung bis Ende 2021 impfen zu können.“ Doch auch dieses bescheidene Ziel wird wohl bei Weitem nicht erreicht werden, da die reichen imperialistischen Staaten sich erstmal mit Milliarden um ihre eigenen Impfdosen streiten. Die USA beteiligen sich sowieso nicht und sind bekanntlich aus der WHO ausgetreten. In der Zwischenzeit sind 185 Länder beteiligt. Auch China hat sich dem COVAX-Verbund angeschlossen.

Als Indien und Südafrika forderten, dass die großen Pharmakonzerne auf ihre Eigentums- und Patentschutzrechte bei den neuen Corona-Impfstoffen zu Gunsten der armen Länder z. T. verzichten und Verträge anbieten sollten, damit sie in Lizenz diese Impfstoffe selbst herstellen könnten, verteidigte Bill Gates die betroffenen Pharmakonzerne mit den üblichen scheinheiligen Argumenten von hohen Forschungskosten und der Notwendigkeit auf eine angemessene Rendite! Man ist ja vom gleichen Schrot und Korn! Seine Stiftung engagierte sich gleichzeitig mit 300 Mio. $ an der indischen Pharmaindustrie, um in jedem Fall auch von dieser Seite her im Geschäft zu bleiben! Gates stellt sich immer wieder als „redlicher Vermittler“ zwischen den unterschiedlichen Interessen dar und versucht damit die Illusion aufrecht zu erhalten, dass doch alle Menschen auf der Welt davon profitieren, wenn es nur den internationalen Pharmakonzernen gut gehe. Dieser imperialistischen Logik folgen aber immer weniger Länder. Der ecuadorianische Gesundheitsminister sagte im Auftrag einiger mittelamerikanischer Vertreter, dass er sehr enttäuscht sei vom bisher Erreichten durch den COVAX-Plan. Die armen Länder dürften nicht mitbestimmen aber am Ende zahlen. Während die reichen Industrieländer sich Hunderte von Millionen erster Impfdosen sichern, müssten sie geduldig und dann auch noch dankbar warten!

Die VR China verfolgt daher parallel zum COVAX-Plan noch eine andere Strategie, die darin besteht, dass den Ländern des Südens Impfdosen von chinesischen Firmen zu „fairen“ Preisen angeboten werden und zusätzlich günstige Kredite. Diese Strategie wird in der westlichen Presse mit Argwohn gegenüber dem steigenden Einfluss Chinas in diesen Ländern und mit der üblichen China-Hetze verfolgt. Gleichzeitig werden die chinesischen Impfstoffstudien, die selbstverständlich internationalen Standards entsprechen wider besseren Wissens verunglimpft. Während im Westen die Notfallzulassung eines Impfstoff von BioNTech-Pfizer groß gefeiert wird, obwohl die Zulassungsstudie noch nicht abgeschlossen ist, wird der Beginn von Impfprogrammen in China als rücksichts- und verantwortungslos gebrandmarkt. Nachdem die Entwicklung von Impfstoffen, die normalerweise viele Jahre in Anspruch nimmt, wegen der Pandemie sehr beschleunigt erfolgte, ist das frühzeitige Impfen durchaus mit noch nicht genau berechenbaren Langzeitrisiken verbunden. Aber dies gilt für die per Notfallzulassung verwendeten Impfstoffe in der EU oder den USA genauso wie in China. Die bewusste oder auch blinde Chinahetze lässt mal wieder jegliche Sachlichkeit in der öffentlichen Berichterstattung vermissen. China ist eben durch seine verschiedenen Impfstoffe und seine Impfstrategien in den Ländern Afrikas, Südamerikas und Asien ein ärgerlicher aber ernst zu nehmender Konkurrent, der das weltweite Geschäft der westlichen Pharmakonzerne bedroht!

[1] Dieser Artikel fußt auf dem Leitartikel „Bill Gates looms large in the quest for a vaccine“ aus der ‚The New York Times‘ – International Edition vom 25.11.2020.

Prof. DR. med. Hannes Wandt ist Mitglied der IPPNW-Regionalgruppe (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e. V.) Nürnberg.


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