Religions- & Kirchenkritik, Säkulare Szene

„Dies ist der Wille Gottes: eure Heiligung!“- Das Opus Dei in Selbstzeugnissen

aus FREIDENKER Nr. 2-06 Mai 2006, 65. Jahrgang, S. 35-43

von Wencke Strauß

Mit Dan Browns Roman „Sakrileg“ (orig. „Da Vinci Code“) und dessen Hollywood-Verfilmung „The Da Vinci Code“, die zurzeit in den europäischen Kinos zu sehen ist, wird das Opus Dei erneut ins Licht der Öffentlichkeit gerückt und gleichzeitig, so die unbedarfte Rezeption, „als finstere Macht beschuldigt[…]“ (Focus v. 02.05.2006, Interview mit dem Opus Dei-Priester John Wauck). Diese naive Kommentierung der Romanintention durch die Presse geht einher mit einer scharfen Polemik seitens der sich angegriffen Wähnenden: Für das Opus Dei bzw. seinen Vertreter John Wauck ist Browns Roman nicht einmal richtige Literatur, geschweige denn eine stimmige Darstellung des ‚Werkes’ oder der katholischen Kirche überhaupt. Der Roman sei „weder gut geschrieben noch sehr unterhaltsam. Er hat weder etwas mit Geschichte noch Theologie, Kunst oder Kirche zu tun. Die Leute lesen das Buch weder aus literarischem Interesse noch um sich zu informieren. Dafür gäbe es bessere Bücher, unterhaltsamere und seriösere.“ Die Popularität Browns sei ein „Phänomen […] weitaus interessanter als das Buch“. Der rationale Amerikaner und Harvard-Professor Brown sei wie seine Leser getrieben von der nachhaltigen „Faszination der katholischen Kirche“, einer „Sehsucht nach Geschichte und Mysterium“, gleichzeitig aber sei er unfähig, deren Geheimnischarakter zu begreifen: „Da werden [im Roman] Menschen beschrieben, die in der Provence vor den Gebeinen Maria Magdalenas knien. Für einen Harvard-Professor ist das seltsam. Die Katholiken kennen das dagegen schon seit Jahrhunderten. In einem gewissen Sinne ist der Roman die Wiederentdeckung der katholischen Kultur.“ Im Übrigen sei der Roman „voller Fehler“ und „absurde[r] Argumente“, beispielsweise „gegen die Göttlichkeit von Jesus Christus“, jedoch wenigstens tauglich, so Wauck frohlockend, eine „enorme Zunahme des Rom-Tourismus“ zu befördern. Im folgenden soll anhand der veröffentlichten Selbstdarstellung des Opus Dei — vor allem auf dessen Internetseite http://www.opusdei.org — gezeigt werden, wie die Organisation sich selbst sieht; ein Blick der in seinem Ergebnis enthüllender sein kann als jede fiktionale Verarbeitung des ‚Opus Dei-Stoffes’ — trotz geschickter Versuche des Opus, sich auch in diesen Publikationen schönzureden. Was Wauck letztlich an Browns Roman gefällt, nämlich die „Wiederentdeckung der katholischen Kultur“, ist, zusammen mit der Projektion dieser Kultur aus der Kirche heraus (Devise: Religion darf nicht „ins Private“ abgedrängt werden), Hauptintention des ‚Werkes’ — die dem Roman unterstellte Wirkung ist selbst die ausdrückliche Absicht des Opus Dei.

 

„Absolute Treue zur großen Tradition der Kirche“

Dan Browns Roman ist nicht die erste, sicherlich nicht die letzte, allerdings einer der öffentlich wirksamsten kritischen Auseinandersetzungen mit der „Prälatur vom Heiligen Kreuz und Opus Dei“. Das Selbstbewusstsein, mit dem man der „Fiktion [und] Erfindung“ des „Da Vinci Code“ aus Opus Dei-Kreisen entgegentritt (Informationsbüro des Opus Dei in der Schweiz, Stellungnahme v. 15.02.2006), verweist darauf, welche große Unterstützung es in höchsten Kreisen der katholischen Kirche genießt. „Da Vinci Code“ stelle Opus Dei-Mitglieder durchweg als Mönche, als Angehörige des Ordensstandes dar und betone deren Rückzug aus zeitlichen Angelegenheiten, ja projiziere auf sie sogar das „Klischee“ einer feindlichen Einstellung „gegenüber der modernen, säkularen Welt“. In Wahrheit aber sei der überwiegende Teil der Opus Dei-Mitglieder kirchliche Laien, und es gehöre, im Widerspruch zur Darstellung des Romans, „zum Kern seiner Botschaft, dass die Laien in der Kirche gerade in dieser Welt ihren ureigenen Platz haben und berufen sind, sie von innen her aufzubauen, also gerade nicht sich aus ihr zurückzuziehen.“ Diese unauflösliche Bindung der Laien über ihren individuellen Lebensbereich an die katholische Kirche und deren kanonische Lehre mit dem Ziel, „ein einziges Leben, welches aus Fleisch und Geist besteht“, ein Leben „aus einem Guss“ zu führen, ist seit seiner Gründung durch den Monsignore Josemaría Escrivá de Balaguer 1928 in Madrid ein genialer Hauptaspekt, das „Charisma“ des Opus Dei. Dieses „Charisma“ hat dem ‚Werk’ und seinem Gründer bisher alle (oder doch die wichtigen) Herzen und Türen im Vatikan und in den Diözesen geöffnet. Der damalige Kardinal Joseph Ratzinger schrieb im Oktober 2002, kurz nach der Heiligsprechung Escrivás, im Vatikanischen Hausblatt L’Osservatore Romano: „die Physiognomie des Opus Dei“ sei eine „überraschende Verbindung zwischen einer absoluten Treue zur großen Tradition der Kirche, zu ihrem Glauben, in entwaffnender Einfachheit, und einer bedingungslosen Öffnung gegenüber allen Herausforderungen dieser Welt […] Wer eine solche Bindung an Gott besitzt, wer in einem solchen ununterbrochenen Dialog mit ihm steht, kann es wagen, auf jene Herausforderungen zu antworten, und verliert die Angst; […] es entsteht statt dessen der Mut, auf die Welt von heute zu antworten.“ Obwohl das Opus Dei, wie es übrigens selbst einräumt, Proselytismus betreibt — was in seiner Definition „bedeutet, anderen einen für sie ganz persönlich gangbaren Weg der Nachfolge Jesu zu erschließen […] ein freundschaftliches Bemühen aus Liebe“ (Hans Thomas: „Opus Dei: Vorwürfe und Antworten“, als Manuskript verbreitet vom Informationsbüro der Prälatur Opus Dei in Deutschland, Köln) — weist es jeden Vorwurf weit von sich, eine katholische Sekte oder „sektiererisch“ zu sein. Im Gegenteil sei „kaum je […] eine katholische Institution so gründlich und auf so hoher Ebene geprüft [worden] und unter so breiter weltkirchlicher Zustimmung tätig wie das Opus Dei.“ (Thomas) Das schweizerische Informationsbüro des Opus Dei beteuert denn auch: „Das Opus Dei ist vollkommen in die katholische Kirche integriert. Es hat keine eigene Lehre und nicht einmal eine eigene theologische Schule; seine Lehre ist vielmehr identisch mit der Lehre der Kirche. Ebenso wenig kennt es Praktiken, die der Kirche fremd sind: Alles, was es tut, ist immer auch Praxis der Gesamtkirche. Seit seinen Anfängen im Jahr 1928 wirkt es stets mit dem Segen und der Zustimmung der Kirche.“ Man kann dem Opus Dei diese Darstellungen gern glauben; es versucht nicht, über die Grenzen des katholischen Glaubens hinauszureichen, und will die Kirche bestimmt nicht reformieren — in fortschrittlichem Sinne —, es ist vielmehr ihr ultrakonservatives Herz.

 

In einem ganz bestimmten Sinn gibt man sogar zu, fundamentalistisch zu sein: „Fundamentalismus im Sinne der ursprünglich im amerikanischen Protestantismus unter diesem Namen entstandenen Bewegung, die bestimmte ‚fundamentals’ des Glaubens gegen ein aufklärerisch-wissenschaftliches Weltbild verteidigen wollte, das seinerseits bestimmte Glaubensgeheimnisse unter den Vorbehalt (natur-) wissenschaftlicher Auflösung stellte. […] Von jener amerikanischen Bewegung kann man mindestens den Grundgedanken der Fundamente eines verläßlich fundierten Glaubens übernehmen […], den […] das Evangelium empfiehlt, wo vom Hausbau auf Felsengrund und nicht auf Sand die Rede ist.“ (Thomas) Ein solches bedeutendes „fundamental“ ist selbstverständlich die Treue zum Papst — schon die Wortwahl vom „Felsengrund“ erinnert an Matthäus 16,18) „[…] Du bist Petrus, und auf diesem Felsen werde ich meine Gemeinde bauen, und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen.” Josemaría Escrivá lässt in seinen Schriften keinen Zweifel, wem die Ergebenheit jedes Katholiken gelten muss — und er liefert auch gleich die Begründung(en) dazu: „Du mußt jeden Tag in deiner Loyalität gegenüber der Kirche, dem Papst, dem Apostolischen Stuhl wachsen. Sie ist die Frucht einer wachsenden Liebe, deren Mittelpunkt Gott allein ist.“ (Die Spur des Sämanns 353) — „Die Obergewalt des Papstes und seine Unfehlbarkeit, wenn er ex cathedra spricht, sind nicht menschliche Erfindung, sondern ergeben sich aus dem ausdrücklichen Stiftungswillen Christi. Wie wenig sinnvoll ist es aber dann […], die Gültigkeit der päpstlichen Lehrentscheide von der Zustimmung der Gläubigen abhängig zu machen! […] in der Kirche gibt es kein anderes Oberhaupt als Christus; und Christus hat für seine pilgernde Braut einen Stellvertreter einsetzen wollen — der Papst.“ (Amar al Iglesia. Loyal zur Kirche 30) — „Nach der Allerheiligsten Dreifaltigkeit und unserer Mutter, der Jungfrau Maria, kommt für mich in der Hierarchie der Liebe gleich der Papst. Ich werde nie vergessen, daß es Pius XII. war, der das Opus Dei zu einem Zeitpunkt approbierte, als dieser geistliche Weg manchen noch als Häresie erschien.“ (Gespräche mit Msgr. Escriva de Balaguer)

 

Bisherige Höhepunkte der Protektion und Promotion des Opus Dei durch den Vatikan waren die Seligsprechung Escrivás 1992 sowie seine Heiligsprechung 2002 durch Papst Johannes Paul II. — die, nur 27 Jahre nach Escrivás Tod 1975, nach der „neuen, stark gestrafften Ordnung abgewickelt wurde“ (Informationsbüro). Der auf der Opus Dei-Seite zitierte deutsche Kirchenhistoriker Hubert Jedin ist von der Rechtmäßigkeit dieser ‚Straffung’ überzeugt, denn „eine so tiefgehende und weltweite Wirkung in der Kirche Gottes kann von einem Menschen [Escrivá] nur dann ausgehen, wenn er sich Gott ganz zur Verfügung gestellt hat und so zu einem Instrument für die Heiligung anderer Menschen und für die Verwirklichung des Reiches Gottes auf Erden geworden ist.“ Escrivá gelang es offenbar durch die Publikation seiner anekdotischen, wenn auch nicht immer leicht verdaulichen Ratgeber- und Spruchbüchlein und vor allem auch in unermüdlichem öffentlichem Wirken durch seine persönliche charismatische Ausstrahlung, insbesondere beim Gespräch mit ‚einfachen’ Menschen, viele Gläubige stärker oder gar erst wieder an die Kirche zu binden. Auf der Internetseite des Opus kann ein mehr als dreiviertelstündiger Dokumentarfilm gedownloadet werden, der beinahe ausschließlich ‚Besinnungstreffen’ zeigt, auf denen Laien gebannt stundenlang Escrivás sicherer, dabei freimütiger Rhetorik lauschen. Das Opus Dei selbst geht auf die Vorwürfe, es betreibe „einen ausgeprägten Führerkult“ und besitze eine „totalitäre Binnenstruktur“ folgendermaßen ein: „Der Vorwurf zielt auf die Wertschätzung und Liebe, die die Mitglieder des Opus Dei der Person des Gründers, seinem Hirtenamt und seiner väterlichen Rolle im Opus Dei entgegenbringen. […] Sie erstreckt sich im Opus Dei auch auf seinen jeweiligen Nachfolger, den Mitglieder und Freunde des Opus Dei ebenso mit ‚Vater’ anreden. […] Als Prälatur der katholischen Weltkirche ist das Opus Dei wie diese selbst hierarchisch verfaßt. ‚Totalitär’ nennen mittlerweile bestimmte Kreise auch die hierarchische Verfassung der Kirche insgesamt.“ (Thomas) „Bestimmte Kreise“ sind auch kritische Katholiken, die in Organisationen wie „Initiative Kirche von unten“ mehr Mitsprachrecht fordern; vom Opus Dei werden solche Stimmen beispielsweise der Verbindung mit „laizistischen Anti-Sekten-Bewegungen“ beschuldigt, und man bedauert: „Es ist ein besonders trauriges Kapitel, daß innerkirchliche Gegner sich nicht scheuen, mit Kräften zusammenzuarbeiten, die aus ideologischen Vorentscheidungen grundsätzlich jegliches religiöse Phänomen in der Moderne und Postmoderne als fundamentalistisch und sektiererisch verfemen, weil es ihrer Prognose widerspricht, alles Religiöse sei in der modernen Gesellschaft zum Absterben verurteilt.“ (Thomas)

 

„Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern“

Das Opus Dei ist eine „internationale Personalprälatur“ mit Zentralsitz in Rom. „Die Rechtsform […] geht auf das II. Vatikanische Konzil zurück. Das Konzildekret ‚Presbyterorum ordinis’ vom 7. Dezember 1965 bestimmt, dass ‚für spezielle pastorale Aufgaben bei verschiedenen sozialen Schichten, die in einer bestimmten Gegend oder Nation oder in irgendeinem Teil der Welt durchgeführt werden müssen’, neben anderen Einrichtungen in Zukunft auch ‚besondere Diözesen oder Personalprälaturen […] geschaffen werden’ können. […] Die vom II. Vatikanischen Konzil angestoßenen Personalprälaturen werden von einem Oberhirten geleitet, d.h. von einem Prälaten, der Bischof sein kann, vom Papst ernannt wird [!] und mit ordentlicher Amtsvollmacht (Jurisdiktion) ausgestattet ist. Neben dem Prälaten umfassen sie ein Presbyterium von Weltpriestern sowie Laiengläubige, Männer und Frauen. Die Personalprälaturen gehören somit zur hierarchischen Struktur der Kirche, d.h. sie sind ein Element ihrer Selbstorganisation im Hinblick auf das Ziel, das ihr Christus vorgegeben hat; kennzeichnend ist dabei für sie, dass ihre Laiengläubigen weiterhin Glieder der Ortskirchen (Bistümer) sind, in denen sie wohnen.“ 1996 zählte das Opus Dei 80.000 Mitglieder auf allen Kontinenten, davon 1.600 Priester. Die Form der Personalprälatur scheint für die Zwecke des ‚Werkes’ besonders geeignet zu sein; das Opus Dei war mit ihrer Einführung im Jahre 1982 die erste kirchliche Institution, die sich diese Rechtsordnung geben durfte — was vermuten lässt, dass sie erst exklusiv für das ‚Werk’ geschaffen wurde. Laut Selbstdarstellung will das Opus Dei „den Menschen helfen, ihren Glauben mit ihrer normalen Tätigkeit im Alltag in harmonischen Einklang zu bringen.“ (Informationsbüro) Grundlage für die Mission des ‚Werkes’ überhaupt ist „die selbstverständliche Befolgung des Auftrags Jesu an seine Jünger: ‚Geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern.’“ (Thomas) Apostel wird man im Opus Dei im Dienst an Gott — und zwar nicht, wie sonst in der katholischen Kirche üblich, im Ordensdienst, sondern als Laie, der seine tägliche Arbeit Gott weiht. Als Personalprälatur ist das Opus Dei „eine Form der Selbstorganisation der Kirche und ergänzt die seelsorgerische Arbeit der Pfarreien durch ein weitergehendes Angebot an Bildung und Begleitung.“ (Informationsbüro) Dieser Ansatz, „Bildung und Begleitung“, scheint heute notwendiger denn je — und hat Opus Dei seine bislang ungebrochene Popularität bei allen Päpsten eingebracht („Immer haben die Päpste — alle — Verständnis und Liebe für das Opus Dei gezeigt.“, Gespräche mit Msgr. Escriva de Balaguer) —, denn es muss dem Wegströmen der Gläubigen aus dem Schoß der Kirche Einhalt geboten und etwas Substanzielles entgegengesetzt werden. Der Grazer Opus Dei-Bischof Egon Kapellari erklärte auf dem 27. Internationalen Symposium über Theologie an der Universität von Navarra im Mai 2006: „Die christlichen Wurzeln sind in Europa nicht einfach abgestorben. Sie tragen, nähren auch heute viele Menschen unserer Länder. Das wird aber oft nicht reflektiert und gewürdigt. Das Glaubenswissen müsste vor allem bei der jüngeren Generation wieder viel stärker werden, wenn eine Wende zum Besseren eintreten soll.“

 

Das Opus Dei schwimmt in dieser restaurativen Gegenströmung auf der ersten Welle; es besitzt die Rolle einer Avantgarde („Vorreiterrolle“) und bildet die weltliche und transzendentale Elite — obwohl man das Wort Elite weit von sich weist — der katholischen Laien heran. Worauf gründet sich diese Behauptung? Das Opus ist nach außen geprägt zum einen durch das „heiligmäßige[…] Leben“ und die „Schriften [seines] Gründers“, zum anderen durch das „Bemühen der Gläubigen, im Lichte Christi jedwede berufliche Arbeit zum Leuchten zu bringen.“ Beides entspricht zentralen Anliegen der katholischen Kirche, niedergelegt im II: Vatikanischen Konzil: „die praktische Wiederentdeckung der prinzipiell gleichwertigen Berufung aller Getauften, das heißt der prinzipiellen Chancengleichheit im Blick auf das entscheidende Ziel christlichen Lebens, nämlich heilig zu werden. Seit seiner Gründung 1928 […] hatte das Opus Dei damit begonnen, das allgemeine Bewußtsein für die Berufung der Laien von Grund auf zu stärken. Und zwar in dem Sinne, daß sie aufgrund der empfangenen Taufgnade wie auch ihrer weltlichen Arbeit sowohl zur Fülle christlichen Lebens als auch zur Teilhabe an der Sendung der Kirche aufgerufen sind.“ (Thomas) — „‚Der Geist des Opus Dei gründet auf der Gotteskindschaft’, unterstreicht der hl. Josemaria. Kraft der Taufe sind die Christen Töchter und Söhne Gottes. Daher fördert die Prälatur in den Christen ein lebendiges Bewusstsein ihrer Gotteskindschaft.“ Jedoch ist trotz dieser Hinweise auf „Taufgnade“ und „Teilhabe an der Sendung der Kirche“ „niemand […] schon von Geburt an heilig […]: der Heilige wird, er wird im ständigen Zusammenspiel von göttlicher Gnade und menschlichem Mitwirken. […] Deshalb: Willst du konsequent als Christ leben — und ich weiß, daß du das willst, auch wenn Siege und die stetige Ausrichtung unsres armseligen Lebens auf das Höhere hin dir oft so schwer fallen —, dann mußt du mit größter Sorgfalt auf die kleinsten Dinge achten, denn die Heiligkeit, die der Herr von dir will, ist nur zu erlangen durch das Ernstnehmen der Arbeit und alltäglichen, meistens unscheinbaren Pflichten, aus Liebe zu Gott.“ (Freunde Gottes 7) Im „Weg“, einer teilweise abschreckend verbalradikalen Frühschrift Escrivás, heißt es: „All unser armseliges Tun, selbst die Heiligkeit, ist ein Gewebe aus Geringfügigkeiten, die je nach der Lauterkeit der Absicht eine herrlichen Teppich aus Heldentum ODER aus Nichtigkeit, aus Tugend ODER aus Sünden bilden.“ (Der Weg 826 [Hervorhebungen W.S.]) Abgesehen von der abstoßenden Rhetorik Escrivás, die das menschliche Tun durchgängig als „armselig“ apostrophiert, ist diesen Aussagen etwas Wichtiges zu entnehmen: Nur mit dem richtigen geistlichen Rüstzeug kann der Einzelne seine Arbeit für Christus produktiv machen. Und diese korrekte Fundierung erhält er natürlich bei Opus Dei.

 

„Opus Dei, Macht und Reichtum“

Die Mitglieder des Opus Dei sind — das betont das ‚Werk’ immer wieder — gleichzeitig alle Mitglieder ihrer örtlichen Diözese und werden unterschieden in 1. Numerarier — „die sich zur apostolischen Ehelosigkeit entschieden haben“ (Thomas) und in den Zentren des ‚Werkes’ leben, sie sind aufgrund ihres zölibateren Lebens „in der Lage, sich in stabiler Weise der Betreuung der apostolischen Arbeit und der Bildung der anderen Mitglieder zu widmen“ (Informationsbüro); 2. Assoziierte, „die zum Priestersein frei und zustimmend nach einigen Jahren der Zugehörigkeit zur Prälatur und den vorgesehenen Priesteramtsstudien vom Prälaten zur Priesterweihe ermutigt werden“; und 3. Supernumerarier, sie bilden die größte Gruppe (70 Prozent) und sind verheiratet „oder leben in Vorbereitung auf die Ehe“ (Thomas), „die Heiligung ihrer familiären Pflichten ist ein vorrangiger Bestandteil ihres christlichen Lebens“. Außerdem kommen noch jene 1.600 Priester hinzu, die der vollständig mit dem Opus verbundenen „Priestergesellschaft vom Heiligen Kreuz“ angehören und kirchenrechtlich ihrem Prälaten unterstellt sind. Eine Untergruppe der Numerarier sind die so genannten „Auxiliar-Numerarier“, meist wohl Frauen, die jeweils bei einer Einrichtung des Opus Dei angestellt und „mit der Bewirtschaftung der [Wohn-] Häuser des Opus Dei, sowohl der Frauen als auch der Männer, betraut“ sind. Mit wem genau ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wird, war für mich nicht letztgültig festzustellen, da das ‚Werk’ Wert auf die Feststellung legt, dass es selbst keine dieser Einrichtungen — darunter allein in Deutschland ein „Internationales Studentinnenwohnheim Müngersdorf“, ein Tagungs- „Haus Weidenau in München-Bogenhausen“, ein „Hauswirtschaftliches Ausbildungszentrum Am Hardtberg, Euskirchen“ u.a. — besitzt und auch sonst „keine Geschäfte betreibt“ (Thomas). „Die Prälatur dient ausschließlich geistlich-religiösen Zwecken. […] Die Laien, die dem Opus Dei angehören, sind Normalbürger, die vielfach gemeinsam mit anderen im Dienst an der Gesellschaft als Bürgerinitiativen Bildungs- und Sozialeinrichtungen schaffen und unterhalten, in denen die Prälatur dann oft die Seelsorge und die religiöse Bildungsarbeit wahrnimmt. Wie es in solchen Fällen üblich ist, sind die zivilen Rechtsträger solcher Initiativen oder Einrichtungen häufig Vereine oder Stiftungen, deren Zweck die jeweiligen Sozial- und Bildungsaufgaben sind und die den je geltenden Landesgesetzen und –bestimmungen unterworfen sind.“ (Thomas) (Andererseits behauptet „Da Vinci Code“, Opus Dei habe „die Vatikan-Bank Anfang der achtziger Jahre vor dem Kollaps gerettet […]. Als Gegenleistung dafür habe es den Status einer Personalprälatur erhalten.“ [Informationsbüro] Dies wird vom ‚Werk’ selbstverständlich rundheraus abgestritten. — Weitere Informationen zu Verwicklungen in Finanzskandale, vor allem im ‚Stammland’ Spanien, finden sich auf der Seite  http://www.bornpower.de/opus.)

 

Zum Thema „Opus Dei, Macht und Reichtum“ werden vom Informationsbüro des Opus Dei in der Schweiz weitere Argumente vorgebracht, die das in Dan Browns Roman behauptete Streben des ‚Werkes’ nach wirtschaftlicher oder politischer Macht widerlegen sollen, vor allem die Worte seines Gründers Escrivá: „Das Opus Dei beherrscht keinen weltlichen Bereich und will keinen beherrschen; es will lediglich die Botschaft des Evangeliums verbreiten. Gott möchte, daß alle Menschen, die in der Welt leben, ihn gerade im Vollzug ihrer weltlichen Tätigkeiten lieben und ihm darin dienen. Dementsprechend arbeiten die Mitglieder des Opus Dei, da sie ja normale Christen sind, wo und wie sie es für richtig halten. Das Werk kümmert sich nur um ihre geistliche Betreuung, damit sie immer nach ihrem christlichen Gewissen handeln.“ (Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, Nr. 64) Das ‚Werk’ gibt zwar selbst zu, dass es „in den fast vierzig Jahren unter Franco […] in Spanien auch Minister [gab], die zum Opus Dei gehörten. Einige zählten zu den sogenannten ‚Technokraten’, die die Liberalisierung der Wirtschaft in Spanien betrieben.“, um aber gleich wieder zu relativieren: „Zugleich gab es Opus-Dei-Leute, die gegen Franco opponierten, ins Gefängnis kamen, außer Landes gehen mußten oder sonstigen Repressalien ausgesetzt waren.“ (Thomas) Firmen von Mitgliedern des ‚Werkes’ wurden im Zusammenhang mit Finanzgeschäften in Spanien (bei denen eine offizielle Beteiligung von Opus Dei immer geleugnet wurde und schwer beweisbar scheint) schon als „Octopus Dei“ bezeichnet („RUMASA-Skandal“, siehe http://www.bornpower.de/opus) Gleiches scheint auch für das ‚Werk’ selbst gelten zu können: omnipräsent und mächtig durch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Positionen seiner (Mit-) Glieder, stößt es eine Nebelwolke aus Tinte aus, versucht man, es an seinen weltlichen Tentakeln zu packen. Selbstverständlich legt man bei Opus Dei Wert auf die Tatsache, dass es bereits einschlägige Urteile gibt, die es Medien untersagt haben, bestimmte Behauptungen über sein geschäftliches Gebaren zu publizieren.

 

„Zwischen Suppe und Kartoffeln“

Im scharfen Kontrast zu diesen obskuren Geschäftspraktiken des Opus Dei sind seine Mitglieder angehalten, ein ‚einfaches’ Leben zu führen: „Verheiratete wie Ehelose […] üben sich in der christlichen Tugend der Armut. Sie wollen nüchtern und anspruchslos leben und suchen innere und äußere Distanz zu irdischen Gütern. Diese sollen im Rahmen des Möglichen dem Dienst an den anderen gewidmet werden und nicht dem Eigennutz dienen.“ (Thomas) Auch hier errichtet das Opus Dei in seinem Selbstverständnis einen Damm gegen die zersetzenden Tendenzen „unserer Zeit“: „In unserer Zeit, in der Sichgehenlassen und Schlaffheit oder Hemmungslosigkeit und Anarchie als Zeichen des allgemeinen Verfalls herrschen, gewinnt gerade deshalb die einfache, tiefe Erkenntnis […] immer mehr an Aktualität: Es gibt Weltkrisen, weil es an Heiligen fehlt.“ (Freunde Gottes 4) Das Opus Dei sieht sich berufen, eben diese Heiligen heranzubilden, um das Verderbnis abzuwenden. Die ebenso kryptischsten wie schärfsten Worte — für Escrivás Stil jedoch wohl typisch —, die sich auf der insgesamt eher zurückhaltenden Internetseite finden (wer sich noch mehr gruseln will, muss wohl die Bücher, vor allem „Der Weg“ kaufen — erhältlich bei den örtlichen Opus Dei-Geschäftsstellen), fallen in diesem Kontext: „Tilge durch dein Leben als Apostel den zähen Unrat, den die verseuchten Prediger des Hasses verbreitet haben.“ (Der Weg 1) „Durch dein Leben“ meint auch: unter Aufopferung deines Lebens, wie die folgenden Sätze erhellen: „Die Werke Gottes tun ist keine Floskel, nein, es ist eine Einladung, sich aus Liebe zu verbrauchen. Man muß sich selber sterben, um zu neuem Leben wiedergeboren zu werden. […] Wenn wir dem göttlichen Willen gehorchen, wird auch für uns das Kreuz Auferstehung sein und Erhöhung.“ (Christus Begegnen 21) Hierhinein passt auch die Forderung: „Vergiß dein Ich! — Wäre das doch dein einziger Ehrgeiz: nur für deine Brüder und Schwestern, für die Menschen, für die Kirche zu leben — für Gott also…“ (Die Spur des Sämanns 630) Diese Auslöschung des Individuellen, das „Sich-Verbrauchen aus Liebe“ (es mag etwas an dem Vorwurf sein, „das Opus Dei ziehe psychisch labile (‚ich-schwache) Personen besonders an“ [Thomas], auch wenn er auf einen großen Teil seiner Mitglieder nicht zutrifft) berührt folgerichtig auch die intimen menschlichen Beziehungen. Dem „großen Sakrament“ der Ehe kommt eine übergeordnete Bedeutung zu — Opus Dei weist ausdrücklich darauf hin, dass der größte Teil seiner Mitglieder verheiratet ist. So schreibt Escrivá: „Tag für Tag das Zuhause heiligen […]: darum geht es. Diese Heiligung eines jeden Tages erfordert viele christliche Tugenden.“ (Christus Begegnen 23, 4) — „Die Ehe hat [unser Herr] zu einem heiligen Band gemacht, zum Abbild der Vereinigung Christi mit seiner Kirche, zu einem großen Sakrament und zur Grundlage der christlichen Familie, die mit Hilfe der Gnade Gottes als Schule der Heiligkeit Frieden und Eintracht ausstrahlen soll. Die Eltern sind Mitarbeiter Gottes, und daher haben die Kinder die liebenswerte Pflicht, sie zu ehren.“ (Christus Begegnen 78,6)

 

Man muss durchaus nicht wild spekulieren, will man sich ausmalen, wer in der Partnerschaft der hauptsächliche „Mitarbeiter Gottes“ ist, an wen die Aufforderung gerichtet ist: „Dein Leben darf kein fruchtloses sein. — Sei nützlich.“ (Der Weg 1) Wenn es an anderer Stelle in den Schriften Escrivás heißt: „Jedes Kind, das Gott euch schenkt, ist eine herrliche Gabe, ein Segen Gottes für euch: Habt keine Angst vor Kinderreichtum!“ (Im Feuer der Schmiede 691), so kann man ausschließen, dass gerade eine konservative katholische Organisation wie das Opus Dei für die paritätische Teilung der häuslichen Pflichten (‚Kinder und Küche’) eintreten sollte. Unter der Rubrik „Zeugnisse“ finden sich auf der Opus Dei-Internetseite Porträts seiner Mitglieder, Berichte über ihre Motivation, sich dem Opus anzuschließen und darüber, wie sie „Heiligkeit“ täglich leben. Eine 33-jährige Mutter von sechs Kindern im Alter von neun Jahren bis elf Monaten, Ehefrau des Geschäftsführers eines Automobilzulieferers in Potsdam, die im Studentinnenheim Müngersdorf erste Kontakte mit dem Opus knüpfte, schildert, „wie ihre Berufung zum Opus Dei konkret wird“: „Was diese Berufung für ihren Alltag ausmacht? […] ‚Dass der ganze Kleinkram, den ich hier von morgens bis abends mache, nicht wertlos ist.’ Viele ihrer Bekannten seien gerade in der Familienphase unzufrieden mit sich selbst. Und nicht wenige hätten das Gefühl, das Leben zwischen Pampers und Geschirrspüler lasse ihnen keine Luft zum Atmen. ‚Ich versuche, meine Arbeit für Gott und die anderen zu tun. […] Im Opus Dei habe sie gelernt, Gott auch Unbedeutendes zu schenken.“ Auch das ist Opus Dei: Die Entdeckung Gottes „zwischen Suppe und Kartoffeln“ — selbstverständlich immer angeleitet durch Opus Dei-„Bildungsmittel“ und „geistliche Leitung“, durch wöchentliche Treffen, bei denen die Mitglieder „im Glauben und in der eigenen Berufung auftanken“ können, sowie durch die einmal jährlich stattfindenden „Besinnungstage[…] in einem Tagungshaus des Opus Dei“. Außerdem gestaltet diese „Supernumerarier“-Musterfamilie in ihrer Kirchengemeinde „gemeinsame Freizeitangebote, aber auch religiöse Fortbildung“ mit; „‚letzteres vorzubereiten ist oft der Part, den [sie selbst] übernehmen.’“ Innerkirchliche Missionierung? Fest steht, dass das Opus Dei seine Mitglieder theologisch sehr gut schult und auch für alle lebenspraktischen Themen Antworten bereithält. Daher beschäftigen sich bereits 15-jährige Schülerinnen — selbstverständlich noch keine regulären Mitglieder, vielleicht aber „Änwärterinnen“ auf die Mitgliedschaft? — auf Einladung des Opus in ihren Schulferien im Ausbildungszentrum Hardtberg damit, „über ihren Lebensentwurf nachzudenken“, was die Beschäftigung mit „Umgangsformen“, Mode und Haushaltsmanagement — also ‚typischen’ Mädchen-/Frauen-/Mütterthemen — zu bedeuten scheint. Sicherlich fühlen sich viele für das Mysterium des Glaubens empfängliche Menschen — auch Nicht-Katholiken und selbst Nicht-Christen will das ‚Werk’ erreichen — angezogen von der „Atmosphäre einer christlichen Familie“, die „charakteristisch für das Opus Dei“ sei: „Sie prägt alle Aktivitäten der Prälatur und schlägt sich auch nieder in der häuslichen Wärme ihrer Zentren, in der vertrauensvollen Einfachheit, in den Dienstbereitschaft sowie im Verständnis und Feingefühl, mit denen man einander im Alltag zu begegnen sucht.“

 

„Abtötungen“

 

Das Bild des Opus Dei, das sich aus den zugänglichen Quellen zusammenfügt ist sicherlich ein in viele Facetten gebrochenes; selbst, wenn man nur die offiziellen, merklich öffentlichkeitstauglich gestalteten Informationen nimmt, bleibt doch spürbar ein Rest bohrender Ungewissheit. Das ist vor allem der Fall hinsichtlich des Faktes, der in Bezug auf das Opus Dei am meisten Anstoß zu erregen vermag: die von seinen Mitgliedern praktizierten so genannten „Abtötungen“. Der bereits zitierte Grazer Bischof Kapellari bezieht sich in seinem Referat auf dem Theologie-Symposium in Navarra auf das „Sakrament der Buße, das ‚weithin vergessen ist, weil nicht erkannt und anerkannt wird, dass es die Sünde gibt und dass der Mensch nicht glücklich sein kann, wenn er das verdrängt.“ Mit diesen Vorstellungen des ‚generisch’ sündigen Menschen eng verbunden sind asketische Übungen, die, wie man im Opus versichert, in der katholischen Kirche Grundlage des Glaubens sind: „Die katholische Kirche rät ihren Gläubigen, sich im Opfergeist zu üben, einschließlich der körperlichen Askese wie z.B. des Fastens während der Zeit vor Ostern. Sie stellt die Askese zwar nicht ins Zentrum ihrer Lehre, ist sich aber auch bewusst, dass sie für die Vertiefung der Beziehung zu Gott unentbehrlich ist: ‚Es gibt keine Heiligkeit ohne Entsagung und geistigen Kampf’ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2015). Abtötung ist Zeichen der Busse [sic] und Einswerdung mit den Kreuzopfer Jesu Christi, das die Welt vom Bösen erlöst.“ „Entsprechend der Spiritualität des Opus Dei“ und seiner Fokussierung auf die „Heiligung“ des Arbeitslebens sind die meistgebräuchlichen harmloseren Formen (?) solche „geistiger wie körperlicher Aszese [sic] […] Zum Beispiel dienstbereit bleiben, wenn man müde oder unlustig ist; schweigen, wenn man schimpfen möchte; lächeln, obwohl jemand lästig ist; auf Konsum verzichten und teilen können etc.“ (Thomas) Das Opus Dei „schließt in Übereinstimmung mit der Kirche klassische Abtötungen, die einen ausdrücklichen symbolischen Bezug zum Leiden Christi aufweisen, nicht aus“, und eine „Minderheit“ seiner Mitglieder verwende „Buß-Band und –Geißel“ (Thomas) „in dezenter und gefahrloser Form“. Der Vorwurf, das Opus Dei sei daher „leibfeindlich“, wird von ihm selbst mit der Argumentation zurückgewiesen, „daß Leib und Seele eines Menschen eine Einheit bilden. Die Überzeugung, daß maßvolle körperliche Aszese-Übungen sehr wohl der geistig-geistlichen Reifung dienen, unterstreicht dabei die Bedeutung des Leibes, ist also in diesem Sinne die eigentlich ‚leibfreundliche’ Haltung. Sie zerstört nicht, befreit den Leib vielmehr zum frohen Mitwirken am Guten.“ (Thomas) Man kann sich beim Lesen solcher Statements einer Instanz, die prototypisch für die katholische Kirche steht, nicht des steten, überaus unangenehmen Eindrucks erwehren, dass unter einer Schicht medienkonformer Projektionen von (heute allerdings allgemein gebräuchlichen) Beschönigungen des christlichen Glaubens, die Kirche noch immer ein Menschenbild perpetuiert, das die Abhängigkeit des „armseligen“ Menschen von göttlicher Gnade absolut setzt und die Rechtfertigung menschlicher Existenz aus sich selbst heraus ablehnt.


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