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Bericht über die Konferenz „Zweifel und Kritik an Fortschritt, Wissenschaft und Technik „

von Eberhard Schinck

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Wissenschaftliche Konferenz am 8. Oktober 2011 in der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden

Zweifel und Kritik an Fortschritt, Wissenschaft und Technik

– im Dienst des Menschen?
– Bedrohung?
– Zementierung der Unterdrückung?

 

Veranstalter:

Verbandsvorstand und Landesverband Sachsen des Deutschen Freidenker-Vebandes in Zusammenarbeit mit Tageszeitung junge Welt, Kuratorium Ostdeutscher Verbände sowie deren Mitgliedsverbände GBM und GRH

Die Referenten und ihre Themen:

Klaus Hartmann, Verbandsvorsitzender, Offenbach
Machtpolitik, Klassenfragen, Gewinner und Opfer

Dr. phil. habil. Horst Schild, Referent im Verbandsvorstand, Dresden
Wissenschaft – Technik – Weltanschauung. Einige Anmerkungen. (  PDF-Dokument, ca. 340 KB)

Prof. Dr. Herbert Hörz, Mitglied der Leibniz-Sozietät, Berlin
Gesellschaftssystem – Moralkodex und Verantwortung der Wissenschaftler (  PDF-Dokument, ca. 380 KB)

Prof. Dr. Gisela Jacobasch, Mitglied der Leibniz-Sozietät, Wandlitz
Ernährung, Gentechnologie, Monsanto

Prof. Dr. Dr. Ernst Woit, Dresden
Hightech – Militarismus und neues Söldnertum

Helmut Dunkhase, Berlin
IT – Chancen für die Planwirtschaft

Prof. Dr. Lothar Kolditz, Mitglied der Leibniz-Sozietät, Fürstenberg/Havel
Energiebedarf und das Ende der Ölzeit (schriftlicher Beitrag zur Konferenz)

Nachtrag: Die Beiträge von Klaus Hartmann, Horst Schild, Herbert Hörz, Ernst Woit und Helmut Dunkhase erschienen im FREIDENKER 2-15.

Zum Thema wurden Antworten gesucht auf die Frage:

Cui bono? Oder – wem dient der Wissenschaftler – wem nützt die Wissenschaft?

Der rote Faden war bestimmt von der Kritik am gegenwärtigen Gesellschaftssystem in Deutschland. Unter den bestehenden Machtverhältnissen werden Wissenschaft sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hauptsächlich zur Sicherung maximaler Profite und für die Erfüllung politischer und militärischer Ziele missbraucht.

Die Referate und Diskussionsbeiträge werden in eine 2012 erscheinende Publikation [nachtr. Anmerkung: Dies wurde erst 2015 realisiert, siehe FREIDENKER 2-15] des Verbandes aufgenommen und sind dann dort vollständig nachzulesen. Zwecks einer schnelleren Information veröffentlichen wir eine Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte der Referate an dieser Stelle.

Der Vorsitzende des Freidenker-Verbandes Klaus Hartmann analysiert eingangs die Ursachen der verbreitete Skepsis und Kritik gegenüber der Wissenschaft. Es sei davon auszugehen, „dass die Kritik an der Wissenschaft in erster Linie der kapitalistischen Form gilt, wie sie uns gegenübertritt, dass sie als Herrschaftsinstrument der Besitzenden wahrgenommen wird. Sie bestimmen gemäß ihrem Profitinteresse, wo es lang geht, und sie bestimmen, in welche Forschung und Entwicklung investiert wird. Sowohl das Erkenntnisinteresse, die Grundlagenforschung, die Forschungsrichtungen und ihre Vertiefung bis zur Entscheidung über Anwendungen liegt alles in ihrer Hand. Da diese Hand für viele Betrachter aber unsichtbar bleibt, werden negative Entwicklungen umstandslos ‚der Wissenschaft‘ als solcher angelastet.“

Davon ausgehend zitiert er aus der programmatischen „Berliner Erklärung“ der Freidenker: „Wir wenden uns entschieden gegen den Missbrauch der Ergebnisse von Wissenschaft und Forschung zum Schaden von Mensch, Natur und Gesellschaft. Die Verantwortung der Wissenschaft, der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beginnt bereits bei der Sinngebung der Wissenschaft als Feld der Arbeit und als gesellschaftliche Institution, bei der Entscheidung über Ziele und Zwecke und bei der Grundlagenforschung. Die dabei entscheidenden Interessen dürfen sich nicht an der profitablen Verwertung, sie müssen sich an den Lebens- und Überlebensinteressen der Menschheit orientieren. Hierzu sind demokratische Entscheidungs- und Kontrollmechanismen unabdingbar.“

Die sozialen, politisch-ökonomischen und klassenmäßigen Bedingungen und Verhältnisse, unter denen sich die Wissenschaftsentwicklung in Deutschland vollzieht, müssen Ausgangspunkt der Analyse und Problemlösung sein, betonte Klaus Hartmann. Dagegen versuchten viele in Umlauf gebrachte Lösungsvorschläge „lediglich aus der kapitalistischen Not eine ökologische Tugend zu machen“. Es werde nicht zur Kenntnis genommen, sondern gezielt verdrängt, dass gerade zur ökologischen Problematik das dialektische und historisch-materialistische Denken des Marxismus die erforderlichen Instrumentarien zur Erfassung und Fundierung der Erkenntnisprozesse im Bereich der Naturwissenschaften liefert.

Besonders für Freidenker bestehe die Aufgabe der Aufklärung darin, gegen die gezielte ideologische Verdummung anzugehen: während „alle Welt über Gefahren und globale Probleme schwadroniert“, werde „das elementare Instrumentarium zu ihrer Bewältigung mit Verachtung gestraft“. Er kritisierte die ‚Abwicklung‘ der DDR-Wissenschaft nach 1989 und des Marxismus-Leninismus als „Staatswissenschaft eines falschen Staates“. Insbesondere das in der DDR erarbeitete Wissenschaftsethos müsse gegen die hirnlosen Ideologen des Antikommunismus verteidigt werden. Er plädierte dafür, das alte Motto „Marx an die Uni!“ wieder zur Aktionslosung zu machen.

Klaus Hartmann resümierte: „Die Aufgabe, Wirtschafts- und Biosphäre in Einklang zu bringen, ist im Rahmen des Kapitalismus unlösbar, da die Profitinteressen der Akteure gesamtgesellschaftlich verantwortliches Handeln ausschließen. Ein System, in dem der Mensch des Menschen Wolf ist, wird auch nicht zu einem qualitativ neuen, sozusagen solidarischen Verhältnis zur Natur finden.

Nur auf der Grundlage gesamtgesellschaftlichen Eigentums der Stoffwechsel-Bedingungen und bei gesamtgesellschaftlicher Planung ist ein haushälterischer Umgang mit den natürlichen Ressourcen in Sinne des Begriffes Ökologie möglich.“

 

Mit den weltanschaulichen Anforderungen an Wissenschaftler und wissenschaftliche Tätigkeit sowie den gewaltigen Defiziten hierbei befasst sich Dr. phil. habil. Horst Schild, Referent beim Bundesvorstand des Freidenker-Verbandes. Er legt seinem Beitrag einen Gedanken von Marx zugrunde. (  PDF-Dokument, ca. 340 KB)

„Die Siege der Wissenschaft scheinen erkauft durch Verlust an Charakter. In dem Maße, wie die Menschheit die Natur bezwingt, scheint der Mensch durch andere Menschen oder durch seine eigene Niedertracht unterjocht zu werden. Selbst das reine Licht der Wissenschaft scheint nur auf dem dunklen Hintergrund der Unwissenheit leuchten zu können … Dieser Antagonismus zwischen moderner Industrie und Wissenschaft auf der einen Seite und modernem Elend und Verfall auf der anderen Seite, dieser Antagonismus zwischen den Produktivkräften und den gesellschaftlichen Beziehungen unserer Epoche ist eine handgreifliche, überwältigende und unbestreitbare Tatsache.“ [Marx, Karl: Rede auf der Jahresfeier des People’s Paper am 14. April 1856 in London in MEW Bd. 12 S. 3 f]

Als politische Erkenntnis hebt Horst Schild hervor:

Grundlegende Konsequenzen für die Wahrnehmung seiner Verantwortung ergeben sich für jeden Wissenschaftler aus den gesellschaftlichen Verhältnissen, unter denen er seine Arbeit gestaltet. Entscheidend beeinflusst werden Ziel, Weg und Ergebnis dieser Arbeit davon, wer unter welchen Bedingungen die Ergebnisse verwertet, anwendet oder vermarktet.

Der Wissenschaftler ist Entfremdeter, Entrechteter und Ausgebeuteter, wie die Mehrheit der Menschen in dieser kapitalistischen Gesellschaft. Seine soziale Sicherheit und seine Lebensverhältnisse werden hiervon geprägt. Der Redner stellt dieses Problem zur Diskussion.

Und weiter ergänzt er: „Zum anderen haben die bisherigen Produktionsweisen mit ihrer qualitativen und vor allem quantitativen Ausdehnung menschlicher ‚Herrschaft’ über die Natur, auch mit Hilfe bzw. unter Nutzung der Wissenschaft, zu einem Zustand geführt, der die Verletzlichkeit und Begrenztheit unserer Erde in nahezu dramatischer Weise sichtbar macht“. [Redetext S. 3] Die Ziele der Produktion dienen dem Selbstzweck des Produzierens.

Schild verweist hier auf einen Gedanken von Marx: „Die Produktion produziert … nicht nur einen Gegenstand für das Subjekt, sondern auch ein Subjekt für den Gegenstand.“ [Marx: Zur Kritik der politischen Ökonomie. Einleitung. In: MEW, Bd. 13, S. 624]

Das heißt, in der kapitalistischen Gesellschaft werden bewusst massenweise Bedürfnisse geschaffen, die hohe Profite nach sich ziehen. Damit werden aber immer mehr neue eben hergestellte Produkte in immer kürzeren Abständen überflüssig und wieder von neuen Produkten abgelöst. Man denke an die umfangreiche Manipulation, die zum Kaufrausch führen soll. Der Profit wird gesichert. Über den Verschleiß an Ressourcen wird nicht gesprochen. Er wird in Kauf genommen.

Horst Schild: „Drastisch zugespitzt kann man formulieren: Unter den derzeitigen imperialistisch-globalisierten, High-Tech-geprägten Verhältnissen besteht die grundlegende Frage darin, ob es gelingt, den Menschen weiter eine sichere Zukunft zu eröffnen, oder ob sich die Geschichte der Menschheit überhaupt schließt. Die Antwort darauf ist durchaus offen! Dennoch haben wir eine Chance, wenn wir die Anstrengung nicht scheuen, qualitativ neue Entwicklungsgesetze aufzudecken, auch wenn wir mit bisherigen geistigen und praktischen Entwicklungsmodellen brechen müssen.“ [Redetext S. 6, 7]

Die wissenschaftlich-technische Revolution lässt Entwicklungen erkennen, die außerordentlich weitreichende Konsequenzen für nahezu alle Bereiche des menschlichen Daseins herausbildet.

Der Redner verweist auf die Entwicklung eines völlig neuen Techniktyps, der eine umfassende Neugestaltung des geschichtlichen Typs der gesellschaftlichen Produktivkräfte nach sich zieht. Das birgt Potenzen und Chancen in sich, aber auch Gefahren und Risiken.

Die Hauptgefahr erwächst aus der Rücksichtslosigkeit, mit der die Profitmaximierung vorangetrieben wird. „Die als ‚Humanaktionen’ getarnten Aggressionskriege um Rohstoffe (Öl, Gas, Wasser, Erze usw.) und um politische Einflussnahme …“ [Redetext S. 4] beweisen das.

Im Weiteren umreist der Redner die neuen Dimensionen der gegenwärtigen technischen Entwicklung und einige ihrer Komponenten.

„Tatsächlich ist die Suche nach Antworten zum Wesen künftiger Technik, zum „Cui bono“ des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts und den offensichtlich immer geringer werdenden Möglichkeiten, ihn im Rahmen eines tradierten mechanisch-rationalen, auf quantitatives Wachstum orientierten Denkstils beherrschen zu können, primär eine Herausforderung an Weltanschauung, an materialistisch-dialektische Weltanschauung.“ [Redetext S.7]

Wir sollten „… nach Wegen suchen, dem Bündnis von Wissenschaft und Weltanschauung, von Natur- und Technikwissenschaftlern mit den Geisteswissenschaftlern wieder Leben einzuhauchen. Beginnend mit dem Dialog, unserer Aufklärungsstrategie …“ [Redetext S. 7]

 

Prof. Dr. Herbert Hörz, Mitglied der Leibniz-Sozietät Berlin,beschäftigt sich in seinem Vortrag hauptsächlich mit der Moral und dem Moralkodex derer, die in der Wissenschaft tätig sind. (  PDF-Dokument, ca. 380 KB)

„Wissenschaft trägt einerseits zur Erhöhung unserer Lebensqualität bei, während sie andererseits Gefahren mit sich bringt.

Dazu gehören qualitativ neue Waffen, mit denen Kriege durch Hochtechnologien entmenschlicht werden, neue Söldnerheere entstehen und Verluste an Menschen und Kulturgütern wachsen, wobei die Zerstörungen natürlicher Lebensbedingungen der Menschen zunehmen. Ökologische Katastrophen werden durch Eingriffe in die Selbstorganisation natürlicher Prozesse gefördert.

Es kommt immer öfter zu Havarien in großtechnischen Systemen. Das macht Menschen misstrauisch gegenüber der Wissenschaft und Technikentwicklung.“[Redetext S. 1]

In allen Gesellschaftssystemen gibt es „bei denen, die sich wissenschaftlich betätigen, Individuen mit unterschiedlichen Charakteren, Kreative und Mittelmäßige, Ideengeber und Ausführende, solche, die für die Wissenschaft brennen und andere, die unbedingt Karriere machen wollen oder den Erfolg mit Betrug anstreben. Sie sind in die gesellschaftlichen Strukturen eingebunden. Diese bedingen als vorherrschende Moral die Moral der Herrschenden. Bestimmte für die Existenz des Systems wesentliche Normen werden zu Rechtsnormen und mit Sanktionen bei Nichteinhaltung belegt. Zugleich hängt es von der sozialen Zielstellung eines Gesellschaftssystems ab, welche Charaktertypen gefördert oder zurückgesetzt werden.“ [Redetext S. 1]

In einem geschichtlichen Rückblick kommt Hörz auf den Gedanken Rousseaus zurück: „Solange aber die Macht auf der einen Seite allein steht und die Aufklärung und die Weisheit allein auf der anderen, werden die Gelehrten selten Großes denken, die Fürsten noch seltener Gutes tun und die Völker weiterhin gemein, verdorben und unglücklich sein.“ [Rousseau, 1965, Frühe Schriften. Leipzig: Reclam, S. 60]

Ist diese Einschätzung Rousseaus nur den damaligen Zuständen zuzuschreiben? „Die Kommerzialisierung der Wissenschaft schreitet voran. Doch der von Rousseau beklagte Zwiespalt zwischen Macht und Aufklärung besteht weiter. Wenn in dieser Talk-Gesellschaft nicht selten Prominente mit wenig Entscheidungsbefugnis und oft unzureichender Kompetenz auf dem zu behandelnden Gebiet über aktuelle Themen reden, dann werden Schönredner mit der Möglichkeit öffentlichen Auftretens belohnt.“ [Redetext S. 2]

In seinem Beitrag stellt er klar, dass wissenschaftliche Erkenntnisse die Grundlage für jene Mittel sind, mit denen die Menschen unter den jeweils konkret-historischen Bedingungen ihre natürliche und gesellschaftliche Umwelt sowie ihr eigenes Verhalten gestalten.

Bedeutende Beispiele liegen vor für große Leistungen von Wissenschaftlern bei gleichzeitigem Verlust ihres Charakters. Beispielsweise gibt es auch immer wieder neue Versuche, neue Ideen und ihre Umsetzung zu verhindern. In diesem Bereich sind Politik und Macht in einem wirksam. Diffamierung von Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Erkenntnissen sollen oft Zweifel an der Wissenschaft nähren. Auch der Verfall der Sitten gehört hierher. Spezialisierung im Interesse spezieller Wissensproduktion führt zu einer Form der Verantwortungslosigkeit. Ein „Fachidiot“ hat keine Kompetenz zur Lösung sozialer Probleme.

Hörz: „Das zeigt, dass wir den Moralkodex für die Verantwortung der in der Wissenschaft Tätigen auch in dieser Hinsicht differenzierter zu betrachten haben.“ [Redetext S. 3]

Den Zusammenhang zwischen Gesellschaftssystem und Wissenschaft darstellend, zitiert er schlussfolgernd Marx: „Die Wissenschaft kann nur in der Republik der Arbeit ihre wahre Rolle spielen.“ [MEW, Dietz, Berlin, Bd. 17, S. 554]

Der Entfremdungsprozess des Menschen seiner Arbeit und seines ganzen Wesens im Kapitalismus erfasst auch die Arbeit sowie die Persönlichkeit der Wissenschaftlerin, des Wissenschaftlers. Für in der Wissenschaft Tätige ist der Moralkodex ihres Verhaltens folglich an eine Wertehierarchie gekoppelt. Ihr Moralkodex differenziert sich individuell in ihre „gesellschaftliche Verantwortung, in soziokulturelle Verpflichtungen, das Arbeitsethos und den sittlichen Umgang mit anderen Menschen, die auf Toleranz und gegenseitiger Achtung beruhen sollten, zu denen speziell Freundschaft und Liebesbeziehungen gehören.“ [Redetext S. 5]

Der Widerspruch zwischen Abhängigkeit des Wissenschaftlers von seinem Geldgeber – Auftraggeber – einerseits und der objektiven Notwendigkeit freier Entwicklung von Forschung aus wissenschaftlicher Einsicht und Erkenntnis andererseits, führt aber nur scheinbar zur Enthebung aus seiner Verantwortung. Produktivkräfte werden u. U. gebremst, die Produktivkraft Mensch zerstört.

Auf die gegenwärtigen Trends in Deutschland eingehend, kritisiert Hörz:

  • Wissenschaftliche Arbeit ist kaum auf die aktuellen Herausforderungen orientiert.
  • Langfristige Wissenschaftsstrategien kollidieren mit kurzfristiger politischer Stückwerkstechnologie und sind von Wahlperioden abhängig.
  • In der Wirtschaft wird auf mittelfristiges Nützlichkeitsdenken gesetzt. Schnellste Verwertung!
  • Langfristige Orientierungen werden dem Zweckdenken geopfert. Sie treten in den Hintergrund.
  • Profitinteressen verhindern oft eine menschenfreundliche Umweltgestaltung und die Entwicklung von Technologien und Energieeffekten.
  • Erfolgs- und Gefahrenrisiken neuer Technologien werden oft durch Ignoranz der Entscheider und Profilierungssucht von Politikern falsch entschieden.
  • Spezielle Interessengruppen und ihre Lobbyisten setzen ihre Macht allemal durch.

„Wer also im persönlichen sittlichen Umgang mit anderen Menschen moralisch gut handelt, dem Arbeitsethos entspricht, Verpflichtungen als Angehöriger einer soziokulturellen Identität erfüllt, kann, bezogen auf die soziale Wirkung seiner Entscheidungen und Handlungen, gegen Humangebote verstoßen, was letzten Endes verantwortungslos ist. Generell gilt: Entscheidungen können nicht an sich, mit abstrakten moralischen Kriterien, bewertet werden, da stets die Situation anderer Menschen, ihr möglicher Freiheitsgewinn oder -verlust zu beachten ist.

Wer wissenschaftlich arbeitet, kann sich vor der Gesamtverantwortung für die Durchsetzung der Humankriterien und Einhaltung der Humangebote mit dem Argument drücken, man sei nicht kompetent für entsprechende Entscheidungen. Wer sich der für die Wahrnehmung der Verantwortung erforderlichen Kompetenzerweiterung verschließt, verfällt, trotz wichtiger spezifischer Leistungen in seinem speziellen Verantwortungsbereich, einer Form der Verantwortungslosigkeit.“ [Redetext S. 7]

„Moralische Normen als Wertmaßstab und Verhaltensregulator bilden sich auf der Grundlage von Erfahrungen, Wissen und Interessen. Sie sind Grundlage von Rechtsnormen, die ebenfalls Sein mit Sollen verbinden. Worum geht es bei unserem Handeln? Wir treffen Entscheidungen auf der Grundlage unvollständiger Erkenntnis und versuchen mit Versuch und Irrtum den Risiken zu begegnen. Das ist mit tieferer Einsicht in die objektiven Gesetze der Natur, der Gesellschaft und der Aneignung der Wirklichkeit besser möglich.“ [Redetext S. 7]

Hörz schlussfolgert, dass warten auf eine bessere Welt nicht ausreicht. Er fordert, die Unverträglichkeit, die Ablehnungen und Proteste zu Einzelerscheinungen der Ausbeutergesellschaft umzuwandeln bzw. weiterzuführen zur Systemkritik am Kapitalismus. „Jeder muss sich selbst fragen, was er dazu beitragen kann, die politischen Kräfte zu stärken, die sich gegen die antihumanen Zustände wenden.“ [Redetext S. 8] Aber da entsteht die Frage, wie steht es mit dem Berufsrisiko für die in der Wissenschaft Tätigen? „Wo das Geld regiert, man schnell die Würde oder das Leben verliert.“ [Redetext S. 8]

Er ruft dazu auf, Humanität als Grenze der Wissenschaft durchzusetzen. Verantwortlichkeit muss im Sinne der Gesamtverantwortung wahrgenommen werden.

„Das schließt die humane Kontrolle von Experimenten mit und am Menschen ein.“

„Die friedliche Lösung von Konflikten ist zu fordern, und die weitere Entwicklung von noch gefährlicheren Waffen ist zu stoppen.“

„Es gilt, antiökologisches Profitstreben anzuprangern.“

„Notwendig ist, Gesellschaftskritik an der sozialen Ungerechtigkeit mit anschaulichen von vielen Menschen geforderten Idealen einer zukünftigen humanen Gesellschaft zu verbinden.“ [Redetext S. 9]

Seinen Vortrag beendet der Redner mit einem Appell: „In diesem Sinne sollten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Verantwortung wahrnehmen und mit ihrer Autorität, ihrem Wissen und Können für den Freiheitsgewinn aller Menschen eintreten.“ [Redetext S. 9]

 

Frau Prof. Dr. Gisela Jacobasch, Mitglied der Leibniz-Sozietät Berlin, beginnt ihren Vortrag mit der Grundfrage biologischer Wissenschaften:

„Was ist Leben?

Es ist charakterisiert durch die Aufrechterhaltung eines Fließgleichgewichtes von Stoffwechselaktivitäten und die Fähigkeit von Zellen, sich im Organismus zu teilen, um Wachstum und Gewebserneuerung sowie die Fortpflanzung zu ermöglichen. Die Grundlage dafür liefert die Replikation der DNA. Die DNA ist im Zellkern in Nukleosomen platzsparend eng verpackt und verschnürt.

Die Natur geht sehr sparsam mit ihrem Genpool um und nutzt dabei genial bewährte biologische Prinzipien.“ [Redetext S. 1]

Sie weist in ihrem Vortrag nach, dass mittels der Gentechnologie Erkenntnisse gewonnen werden, die sowohl von großem wissenschaftlichen Interesse und auch vor allem von wirtschaftlichem Interesse sind. Diese schafft viele neue Möglichkeiten. Unter denen werden genannt:

  1. das Zusammenwirken von Transkriptionsfaktoren in einem regulatorischen Netzwerk, das die Pluripotenz von Stammzellen bestimmt,
  2. die Beteiligung an der Differenzierung von Geweben und Organen – z. B. der Bildung von Herz-, Muskel-, Hart- und Fettgewebe, die Neurogenese, die Erythropoese und ebenso Differenzierungsmechanismen in Pflanzen,
  3. der Einfluss auf die Kontrollprozesse der Zellteilung und Apoptose,
  4. neue therapeutische Ansätze in der Bekämpfung von Karzinomen und anderen Krankheitserscheinungen,
  5. bestimmte Nahrungsbestandteile, z. B. Flavonoide und Folsäure, aber auch Fettsucht einschließlich der damit verbundenen pathologischen Konsequenzen,
  6. Mangelerscheinungen, z. B. von Proteinen, und damit im Zusammenhang stehende Degenerationsvorgänge, z. B. bei der Makulardegeneration des Auges,
  7. ein breites Spektrum an Möglichkeiten für die Biotechnologie bei der Eindämmung der Antibiotika- und Zytostatika-Resistenzen und zugleich für eine neue Strategie zur Therapie von Infektionskrankheiten, die durch Viren verursacht werden. Der Lebensmittelindustrie gibt sie die Möglichkeit, Voraussetzungen zu schaffen für einen veränderten Nahrungsmitteleinsatz.

Die Referentin betont die politische Verantwortung der wissenschaftlichen Forschung in folgender Richtung: „Zu den aktuellen Herausforderungen in der Gesellschaft, die es zu überwinden gilt, zählen vorrangig Hunger, Fettsucht und Infektionskrankheiten. Um diese Probleme zu lösen, müssen sowohl staatliche, ökonomische und sozialpolitische Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden. Nur so lassen sich langfristig präventive Maßnahmen und ärztliches Handeln sinnvoll einsetzen, ohne dass die finanziellen Aufwendungen dafür ausufern.“ [Redetext S. 6]

Ihrer Forderung nach freiem Zugang zu Nahrung und sauberem Trinkwasser, als den fundamentalen Notwendigkeiten der Lebenserhaltung, stellt sie das verantwortungslose Verhalten besonders der USA und der EU entgegen. Diese boykottieren alle Pläne, die auf den verschiedensten Ebenen und von den verschiedensten Ländern ausgearbeitet wurden, um Abhilfe gegen weltweites Elend zu schaffen. Sie stellt dar, wie krass die gegenwärtige Elendssituation in der Welt ist.

„Fast 2 Milliarden Menschen leiden an Unterernährung, und 9 Millionen unterernährte Menschen sterben jährlich, vor allem Kinder. Das entspricht einem Todesfall alle 3 Sekunden. Vor allem Bewohner in Asien, der Pazifikregion und Afrikas südlich der Sahara hungern. Aufgrund von Eiweiß- und Elektrolytmangel ist die Immunabwehr hungernder Menschen geschwächt, wodurch sie vorrangig der Tuberkulose, der Malaria, HIV, Cholera und anderen Infektionskrankheiten zum Opfer fallen. Mit Todesraten von 50 % sind außerdem besonders gefährlich die Virusinfektionen Gelbfieber, Ebola (hämorrhagisches Fieber), SARS (schweres akutes respiratorisches Syndrom) und Henipa (schwere Encephalitis und respiratorische Erkrankung).  Die zuletzt angeführten Viruserkrankungen breiten sich sehr rasch in Afrika und Asien aus.“ [Redetext S. 9]

Die Referentin weist nach, dass die führenden imperialistischen Staaten – besonders die EU und die USA – ihren internationalen Verpflichtungen nicht nachkommen. Statt die Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Forschung, die mithilfe der Gentechnologie gewonnen wurden, für ihre Hilfepflichten besonders gegenüber der armen Bevölkerung dieser Welt einzusetzen, nutzen sie diese ausschließlich zur Realisierung ihrer Profitinteressen und Kriegsziele. „Wie oft nach großen Entdeckungen wurden auch die aus der Aufklärung des humanen Genoms gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und methodischen Entwicklungen nicht zur Verbesserung der Lebensqualität aller Menschen eingesetzt, sondern durch kapitalistisches Gewinnstreben sogar missbraucht.“ [Redetext S. 13]

Am Beispiel der US-Firma Monsanto weist sie das nach. „Der Konzern verfolgt das Ziel, die Landwirtschaft weltweit zu kontrollieren.“ [Redetext S. 13] Ihr jährlicher Umsatz betrug 2010 10,5 Milliarden US-Dollar. 78 % davon entfielen auf den Bereich gentechnische Veränderungen des Saatguts und 22 % auf Produktion von Herbiziden. Wesentliche Kritikpunkte sind hierbei:

  1. zu hohe Preise für Samen und die Kopplung mit einer Gewinnabführung von 30 % der Erträge,
  2. Patentierung der Pflanzensorten und Verbot des eigenen Samengewinns für die Produzenten und der Handel des Konzerns mit Hybriden, die 95 % ausmachen. Das betrifft hauptsächlich Mais, Roggen und Gemüse.
  3. Erweiterung der Patentansprüche. Gewinnansprüche auf Fleischprodukte, die aus Monsanto-Samenfutter entstehen; ebenso bei Fischprodukten.

Das sind die Folgen der Patentierungsstrategie von Monsanto.

Diese kriminelle Rücksichtslosigkeit wirkt hier genau so wie die Patentierung von Genen des humanen Genoms.

Die Referentin schließt mit den Worten „… die daraus resultierenden Folgeerscheinungen wie Wirtschaftskriege, haben alle die gleiche Ursache: eine rücksichtslose, kriminelle Bereicherung von wenigen verantwortungslosen Gruppen auf der einen Seite und Armut gekoppelt mit einer Beschränkung an Bildungsmöglichkeiten für zunehmend mehr Menschen auf der anderen Seite.“ [Redetext S. 15]

 

Bezug nehmend auf seine Vorredner formuliert Prof. Dr. Dr. Ernst Woit seine Eingangsthese:

„Wir haben davon auszugehen, dass jeder Fortschritt in Wissenschaft und Technik nicht nur die Produktivität menschlicher Arbeit zu steigern vermag, sondern auch die destruktiven Möglichkeiten menschlichen Handelns erhöht, wie sich das vor allem in der Entwicklung der Waffentechnik zeigt.“ [Redetext S. 1]

Engels hatte am Schluss des Deutsch-Französischen Krieges vermutet, dass es keine Weiterentwicklung der Mordwerkzeuge mehr gäbe und Kriege nun undurchführbar geworden wären. Darin hatte sich Engels geirrt.

„Mit den Kernwaffen hat der Mensch schließlich ein Waffensystem entwickelt, durch dessen Einsatz die Menschheit selbst ausgelöscht werden kann.“ [Redetext S. 1]

Es gibt keine Grenze zwischen der Entwicklung des wissenschaftlich-technischen Erkenntnisstandes, keine Grenze zu den Produktivkräften hin, aber auch nicht zu den Destruktivkräften wie den waffentechnischen Entwicklungen. Eine militaristische Politik führt zur unumschränkten waffentechnischen Nutzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts. Es ist eine „… nüchterne Erkenntnis, dass es weltweit nur einen global bedeutsamen Militarismus gibt: den der USA und ihrer NATO-Verbündeten“ [Redetext S. 1] ‒ hebt Woit hervor.

Er zitiert den US-amerikanischen Politikwissenschaftler Chalmers Johnson, der einschätzte: „Die Vereinigten Staaten sind nicht das, was sie zu sein vorgeben, sie sind in Wahrheit ein militärischer Moloch, der sich die Welt unterwerfen will.“ [Zitiert nach: Ch. Johnson – Der Selbstmord der amerikanischen Demokratie. München 2003, S. 10]

Viele Beispiele, wie den chemischen Krieg in Vietnam oder den Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki usw., wie auch die Kriege gegen Jugoslawien, den Irak, gegen Libyen und die neuerlichen Kriegsplanungen und Androhungen gegen Syrien und gegen den Iran, lassen Woit zu der Schlussfolgerung kommen, dass die USA und die NATO nach dem Sieg im Kalten Krieg als Nächstes die erreichten Erfolge des antikolonialen Befreiungskampfes rückgängig machen wollen. „Dieser Militarismus kann deshalb als Hightech-Militarismus bezeichnet werden, da er buchstäblich die gesamte heute verfügbare Hochtechnologie für seine Kriegführung zu nutzen versucht. …In den Planungsstäben der Großmächte erlebt die Atombombe eine strategische Renaissance.“ [Redetext S. 3]

Einem Kernwaffeneinsatz und seiner Wahrscheinlichkeit ist die Menschheit erneut wieder ernsthaft ausgesetzt.

Neue Methoden der Kriegführung sind bereits Realität. Diese nennen sich: „Shock and awe“-Strategie. Erstmals fand sie in Jugoslawien erfolgreiche Anwendung. Kein Toter aufseiten der Angreifer. Totalzerstörungen, vor allem der Infrastruktur, unter Inkaufnahme der Tötung auch von Zivilisten aufseiten der Angegriffenen.

Die Schockwirkung nach den beiden Atombombenabwürfen in Japan wird als Vorbild ausgewertet und angewendet.

Physische Zerstörung von funktionsfähiger Infrastruktur, Unterbindung jeglicher Kontrolle aller lebenswichtigen Nachrichten und Austauschwege, psychische Zerrüttung im nationalen Maßstab sollen die absolute Überlegenheit gegenüber dem Feind sichern.

„… höchst aufschlussreich ist, dass die Luftstreitkräfte der USA erstmalig im Jahr 2001 ein großes Manöver durchführten, dessen Szenarium von einem Konflikt zwischen den USA und China im Jahr 2017 (!) ausging.“ [Redetext S. 4]

Dieses Manöver wurde von 250 perfekt ausgerüsteten Hightech-Kriegern unter Einsatz höchst entwickelter Militärtechnik durchgeführt. „Von besonderer Bedeutung ist“, so der Referent, „dass der US-Imperialismus seinen Militarismus immer perfekter als einen neuen Söldner-Militarismus entwickelt.“ [Redetext S. 5]

Unter diesen Söldnern befinden sich bezahlte Freiwillige aus den USA, aber auch aus anderen Ländern und von Angehörigen privater Militärfirmen usw.

Es ist eine im umfangreichsten Sinne global wirkende Militarisierung im Gange, sodass festgestellt werden muss, dass die Abhängigkeit der Streitkräfte von den Hightech-Waffensystemen dazu führt, dass die US-Armee ohne privatisierte Bereiche von Wissenschaft und Technik für Kriegszwecke und ohne das dazugehörige Wissenschafts- und Technikpersonal nicht mehr operationsfähig wäre. So wird auch das Problem des Überschusses von hoch qualifizierten Militärs gelöst. Sie leisten heute, beginnend bei 500 $ am Tage, private Söldner-Kriegsdienste.

Der Redner betont, dass das nichts mehr mit „Landesverteidigung“ zu tun hat. Die Kriegsziele tragen interventionistischen und neokolonialistischen Charakter. Wehrpflicht wird durch Personaleinkauf für die Streitkräfte ersetzt.

Der Referent zieht hier Parallelen zur Bundeswehr-Reform in Deutschland.

„Es gibt noch eine wesentliche personelle Seite dieser Verwandlung der Bundeswehr in eine Söldner-Armee, das ist ihr politisch-ideologisches Selbstverständnis.“ [Redebeitrag S. 7] Er zitiert Verteidigungsminister Demaiziére, der seine Berufsarmee „demokratische Krieger“ nennt. Sie sei gekennzeichnet durch eine „klare Distanz gegenüber der Zivilgesellschaft sowie durch ein hohes Maß an Professionalität.“ [nach W.Koep-Kerstin: Reform und Neuausrichtung der Bundeswehr. In: MITTEILUNGEN der Humanistischen Union e.V. vereinigt mit der Gustav-Heinemann-Initiative, Berlin, Nr. 213 v. 11.7.2011, S. 2]

Woit schließt seinen Gedanken mit der Feststellung, dass es sich hier: „durch die Herausbildung eines gefährlichen Hightech-Militarismus um eine für weltweite neokoloniale Aggressionskriege bestimmte Söldnerarmee“ [Redetext S. 8] handelt.

 

Helmut Dunkhase greift aus dem ganzen Komplex der Zukunftsforschung ein wichtiges Thema heraus – nämlich das „innerste Geheimnis der Produktionsweise“. Er vergleicht die bestehende mit einer kommunistischen Produktionsweise. Marx’ Gedanken aufgreifend, zitiert er ihn, dass nämlich das „innerste Geheimnis“ einer Produktionsweise, in der „spezifischen ökonomischen Form, in der unbezahlte Mehrarbeit aus den unmittelbaren Produzenten ausgepumpt wird“, besteht. Hier sei nach Marx „die verborgene Grundlage der ganzen gesellschaftlichen Konstruktion“ zu finden. [MEW Bd. 25, Seite 799 f]

Dunkhase schlussfolgert, „das innerste Geheimnis der kommunistischen Produktionsweise besteht in der Notwendigkeit der zentralen Aneignung des Mehrprodukts, codiert über einen Plan, der auf der Totalität der Gesellschaft operiert. Damit stellt sich das Problem der Rationalität auf neue Weise.“ [Redebeitrag S. 1] In der kapitalistischen Marktwirtschaft herrscht Anarchie. Jedoch ordnet das Wertgesetz wie mit unsichtbarer Hand, dass nicht nur und nicht vollständiges Chaos die ökonomische Rationalität beherrscht. In dieser Produktionsweise sind die Akteure nicht wirklich Subjekt ihres Tuns.

Um zum Maß des individuellen Anteils des Produzenten an der Gemeinarbeit zu gelangen, braucht es die Berechnung der Arbeitszeit.

Um den Unterschied der kapitalistischen Produktionsweise zu einer kommunistischen diesbezüglich zu charakterisieren, zitiert Dunkhase Friedrich Engels: „Sobald die Gesellschaft sich in den Besitz der Produktionsmittel setzt und sie in unmittelbare Vergesellschaftung zur Produktion verwendet, wird die Arbeit eines jeden, wie verschieden auch ihr spezifisch nützlicher Charakter sei, von vornherein und direkt gesellschaftliche Arbeit.

Die in einem Produkt steckende Menge gesellschaftlicher Arbeit braucht dann nicht erst auf einem Umweg festgestellt zu werden; die tägliche Erfahrung zeigt direkt an, wie viel davon im Durchschnitt nötig ist. [..] Es kann ihr also nicht einfallen, die in den Produkten niedergelegten Arbeitsquanta, die sie alsdann direkt und absolut kennt, noch fernerhin in einem nur relativen, schwankenden, unzulänglichen, früher als Notbehelf unvermeidlichen Maß, in einem dritten Produkt auszudrücken und nicht in ihrem natürlichen, adäquaten, absoluten Maß, der Zeit.

Die Gesellschaft schreibt also unter obigen Voraussetzungen den Produkten auch keine Werte zu. [..] Allerdings wird auch dann die Gesellschaft wissen müssen, wie viel Arbeit jeder Gebrauchsgegenstand zu seiner Herstellung bedarf. Sie wird den Produktionsplan einzurichten haben nach den Produktionsmitteln, wozu besonders auch die Arbeitskräfte gehören. Die Nutzeffekte der verschiedenen Gebrauchsgegenstände, abgewogen untereinander und gegenüber den zu ihrer Herstellung nötigen Arbeitsmengen, werden den Plan schließlich bestimmen. Die Leute machen alles sehr einfach ab ohne Dazwischenkunft des viel berühmten Werts.“ [MEW 20, S. 288]

Der Referent schlussfolgert: „Das, was bisher spontan, hinter dem Rücken der Agierenden für eine gewisse Rationalität sorgte, muss nun durch den subjektiven Faktor gelöst werden. Es muss alles vorher ausgerechnet werden.“ [Redetext S. 1] Eine Arbeitszeitrechnung im umfassenden Sinne für eine künftige sozialistische Gesellschaft ist erst möglich geworden, nachdem Berechnungen für das Gesamtsystem einer Ökonomie durch IT möglich geworden sind.

Die Entwicklungen in der Computertechnik waren hierfür erforderlich geworden. „Es war kein Zufall, dass es bis Anfang der 1980er Jahre kaum empirische Untersuchungen zu ökonomischen Gesetzen wie etwa dem Wertgesetz gab. Dafür waren die zu verarbeitenden Datenmengen viel zu groß. Durch die Entwicklung der Rechentechnik war man nun in der Lage, sowohl empirisch gegebene Daten von bisher ungeahntem Ausmaß zu analysieren als auch Simulationen von großen Systemen mit gezielt eingegebenen Daten durchzuführen.“ [Redetext S. 2]

„Wichtigstes Hilfsmittel für die Organisierung der kommunistischen Produktion ist die Input-Output-Analyse. In Input-Output-Tabellen lassen sich die Verflechtung einer Volkswirtschaft erfassen und bearbeiten. Sie sind heute ein verbreitetes Instrument in den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und ihr Ursprung geht bis in die Vorbereitungen des ersten Fünfjahrplans (1928-1932) zurück. Statt der normaler Weise ausgewiesenen 58 Produktionsbereiche und der zumeist, aber keineswegs ausschließlich verwendeten monetären Größen muss man sich eine Anzahl von Produkten im 10-Millionen-Bereich und in Arbeitszeiten vorstellen.“ [Redetext S. 3]

Zur Lösung solcher Probleme sind leistungsfähige Rechner erforderlich und auch neue wissenschaftlich definierte Rechenverfahren. Man denke allein an die ökonomischen Verflechtungen einer Volkswirtschaft oder an die Gleichgewichtsanforderungen zwischen Nachfrage und Angebot usw.

Der Referent kommt zum Fazit: „Was die materiell-technische Seite betrifft, könnten wir hier, in unserem Land, sofort anfangen mit der Planwirtschaft – wenn da nicht noch diese Kleinigkeit im Weg stünde: die kleine parasitäre Schicht der Shareholder und Banker samt ihren Speichelleckern an allen wichtigen Posten der Gesellschaft.“ [Redetext S. 4]

 

Prof. Dr. Kolditz, Mitglied der Leibniz-Sozietät Berlin, hat seinen Beitrag schriftlich an die Konferenz übermittelt, da ihm die persönliche Teilnahme nicht möglich war.

Ein für die Menschheit Existenz bestimmendes Problem ist die Energiefrage. Auf diesem Gebiet ist es geradezu verboten, Naturgesetze zu missachten. Zukunftsforschung heißt hier tolerante Haltung zu den Forschungsergebnissen mit vielfältigen Resultaten. Profitinteressen, reaktionäre Aneignung von Forschungsergebnissen usw. sind auf diesem Gebiet so gefährlich, weil die mit dieser Thematik Beschäftigten einen existenziellen Einfluss auf das Leben und Überleben der Menschheit haben.

Er weist uns darauf hin, dass auch seine Schlussfolgerungen nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage sein können: „Es handelt sich dabei um das Ineinandergreifen zahlreicher nichtlinearer Vorgänge, die einen hochkomplexen Charakter der aufeinanderfolgenden Ereignisse hervorrufen. Das gesamte System unterliegt der Charakteristik deterministisch chaotischer Abläufe, deren Ergebnisvoraussage umso unsicherer wird, je weiter sie in der Zukunft liegt.“ [Redetext S. 1)

In einer umfangreichen Analyse von Energiebedarf und Ressourcen unter Beachtung der wahrscheinlichen Entwicklung der Weltbevölkerung und des Anwachsens des Energiebedarfs wird in dem vorliegenden Beitrag ein realistisches, aber auch optimistisches Bild der Zukunft auf diesem Gebiet skizziert.

Die Gefahren und Risiken können sich durchaus auch als aus falschem Einsatz der vorhandenen Wissenschaftskapazitäten für die Forschung ergeben.

Kolditz weist auf die Gefahr von Einseitigkeiten aus ökonomischen oder anderen Interessen hin. „Die Menschheit benötigt Energie in Industrieeinrichtungen, in verschiedenen Institutionen, im Wohnbereich und wird auch nicht bereit sein, auf Mobilität zu verzichten.“ [Redetext S. 6] Alternativen zu Öl, Gas und Kohle müssen gefunden werden. Wasserstoff ist aus Wasser zu gewinnen. „Wirklich zukunftsfähig wäre nur die Zersetzung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff z. B. durch Elektrolyse. Wasserstoff kann anstelle von Öl, Gas oder Kohle als Primärenergiequelle in festen Einrichtungen oder auch in Fahrzeugen genutzt werden. Wasserstoff betriebene Autos werden bereits erprobt“ [Redetext S. 6,7] usw.

Kolditz verweist darauf, dass das Voranschreiten der globalen Entwicklung einen ausreichenden territorialen Bedeckungsgrad mit Energieerzeugung aufweisen muss. Der unmittelbare Bedarf muss steuerbar sein.

Für die Energieleitungen fordert er, eine Minimierung anzustreben und eine entsprechend Standortwahl zu beachten.

„Diese gewaltige Aufgabe kann nicht im Mikromaßstab bewältigt werden und erfordert noch immense Forschungsanstrengungen.

Weltweit gibt es viele nützliche Forschungen. Sie sind wichtig für den Erkenntnisfortschritt und die Erweiterung unseres Wissens. Jedoch muss diejenige Forschung oberste Priorität haben, die die dringendsten Menschheitsprobleme, nämlich Energieerzeugung und Klimawandel und alle damit zusammenhängenden Probleme betreffen.  Der große Energiebedarf der Zukunft verlangt den Einsatz hochwirksamer Verfahren mit konzentrierter, steuerbarer Energieerzeugung.“ [Redetext S. 7]

Es wird darauf verwiesen, dass solche Prozesse, wie sie in Sternen und der Sonne ablaufen, erforscht und nutzbar gemacht werden müssen. Diese bestehen in der Verschmelzung von Wasserstoffkernen zu Helium. Dabei werden große Energiemengen freigesetzt. Als zerstörerisch bezeichnet er die Anwendung dieser Erkenntnisse und Prozesse ausschließlich nur in Wasserstoffbomben. Das Ziel der Kernfusionsforschung muss es aber sein, „den Prozess der Wasserstoffkernverschmelzung auf der Erde zur Energieerzeugung ablaufen zu lassen.“ [Redetext S. 7]

Es gibt solche Forschungen neben der EU auch in Russland, Japan und Südkorea. In Deutschland findet solche Forschung zurzeit in Garching und Greifswald statt.

„Ich gehe davon aus, dass die Radioaktivität eine fundamentale Eigenschaft der Materie darstellt, deren Einfluss auf die Evolution von erheblichem Ausmaß ist. Darüber hinaus existiert der Einfluss der kosmischen Strahlung ebenfalls kontinuierlich von alters her.

Die Radioaktivität begleitet uns ständig. Allein von der natürlichen Radioaktivität des Isotops 40K her erfährt der Organismus eines 70 kg schweren Menschen ständig radioaktive Einwirkungen von etwa 5500 Becquerel, die neben vielen anderen radioaktiven Vorgängen und der kosmischen Strahlung ohne Weiteres verkraftet werden. Radioaktivität ist also ständig gegenwärtig und lässt sich nicht auf Null reduzieren. Eine zu hohe Dosis ist natürlich für den Organismus schädlich, wie es auch allgemein für Einflüsse auf ein System zutrifft.“ [Redetext S. 2]

Kolditz weist darauf hin, dass es in großen Teilen der Bevölkerung sehr erhebliche Unterschiede in ihrer Vorstellung und in ihrer Einstellung über bzw. zur Kernenergie gibt. Bekannte Störfälle, aber auch die verbrecherischen Atombombenabwürfe über Japan als Menschenexperimente sind dafür hinreichend verständliche Gründe.

Unter Bedingungen höchstmöglicher, objektiver wissenschaftlicher Leistungen und durch neue Fortschritte der Technik, hält es Kolditz für möglich, dass die mit höchster Sicherheit ausgestatteten Kernspaltanlagen als Energielieferanten eine notwendige Überbrückung bis zur schließlichen Nutzung der Kernfusion darstellen.

„Natürlich ist die Kernenergie im Verbund mit anderen Gewinnungsmöglichkeiten von Energie zu sehen. Die Verwendung von Erdwärme ist in diesem Zusammenhang am wenigsten problematisch ebenso wie die Wasserenergie an geeigneten Standorten. Umständlicher wird es mit Wind- und Sonnenenergie wegen des unregelmäßigen Anfalls und der Schwierigkeit der Energiespeicherung.

Die Erhöhung der Netzkapazität zur Ausgleichslieferung an Gebiete mit geringerem Energieaufkommen ist eine notwendige Maßnahme, die mit dem Einsatz dieser Energiegewinnung verbunden ist. Je komplizierter und umfangreicher aber die Netzgestaltung ausfällt, umso größer ist die Gefahr von Netzschwingungen und drohendem Energieausfall mit Netzzusammenbrüchen. Daher müssen steuerbare leistungsfähige Grundlastkraftwerke auch bei stark ausgebauten Netzen vorhanden sein. Diese Kraftwerke müssen in der Energierohstoffbelieferung zukunftsfähig sein. Die Rohstoffquellen für diese Kraftwerke (Gas und Kohle) versiegen wesentlich früher als die Rohstoffquellen für die Kernspaltanlagen.“ [Redetext S. 2, 3]

Seine Gedankenkette schließt er mit folgendem Fazit ab: „Abschließend will ich auf eine Gegebenheit hinweisen, die nun einmal Realität ist. Atomsprengköpfe sind in einer hohen Anzahl erzeugt worden, die die Möglichkeit der mehrfachen Vernichtung der Erde in sich trägt. Sie werden ständig auf Einsatzfähigkeit gehalten und erneuert. Es wäre ein Segen für die Menschheit, solche Aggregate in Kernspaltanlagen umzusetzen und der Energieerzeugung dienstbar zu machen.“ [Redetext S. 3]

 

Wie der Leser sich überzeugen kann, war die Konferenz in Dresden erfolgreich, weil sie uns umfangreiche Erkenntnisse für unser eigenes Weltbild unsere weltanschauliche Aufklärung vermittelt.

Einen zusätzlichen Gewinn brachte die Konferenz durch die vielen Diskussionsbeiträge, Anfragen, Antworten und Standpunkte, die für die vorliegende Information noch nicht ausgewertet werden konnten.

Wir werden die interessanten Gedanken in einer Publikation veröffentlichen, um sie einem breiteren Kreis von Interessenten zur Verfügung zu stellen. Allerdings bedarf die Verwirklichung dieser Ankündigung noch einer umfangreichen Fleißarbeit durch Herausgeber und Mitgestalter.


Der Konferenzbericht kann über diesen Hyperlink als PDF-Dokument (ca. 415 KB) herunter geladen werden.


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