Frieden - Antifaschismus - Solidarität

Volkskräfte gegen die Oligarchie

Aus: „FREIDENKER“ Nr. 3-17, September 2017, S. 16-21, 76. Jahrgang

von Klaus Hartmann

Seit Jahrzehnten sind wir Zeugen, wie in vielen mittel- und lateinamerikanischen Ländern das Volk immer wieder gegen die Ausbeutung und Unterdrückung aufsteht. Ausbeuter und Unterdrücker sind in der Regel eine kleine Oberschicht von Kompradoren-Bourgeois, die meist in enger Kooperation mit ausländischen Förderern und Schutzherren die Länder und Völker ausbluten lassen.

Wir erinnern an Simón Bolívar, Anfang des 19. Jh. Anführer der Unabhängigkeitskriege in Venezuela, Kolumbien, Panama und Ecuador gegen die spanische Kolonialherrschaft; an Emiliano Zapata, Anführer der Revolution in Mexico, der 1919 ermordet wurde; an die Unabhängigkeitskämpfe Nicaraguas unter Augusto César Sandino, der 1934 von der Nationalgarde Somozas ermordet wurde; an die kubanische Revolution 1956-59, die sich gegen US-Bomben und Schweinebucht-Invasion 1961, US-Embargo, Diversionsversuche und ungezählte Anschläge auf das Leben des Revolutionsführers Fidel Castro bis heute behauptet; an Ernesto Che Guevara, Militärkommandant der kubanischen Revolution, der wie seine Mitkämpferin Tamara Bunke im Guerrillakampf in Bolivien 1967 vom Militär ermordet wurde; an den Wahlsieg der Unidad Popular 1970 in Chile und den vom CIA unterstützten Putsch chilenischer Militärs unter General Augusto Pinochet gegen die Regierung Salvador Allendes am 11.09.1973; an die nach dem Sturz des Diktators Somoza regierenden Sandinisten in Nicaragua, gegen die US-Präsident Reagan den Krieg der Contras inszenierte; an Venezuelas Präsidenten Hugo Chavez, gegen den 2002 ein gescheiterter Putsch, unterstützt von den USA (George W. Bush) und Spanien (Aznar) stattfand.

Schließlich sei noch an das großartige Werk „Die offenen Adern Lateinamerikas“ des Schrifstellers Eduardo Galeano aus Uruguay erinnert, das die Geschichte der Rebellionen des Kontinents erzählt. Ein „Monument unserer lateinamerikanischen Geschichte“ nannte Hugo Chavez das Buch.

In ganz Lateinamerika finden gegenwärtig fortgesetzte Angriffe auf alle demokratischen Institutionen statt mit dem Ziel, ein anderes, zutiefst undemokratisches Wirtschaftsmodell durchzusetzen. In Deutschland und allen westlichen Ländern werden die Attacken von intensiver medialer Unterstützung flankiert, um eine Aura der Legalität und Glaubwürdigkeit zu schaffen.

 

Honduras: „erfolgreicher“ Putsch

Als Präsident Manuel Zelaya im Jahr 2009 eine Volksabstimmung für eine weitere Amtszeit ankündigte, machte das Militär seine Absicht zunichte und entführte ihn nach Costa Rica. Fernando Garcia Merino vom honduranischen Industriellenverband ANDI erklärte die Notwendigkeit einer Absetzung: Zelaya habe durch den Beitritt zur zum Bündnis Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika (ALBA) einen klaren Bruch mit der unternehmerischen und politischen Elite des Landes vollzogen.

Die Putschisten ließen ein gefälschtes „Rücktrittsgesuch“ Zelayas im Parlament verlesen und verhängten den Ausnahmezustand. Dieser sprach von einer „politisch-militärischen Verschwörung“ und beschuldigte Mitglieder des US-Senats, den Staatsstreich zu unterstützen.

Der Putsch wurde international verurteilt, anders als alle Staaten der EU und Amerikas hielten die USA ihre Botschaft aber geöffnet. Nach anfänglicher Verurteilung wurde nach ein paar Monaten das Putschregime schließlich legitimiert.

Außenministerin Clinton betrieb mit Unterstützung von CIA und Pentagon eine „Smart power“-Politik zur Wiederherstellung der Vormachstellung der USA auf dem lateinamerikanischen Kontinent. Mehrere ge­leakte E-Mails von Clinton enthüllen, dass die USA nach dem Staatsstreich Wege gesucht hatten, den linksliberalen Zelaya von einer Rückkehr an die Macht abzuhalten, ohne den Staatsstreich offen gutzuheißen. Grund dafür war, dass er als Gefahr für US-amerikanische Interessen in der Region gesehen wurde.

Außenpolitisch machten die Putschisten Schluss mit der Annäherung an progressive Regierungen Lateinamerikas, innenpolitisch wurden vorgesehene soziale Maßnahmen wie die Erhöhnung des Mindestlohnes gestoppt. Drei Prozent der Bevölkerung Honduras‘ verfügt über 50% des Nationaleinkommens, 71,6 % der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze.

Diese Lage bietet auch das ideale Betätigungsfeld für eine „Partei der Besserverdienenden“, und die Friedrch-Naumann-Stiftung der FDP ist mit ihrem Repräsentanten Christian Lüth vor Ort, in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa. Der warb um Verständnis für den Staatsstreich und wies die Bezeichnung „Putsch“ als Legende zurück. Belohnt wurde diese stramme Gesinnung 2011, als Lüth in das Entwicklungshilfeministerium seines Parteifreundes Niebel versetzt wurde.

Nach einer Neuwahl-Farce Ende 2009 erklärte der Koordinierungsrat der Gewerkschaftszentralen des Südkegels: „In Honduras wurde ein soziales Projekt durch illegale Wahlen verhindert, die von den USA unterstützt wurden, um die Putschisten rein zu waschen“.

 

Kolumbien: FARC wird legale Partei

Mitglieder der kommunistischen Partei Kolumbiens und Bauern gründeten 1964 die FARC-EP, die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens – Volksarmee, die zur größten Guerilla-Organisation in Lateinamerika wurden.

Ihr über fünfzigjähriger Guerillakampf richtete sich gegen die Macht der Oligarchen, die sich in erster Linie auf den Großgrundbesitz stützte. Seit 2012 fanden zahlreiche Friedensgespräche, zunächst in Oslo und Havanna, statt, bei denen um die Landreform, die demokratische Beteiligung, das Problem illegaler Drogen sowie ein Ende des Konflikts durch politische Integration der Guerilla, Entschädigung für die Opfer und die Verifizierung der Umsetzung eines Friedensabkommens verhandelt wurde. Eine von der FARC vorgeschlagene bilaterale Waffenruhe lehnte die Regierung ab.

Im September 2016 wurde schließlich ein Friedensvertrag zwischen FARC und der Regierung unter Präsident Juan Manuel Santos in Anwesenheit zahlreicher internationaler Staatsgäste unterzeichnet. Bei der im Oktober 2016 folgenden Volksabstimmung lehnte eine knappe Mehrheit den Vertrag ab, nach Neuverhandlung und Veränderungen des Vertrages wurde dieser Ende November endgültig unterzeichnet.

In den folgenden Monaten kam es trotzdem zu zahlreichen Übergriffen rechter Paramilitärs mit der Ermordung von Aktivisten, in den vereinbarten Entwaffnungszonen herrschten prekäre Bedingungen, weiterhin inhaftierte FARC-Kämpfer traten für ihre Freilassung in den Hungerstreik. Derweil verhandelte die Regierung weiter mit der zweitgrößten Guerillaorganisation Armee der Nationalen Befreiung (ELN) über ein entsprechendes Friedensabkommen.

Das letzte Plenum des Zentralen Generalstabs der FARC-EP erklärte u.a.: „Jenseits der Überwindung der militaristischen und ultrarechten Opposition, die historisch überholt ist, geht es vor allem darum, die Vorstellung aufzugeben, dass der Friedensprozess sich auf die Entwaffnung der FARC-EP beschränkt. Die Idee eines negativen Friedens, des einfachen Schweigens der Waffen, entspricht nicht den Anforderungen der Umsetzung. Nur durch die vollständige Erfüllung der Vereinbarungen ist es real möglich, das Kapitel der Gewalt in unserem Land endgültig zu schließen.

Wir betonen erneut unsere Solidarität mit den sozialen und populären Kämpfen in unserem Land gegen die neoliberale Politik der Regierung; wir verurteilen die systematischen Morde an sozialen Führungspersönlichkeiten, Männern und Frauen, und fordern staatliche Antworten, damit diese Situation nicht zu einem neuen Zyklus der Auslöschung politischer oppositioneller Alternativen führt. Wir bekräftigen unsere Unterstützung für den Dialogprozess mit der ELN und hoffen, dass die Friedensperspektive das ganze Vaterland umfasst. Den Guerilleros, die immer noch nicht amnestiert wurden, übermitteln wir die Entschlossenheit des Generalstabes, nicht darin nachzulassen, ihre Freilassung in der vereinbarten Zeit einzufordern.

Abschließend erklären wir unsere Solidarität mit den Kämpfen der Völker Unseres Amerikas, mit Kuba und der Bolivarischen Revolution in Venezuela, die heute mit den Sturmangriffen der transnationalen Rechten konfrontiert sind.“

Vom 27. August bis zum 1. September 2017 tagte in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá der Nationalkongress der FARC mit 1.200 Delegierten, um eine neue politische, linke und revolutionäre Partei zu gründen. Sie gab sich den Namen „Alternative revolutionäre Kraft des Volkes (FARC)“ und wählte Sandra Ramiréz zur Vorsitzenden des Nationalen Rates der Partei.

Die Organisation werde weiterhin für die Schaffung eines demokratischen politischen Systems kämpfen, das Frieden, soziale Gerechtigkeit, die Achtung der Menschenrechte und eine auf das Gemeinwohl ausgelegte wirtschaftliche Entwicklung garantiert, sagte der bisherige FARC-Führer Rodrigo Lon­doño. In diesem Sinn will die Partei eine „politische, ökonomische, soziale und kulturelle Demokratisierung“ durchsetzen.

 

Bolivien verteidigt seine Souveränität

Wenige Tage vor den Wahlen 2002 warnte der US-Botschafter in Bolivien Manuel Rocha in einer Rede in Anwesenheit des scheidenden bolivianischen Präsidenten Jorge Quiroga die bolivianischen Wähler: falls sie Morales wählen sollten, würden die USA ihre Entwicklungshilfe streichen und ihre Märkte für Bolivien schließen.

Die von Evo Morales geführte sozialistische Partei Movimiento al Socialismo (MAS) siegte insbesondere durch die Stimmen der Indígenas, und Morales kommentierte: „Jede Bemerkung, die Rocha gegen uns machte, half uns, stärker zu werden, und ließ das Bewusstsein des Volkes erwachen.“

Im Dezember 2005 gewann Evo Morales mit 54 Prozent der Stimmen die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen. Er wurde damit als erster Indígena Staatsoberhaupt von Bolivien und errang den deutlichsten Wahlsieg seit Ende der letzten Militärregierung 1982.

Boliviens Präsident hat 2006 mit dem ersten Erlass seiner Amtszeit sein eigenes Gehalt auf monatlich 15.000 Bolivianos (=1400 Euro) halbiert: „Wir brauchen 6000 neue Lehrer und es gibt nur Geld für 2200.” Morales löste damit ein Wahlkampfversprechen ein. Anfang Mai 2006 leitete Morales in Erfüllung eines weiteren Wahlversprechens die Verstaatlichung des Erdöl- und Erdgassektors in Bolivien ein. Er erließ ein Dekret, das die ausländischen Gesellschaften verpflichtet, ihre gesamte Produktionskette innerhalb von sechs Monaten der staatlichen Ölgesellschaft zu unterstellen. Weitere Verstaatlichungen wurden angekündigt.

Im Jahr 2008 wurde Bolivien als „Analphabetismus-freies Gebiet” erklärt. Die ex­treme Armut im Jahr 2005 konnte bis 2013 um 38 Prozent auf 20 Prozent reduziert werden.

Inzwischen hat der bolivianische Staat das Unternehmen Transierra für 133 Millionen US-Dollar übernommen, es transportiert etwa 31 Millionen Kubikmeter Erdgas täglich an die Grenze zu Brasilien. Über das staatliche Energieunternehmen YPFB (Yacimientos Petrolíferos Fiscales Bolivianos) hat die Regierung 55,5 Prozent der Aktien gekauft, die zuvor der brasilianischen Petro­bras und der französischen Total gehörten.

Damit hat die Regierung die Verfügungsgewalt über die Rohstoffe des Landes wiedererlangt; die Übernahme sei folgerichtig nach der Nationalisierung der fossilen Brennstoffe im Mai 2006, durch die Bolivien die Souveränität über die Exploration, die Förderung, Raffinierung und Vermarktung von Gas zurückgewonnen habe, so Morales. „Wir wollen, dass Wasser, Elektrizität und Telekommunikation Gemeineigentum sind. Der Staat muss eine wichtige Rolle in der Volkswirtschaft spielen und den sozialen Fortschritt garantieren.”

Aktuell hat Präsident Morales angekündigt, dass er nicht mehr gewillt ist, auf die Erpressungen der US-Regierung, der Weltbank oder des IWF zu antworten. „Um den Kredit des IWF zu erhalten, müssten wir einen Teil unseres Landes aufgeben, aber wir haben uns wirtschaftlich und politisch befreit und sind nicht mehr auf andere Länder oder Institutionen angewiesen“.

„Ich glaube, die USA versuchen, einen Bürgerkrieg, wenn nicht sogar einen Staatsstreich zu schüren“, so Morales. „Sie werden immer interne Konflikte unterstützen, um die Kontrolle über unsere Ölreserven zu erlangen.“ Die Welt brauche jetzt eine „anti-imperialistische, anti-kapitalistische und anti-koloniale Jugend“, führte er fort und rief alle Lateinamerikaner zur Solidarität mit Venezuela auf.

Wie wir Boliviens Präsidenten sehen sollen, erklärt uns der „Weitblick“ des Bistums Eichstädt: „Sein Problem ist, dass er zu sehr ideologisch vom Kommunismus geprägt und gefangen ist. Von daher kommt sicherlich auch seine ständige Abneigung gegen die katholische Kirche. Dies wird verstärkt durch die dunklen Seiten der Eroberung durch die Spanier, bei der die Kirche auch wirklich nicht immer gut agiert hat: Kreuz und Schwert!

Es bleibt abzuwarten, was demnächst passiert, da sich Kuba und Nordamerika annähern und Venezuela finanziell am Abgrund steht. Da wird es auch schwieriger für Evo Morales. Doch ob dies etwas in seiner Einstellung zur Kirche ändert, ist fraglich.“

 

Argentinien, Brasilien, Paraguay, Peru: Golpes inteligentes („Smarte Putsche“)

Diese entsprechen der von Hillary Clinton propagierten propagierten „Smart Power“: Mit teils verdeckter oder massiver Wahleinmischung sollen ultrarechte und reaktionäre Regierungen zurück an die Macht gebracht werden.

Bei der Wahl 2013 in Paraguay setzte sich der Unternehmer Horacio Cartes mit 45,8 Prozent durch. Er gehört zur rechtsextremen Colorado Partei, deren jahrzehntelange Herr­schaft 2008 durch die Wahl des ehemaligen römisch-katholischen Bischofs Fernando Lugo nur kurz unterbrochen wurde.

Im April 2016 brachten die Peruaner mit Pedro Pablo Kuczynski wieder einen Wirtschaftsliberalen an die Macht. Er löste den „Halblinken“ Ollanta Humala als Präsident ab, der seit 2006 an der Staatspitze stand.

Nach zwölf Jahren Amtszeit des linken Ehepaars Nestor und Christina Kirchner folgte Ende 2015 in Argentinien die Wahl des Reaktionärs Mauricio Macri. Seine Konservativen haben im Parlament keine Mehrheit und sind von der Zustimmung gemässigter Peronisten abhängig.

Vor den Wahlen war Argentinien ständig in den Schlagzeilen, da sich Christina Kirchner beharrlich weigerte, die Forderungen von Hedgefonds zu erfüllen. Sie hatten Staatsanleihen billig aufgekauft und nun die volle Rückzahlung des Nennwerts verlangt, insgesamt 1,3 Milliarden Dollar. Ein US-Gericht gab ihnen Recht gegeben und verlangte von Argentinien inklusive Zinsen sogar 1,5 Milliarden Dollar zahlen. Die Regierung verweigerte dies. „Es ist ein Duell zwischen den kühl kalkulierenden Hedgefonds-Managern auf der einen Seite und Staatspräsidentin Cristina Fernández de Kirchner auf der anderen“, schrieb der „Spiegel“ am 28.06.2014., Kirchner warf den „Geierfonds“ Erpressung vor.

Aufgrund dieser Weigerung attestierten die Rating-Agenturen Argentinien Zahlungsunfähigkeit, womit das Land von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten wurde, die massive Verschlechterung der Wirtschaftslage folgte auf dem Fuß.

Damit war „angerichtet“ für den Wahlkampf 2015, und für den Wahlgewinner Macri hatte die Erfüllung der Hedgefonds-Wünsche erste Prorität, was im April 2016, mit der Rückkehr des Landes auf die internationalen Finanzmärkte belohnt wurde. Außenpolitisch war ihm die „Wiederbelebung der Beziehungen zu Europa und den USA“ ein Herzensanliegen.

Kurz nach seinem Amtsantritt Ende 2015 wurden rund 11.000 Staatsangestellte entlassen, weitere folgten, Ziel war der „schlanke“ Staat und die politische Säuberung.

Als weitere Sofortmaßnahmen hat Macri zu Gunsten der Bergbaukonzern-Interessen die frühere Begrenzung der Mineralien-Schürfmenge per Dekret abgeschafft, eine Steuer von fünf Prozent für Bergbauunternehmen und Energieversorger zurückgenommen und ein Gewinntransfer-Verbot für ausländische Unternehmen aufgehoben.

Zum „Ausgleich“ erfolgte eine Erhöhung der bisher stark subventionierten Energie- und Gastarife.

Die Arbeitslosigkeit stieg unter der Regierung Macri von 7 auf 9 Prozent, die Inflation auf rund 40 Prozent, die Armutsquote auf etwas mehr als 32 Prozent. Alles für die Reichen, den Armen wird genommen – das löst bei der Bevölkerung keine Begeisterung aus, was sich in den kommenden Wahlen manifestieren wird.

In Brasilien wurde die Ära der linken Staatspräsidenten Lula da Silva und Dilma Rousseff seit August 2016 durch einen Rechtsruck beendet. Dazu war gar kein Wahlgang erforderlich, sondern ein kalter Staatstreich. Die linke Präsidentin wurde vom Senat abgesetzt, weil „sie Budgetregeln verletzt“, sprich den Haushalt „geschönt“ haben soll.

Der „Neue“ wurde vom „Tagesspiegel“ (12.05.2016) so beschrieben: „Temer, gegen den es Korruptionsvorwürfe gibt, sucht die Unterstützung der alten Eliten: Großgrundbesitzer, evangelikale Christen, Hardliner in Sicherheitsfragen.“

Immer mehr enge Vertraute Temers wurden durch die Korruptionsermittlungen der Bundespolizei belastet, einige mussten zurücktreten, andere wurden verhaftet. Der Sturz der gewählten Präsidenten Dilma Rousseff hatte hingegen nichts mit den Korruptionsermittlungen zu tun. Inzwischen hat der oberste Generalstaatsanwalt gegen Temer Klage eingereicht, weil er 130.000 Euro Bestechungsgeld angenommen haben soll.

Inácio Lula da Silva: „Bereits einen Tag nach der Wahl (2014) begannen die Sabotage gegen die Regierung Dilma und die Verschwörung, um sie zu stürzen.“ Ziel sei es, Brasilien „zurück in die Zeit des Kolonialismus zu stoßen, zu einem kleinen Land zu machen, abhängig, technologisch hinterherhinkend und unterwürfig gegenüber den Interessen des internationalen Großkapitals.“

Die Arbeiterpartei ruft das Volk auf, sich der neoliberalen Politik der Regierung von De-facto-Präsident Michel Temer zu widersetzen und den „Ausverkauf“ des brasilianischen Staates nicht zu akzeptieren. Es fände eine Kehrtwende vom sozial gerechten und nachhaltigen Politikansatz ihrer Regierungen zwischen 2003 und 2016 statt. Die politische wie wirtschaftliche Souveränität Brasiliens sei inzwischen wieder gefährdet. „Im heutigen Land des Staatsstreichs werden die wichtigen Entscheidungen in Washington und an der Wall Street getroffen.“

Klaus Hartmann ist Bundesvorsitzender des
Deutschen Freidenker-Verbandes


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   Klaus Hartmann: Volkskräfte gegen die Oligarchie (Auszug aus FREIDENKER 3-17, ca. 420 KB)


Bild oben: Boliviens Präsident Evo Morales, Foto: Joel Alvarez (Joels86) commons.wikimedia.org